Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1968

Spalte:

517-519

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm

Titel/Untertitel:

Urchristentum und alte Kirche 1968

Rezensent:

Ritter, Adolf Martin

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

517

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 7

518

erwogen, schließlich wird die Tradition der jüdischen Exegese Seelen" sprechen (S. 20)? - Daß das Judentum nach dem Schei-
zum feurigen (->X6£=X<Syog) Schwert (toheOc.) von Gen. 3,24 als tern des Bar-Kochba „in der Form des Rabbinismus aus dem Kreis
wahrscheinlicher Hintergrund aufgewiesen. Ein Entwurf der phi- der großen Weltreligionen überhaupt" ausscheide (S. 40), ist als
Ionischen Anthropologie erscheint unter dem bezeichnenden Titel historisches Urteil kaum zu verifizieren. - Für Paulus ge-
L'Odyssee des ämes (S. 103-129). Eine Art Schlüssel zur Deutung hörte „die klare, verständliche Predigt" doch wohl in den Kosmos
Philos glaubt die Herausgeberin im Begriff der spiritualite levi- der Charismen hinein, während Charisma mit Begabung oder
tique in der Hand zu haben (vgl. S. 144: Nous sommes au coeur „Anlage" gerade nicht verwechselt sein will (vgl. S. 52). - Die
de la spiritualite philonienne, une spiritualite de type levitique). „offizielle Märtyrerverehrung" ist schwerlich erst „seit dem Ende
Bestimmt von dieser spiritualite, die mehr ist als eine Methode, ge- des fünften Jahrhunderts" aufgekommen (S. 68), sondern etwa beengt
es Philo, die kultischen Gegebenheiten auf dreifache Weise reits durch das Polykarpmartyrium nicht nur „vorbereitet" (ebd.),
zu deuten: als culte du Temple, culte du monde, culte de l'äme sondern auch in ihren Anfängen bezeugt. - Das Apostolikon des
du sage (S. 135). Die conclusion (S. 151-153) stellt in ausgewoge- Markion umfaßte, soweit wir wissen, alle Paulus zugeschriebenen
und einprägsamen Formulierungen den jüdisch-griechischen nen Briefe außer den Pastoralen (vgl. S. 88). - Daß Cyprian „von
Doppelcharakter der Gestalt Philos heraus. Rom als der cathedra Petri gesprochen" habe (S. 104; von mir
Von ihrem eigenen Arbeitsgebiet her lag es für die Heraus- gesperrt), ist zumindest heftig umstritten. - Pachomius hat das
geberin nahe, in den dem Text beigegebenen Anmerkungen vor „Gemcinschaftsmönchtum" überhaupt erst geschaffen und nicht
allem die Beziehungen zur griechisch-hellenistischen Literatur und lediglich „Ordnung hineinzubringen" versucht (S. 118). - Die Reise
Philosophie zu verdeutlichen, so dafi die in der Einleitung mit des Basilius nach Ägypten war eher Folge als Vorbereitung seines
Recht betonte jüdische Seite Philos in der Kommentierung leider Bruchs mit der Welt (vgl. S. 134: s. J. Gribomont in: Revue
zu kurz kommt. d'histoire ecclesiastique 1959, S. 115 ff.). - Die „Mystik" Gregors
Nicht jeder wird sich dem Urteil der Herausgeberin anschlie- von Nyssa dürfte ebenso problematisch wie der „kühle Intellekten
, die in Philo den ersten Repräsentanten eines neuen Typus tualismus in der Theologie", den der Nyssener habe überwinden
des religiösen Menschen sieht (S. 153). Die gediegene Qualität von helfen (S. 137), ungreifbar sein (s. E. Mühlenberg, Die Unendlich-
Edition, Einleitung und Kommentierung jedoch empfehlen diesen keit Gottes bei Gr. v. N., 1966, S. 147 ff.). - Als Hilarius von
Band jedem an Philo Interessierten, auch wenn er auf die An- Poitiers sein „De trinitate" schrieb (zwischen 356 und 359), saßen
Schaffung der ganzen französischen Ausgabe verzichten muß. die sogenannten „Jungnicäner" sozusagen noch auf der Schulbank
Halle'Saale Wolfgang Wiefel der Geschichte (vgl. S. 139). - Die Bezeichnung der Hieronymus

vorliegenden altlateinischen Bibelübersetzungen als „Itala" (S. 145)

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Urchristentum und alte ist falsch (s. Kümmel, Einleitung, 1964», S. 292). - Nach Augustins

Kirche. Das Christentum von seinen Anfängen bis zum Zerfall eigenem Geständnis (vgl. conf. III, 7, 12) war die Weise, wie der

des Römischen Reiches. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Manichäismus mit dem Problem „Unde malum?" fertig wurde, für

G. Mohn (1964). 191 S. 8° = Evangelische Enzyklopädie", hrsg. ihn zunächst durchaus „überzeugend" (S. 158) und nicht zuletzt

v. H. Thielicke u. H. Thimmc, 3. Kart. DM 7,80. schuld daran' dafi er slch ihm auf Jahre hinaus verschrieb. -

Schließlich noch eine Kleinigkeit: die Schreibung „Laodikea" (S. 173

Das hier anzuzeigende Buch gehört einer Serie von Darstel- u. ö.) fur den Bischofssitz des Apollinaris entbehrt des philologi-

lungen zur Kirchengeschichte an1, in denen F.-W. Kantzenbach im schen Anhaltes; zur Auswahl stehen dagegen Laodi-keia, -cea oder

Rahmen der „Evangelischen Enzyklopädie" und entsprechend der _zea

ihr gestellten Aufgabe den Versuch unternimmt, einem breiteren Doch nun zur Frage w j c der Verfasser seiner Absicht Rech-
Leserkreis „ein Bild von dem geschichtlichen Erbe zu vermitteln, nung zu tragen versucht, die ferne Welt des Urchristentums und
das wir zu heben suchen oder dem wir skeptisch gegenüberstehen" der alten Kirche einem gröfcren undj wie zu verrnuten, allermeist
IS.9). Dem Untertitel zufolge geht es in diesem Band um das an der Geschichte nur maßig interessierten Publikum näherzubrin-
»Christentum von seinen Anfängen bis zum Zerfall des Romischen gen Am augenfälligsten ist von dieser Absicht die Stoffauswahl
Meiches". Bei der Lektüre erweist sich jedoch alsbald, daß es sich beStirnrnt. Verfasser beschränkt sich bewußt darauf, in Grundzügen
m Wahrheit um einen k i r c h e n geschichtlichen Abriß handelt, die GeSchichte der Kirche „im Rahmen ... des Römischen Reicheswahrend
eine Geschichte des Christentums wohl „thema- (s 9) nachzuzeichnen, unter völliger Vernachlässigung der orientisch
umfassender sein" müßte und „mehr die Wirkungen" zu talischen Kirchengeschichte also,- ein allzu mechanisches Verfahren,
»erfaSscn» hätte, „die von der christlichen Verkündigung in der wie mir scheint> zumal heutzutage, wo sich unter der Erfahrung
Welt ausgegangen sind"^. Auch ist der terminus ad quem der Dar- der sich verkleinernden Welt auch im europazentrischen Geschichts-
stellung nur unscharf im voraus zu erkennen, da der „Zerfall des bild der „abendländischen Christen oder NichtChristen" (S. 9) ein
Komischen Reiches" bekanntlich nicht auf ein bestimmtes Datum Wandel angebahnt haben dürfte. Darüber hinaus hat der Verfasser
nxiert werden kann, sondern ein langdauernder Prozeß war, der nach Auskunft des Vorworts im Sinn gehabt, sich auf die „die
Zeit des Konzils von Chalkcdon, mit dem K.s Darstellung Kirchenkonflikte (sie!) bestimmenden Grundfragen in ihrer bis
aKtlsch endet mitnichten bereits seinen Höhepunkt oder gar Ab- in die Gegenwart nachwirkenden und heutige Entscheidungen maß-
emuß erreicht hatte, wie schon aus dem Faktum der Abhaltung geblich bestimmenden Gestalt" zu konzentrieren (S. 9). Doch ist
"'eses wohl bedeutendsten und glänzendsten unter den altkirch- davon in der Darstellung selbst wenig wahrzunehmen. Vielmehr
cnen Reichskonzilen hinreichend erhellt. wird _ innerhalb des vom Verfasser gewählten Rahmens freilich -
Der Umstand, daß es sich hier um den Versuch einer allgemein- fast das gesamte Material wenigstens gestreift, das in einer Vor-
erstandlich geschriebenen Geschichte des Urchristentums und der lesung über „Kirchengeschichte I" ausgebreitet zu werden pflegt,
»ten Kirche handelt, dürfte auch der Besprechung den Weg wei- Zudem, so ist zu befürchten, wird dem fachlich unvorgebildeten
en. Ganz von selbst verlagert sich das Schwergewicht des Intel- IjeSer das Verständnis der viel zu vielen Einzelheiten nicht nur
ses und der Kritik vom Was auf das Wie der Darstellung, zu- durch gelegentliche sprachliche Dunkelheiten, sondern auch da-
ai der Verfasser völlig auf Einzelbegründungen und -belege durch erschwert, daß Verfasser partienweise die Kenntnis der Fach-
erzichtet hat, eine förderliche Sachdiskussion sich aber nur an literatur (so besonders S. 27 ff. und 56 ff.) und fast durchweg die
rgumenten, nicht an Thesen entzünden kann. Immerhin seien der Fachterminologie vorauszusetzen und - beispielsweise - an-
>er einige Fragen und Einwände „zur Sache" notiert, die sich bei zunehmen scheint, daß sich jedermann der Sinn einer Aussage
sich"- °Ventuellen Neuaufla9e verhältnismäßig mühelos berück wje der ohne weiteres erschließt, daß Athanasius „nur seine Erigen
ließen. lösungslehre" wesentlich war, „nach der die Erlösung physisch
Kann man z. B. wirklich sagen, daß die Pharisäer zur Zeit Jesu gedacht wird" (S. 130; von mir gesperrt). Denn es fehlt hier
"^"e -Frommen' . . . schlechthin" waren (S. 21), daß bei ihnen „Er- wie so 0ft jedes Wort der Erläuterung.

vorTT '/ zuu VÖlli3u" E,'5,rrung" '™r* <cbd->' ja' ka".n man Es wäre vielleicht zweckdienlicher gewesen, den Leser nach

^^durch^ pharisäischen Geist verdorbenen und verhärteten cinem vje, knappcren und stärker auf ZusarnmcnSchau, auf die

i v Berücksichtigung des jeweiligen geschichtlichen Orts bedachten

a „ v9'- die Besprechung des Bandes .Protestantisches Christentum im Zeitalter der ^, ... . , , . -t-1». i -i._____u j

AufWäru„g- von c Mflll£ in dics„ Zuschrift. 91. 1966. s. 923 f. Überblick durch eine Reihe gut ausgewählter, zweckentsprechend

" K Kupisch in Zeitschrift für Kirchengeschichte, 77. 1966, s. 349. eingeleiteter und kommentierter Quellenstücke etwa in der Art