Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1968

Spalte:

504-506

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Dinkler, Erich

Titel/Untertitel:

Signum crucis 1968

Rezensent:

Lohse, Eduard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

503

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 7

504

Sauer, Georg: Die chronologischen Angaben in den Büchern
Deut, bis 2. Kön. (ThZ 24, 1968, S. 1-14).

Schwager, Hans [Hrsg.]: Schriften zur Bibel literaturgeschichtlich
geordnet, I: Vom Thronfolgebuch bis zur Priesterschrift.
Stuttgart: Calwer Verlag; München: Kösel-Verlag [1968]. 351 S.
8°. DM 18,-.

Seebass, Horst: I Sam 15 als Schlüssel für das Verständnis

der sogenannten königsfreundlichen Reihe I Sam. 9, 1-10, 16;

11, 1-15 und 13, 2-14, 52 (ZAW 78, 1966, S. 148-179).
Soggin, J. Alberto: Der offiziell geförderte Synkretismus in

Israel während des 10. Jahrhunderts (ZAE 78, 1966, S. 179-204).
Stähl i, Hans-Peter: Probleme der geistig-religiösen Lage in

Israel (WuD 9, 1967, S. 103-116).
Steck oll, Solomon H.: Preliminary Excavation Report in the

Qumran Cemetery (Revue de Qumran 6, 1968, S. 323-344).
Wallis, Gerhard: Die Stadt in den Überlieferungen der Genesis

(ZAW 78, 1966, S. 133-148).

NEUES TESTAMENT

Oostcndorp, Derk William: Another Jesus. A Gospel of Jcwish-
Christian Superiority in II Corinthians. Academisch Procfschrift.
Kampen: Kok 1967. IX, 103 S. gr. 8° = Vrije Universitcit tc
Amsterdam, hfl. 5,90.

Der Verfasser, in Amerika zu Hause, legt seine an der Freien
Universität in Amsterdam bei R. Schippers angefertigte Dissertation
vor, die sich mit den Gegnern des Paulus im 2. Kor. beschäftigt
. Es handelt sich um eine flüssig und sympathisch geschriebene
, mit der neueren Literatur zum Thema wohl vertraute und
in 6 Kapiteln gut gegliederte Arbeit. Ihr Ergebnis faßt der Autor
selbst zusammen (S. 80):

Das Evangelium der nach Korinth kommenden Apostel kann
sachgemäß als „judaisierend" bezeichnet werden; denn es enthielt
die Predigt von der Überlegenheit Israels. Sie predigten, Jesus
habe als der Christus eine neue Ära heraufgeführt, in der Israels
Vorrang vor den Heiden etabliert werden solle (5, 12. 16; 11, 18.
20. 22). In Jesu Evangelium habe das Mosaische Gesetz seinen
Platz als die höchste Offenbarung des Gotteswillens behalten. Die
Christen empfangen den Geist durch dies Gesetz (11, 4; 3, 3. 6).
Daher betrachteten die Gegner die Geistesgaben, derer sie sich
rühmten (12, 1. 12; 5, 13), als Ausweis der Gnade, die Gott solchen
verleiht, die das Gesetz halten. Sie maßen die Kirche in
Korinth an ihrem Evangelium und fanden deren Stand mangelhaft.
Diese Mangelhaftigkeit bewies die Wertlosigkeit des Apostels
Paulus, der schwach und unwillig gewesen war, das Mosaische
Gesetz in der korinthischen Gemeinde zur Geltung zu bringen
(10; 13; 3, 1-6, 4). Er hatte versäumt, als ein Israelit zu leben,
für den die eschatologische Zeit angebrochen war (4, 7 ff.). Er
hatte Jesu Macht nicht offenbart, weil er keinen Vorrang vor den
Heiden beanspruchte (11, 17. 22; 4, 5). Vielmehr erschien seine
Heidenmission als Fortsetzung der Erniedrigung Israels (4, 10 ff.).
Besonders deutlich wurde das Versäumnis des Paulus, die dominierende
Rolle Israels in der messianischen Zeit anzuerkennen,
in seiner Weigerung, Unterstützung anzunehmen (11, 7 ff.,- 12,
13 ff.).

Man sieht: Die Position F. C. Baurs wird mit charakteristischen
Einfällen erneuert. Ein solcher Versuch war zu erwarten, nachdem
die Arbeiten der letzten Jahrzehnte sich in wachsendem Maße
von der Tübinger Deutung der Korintherbriefe entfernten. Er ist
zugleich begrüßenswert, da er die Möglichkeit gibt zu überprüfen
, ob sich eine modernisierte Fassung der Baurschen Position
nicht doch halten oder gar empfehlen läßt. Diese Prüfung fällt
allerdings negativ aus. An keiner der von Oostcndorp behandelten
Stellen vermag ich seiner „judaistischen" Interpretation zu folgen.
Er geht in seiner Darstellung zwar geschickt vor, indem er zu
Beginn der einzelnen Kapitel wirkliche oder vermeintliche Schwächen
in anderen Deutungen der behandelten Stellen aufzeigt. Aber
das reicht nicht zur Begründung des eigenen Lösungsvorschlags
aus, der in keinem Fall den Rang einer Arbeitshypothese, die sich
an den Texten nicht wahrscheinlich machen läßt, übersteigt.

Oder kann man es auch nur als ernsthafte Hypothese bezeichnen
, daß der „Christus nach dem Fleisch", den Paulus nicht mehr
kennen will (5, 16), der nationale jüdische Messias ist, wenn

Paulus im gleichen Satz sagt, er wolle niemanden mehr nach
dem Fleisch kennen? Läßt sich als wahrscheinlich ansehen, daß
das „Wir" in 4, 12 meint: Wir Israeliten i. U. zu euch Heiden?
Kann Paulus wirklich mit „äußerer Mensch" 4, 16 betont von sich
als Juden sprechen? Mit welchem exegetischen Recht kann man
„anziehen" in 5, 3 auf das „Anziehen der Gerechtigkeit in Christus"
deuten? Wenn die Lügenapostel in Korinth Geld annahmen -
aus der paulinischen Argumentation ergibt sich meines Erachtens
das Gegenteil -: Taten sie es, um nach Jes. 61, 6 zu demonstrieren
, daß die Heiden den Juden ihre Güter darzureichen hätten?
Wenn die Gegner den Begriff „Evangelium" gebrauchten - wieso
läßt das auf ihre Verbindung mit Palästina schließen? Läßt sich
begründet die These vertreten, die falschen Apostel hätten ihren
Angriff gegen Paulus vor allem mit der Behauptung geführt, er
sei nicht rigoros genug gegen die Sünder in der Gemeinde vorgegangen
?

Methodisch ist zu bemängeln, daß der Verfasser sich nicht
fragt, wieso in der Auseinandersetzung mit „Judaisten" die Gesetzesfrage
und das Beschneidungsproblem keine Rolle spielen
und Paulus nicht auf das umfangreiche Reservoir von Argumenten
aus seiner Diskussion mit der Synagoge um das Gesetz zurückgreift
, in die uns Römer- wie Galaterbricf einen Einblick gewähren.

Wegen zwei anderer methodischer Mängel darf man den Verfasser
nicht rügen, nachdem D. Georgi sie in seiner Arbeit zum
gleichen Thema zum methodischen Prinzip erhoben und dafür
manchen Beifall gefunden hat. Dennoch bleibt es verfehlt, die
Situation zur Zeit des 2. Kor. prinzipiell von der zur Zeit
des 1. Kor. zu trennen, wie der Verfasser trotz besserer Einsicht
faktisch tut. Nur deshalb kann er auch das Problem der literarischen
Integrität des 2. Kor. für unter seiner Fragestellung unwichtig
halten. Gerade wenn, wie Oostendorp nicht bestreitet,
unsere beiden Briefe redaktionelle Sammlungen der paulinischen
Korrespondenz mit Korinth sein sollten, wird die methodische
Forderung unüberhörbar, die an einem Teil des Briefwechsels gewonnenen
Erkenntnisse nur unter Berücksichtigung der Gesamtkorrespondenz
definitiv zu fixieren und demgemäß die Einheit
oder Differenz der Gegnerschaft in 1. und 2. Kor. nur aus der
Gesamtheit der verfügbaren Texte festzustellen.

Ferner bemüht sich der Verfasser ebensowenig wie Georgi
darum, die beschriebene häretische Missionsbewegung in die uns
bekannten Erscheinungen der frühen christlichen Geschichte einzuordnen
. Das dürfte allerdings auch schwerlich gelingen. Dieser
pneumatische Judaismus, der Heidenmission betreibt, um die bekehrten
Heiden zu christlichen Laudatoren der jüdischen Superiori-
tät zu machen, kommt aus dem Dunkel und geht ins Dunkel. Er
dürfte eine literarische Fiktion sein.

Marburg Walter S c h m i t h a 1 s

D i n k 1 e r , Erich: Signum Crucis. Aufsätze zum Neuen Testament
und zur Christlichen Archäologie. Tübingen: Mohr 1967. VIII,
404 S. m. 8 Abb., 15 Taf. gr. 8°. DM 36,-; Lw. DM 41,-.

Die in diesem Band zusammengestellten Aufsätze „gehören
verschiedenen Arbeitskreisen an: dem Neuen Testament, der
Christlichen Archäologie, sie betreffen Ökumenische Aufgaben und
aktuelle Fragen der Kirche" (Vorwort). Alle Studien sind unverkennbar
von den Zeichen der Zeit geprägt, greifen in die gegenwärtige
theologische Diskussion ein und führen sie an vielen
Punkten voran. Das gilt sowohl von den exegetischen Beiträgen
zu 1. Kor. 6, 1-11, zum Galaterbricf und zum Petrusbekenntnis
und Satanswort als auch von den Untersuchungen zu Augustin
und zur alten Kirche sowie den systematischen Abhandlungen
über Bibelautorität und Bibelkritik und über den Ertrag des deutschen
Kirchenkampfes für die theologische Wissenschaft. Zu diesen
Aufsätzen, die in Zeitschriften schon erschienen waren, kommt
eine unveröffentlichte, überaus lehrreiche Bestandsaufnahme über
älteste christliche Denkmäler hinzu, die erstmals vorgelegt wird.
Mit sorgsam wägender Genauigkeit wird jedes Dokument geprüft,
jeder voreiligen Schlußfolgerung gewehrt und nur anerkannt, was
dem Feuer der Kritik standhält. Wer sich mit Fragen der christlichen
Archäologie beschäftigt, findet hier einen unentbehrlichen
Ratgeber, der durch die breite Dokumentation, die ausführlichen
Litcraturhinweise und die umsichtige Prüfung aller einschlägigen
Probleme stets zuverlässige Auskunft gibt.