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Ausgabe:

1968

Spalte:

25

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Ebeling E., Reallexikon der Assyriologie 1968

Rezensent:

Eissfeldt, Otto

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 1

36

ALTER ORIENT

Reallexikon der Assyriologie, begründet v. E. Ebeling f
u. B. Meissner f. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter
hrsg. v. E. Ebeling t- Durch den Druck geführt u. ergänzt
v. E. Weidner. III, 1: F - Fixsterne. IV, 80 S. III, 2: Fixsterne
- Gebet II. S. 81-160. III, 3: Gebet II - Geschwulst.
S. 161-232. Berlin: de Gruyter 1957/59/64. gr. 8°. Lfg. 1 u. 2.
je DM 18.-, Lfg. 3 DM 28.-.

Nachdem von dem für alle Assyriologen und fast noch mehr
für die Vertreter der an die Assyriologie angrenzenden Wissenschaften
, wie der vom Alten Testament, so überaus wichtigen
Reallexikon der Assyriologie der die Artikel A-Bepaste enthaltende
Erste Band 1932 und der Ber-Ezur und Nachträge
bietende Zweite Band 1938 erschienen war hat der Tod der beiden
Herausgeber, von denen Ebeling am 28. Oktober 1955, Meissner
am 13. März 1947 gestorben ist, es leider mit sich gebracht,
dafj in dem Erscheinen des Werkes eine Unterbrechung von zwei
Jahrzehnten eingetreten ist und daß auch die in der Ersten Lieferung
des Dritten Bandes ausgesprochene Absicht, hinfort in
Abständen von etwa einem Vierteljahr die weiteren Lieferungen
des auf 6 Bände veranschlagten Werkes herauszubringen, nicht
verwirklicht werden konnte. So bedauerlich das ist, so sehr ist
es dankbar zu begrüßen, daß dieses Lexikon kein Torso bleiben
, sondern in absehbarer Zeit seine Vollendung erleben wird.
Denn als unentbehrliches Nachschlagewerk hat sich RLA auch
jetzt schon erwiesen. Mag man auch über die Auswahl der von
ihm gebrachten Artikel hier und da verschiedener Meinung sein
und etwa biographisch-bibliographische Mitteilungen wie Henri
Frankfort (S. 99-100), Johannes Friedrich (S. 115) und Cyril John
Gadd (S. 131) als nicht in ein Reallexikon hineingehörend beanstanden
können, so werden vielen gerade diese Angaben sehr
■willkommen sein, wie der Rezensent für sie besonders dankbar
ist. Im übrigen mag die im folgenden gegebene Auswahl aus
den von den drei ersten Lieferungen des Dritten Bandes gebrachten
Artikeln von dem reichen und mannigfaltigen Inhalt
des Werkes eine Anschaimng vermitteln: S. 1-2 Fabel von Ebering
; S. 9-15 Familie von Ebeling; S. 20-26 Farben in der altorientalischen
Malerei von Unger; S. 29-31 Fayence von Unger;
S. 40-43 Fest von Haldar; S. 43-47 Fest bei den Hettitern von
Furlani; S. 47-50 Festhaus von Haldar; S. 54-56 Feudalismus
von Ebeling; S. 62-64 Figurinen von Douglas Van Buren; S. 70-
71 Fischkentaur (Fischmensch) von Unger; S. 72-82 Fixsterne
von Weidner; S. 84-86 Flechtband von Falkner; S. 88-90 Flüchtling
von Ebeling; S. 91-93 Flügeltür von Unger; S. 94-96 Fluß
(system) von Ebeling; S. 100-104 Frau von Ebeling; S. 105-108
Fratl, geflügelt von Unger; S. 111-112 Freilassung eines Sklaven
von Ebeling; S. 140 Gans von Unger; S. 147-150 Garten von
Ebeling; S. 156-160 Gebet I. Das Gebet in der sumerischen Überlieferung
von Falkenstein; S. 160-170 Gebet II (babylonisch und
assyrisch) von v. Soden; S. 170-175 Gebet und Hymne in Hatti
von Furlani/Otten; S. 181-182 Gefangener, Gefängnis von Ebe-
'ing; S. 185-188 Geheimschrift von Weidner; S. 188-191 Geheimwissen
von Borger; S. 201-206 Geologie, physische Geographie
von Seeger; S. 206-209 Geometrisches Ornament von Dou-
Qlas Van Buren; S. 214-216 Geschäftsurkunden von Ebeling,- S.
216-220 Geschichtswissenschaft von Speiser; S. 220-221 Ge-
•chichtswissenschaft (Geschichtsschreibung in Hatti) von Otten,-
S. 224-231 Geschwisterehe in Elam von König; S. 231 Geschwisterehe
in Hatti von Otten.

Hallo / Saale Otto E i 8 f e I d t

ALTES TESTAMENT

uthrie, Harvey H., Jr.: Israel's Sacred Songs. A Study of
Dominant Themes. New York: The Seabury Press (1966). XI,
241 S. 8°. Lw. S 5.95.

Dr. Harvey H. Guthrie jr. ist Professor des Alten Testaments
an der Episcopal Theological School in Cambridge, Massachusetts,
USA. Seine Erfahrungen als Lehrer haben ihn überzeugt, daß es
notwendig war, ein Buch in der englischen Sprache über die alt-
testamentlichen Psalmen und ihren Platz im Leben zu schreiben,
weil ein solches Buch für seine Studenten und auch für den interessierten
Laien nicht vorhanden war.

Er wünscht die Ergebnisse der Psalmenforschung des letzten
halben Jahrhunderts für seine Leser zugänglich zu machen, nicht
nur für die Studenten und die Spezialisten, sondern auch für andere
, und das hat er in einer schönen Weise gemacht, ja, es muß
schon hier gesagt werden: in einer bewundernswerten Weise.

Die Psalmen dürfen nicht von unserer Kultur aus gesehen
werden; ihnen muß zugestanden werden, ihre eigene Sprache zu
sprechen. Sie sind in ihrer eigenen Form geschrieben, und wir
können nicht die individuellen Dichter ausscheiden, weil sie bestimmten
Mustern gefolgt sind. Diese Muster teilten die israelitischen
Dichter mit ihren Nachbarn in anderen Ländern des Alten
Orients.

Guthrie gibt eine kleine Einführung in die Gattungs- und
Formgeschichte und besonders eine gute Übersicht über die leitenden
Gesichtspunkte Gunkels. Er behandelt speziell die Frage
vom Sitz im Leben der Psalmen, und gibt hier Übersichten über
die Ansichten Mowinckels (Thronbesteigungsfest), Weisers (Bundesfest
) und Kraus (ein mehr zusammengesetztes kultisches
Bild). In seiner eigenen Darstellung benutzt Guthrie die Gattungen
Gunkels, aber er meint auch eine traditionsgeschichtliche
Methode anwenden zu müssen. Die Formen und Motive, die im
Psalter dominieren, sind nicht prophetisch und nicht vom Bunde
geprägt. Sie sind allgemein typisch für die Kultur, an welcher
Israel teilnahm in der Zeit von David und Salomo. Israel mußte
die Sprache und die Denkformen der Umgebung benutzen, und
an diesem Punkt hat Mowinckel nach Guthries Auffassung richtiger
gesehen als Weiser und Kraus (S. 24).

Die klassischen poetischen Formen in der Bibel und im alten
Vorderen Orient finden sich hauptsächlich in zwei Kategorien:
erstens die, in denen der Hymnus der grundlegende Ausdruck
ist, zweitens die, in denen die Klage bestimmend ist. Von diesem
Ausgangspunkt her diskutiert Guthrie die alttestamentlichen
Psalmen und ihre Welt.

Er behandelt zunächst Gott als Oberherr und den mosaischen
Bund. Hier werden die Fragen des gesellschaftlichen Hintergrundes
des Bundes, die Bundesformulare und die hethitischen Parallelen
erörtert. Im zweiten Kapitel folgt die Diskussion über
Gott als kosmischen König. Hymnische Lobpreisung, Tempel und
König werden hier im Verhältnis zueinander gesehen. Im dritten
Kapitel geht Guthrie zum Thema: „Gott als Erretter" über,
hier behandelt er dann Klage und Erlösung. Er findet in Israel
eine Umformung des Klagemotivs des Alten Orients, verursacht
durch die Art von Israels Glauben. In Übereinstimmung mit diesem
Glauben entwickelte Israel von der „Ich'-Form die „Wir"-
Klagen und „Wir"-Danksagungen, die für die israelitischen Psalmen
so charakteristisch sind. Das Orakel mit Jahwes Zusage
wurde eine prophetische Form, durch welche Israel dazu geführt
wurde, im geschichtlichen Geschehen nach Erlösung auszublik-
ken, statt im zyklischen und unsichtbaren kosmischen Drama.

Im vierten Kapitel geht Guthrie weiter zu Gott als Quelle
der Weisheit. Hier behandelt er auch Torah und Frömmigkeit. In
einem letzten, abschließenden Kapitel behandelt er ganz kurz
die Frage, wie die Psalmen in späteren Zeitaltern benutzt wur
den und wie sie noch benutzt werden können.

35 Seiten mit Noten, Bibliographie und Register tragen dazu
vorzüglich bei, daß das Buch ein außerordentlich nützliches Hilfsmittel
zum Studium der Psalmenfragen wird.

Es ist bedeutsam, daß die meistens deutschsprachige Literatur
über die Psalmen (auch Mowinckel schrieb in Deutsch) in dieser
Weise auch für die englischsprechende Welt mehr zugänglich gemacht
wird. Guthrie hat hier einen schönen Anfang gemacht.
Das Buch hat auch seine persönliche Prägung; der Verfasser hat
nicht sklavisch wiedergegeben, was er vorfand, sondern in einer
gut ausgeglichenen Weise erwogen und diskutiert.

Oslo Arvld S. Kapelrud