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Ausgabe:

1968

Spalte:

431

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kroll, Gerhard

Titel/Untertitel:

Auf den Spuren Jesu 1968

Rezensent:

Haufe, Günter

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Seite 1

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431

sich auf das Neue Testament beruft" (S. 202). Mit diesem Verdikt
gewinnt die sonst maßvoll urteilende Darstellung am Ende eine
der sachlichen Diskussion kaum förderliche Schärfe.

Da Bultmanns Theologie ausschließlich von den Positionen aus
betrachtet wird, die K. Heim bezogen hat, muß die Darstellung
seiner Gedanken notwendig verkürzt und einseitig ausfallen. Wenn
der Verfasser der Theologie K. Heims bleibende Aktualität zuerkennen
möchte, so ist abzuwarten, ob er dabei viel Gefolgschaft
finden wird. Trotz des Respektes, den Heims Bemühen um das
Verstehen der naturwissenschaftlichen Fragestellungen verdient,
kann doch nicht übersehen werden, daß seine apologetisch ausgerichtete
Theologie von einem unbekümmerten Biblizismus ausgeht
und die Anfragen, die von der historisch-kritischen Forschung
an die biblischen Texte gerichtet werden, weithin unberücksichtigt
läßt. Ob aber ein Naturwissenschaftler unserer Tage dem von
Heim entworfenen Bild noch zuzustimmen und der Apologetik
dienendes Material zu liefern bereit sein wird, muß dahingestellt
bleiben. Da Bultmann radikaler und kritischer fragt und denkt
als Heim, ist sein theologisches Urteil frei von jeder Apologetik
und darum im Unterschied zu den von Heim entwickelten Gedanken
auch unabhängig von Schwankungen und Veränderungen
des naturwissenschaftlichen Weltbildes.

Gottingen Eduard L o h s e

Kroll, G.: Auf den Spuren Jesu. 2., erweit. Aufl. Leipzig:
St. Benno-Verlag [1966]. 271 S. m. 156 Abb. z. T. färb. gr. 8°.
Lw. M 15,50.

Das zu rezensierende Buch hat innerhalb von knapp zwei Jahren
bereits eine zweite, erweiterte Auflage erfahren, kommt also
offensichtlich dem Bedürfnis eines breiten Leserkreises entgegen.
Den Verfasser leitet die Absicht, „das Leben Jesu in seiner Gesamtheit
darzustellen . . ., wie es sich heute vom Hintergrunde
der Evangelien und der neutestamentlichen Zeitgeschichte abhebt"
(Vorwort). Zugleich bemerkt der Verfasser, sein Werk sei aus der
praktischen Unterweisung entstanden und solle wiederum der
kirchlichen Praxis dienen. Diese Zweckbestimmung erklärt wohl
auch die beiden wesentlichen Eigentümlichkeiten des Buches. Es
ist einmal ein Bilderbuch im besten Sinne des Wortes. Nicht weniger
als 156 Abbildungen (vorwiegend schwarzweiß) veranschaulichen
die landschaftliche, kulturelle und religiöse Umwelt der
Evangelientexte. Neben Baudenkmälern erscheinen Münzen, Inschriften
, Lagepläne, Landkarten, aber ebenso graphische Darstellungen
etwa der Temperaturunterschiede und Niederschlagsmengen
in den einzelnen Teilen Palästinas. Eine große Rolle spielen
natürlich die „Heiligen Stätten", wobei der Verfasser der kirchlichen
Tradition nur selten kritisch gegenübersteht. Der Text selbst
ist ebenfalls als Bilderbuch gemeint. In großer Fülle und bis ins
Detail schildert er die alltägliche, die politische und die religiöse
Umwelt Jesu. In diesem zeitgeschichtlichen Material ist der Verfasser
ausgezeichnet bewandert. Jeder Leser wird sich hier gern
von ihm belehren lassen. Dieses Material wird freilich nicht im
Zusammenhang dargestellt, sondern von Fall zu Fall einem geographisch
-chronologischen Aufriß des Lebens Jesu eingefügt, der
am Rahmen des Johannes-Evangeliums orientiert ist. Und hier
liegt die zweite Eigentümlichkeit des Buches. Johanneische und
synoptische Texte werden harmonisierend zu einem Gesamtmosaik
des Lebens Jesu zusammengefügt, bei dem offensichtlich
E. Stauffers Leben-Jesu-Rekonstruktion nicht unerheblich Pate gestanden
hat. Daß alle Texte einen mehrfachen „Sitz im Leben"
haben, daß man zwischen Historie und Kerygma unterscheiden
muß, das alles erfährt der Leser nicht. Freilich hätte eine auch nur
ansatzweise Berücksichtigung der Form- und Traditionsgeschichte
das Gesamtunternehmen wesentlich kompliziert. So macht das
Buch auf den kundigen Leser einen zwiespältigen Eindruck, während
es den Laien gerade ob der Gründlichkeit im zeitgeschichtlichen
Detail in falsche Sicherheit wiegt. Was zu kurz kommt, ist
die eigentliche Absicht der Texte. Das ist um so bedauerlicher, als
die katholische Exegese diesen Stand der Dinge heute längst überwunden
hat. Man vergleiche zur kritischen Ergänzung aus dem
gleichen Verlag W. Trilling, Fragen zur Geschichtlichkeit Jesu
(1966), der Krolls Buch nicht zu Unrecht zu jenen apologetischen
Darstellungen zählt, die von einem „naiven Optimismus" getragen
sind (S. 63).

Leipzig Günter Haufe

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D u p o n t, Jacques: La parabole de la Brebis perdue (Matthicu 18,
12-14; Luc. 15, 4-7) (Gregorianum 49, 1968, S. 265-287).

Gyllenberg, Rafael: Anschauliches und Unanschauliches im
vierten Evangelium (StTh 21, 1967, S. 83-109).

Jeremias, Joachim, u. Hermann Strathmann : Die Briefe
an Timotheus und Titus. Der Brief an die Hebräer, übers, u.
erklärt. Berlin: Evang. Verlagsanstalt (Lizenzausgabe des Verlages
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen) [1967]. IV, 163 S.
gr. 8° = Das Neue Testament Deutsch. Neues Göttinger Bibelwerk
hrsg. v. P. Althaus u. G. Friedrich, 9.
(s. Bespr. in ThLZ 89, 1964, Sp. 842)

Knauer, Peter: Erbsünde als Todverfallenheit. Eine Deutung
von Rom. 5, 12 aus dem Vergleich mit Hebr. 2, 14 f. (ThGl 58,
1968, S. 153-158).

Rigaux, Beda: Die zwölf Apostel (Concilium 4, 1968, S. 238-
242).

Schlier, Heinrich: Grundzüge einer neutestamentlichen Theologie
des Wortes Gottes (Concilium 4, 1968, S. 157-162).

Zell er, Dieter: Sühne und Langmut. Zur Traditionsgcschichtc
von Rom. 3, 24-26 (ThPh 43, 1968, S. 51-75).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

A 11 a n e r , Bcrthold: Kleine patristische Schriften, hrsg. v.
G. G lock mann. Berlin: Akademie-Verlag 1967. X, 620 S.,
1 Taf. gr. 8° = Texte und Untersuchungen zur Geschichte der
altchristlichen Literatur, 83. M 70,-.
Gleichviel als Zeichen der Pietät wie der sachgemäßen Würdigung
des umfangreichen wissenschaftlichen Werkes von B. Altaner
erscheint es, daß die Kommission für Spätantike Religionsgeschichte
bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften diese Sammlung
patristischer Aufsätze in die bekannte Reihe aufgenommen hat.
Daß diese Arbeiten damit einem breiteren Leserkreis zugänglich
gemacht werden, kann nicht nur begrüßt werden, sondern ist
- vor allem wegen des methodischen Ertrages dieser Untersuchungen
- für Fachgenossen weit über den herkömmlichen Bereich der
Patristik hinaus von Bedeutung.

Dem knappen, aber wertvollen Geleitwort von Max Rauer folgt
die Wiedergabe der Arbeiten in den drei Rubriken: Augustinus-
Studien; Untersuchungen zur griechischen und lateinischen Patristik
; Beiträge zur altchristlichen Literatur- und Dogmengeschichte.
Das Nachwort von G. Glockmann gibt wichtige Hinweise, und
das Abkürzungsverzeichnis liefert einen gewissen Schlüssel zu
dem umfangreichen Band. Daß Register völlig fehlen, wird man
bedauern, wenngleich das vorangestellte Inhaltsverzeichnis zumindest
eine schnelle Orientierung hinsichtlich der jeweiligen
Problematik und Themenstellung erlaubt.

Die meisten hier vereinigten Beiträge wird man auch heute
noch, ganz unabhängig von ihrer Entstehungszeit, mit großem
Gewinn lesen. Indes gilt das nicht für alle Aufsätze in gleichem
Maße. „Augustinus als Seelsorger" ist heute durch die Arbeit van
der Meers weithin unter neue Aspekte gestellt worden, während
die Beziehungen Augustins zur Bildung und Kultur seiner Zeit
vor allem durch Courcelle und Marrou weitergeführt worden sind.
Auch Donatismus und Circumcellionentum wird man wohl auf
Grund der Arbeiten Frends, Tengströms oder des Rezensenten
unter wesentlich andere Vorzeichen gesetzt sehen müssen als bei A.
Hier und da sind immerhin Hinweise auf die neuere Forschungsliteratur
beigegeben, die das Weiterarbeiten bereits etwas erleichtern
können. In dieser Richtung mehr zu tun, stößt bei einem
nachgelassenen Werk ja immerhin auf Komplikationen, obwohl
man natürlich methodisch geltend machen kann, daß die möglichst
bis ins Detail hinein richtige Orientierung des Lesers, der
ja nicht ständig auf den jeweiligen Standpunkt des Verfassers
zurückschalten kann, oberste Pflicht für den Herausgeber ist.

Trotz einiger forschungsgeschichtlich bedingter Eingrenzungen
muß besonders hervorgehoben werden, daß gerade A s kleine
patristische Schriften ein ausgezeichnetes Arbeitsinstrument darstellen
. Einerseits ist dies durch die thematische Weite und Breite
bedingt, die die östlichen „Väter" ebenso berücksichtigen wie die
westlichen und den zeitlichen Rahmen etwa vom 1. Clemensbrief
bis zu den skythischen (gotischen) Mönchen des 6. Jahrhunderts
hin spannt; andererseits ergibt es sich aus dem behutsamen, aber
sicheren methodischen Vorgehen, das die Klärung der Sachverhalte
der konfessionellen Gebundenheit voranstellt.

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 6