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Ausgabe:

1968

Spalte:

388-390

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Oecumenica, Jahrbuch für ökumenische Forschung

Titel/Untertitel:

1966 1968

Rezensent:

Slenczka, Reinhard

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der Sabbat ist ganz strikt zu halten (S. 9, 123). „Der Sabbat ist
buchstäblich der Schlüssel, der die himmlische Tür öffnet." Das
Zentrum der Bewegung ist Ekuphakameni, und dieses ist das neue
Jerusalem (S. 132/3).

In einem Schlußkapitel S. 145—156 erfolgt eine kritische He
Schreibung des vorgefundenen Lehrganzen. Nur ein Zitat: „Seine
Entdeckung des Sabbat ist ein wichtiger auslosender Faktor für
seine Entwicklung zu einer Messiasgestall und in und mit ihr isl
die Ausschließung des Evangeliums Christi begründet" (S. 150).

Hallr/Saalc Arno Lehmann

Taylor, John V.: Die Kirche in Buganda. Das Werden einer
jungen afrikanischen Kirche, übers, von E. M. Mann. Stuttgart:
Evangelisches Verlagswerk [1966]. 302 S. gr. 8° = Die Kirchen
der Welt, Reihe B, Bd. IV. Lw. DM 32,-.

Mitte der fünfziger Jahre veranlafite die Studienabteilung des
internationalen Missionsrates Studien von Situationsanalysen junger
Kirchen. Das Buch von Taylor ist die erste. Die englische Ausgabe
erschien 1960.

Taylor ist ein vorzüglicher Kenner Afrikas. Er wirkte als theo
logischer Lehrer in Uganda, wurde dann Afrikasekretär der Eng
lischen Kirchenmissionen und schließlich ihr Generalsekretär. Ehe
er seine Arbeit in Uganda aufgab, lebte er einige Monate in verschiedenen
Dörfern, um die Situation der Kirche auf dem Lande
kennenzulernen. Sie lebt ja vor allem auf dem Lande (11—15, 117
bis 132). Taylor spricht nicht nur die Sprache der Ganda, er kennt
auch die Geschichte, die Religion und das Brauchtum dieses Volkes
. Dazu ist er ein guter Theologe. Die Literatur über Buganda
hat er sorgfältig ausgewertet.

Können Nichtafrikaner überhaupt solche Untersuchungen
durchführen? Müßten das nicht Afrikaner tun? Gewiß, die Probleme
des Landes, der Kirche usw. werden Afrikaner besser kennen
als Weiße. Aber werden Afrikaner jetzt schon die Kräfte richtig
einschätzen, die die Wandlungen selber ausgelöst haben und
weiter vorantreiben, d. h. den Islam, die ganze westliche Welt, den
Marxismus, die Wissenschaft und Technik? Nur Menschen mit
einer umfassenden Sachkenntnis, mit einer scharfen Beobachtungsgabe
und großer Nüchternheit werden solche Studien machen
können. Taylor ist einer der wenigen, der alle diese Voraussetzungen
mitbringt.

In Teil I (17-113) wird die Geschichte des Landes und der Kirche
beschrieben. 1. Der Kabaka Mutesa I im politischen Spiel zwischen
Ägypten und Sansibar, im Hintergrund schon England vertreten
durch anglikanische Missionare. 2. Antwort und Verantwortung
. Der Kabaka zwischen dem Islam und dem Christentum in
anglikanischer und katholischer Form. Französische Missionare
vertreten den Katholizismus. Noch heute werden in den Zwischenseengebieten
die Katholiken Bafaransa „Franzosen" genannt. Es
gelingt den Missionaren beider Konfessionen, Menschen der füh
renden Schicht für den neuen Glauben zu gewinnen. Viele sterben
für den christlichen Glauben (281 ff.). 3. Die Kirche in den Kinderschuhen
. Die zweite Missionarsgeneration mit ihrem Patriarchalis-
mus lähmt die jungen Gemeinden. Bischof Tucker kann die. von
ihm erstrebte Integration der Missionare in die Kirche nicht durchsetzen
. 4. Die Periode der Loslösung: 1905—1955. Hier gibt er eine
meisterhafte Analyse dieser 50 Jahre. Kennzeichen: Die Verwaltung
überfremdet die Gemeinden. Die Kirche wird verschult. Die
Verkündigung wird durch die Lehre verdrängt. Das ist übrigens
eine Entwicklung, die in vielen jungen Kirchen zu beobachten ist.
In Teil II, 117—252 beschreibt er die gegenwärtige Situation. 5. Die
gesellschaftliche Struktur einer Gemeinde. 6. Die kirchliche Organisation
der Gemeinde. 7. Die Kinder der Gemeinde. 8. Die Jugend
und die Schulen. 9. Mann und Frau. 10.11. Das traditionelle
Weltbild (Religion, Magie, Meidungen usw.). 12. Die Gemeinde (im
Gottesdienst, in der säkulären Gemeinschaft),

Im Teil III, 253-280, „Die Zukunft", werden pastorale und theo-
logische Fragen behandelt.

Es folgen einige Anhänge: Angaben über die starken Bevölke
rungsbewegungen; Ergebnis einer Befragung von Schülern; Erklärung
von Gandaworten. Leider fehlt ein Register. Auch habe ich
Karten vermißt.

Es ist unmöglich, auf den ganzen Reichtum dieses Werkes einzugehen
. Auf einiges nur soll aufmerksam gemacht werden.

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Die Missionare haben mit ganzer Hingabe gearbeitet. Sie wollten
das Evangelium rein verkündigen. Sie brachten aber ein Christentum
viktorianischer Prägung nach Buganda. So wird noch heute
eine Ehe, die nach afrikanischem Brauch geschlossen wird, nicht
von der Kirche anerkannt (182 ff.). Offenbar können wir immer
nur das weitergeben, was wir selber sind.

Die Untersuchung zeigt, daß die Probleme einer jungen Kirch''
mit ihrer Selbständigkeit größer werden. Das gehört wohl zum
„Fluch der Freiheit". Vgl. hierzu das 46 ff. gebrachte Entwick-
lungsschema: Übereinstimmung, Loslösung, Forderung, Krise.

Eine eingehendere Untersuchung der Missionspredigt wäre aufschlußreich
gewesen. W. Freytag, dem Taylor sehr nahe steht, hat
besonders intensiv die Frage gestellt: Was am Evangelium löst die
Bekehrung aus? War es die Botschaft von dem lebendigen Schöpfer
der Bibel, die zum Glauben führte? Die Ganda kannten das
höchste Wesen nur als Urheber. Es ist auffällig, daß in der Erwek-
kung Jesus so stark im Mittelpunkt steht, daß man fast von einer
Jesusreligion sprechen möchte. Tun das die Erweckten als Reaktion
zu der Verkündigung in der Kirche? Ich hätte eine noch eingehendere
Untersuchung der Erweckung gewünscht. Meiner Meinung
nach kommt sie zu kurz. An der Evangelisch-Lutherischen
Kirche in Bukoba (westlich des Viktoriasees) ist mir deutlich geworden
, daß eine Erweckung die Kirche wandeln kann.

Es wäre nun notwendig, die Geschichte der Kirche bis heute
noch zu untersuchen. Anfang 1966 wurde der Kabaka gestürzt und
mußte das Land verlassen. Hat sich «las Bild der Kirche nach Kabaka
* Sturz durch den Nationalismus gewandelt?

Der Verfasser hat nüchtern und sachlich seine Untersuchungen
gemacht. Missionare sind oft zu kritisch, oder sie decken alles mit
dem Mantel der Liebe zu. Er ist kritisch, aber voll Verstehen. Seine
Urteile fällt er von einer höheren Warte aus. Er weiß, daß eine
Kirche „gleichzeitig so stark und so schwach sein kann" (68). Aus
der Geschichte weiß er, daß eine Kirche vor allem in den Krisen
wachsen kann. Die Christen erweisen ihre missionarische Kraft in
den Kontakten des täglichen Lebens.

Dieses Buch ist nicht nur ein Lehrbuch für Missionare und Missionstheologen
. Es ist ein Ruch für alle, die ihre Kirche liebhaben.
Von der Jungen Kirche können wir in der Alten Kirche viel lernen.
In Afrika fand ich das Sprichwort: ..Die Kinder sind die Lehrer der
Alten".

Bethel Joseph BSfflt

Oecumenica. Jahrbuch für ökumenische Forschung, 1966,
hrsg. von F. W. Kantzenbach und V. V a j t a. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn; Minneapolis, Minn: Augs
bürg Publishing House; Neuchätel: Dclachaux et Niestie [1966].
235 S. gr. 8°. Lw. DM 24,-.

Nicht zu bestreiten ist die dringende Notwendigkeit substantiel
ler Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Ökumene; schlechterdings
nicht mehr zu bewältigen ist jedoch die Fülle des Materials
von hektographierten ,papers' bis zu schön gebundenen Büchern.
Die kritische Sichtung bleibt oft eine Sache des Zufalls oder auch
der Publikationsweise. So greift man als an dieser Hochflut Beteiligter
wie auch von ihr Betroffener mit recht gemischten Gefühlen
zu dem Sammelband, mit dem das .Institut für ökumenische Forschung
' des Lutherischen Weltbunds in Straßburg eine neue Reihe
von Jahrbüchern eröffnet. Unabhängig von dem Wert der Einzcl-
beiträge muß hier doch gefragt werden, wodurch diese neue Reihe
sich ausweisen kann. Darauf ist jedoch keine Antwort zu finden,
da auf eine gemeinsame Thematik und Ausrichtung von vornherein
, wenn auch, wie es im Vorwort heißt, vorläufig für die beiden
ersten Bände verzichtet wurde. Das ist insofern bedauerlich, als
früher aus der Forschungsarbeit des Lutherischen Weltbunds hervorgegangene
Sammelbände mit Beiträgen zu bestimmten Themen
durchaus eine wichtige Funktion erfüllen konnten und so auch für
die ökumenische Begegnung hilfreich waren.

Was hier nun unter dem Titel „Oecumenica" zusammengestellt
wurde, zeigt zwar eindrücklich die Weile ökumenischer For-
sehungsmöglichkeiten, weniger jedoch die spezifischen Anliegen.
Aspekte und Beiträge lutherischer Theologie. Zudem findet sich
nur wenig, was nicht schon andernorts, z. T. auch von denselben
Autoren veröffentlicht worden wäre. Freilich wäre es ungerecht,
den Wert der Einzelbeiträge nach der fragwürdigen Zusammenstellung
in diesem Band zu beurteilen.

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 5