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Ausgabe: | 1968 |
Spalte: | 380-381 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Autor/Hrsg.: | Bluhm, Heinz |
Titel/Untertitel: | Prophetische Verkündigung heute 1968 |
Rezensent: | Winter, Friedrich |
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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 5
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gründet. . . Die evangelische Theologie entwickelt ihre Ethik konsequent
aus der Rechtfertigungslehre .. . Sie fürchtet, die katholische
Lehre vom Sittengesetz könnte den Menschen in Versuchung
bringen, sich mit Hilfe der Gesetzeserfüllung einen Anspruch
auf das Heil zu schaffen . . . Die evangelische Ethik warnt
uns dann weiter, allzuschnell und voreilig zu wähnen, wir könnten
den Willen Gottes adaequat in Sätze fassen und kasuistisch
auf Einzelfälle anwenden" (S. 8/9). Dem entsprechen Inhalt und
dispositioneller Aufriß:
1. Kapitel: Gesetz und Evangelium
Das reformatorische Anliegen
Die katholische Antwort
2. Kapitel: Gebot und Ordnungen
I. Die Gültigkeit der Schöpfungsordnung
Die reformatorische Sicht
Die katholische Sicht
II. Das Verhältnis von Norm und Situation
Norm und Situation in der reformatorischen Ethik
Norm und Situation in der katholischen Moraltheologie
S.Kapitel: Sünder und Sünde
Hier einige Beispiele der jeweils ..katholischen Antwort' :
„Wenn der Gerechte, der aus dem Glauben lebt, Akte setzt und
Handlungen vollbringt, dann nicht eigentlich strebend zur Vollendung
hin, sondern strahlend von der Vollendung her, nicht in
der Unterscheidung von Sein und Sollen, sondern aus der unbedingten
Erkenntnis und Forderung, daß die göttliche Einheit von
Sein und Sollen, die durch die Gnade in ihm lebt, sich in seinem
Leben durchhalten muß" (S. 30). „Das erste und eigentliche Gesetz
des Christen, das Gesetz Christi (Gal. 6,2: l.KoT. 9.'21) ist kein
geschriebenes Gesetz, es besagt vielmehr den mit unserem Sein
,in Christus' oder ,im Geist' gegebenen Sollensanspruch zum entsprechenden
Wandel... ,So ist das Gesetz des Geistes nicht ein
neuer Gesetzeskodex, sondern ein vom Heiligen Geist ausgehender
Drang zum Guten'" (S. 72/73). „Es ist das große Verdienst
von Hans Küng, daß er in seiner Antwort an Karl Barth die alte
kirchliche Tradition von der Verlorenheit des Sünders in großer
christologischer Schau wieder zum Leuchten gebracht hat...
Eine Schwierigkeit liegt darin, daß wir auf Grund der Kindertaufe
kaum mehr das gewaltige Erlebnis der Umkehr in uns tragen
; ...Wir müssen uns stets bewußt sein, daß man die Gnade
nicht einfach ,hat', sondern daß man sie nur dann wahrhaft gewahren
' kann, wenn man offen und gewillt ist, sie immerfort zu
empfangen .. . Wir sind auch als Gerechtfertigte immer noch Sünder
... So wird sich der Mensch gerade unter der Forderung Gottes
erst wahrhaft seines Sünderseins und seiner tiefen Erlösungsbedürftigkeil
bewußt, er spürt etwas vom echten simul peccator
et iuslus" (S. 84-91).
Es ist dem Verfasser zu danken, daß er hier die Initiative ergreift
, und es ist beglückend — für den evangelischen und, wie ich
meine, für den katholischen Ethiker und Christen —, in welcher
Offenheit, Objektivität und Bereitschaft zum Hören und Lernen
dies durchgeführt wird.
Mflnster/Westf. Paul Jacobs
L u t h u I i, Albert, Ambrose Reeves, und L. John Collins: Apartheid
und Menschenrechte. Berlin: Union Verlag 1967. 178 S.
Pissarek-Hudelist, H.: Themen gegenwärtiger Ehelitera.
tur (ZkTh 90, 1968, S. 61-70).
Ramsey, Paul: Naturrecht und christliche Ethik hei N. II. Shc
(ZEE 12, 1968, S. 80-98).
Rüsch, Ernst Gerhard: Kirchliche Autorität und Freiheit des
Gewissens. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1967]. 30 S. 8"
= Bensheimer Hefte, hrsg. vom Evangelischen Bund, 34. DM 2,-.
See Niels H.: Naturrecht und Sozialethik (ZEE 12„ 1968, S. 65-80).
PRAKTISCHE THEOLOGIE
I! I u h m, Heinz: Prophetische Verkündigung heute. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt [1967J. 150 S. 8° = Theologische Arbeiten, hrsg.
von H. Urner, 23. Kart. M 10,80.
Die Darstellung geht so vor, daß der Begriff des „Prophetischen"
mit bestimmten Themen koordiniert und dann meditativ variiert
wird. Dabei wiederholen sich in gewissen Abständen besondere
Anliegen: schöpfungsbezogene, christologische, apologetische, homiletische
, seelsorgerliche, kirchenkritische. Oft wenden sich die
Gedanken und Problemkreise so sehr, daß es schwerfällt, sich
diesem schnellen Wechsel zu fügen. Darum ist es auch nicht ganz
leicht, den Inhalt des Buches in seiner weit schweifenden Fülle zu
referieren.
„Die verloren geglaubte Prophetie" ist „heute da" (Abschnitt 1,
S. 7). Nachdem das „prophetische Handeln der Kirche" im 2. Abschnitt
präludienhaft angesprochen ist, wird es unter Spezial-
aspekten betrachtet: „Zuverlässige Informationen über Jesus" (3.)
werden trotz schwieriger historischer Ergebnisse durch den „prophetischen
Erkenntnisweg" (S. 30) ermöglicht. „Haushalterschaft
prophetisch gesehen" (4.) behandelt Fragen des Umgangs mit der
Bibel. „Das prophetische Zeugnis" (5.) faßt die heutige Predigt ins
Auge. „Das Ursprüngliche der prophetischen Predigt" (6.) ist in der
Auferstehung gegeben. Wirksam wird sie in der Bekehrung: „Die
außerordentliche Begegnung" (7.). „Das prophetische Wagnis" (8.),
getragen vom Herrn der Gemeinde, ist zu unterscheiden von eigenmächtiger
Verwegenheit. „Prophetischer Dienst" (9.) geht nicht an
ohne einen „stellvertretenden Kampf für die Gemeinde Jesu über
haupt" in der Seele des Predigers (S. 80) und äußert sich in der
umsichtigen Wahrnehmung des Wächteramtes in Kirche und
Welt. „Prophetische Wirklichkeitsschau" (10.) umfaßt die „Well
Wirklichkeit in ihrer Ganzheit" als Schöpfung Gottes (S. 85) und
Well in Jesus Christus, die im Diesseits Wirklichkeit ist. Im Anschluß
an Gedanken zur „Vollmacht und Ohnmacht prophetischer
Rede" (11.) wird die Ekklesiologie zum Thema herangezogen:
„Die aufbrechenden Leute" (12.). „Das weltliche Wort" (13.) äußert
sich zum Weg des Wortes in der säkularisierten Welt. Nach Be
merkungen zur „Prophetischen Spannkraft" (14.) wird die „Pro
phetie des Kommenden" (15.), d. h. angesichts des kommenden
Jesus Christus reflektiert. — In einem Anhang stehen ein Vortrag
von M. Niemöller (Der gekreuzigte und auferstandene Christus)
und eine gekürzte biblische Studie von H. .1. Iwand (Die Gegenwart
des Kommenden).
Wer sind die Gesprächspartner? Oft wird vom „Menschen der
technischen Revolution" geredet. Hier und da geht Verfasser auf
marxistische Anschauungen apologetisch ein. Prophetische Theo
logen, Vertreter des Pietismus können sich ebenso bestätigt fühlen
wie die, die Gesetz und Evangelium, Gericht und Gnade unterscheiden
wollen. Menschen, die Furcht vor der Bibelkritik haben, soll
sie genommen werden. Polemisch wird vor allem auf manche Formen
eines theologischen Intellektualismus und eines kirchlichen
Durchschnittschristentums reagiert. Verfasser schätzt den Begriff
des „Außerordentlichen" (S. 9, 31, 43, 62, 70).
Man hat den Eindruck daß Verfasser sich durch viele „Sprach
schulen" hat anregen lassen: Die Literaturhinweise (S. 148) reichen
von Karl Barth und I). Bonhoeffer über den speziellen Lehrer Emil
Fuchs bis zu Gustav Wingren. In den Anmerkungen zum Text werden
fast nur Zitate aus Predigten, Meditationen und Gemeindeschrifttum
gebracht. Sie dienen nicht immer zur Begründung der
Meinung des Verfassers.
Anfragen aus dem Bereich aller theologischen Disziplinen sind
zur Stelle. Da sich jedoch diese Studie „im Rahmen der Disziplin
der Praktischen Theologie" versteht (S. 150) und immer wieder
auf homiletische Gedankengänge in prophetischer Sicht zurückkommt
, sei angemerkt, daß sie hier und da zu schwebend oder
zu einseitig bedacht worden sind, ohne daß die Vielfalt der Kriterien
herangezogen wäre, nach denen ein homiletischer Prozeß befragt
werden kann. Nicht selten werden homiletische Probleme
auch durch Behauptungen aus dem Bereich der Dogmatik blök
kiert. Als Beispiel sei genannt: „Eine prophetische Predigt läßt sich
nicht ausarbeiten und als fertiges Konzept vortragen ... Es gehört
zum Prophetischen ein unmittelbares Verhältnis, das der Heilige
Geist gestaltet" (S. 19). Hier dient die Lehre vom 3. Artikel dazu,
die rhetorische These von der spontanen Bede zu rechtfertigen. Es