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Ausgabe: | 1968 |
Spalte: | 286-292 |
Kategorie: | Systematische Theologie: Allgemeines |
Autor/Hrsg.: | Künneth, Walter |
Titel/Untertitel: | Entscheidung heute 1968 |
Rezensent: | Haendler, Klaus |
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Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 4
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werden besprochen die Farben, als geometrisches Motiv das
Kreuz, als kosmisches Motiv die Sonne, als organische Motive
Pflanzen und Tiere, schließlich ornamentale Motive. Schon diese
Gliederung spricht für die umsichtige, auch Einzelheiten genau
betrachtende Arbeit des Verfassers. Dieser stellt klar heraus,
daß auch scheinbar rein ästhetisch zu verstehende Farben oder
Formen symbolisch belangvoll sein können. Umgekehrt sind bestimmte
geschichtlich bedingte Form-, Färb- und Bildvorstcllun-
gen nicht kanonisch oder gar metaphysisch auf einen bestimmten
Symbolwert festlegbar. „Darum ist das Symbolische als das
für einen umfassenden und gleichzeitig konkreten Lebensbezug
Gültige stets dort zu finden, wo sich aus dem Schmclztiegel des
Austausches menschlicher Erfahrungswerte hervorragend verantwortete
Gestalten herauskristallisieren" (S. 115).
Auch ikonographisch vorgegebene Motive wie beispielsweise
das Kreuz oder die „Evangelistensymbole" beginnen durch eine
alles Schablonenhafte vermeidende Neufassung wieder zu sprechen
. Bei den ornamentalen Motiven ebenso „wie bei den Farben
läßt sich erkennen, dafj bei aller subjektiven Differenzierung
in der Gegenwart doch immer wieder übergreifende Bedeutungsfelder
wachsen, in denen sich transsubjektive Erfahrungen verdichten
" (S. 198). Jedoch beziehen sich die neuen Kunstwerke
vornehmlich auf ein „relativ weites Mittelfeld anthropologischer
Erfahrungswerte" (S. 199). Der zeitgenössischen Kunst wohnt
die „Suche nach der anthropologischen Ganzheit" inne, die „die
Scheinpolarität von Subjektivität und Objektivität überholen"
lehrt (S. 200). Bereits „der im Symbol gemeinte Saclwerhalt ist
nicht objektivierbar, jedoch selbst Anlaß zu neuem hermeneu-
tischen Durchdenken der Gestalt" (S. 201).
Der III. Hauptteil behandelt „Das Kunstwerk als Symbol in
theologischer Sicht" (S. 202-230). Im 1. Kapitel geht es um die
„Theologische Definition des Kunstwerks als Symbol" (S. 202 bis
211). Zuerst wird der Symbolbegriff im Zusammenhang des theologischen
Urteils behandelt. Mit dem Verständnis des Kunstwerkes
als Symbol ist seine Ganzheit gemeint: die unteilbar Subjektives
und Transsubjektives in einer Gestalt verbindende Wirklichkeit
. Weitere Abschnitte entfalten diesen Gedanken. Das Symbol
wird als geschichtliche Gestalt des Glaubens begriffen („In
der Unvcrwechselbarkeit einer Gestalt zeigt sich - als Teil dessen
, wie sich der Mensch selbst in dieser Welt versteht - ihre
Geschichtlichkeit", S. 204), sodann als gottesdienstliches Bekenntnis
: „Eine geschichtliche Gestalt, in der sich Glaube manifestiert,
laßt sich theologisch mit dem Begriff des Bekenntnisses umschreiben
. Bekenntnis ist jedoch nicht bloßer Ausdruck des Glaubens
, sondern verdichtete, in persönlichem und gemeinschaftlichem
Kampf um den Glauben gesammelte und damit unverwechselbar
gewordene Erfahrung dessen, was sich als Tun Gottes
in dieser Welt niedergeschlagen hat. Es legt sich nahe, auch
das Kunstwerk als geschichtliche Gestalt des Glaubens in dieser
Hinsicht zu deuten" (S. 209).
Das 2. Kapitel behandelt „Die theologischen Funktionen des
Symbols in der Kunst" (S. 212-230). Gemäß dem Sprachcharakter
des Kunstwerkes wendet sich V. zuerst der kerygmatischen
Funktion des Symbols zu („In der Kunst will zu Wort kommen,
was sich nicht verobjektivieren läßt", S. 212), die sich nicht erst
bei spezifisch christlichen Thematik verwirklicht. Allerdings erweist
sich die Geschichtlichkeit des Kunstwerks auch in der Bindung
an einen Traditionsstrom. Es lebt von der Überlieferung
der Väter. In seiner Konkretheit vermag es seine kerygmatische
Funktion zu erfüllen. Die wechselnde Konkretion des Kerygmas
laßt die Unverfügbarkeit von Gottes Heilshandeln erkennen, das
sich nicht seitens des Menschen festlegen läßt, vielmehr immer
wieder in verschiedenen künstlerischen Bildstrukturen, Form-
niodellen und Stilentwürfen erfahrbar wird.
Das Symbol beginnt seine kommunikative Funktion im Aufsuchen
von Versländigungsgrundlagcn zu entfalten. „Kriterium
«er kommunikativen Funktion ist die Oikodome der Gemeinde,
«er Aufbau einer konkreten Mitmenschlichkeit im Sinne des
Neuen Testamentes" (S. 219). „Kommunikation bewährt sich in
erster Linie in gegenseitiger Stellvertretung" (S. 219). Sie erwächst
ferner aus dem Auftrag. Nicht zuletzt eignet dem Symbol
eine meditative Funktion. Das Kunstwerk bewegt sich damit im
Bereich eines verantwortlichen kultischen Spiels, „das dem Menschen
in der Spannung von Gesetz und Evangelium gewährt ist"
(S. 225), die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch darstellt
und in der Nähe zum Gebet steht.
Die gedankenreiche Arbeit, gespeist von der intensiven Beschäftigung
mit der modernen Kunst und der darauf bezogenen
Literatur, bietet über unsere Wiedergabe hinaus noch eine Fülle
von Aspekten, die des Nachdenkens und der Diskussien wert sind.
Der Rezensent befürchtet nur, dafj die Möglichkeiten des bildkünstlerischen
Schaffens im Blick auf die Offenbarungsweise
Gottes überschätzt sind (vgl. die Ausführungen auf S. 208 und
211). Die Zueignung der Sündenvergebung erfolgt jedenfalls
nur durch Wort und Sakrament. Das Bild mit christlicher Haltung
und Aussage wird ja auch erst durch die Bekanntschaft mit der
christlichen Botschaft voll verständlich. Schließlich kann alle
Abstraktion im bildkünstlerischen Schaffen, soweit dies für die
Gemeinde bestimmt ist, immer nur dazu dienen, den Blick unmittelbar
auf das anschauliche, in bestimmten Inhalten faßbare
Wesen der Christusbotschaft zu lenken.
Leipzig Hartmut M a I
SYSTEMATISCHE THEOLOGIE
K ü n n e t h , Walter i Entscheidung heute. Jesu Auferstehung -
Brennpunkt der theologischen Diskussion. Hamburg: Friedrich
Wittig Verlag 1966. 216 S. 8°. Lw. DM 22.-.
Mit dem vorliegenden Buch nimmt K. in thematischer Hinsicht
seine „Theologie der Auferstehung" (1933/'1951) auf und
setzt sich zum Ziel, deren Grundgedanken „in Bezugnahme auf
die inzwischen aktuell gewordenen Probleme der gegenwärtigen
Theologie zu konkretisieren" (9). Damit kommt es in seiner aktuell
-polemischen Intention neben sein „Glauben an Jesus?"
(1962.21963) zu stehen, mit dem es die Intensität des Engagements
und der Provokation teilt: Es geht ihm darum, die Theologie
vor eine Entscheidung zu stellen, in der sowohl ihr theologischer
wie ihr christlicher Charakter auf dem Spiel steht. Der
Punkt, angesichts dessen nach K. diese Entscheidung gefordert
wird, ist die „Entscheidung, die Gott in der Auferweckung des
Jesus Christus von den Toten für die Welt getroffen hat" (8),
und die hier von K. gestellte „Entscheidungsfrage" lautet, ob die
Theologie die Auferstehung Jesu (= A. J.) als „eine Idee, eine
allgemeine Wahrheit, ein Symbol, eine Chiffre, also letztlich irgendwie
.Mythus'" oder als ein „Ereignis" versteht (25; ebenso
9. 62 u.ö.), anders gesagt: ob diese für sie „Illusion oder Wirklichkeit
" ist (135).
Der Inhalt: „Die A.J. als Kriterium und Herausforderung"
(11-18). - „Die Infragestellung der Theologie durch die A.J."
(19-25). - „Der Begriff der Wirklichkeit" (26-40): „Das Problem
des Verstehens" (26-33); „Die Signatur der Wirklichkeit"
(33-40). - „Die Dimension der A.J." (41-89): „Die A. als historisches
Ereignis" (42-71); „Die metahistorische Wirklichkeit der
A.J." (72-89). - „Das Scheitern der Existentialtheologie an der
A.J." (90-135): „Die hintergründigen Faktoren" (90-94 - „Im-
manentismus", „Anthropozentrik", „Aktualismus"); „Der Umdeu-
tungsprozefj (94-116 - A. als „Interpretament" und „Chiffre");
„Die Unverbindlichkeit der A.J." (116-135 - „an Stelle eines Geschehens
tritt ein Nachdenken", „aus der Realität eines Ereignisses
wurde das Produkt eines schöpferischen Glaubens" [123 f.]).
„Die theologischen Perspektiven im Lichte der A.J." (136-206):
„Die A.sbotschaft als hermeneutischer Schlüssel" (136-164); „Die
A.J. als Grund der Lehre der Kirche" (165-185); „Die A.J. als
kosmisches Ereignis" (186-206). - „Das Osterkerygma heute"
(206-214): „Die Ausweglosigkeit des Menschen von heute" (207
bis 210); „Der Christus praesens" (210-214).
K.s Buch - um dieses Eingeständnis kommt der Rez. nicht
herum - setzt den Leser in Verlegenheit, allerdings - das muß
sofort hinzugefügt werden - nicht in jene, in die es selbst ihn
versetzen möchte angesichts des „herausfordernden" und „in-