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Ausgabe:

1968

Spalte:

271-272

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Cyrillus Hierosolymitanus, Catéchèses mystagogiques 1968

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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Seite 1

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hervorragend und stellen echte dichterische Leistungen dar. Es
geht dabei nicht nur um die Übertragung des Inhalts, sondern
die Nachdichtung will Vergegenwärtigung der Gedanken Gregors
sein. Das Buch wird Leserkreise ansprechen, die an geistesgeschichtlichen
Zusammenhängen weniger interessiert sind,
die aber ihre Freude am Umgang mit dem Gedankengut eines
großen Theologen aus dem vierten Jahrhundert haben.

Halle/Saale Ernst Lerle

Augustinus, Aurelius: Nutzen des Glaubens. De utilitate
credendi. Die zwei Seelen. De duabus animabus. Übertr. v.
C. J. Perl. Paderborn: Schöningh 1967. XXV, 182 S. 8° =
Deutsche Augustinusausgabe. DM 10.80; Lw. DM 13.80.

Der bekannte Augustinübersetzer C. J. Perl legt jetzt diese
beiden kleineren, thematisch zusammengehörigen Schriften von
391/92 in einem Band vor. Wie üblich, werden ein ausführliches
Vorwort, die entsprechenden Partien aus den Retractatäones,
einige zusätzliche Anmerkungen, eine kurze Bibliographie sowie
ein Sammelregister beigegeben. Auch äußerlich spricht der Band
am.

Da die beiden Frühschriften dem Korpus der Anbirnanichaica
Augustins angehören, gibt P. in seiner Einleitung vor allem einen
Abriß der antimanichäischen Polemik, mit entsprechenden Hinweisen
auf Augustins Erlebnisse mit und innerhalb der Häresie.
Passenderweise fügt er das 46. Kapitel aus De haeresibus ad
Quodvultdeum ein, das in seiner polemischen Schärfe die Abneigung
des Kirchenvaters gegenüber dem Maniichääsmus zu
einem Zeitpunkt kennzeichnet, der etwa 45 Jahre nach seiner
Abwendung von dieser Häresie liegt. In seinen Anmerkungen
gibt P. wichtige Hinweise auf den Zusammenhang zwischen De
utilitate credendi, den Confessiones und dem Spätwerk De
praedestinatione sanctorum sowie auf verschiedene Aspekte der
»dialogischen Metaphysik" Augustins und seines, wenn man die
beiden Schriften genügend berücksichtigt, erstaunlich früh erkennbaren
autoritären Kirchenbegriffes.

Die Vorzüge der Übersetzung gleichen oder ähneln denen in
anderen Bänden der Deutschen Augustinusausgabe.

Halle/Saale Hans-Joachim D i e s n e r

Cyrille de Jerusalem: Catecheses Mystagogiques. Introduc-
tion, texte critique et notes de A. Piedagnel, Traduction
de P. Paris. Paris: Les Editions du Cerf 1966. 210 S. 8° =
Sources Chreriennes, 126. ffr. 24.-.

Obwohl diese aus dem Ende des 4. Jh. stammenden 5 mysta-
gogischen Katechesen - erbauliche Lehrpredigten für die Neu-
getaiuften zur Einführung in die kirchlichen Mysterien - von
großer Bedeutung für die Erforschung der Entwicklung der
Sakramentsauffassung sind (Kat. 1/2: Taufe, Kat. 3: Firmung,
Kat. 4: Lehre der Eucharistie, Kat. 5: Meßliturgie), gab es bislang
keine auf dem gesamten handschriftlichen Material beruhende
kritische Edition. Es ist deshalb zu begrüßen, daß A.
Piedagnel von der Kongregation der Oratorianer eine diesen Anforderungen
entsprechende Ausgabe vorlegt. Eine ganze Reihe
von Textverbesserungen gegenüber allen vorhergehenden Ausgaben
ist zu verzeichnen. In editionstechnischer Hinsicht allerdings
ist nicht die beste Form erreicht. Der textkriltische Apparat
wirkt öfter unbeholfen; man hätte ihn auch viel mehr durch
einige Bemerkungen im Vorwort entlasten können (Itazismen).
Außerdem vermißt man im Vorwort eine genügend ausführliche
und belegte Information über die Qualität der einzelnen Textzeugen
. Doch ist bei dieser Kritik zu berücksichtigen, daß der
Nachdruck der Ausgabe nicht auf den philologischen, sondern
den inhaltlichen Problemen liegt. Mit großer Sorgfalt nämlich
wird die Erschließung des Inhalts mit einer über das Interesse
an dieser Einzelschrift hinausweisenden Tendenz durch eine ausführliche
Kommentierung und durch Indices betrieben.

Schon seit dem Ende des 16. Jh. wird mit zunehmender Zahl
und Qualität der Argumente die These vertreten, nicht Kyrill
von Jerus., sondern sein Nachfolger Johannes II. (387-417) sei

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der Verfasser der 5 Katechesen1. Sehr übersichtlich und besonnen
stellt P. die Argumente, die für und die gegen diese Auffassung
sprechen, zusammen und kommt zu dem Schluß, daß
sich eine eindeutige Lösung nicht finden lasse. M. E. ist diejenige
handschriftliche Überlieferung, die für Johannes als Verfasser
spricht, doch gewichtiger als es P. darstellt. Auch muß die für
die Überlieferung wichtige Tatsache mehr berücksichtigt werden,
daß Johannes im Unterschiede zu seinem Vorgänger nicht als
einwandfrei orthodox galt (origenist. und pelagian. Streit).

Fassen wir das Urteil kurz zusammen: Eine sehr nützliche
Ausgabe2, die hoffentlich auch zur Erfüllung der mit dieser Edition
verbundenen ökumenischen Anliegen (siehe Vorwort S. 7)
beitragen wird.

') Zur Geschichte des Problems vgl. W. J. Swaans, Le Museon 55, 1942, 3 ff.

2) Daß die altchristlichen Schriftsteller nicht nach den modernen Editionen,
sondern nach Mignes Patrologie zittiert werden, erschwert allerdings die wissenschaftliche
Benutzung.

Druckfehler und kleinere Versehen (z. B. Akzentuierung im
textkritischen Apparat oder nichtfranzösiische Buchtitel) zähle
ich hier nicht auf, da sie leicht vom Leser erkannt werden können
.

Berlin Friedhelm Winlcelmann

KIRCHENGESCHICHTE
REFORMATIONSZEIT:

Honselmann, Klemens: Urfassung und Drucke der Ablaßthesen
Martin Luthers und ihre Veröffentlichung. Mit einer
Beilage: Fotomechanische Nachdrucke. 1. Der Thesentext des
Prieriasdruckes, 2. Der Thesendruck 1530, 3. Der Thesendruck
1538. Paderborn: Schöningh (1966). 178 u. XXXII S. 8°. Lw. DM
13.-.

I s e r 1 o h , Erwin: Luther zwischen Reform und Reformation.

Der Thesenanschlag fand nicht statt. Münster/W.: Aschendorff
[1966]. 90 S. gr. 8° = Katholisches Leben und Kämpfen im
Zeitalter der Glaubensspaltung. Vereinsschriften der Gesellschaft
zur Herausgabe des Corpus Catholicorum, 23'24. Kart.
DM 8.50.

Die reiche Literatur, die sich seit mehr als einem halben
Jahrzehnt mit der Frage befaßt, ob es sich bei Luthers Thesenanschlag
um ein historisch gesichertes Faktum oder nur um eine
haltlose Legende handele1, ist jetzt durch zwei Neuerscheinungen
aus dem Kreise derjenigen Gelehrten, die ihn als Legende
nachzuweisen bemüht sind, erweitert worden.

Klemens Honselmann, der zunächst in einem als Aufsatz
erschienenen Vortrage zu dieser Frage Stellung genommen
hatte2, baut seine dort gewonnenen Forschungsergebnisse, die
bereits lebhaften Widerspruch hervorgerufen hatten'1, in einem
umfangreichen und aufwendig gedruckten Buche weiter aus.
Seine Untersuchungen gliedern sich in zwei Teile: in einen quellenkritischen
, in dem er sich mit den verschiedenen Drucken von
Luthers 95 Thesen, ihrer Entstehung und ihrem Abhängigkeitsverhältnis
auseinandersetzt, und in einen zweiten, in dem er
die „literarischen Zeugnisse der Thesen Veröffentlichung" untersucht
. Im Anhang gibt er parallel nebeneinander den von dem
päpstlichen Hoftheologen Silvester Prierias in seinem „Dialogus"
von 1518 dargebotenen Thesentext (P), in dem er dessen „Urfassung
" erblicken will, und den von Luther in seine 1538 erschienene
Veröffentlichung verschiedener seiner Thesenreihen
aufgenommenen Wortlaut der 95 Thesen (L) sowie anschließend
einige mit dem Thesenstreit in Verbindung stehende sonstige
Texte (meist nach der Weimarer Lutherausgabe) wieder. Ein Faksimile
-Anhang bietet in einer (den Leser schlechthin irreführenden
) Photomontage die Lutherthesen aus dem Leipziger Nach-

') Vgl. die Bibliographie von H. Steitz in: Geschichte in Wissenschaft und
Unterricht (zitiert: GWU) Bd. 16 (1965), S. 673 f. sowie dessen Ausführungen in:
Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte und Religiöse Volkskunde Bd. 34 (1967).
S. 373-380, ferner H. Volz in: Luther. Zeitschrift der Luther-Gesellschaft Bd. 38
(1967), S. 125-138.

2) „Die Veröffentlichung der Ablaßthesen Martin Luthers 1517" (Theologie
und Glaube Bd. 55 |1965], S. 1-23).

') Vgl. H. Volz in: GWU Bd. 16, S. 684 Anm. 6 und 7; K.Aland, Martin
Luthers 95 Thesen (Hamburg 1965), S. 101 f; H. Bornkamm in: Geist und Geschichte
der Reformation. Festgabe für Hanns Rücken (Berlin 1966), S. 206-210 ■*
H. Bornkamm, Thesen und Thesenanschlag Luthers (Berlin 1967), S. 28—32.

Theologische Literaturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 4