Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1968 |
Kategorie: | Praktische Theologie |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
225
Theologische Litcraturzeitung 93. Jahrgang 1968 Nr. 3
226
aber auch Gedanken zum Gemeindeaufbau und zur Kirchenreform
geäußert, wie sie in der protestantischen Diskussion begegnen.
Für den evangelischen Bereich dürfte es ebenfalls gelten, daß die
Ortsgemeinde aus verschiedenen Gründen nach wie vor Ausgangspunkt
der Seclsorgc bleibt. Wichtig ist die Forderung zur Schaffung
von „menschlichen, soziologischen Zonen". Ansätze werden
bereits im Erzbistum Paderborn und anderswo praktiziert (110).
Es scheinen hier mehr Versuche zur Neuordnung auf übergemeindlicher
Ebene unternommen worden zu sein als in der evangelischen
Kirche, deren volkskirchlich tradierte Strukturen unter einer behütenden
landeskirchlichen Kruste konserviert werden.
Rüdersdorf bei Berlin Friedrich Winter
B o r m a n n , Paul: Maria in der Verkündigung (ThGl 58, 1968
S. 59-73).
Filthaut, Theodor: Friedhöfe als Stätten der Verkündigung
(Concilium 4, 1968 S. 103-106).
Goes, Albrccht: Der Knecht macht keinen Lärm. Dreißig Predigten
. Hamburg: Wittig [1968]. 175 S. 8°. Lw. DM 12,80.
Löwe, Richard i Cura pastoralis und curae civiles (DtPfrBl 68,
1968 S. 157-159).
Minkner, Detlef: Was heißt „Trösten"? (PB1 108, 1968 S. 66-71).
Savioli, Antonio: Die letzte Ruhestätte der verstorbenen Christen
(Concilium 4, 1968 S. 97-102).
Vekcmans, Roger: Iglcsia y civilizaciön (Teologia y Vida 8,
1967 S. 190-205).
LITURGIEWISSENSCHAFT
G a ni b e r , Klaus: Liturgie übermorgen. Gedanken über die Geschichte
und Zukunft des Gottesdienstes. Freiburg, Basel, Wien:
Herder [1966]. 288 S. 8°.
Der bedeutende Sakramentarforscher aus der Schule Alban
Dolds hat uns mit dem vorliegenden Buch etwas ganz Besonderes
geschenkt. Eine umfassende, mit allen wesentlichen Quellen vertraute
Kenntnis der altkirchlichen und frühmittelalterlichen Liturgiegeschichte
stößt hier zu praktisch-theologischen Folgerungen in
der Richtung einer künftigen ökumenischen Liturgie vor und führt
damit den Beweis, in welchem Maß auch die Liturgiegeschichte
ihren sehr aktuellen Beitrag zur Lösung einer zentralen kirchlichen
Zukunftsaufgabe erbringen kann. Schon die Widmung des
Buches an Kardinal Jakob Lercaro, den Leiter der Kommission für
die Durchführung der Konstitution „De Sacra Liturgia", macht
deutlich, daß es dem Verfasser darum geht, sichtbar zu machen,
welchem Fernziel der mit dieser Konstitution eröffnete Weg zusteuern
sollte. Es geht hier um nichts Geringeres als den Aufweis
der Struktur einer Liturgie, die deren bisherige Begrenzung auf
die abendländische Geisteshaltung zu sprengen vermag und als
eine wirkliche Volksliturgie allen Völkern der Erde die Möglichkeit
bieten soll, im Rahmen eines einheitlichen Ritus ihre Eigenart
zu entfalten und dadurch in einer solchen Liturgie wirklich heimisch
werden zu können. Trotzdem beschränkt sich die Darstellung
nicht auf dieses grandiose Zukunftsbild. In Anknüpfung an die
besten Werte der Tradition wird zugleich gezeigt, welche Schritte
heute schon möglich sind, um im Geiste der Konstitution die gegenwärtige
Arbeit am Gottesdienst auf jenes Fernziel hin auszurichten
. Da der Verfasser aus seiner Kenntnis auch abgelegener Quellen
heraus an einer Fülle von Material dartut, inwiefern das Vätererbe
für die neuen Aufgaben hilfreich zu werden vermag, gewinnt
seine Darstellung eine ungewöhnliche Anschaulichkeit. Auch
über die römisch-katholische Kirche hinaus kann das Buch zeigen,
wie verantwortungslos es ist, am Gottesdienst als dem Herzstück
des Lebens der Kirche nach kurzschlüssigen Gegenwartsmaßstäben
„herumzubasteln", ohne ein tragendes Fundament für solche Bemühungen
in einem gründlichen Studium der Gottesdienstgeschichte
gewonnen zu haben. Soweit wir Evangelischen nicht grundsätzlich
einem „Antiliturgismus" huldigen, sondern anerkennen, daß die
lutherische Reformation mit Fug und Recht an der Grundstruktur
des christlichen Gottesdienstes und damit dem „katholischen" Erbe
der Kirche festgehalten hat, werden auch wir alle Ursache haben,
die hier vorgelegten Erwägungen über die Grundgestalt eines ökumenischen
Gottesdienstes sehr ernstlich zu bedenken. Dem Liturgiewissenschaftler
wird die Lektüre des Buches auch dadurch anregend
werden, daß der Verfasser in den geschichtlichen Teilen
seiner Darstellung immer wieder auf Einzelprobleme hinweist, die
er heute der Spezialforschung gestellt sieht.
Der beschränkte Raum einer solchen Besprechung ermöglicht
nur einen Überblick über den Aufbau des Buches und gestattet
nicht, in das an vielen Stellen sich anbietende Gespräch über
Einzelprobleme einzutreten. In der Einführung „Liturgie heute"
geht der Verfasser von der tiefen Wandlung aus, die sich (im Vergleich
einer Bulle Gregors XVI. aus dem Jahre 1843 und der Einleitung
der Liturgiekonstitution des II. V.s) an dem neuen Durchbruch
zur Lehre vom Priestertum aller Gläubigen abzeichnet. Wie
hier gehe es heute auf den meisten Gebieten des kirchlichen
Lebens nicht in erster Linie um dogmatische Fragen, sondern um
„Akzentverschiebungen", „damit die Kirche in einer gewandelten
Welt wieder die ihr von Christus gesetzte Aufgabe erfüllen kann.
Es geht heute um das richtige Setzen der Akzente, nämlich entweder
dorthin, wo sie am Anfang gestanden haben, oder dorthin,
wo sie auf Grund der neuen Verhältnisse hingehören" (S. 10). Dieser
Vorgang habe hinsichtlich der Liturgiereform „die Laien, dann
aber auch die Priester und sogar die Liturgiewisscnschaftler selbst"
unvorbereitet getroffen. So gilt es, gegenwärtig dem alten Pastoralgrundsatz
Rechnung zu tragen, alte Bräuche erst dann durch
etwas Neues zu ersetzen, „wenn die Gläubigen reif dafür sind"
(S. 12), d. h., man muß ihnen das Neue auch als das Bessere einsichtig
machen können. Dazu, wie zu rechtem Gebrauch der größeren
Freiheit gegenüber den bisherigen Rubriken, genügt die
geringe liturgische Bildung der Priester nicht. „Ohne Kenntnis der
Geschichte des christlichen Gottesdienstes sowie der Gesetze, die
den Ablauf der liturgischen Feier bestimmen sollten, ist es für den
Geistlichen nur schwer möglich, den Gottesdienst ganz im Geist
der neuen Liturgie zu gestalten. Dies gilt nicht nur für den Pfarrer,
auch die führenden und bestimmenden Kräfte in der Kirche müssen
immer wieder aus der Geschichte der Liturgie neue Erkenntnisse
für die weitere Reform des Gottesdienstes schöpfen" (S. 13).
Trotzdem überschätzt der Verfasser die durch sein Forschungsgebiet
gegebenen Möglichkeiten auch nicht: „Zelebrieren im eigentlichen
Sinn des Wortes kann nur, wer schon von Jugend auf musisch
geformt worden ist und es außerdem versteht, in seinen Bewegungen
bei der heiligen Feier Körperzucht zu wahren. Vor
allem aber, wer das Charisma dazu besitzt" (S. 13). Erschreckende
Eigenmächtigkeiten zumal junger Priester verraten heute oft einen
Mangel an Ehrfurcht wie pastorale Unklugheit und Unkenntnis
von Geschichte und Formgesetzen der Liturgie. Dem abzuhelfen
ist ein ganz praktisches Anliegen dieses Buches. Dem Liturgiewissenschaftler
hingegen will es bewußt machen, daß „gerade erst
in den letzten Jahren ganz neue Erkenntnisse auf liturgiewissenschaftlichem
Gebiet aufgebrochen sind, die noch nicht bei der
Reform verarbeitet worden sind, wie die Erkenntnis von der Entwicklung
und zugleich Bedeutung des Eucharistiegebetes" (S. 16).
Ja, der Verfasser kommt sogar zu dem Urteil: „Die Erforschung
des christlichen Gottesdienstes steckt noch in den Anfängen" (S. 16).
Von dieser Einschätzung her ist es das wissenschaftliche Anliegen
des Buches, „neues Licht in die Frühgeschichte der Liturgie zu bringen
", aber auch hier mit dem praktischen Ziel: „Auf Grund der
Kenntnis der Frühzeit können dann neue Akzente für eine Neugestaltung
der Liturgie gesetzt werden" (S. 17). Angesichts des gewaltigen
Umbruchs auf liturgischem Gebiet, „wie ihn die Kirche
seit den Zeiten Konstantins nicht mehr erlebt hat" (!), ergeben sich
für ihn als nächste Zukunftsaufgaben die folgenden: „In erster
Linie eine gute Übersetzung der Heiligen Schrift, die zum Vorlesen
in der Liturgie geeignet ist, weiterhin eine neue Lektionsordnung
, nicht zuletzt ein neues Verständnis des Kirchenjahres,
außerdem für die weitere Zukunft neue Gebetsformulare, auch nicht
so sehr zahlreiche neue Präfationen als vielmehr eine völlige Neugestaltung
des Eucharistiegebetes. Man wird den Mut haben müssen
, vom lateinischen Canon missae Abstand zu nehmen, um im
Anschluß an die älteste Tradition Texte in der jeweiligen Volkssprache
neu zu schaffen" (S. 18). Wahrlich ein kühnes Programm,
das aber durch die nachfolgend gebotenen Forschungsergebnisse
so abgestützt wird, daß die für die Weiterentwicklung der Liturgie
verantwortlichen Kräfte der Kirche es werden ernst nehmen müssen
. Schon für die Gegenwart fordert der Verfasser eine Beachtung