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1967

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Alter Orient

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101 Theologische Literaturzeifung 92. Jahrgang 1967 Nr. 2

mesreligionen auf Borneo, Sumatra, den westlichen Randinseln Sui
matras, Celebes sowie der Philippinen und in Osrindonesien vor
dem Leser ausbreitet. Hat sich der Leser durch die wissenschaftlich
gründlichen, dabei klaren Darstellungen hindurchgearbeitet, dann
bietet der Verfasser in seinem Schlußkapitel „Das System in den
Stammesreligionen" (S. 145ff.) noch eine besondere Hilfe, eine
nicht im geringsten vereinerleiende, sondern die behandelten Phänomene
vom Zentrum ihres religiösen Lebens her ordnende „Zusammenfassung
". Hier läßt sich Stöhr von Erkenntnissen der modernen
Religionswissenschaft leiten: „System in einer Stammesreligion
besagt, daß sich jedes Phänomen auf ein anderes bezieht,
daß nichts isoliert ist, sondern alles in einem großen Zusammenhang
steht. Dieses System ist nicht zweckgerichtet, sondern hat
seinen Sinn in sich selbst" (S. 145). Einen besonderen Reiz gewinnt
die Zusammenfassung dadurch, daß der Verfasser jetzt auch
Erscheinungen, von denen er bis dahin nur selten gesprochen hat
— „Seelenvorstellung, Totenkult und Ahnenverehrung, Kopfjagd
und Menschenopfer, Vorzeichendeutung, Magie und Zauberei"
(S. 145) —, in sie einbezieht. Er tut das mit Absicht, und wir stimmen
ihm darin zu: „Dies geschah bewußt, quasi als Reaktion gegen
ältere Richtungen der Religionswissenschaft, die in einer
Stammesreligion kaum mehr als ein krudes Konglomerat solcher
Vorstellungskomplexe und Handlungsweisen sahen" (S. 145). So
enthält dieses Kapitel Abschnitte über „Gottheit und Schöpfung",
„Die göttliche Ordnung, der Mythos und das große Fest", „Prie-
stertum und Priesterbestand", „Seelenvorstellung und Scelenkon-
zeption", „Die übernatürliche Macht und die Verbotsbestimmungen
" „Totenkult und Ahnenverehrung", „Kontinuität und Wandel
". Der letzte Abschnitt verdient besondere Aufmerksamkeit.
Er weist auf die Wandlungen hin, die sich weniger kraft „endogener
Faktoren" als unter Einflüssen von außen in den Stammesreligionen
vollzogen haben. Da wird auf umwälzende Ereignisse
verwiesen, die durch die Arbeit der Mission, insbesondere der
Rheinischen Missionsgesellschaft auf der Insel Nias und unter den
Toba-Batak, auch aus dem Widerstand gegen sie, z. B. die schwärmerische
, von Heilserwartung und Messianismus vorwärtsgetriebene
Bewegung der Pormalin, geweckt wurden. Wenn „fast alle
Altvölker nach ihrer Missionierung als eigenständige ethnische
Einheiten erhalten blieben", so ist das das Verdienst der „Mish
sionare beider Konfessionen, die in jeder Hinsicht Bewundernswertes
geleistet haben" (S. 207). Hier öffnet sich ein neues Feld
für die religionsethnologische Forschung: „Die christlichen Gruppen
— vor allem die jungen selbständigen Volkskirchen — mit ihren
Erfolgen und Schwierigkeiten bieten der Forschung ein weites
Feld, das sie auf keinen Fall vernachlässigen sollte" (S. 207).

Die Beschäftigung mit dem zweiten Teil, der Darstellung der
Hochreligionen Indonesiens durch P. Zoetmulder, setzt Vertrautheit
mit dem Wesen und der Geschichte des Hinduismus, Buddhismus
und Islam voraus. Aus verständlichen Gründen, die der Verfasser
nennt, verzichtet er darauf, „die Geschichte dieser Religionen
von Anbeginn an bis zu ihrem Eindringen in Indonesien nachzuzeichnen
" ; aber er gibt doch eine gedrängte Schilderung ihrer Ausbreitung
in Indonesien. Ihm liegt alles daran, die „spezifische Gestalt
" zu beschreiben, „die sie hier rngenommen haben" (S. 227).
Das ist ihm, zumal wenn wir dabei die von ihm selbst beklagte
Lückenhaftigkeit der Quellen bedenken, die dafür zur Verfügung
stehen, vorzüglich gelungen. Seine Arbeit wird dem „gegenwärtigen
Stand der wissenschaftlichen Forschung" voll gerecht
und besitzt „jenen Grad von Sicherheit, den die bisher gewonnenen
Ergebnisse zulassen" (S. 227). Zu den spärlichen Quellen,
die über die Frühzeit des Hinduismus und Buddhismus berichten,
treten ausdrucksvolle kunstgeschichtlichc Quellen, so in Mittel-
Java für den Buddhismus der Borobudur, für den Hinduismus
(Shivaismus) die imposante Tempelanlage unter dem Namen Lara
Jonggrang. Wie jene beiden Religionen, so trägt auch der Islam
die Spuren der Vermengung mit den einheimischen Religionen an
sich. Ein besonderes Kapitel ist der vielgestaltigen Religion auf
Bali, ihren Göttern, ihren „Kultplätzen und Kultgruppen", ihren
Riten der „Reinigung und Gefahrenabwehr" und der in ihr geübten
„Leichenverbrennung" gewidmet. Gleich dem ersten Teil
zeichnet sich auch dieser Teil durch wissenschaftliche Genauigkeit
und Zuverlässigkeit aus. Umfangreiche Literaturverzeichnisse sind

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dem Bande beigefügt, und ein ausführliches Namen- und Sachregister
ermöglicht rasche Orientierung. Ich kann es mir nicht
versagen, zum Schluß auf ein Büchlein hinzuweisen, in dem alles
in diesem Bande Geschilderte die Lebendigkeit und Wärme des
persönlich Erlebten gewinnt; es ist das der Reisebericht, den der
Hamburger Missionsdirektor D. Dr. Martin Pörksen unter dem
Titel „Übermorgen, die Hoffnung der indonesischen Christenheit"
(Verlag der Rheinischen Mission, Wuppertal-Barmen 1965) veröffentlicht
hat.

Tübingen Gerhard Ro s en k ra n z

Zandee, }., Dr.: Egyptische tempels en goden. Kampen: Kok 1965.
259 S. m. 21 Abb. i. Text u. 32 Abb. a. Taf. kl. 8°. hfl. 3.25.

Prof. Zandee hat in diesem kleinen Buch viel Wissenswürdiges
zusammengetragen. Er hat dazu eine geographische Einteilung
gewählt, weil sein Buch ein Handbuch sein will für Reisende
in Ägypten. Dies hat den Nachteil, daß eine systematische
Übersicht der ägyptischen Religion, abgesehen von einer kurzen
Einleitung, fehlt, wodurch es auf nichtinformierte Leser leicht
etwas verwirrend wirken kann. Dieses Risiko hat der Autor aber
gewiß bewußt gewählt, und, wenn wir davon absehen, ist es
bewundernswürdig, wie viel Einzelheiten er über die behandelten
Tempel und andere Heiligtümer gesammelt hat. Man könnte nur
wünschen, daß er auch etwas über die Entdeckungsgeschichte der
heiligen Stätten, für Reisende in Ägypten sehr belangvoll, erzählt
hätte. In einem Buch mit soviel Einzelheiten wird jeder
sachverständige Leser einiges finden, das er lieber anders gesehen
hätte. Ich notierte z. B. auf S. 114 die Übersetzung .Pfadfinder'
(boy scout) für den Namen des Gottes Wepwawet. Dies ist eine
geistreiche, aber falsche Interpretierung, die erstmalig durch van
der Leeuw erfolgt ist. S. 136 wird in althergebrachter Weise über
Fetisch gesprochen, als hätte die moderne Religionswissenschaft
sich nie hierüber ausgesprochen. Die Beschreibungen der heiligen
Stätten sind mit zahlreichen Plänen illustriert, welche eine wesentliche
Bereicherung dieses Buches bilden. Das gleiche kann nicht
gesagt werden von den außertextlichen Illustrationen, welche
meistens zu klein sind. Dazu kommt, daß sie nur numeriert sind,
so daß der Leser gezwungen ist, fortwährend hin und her zu
blättern zwischen den Illustrationen und dem Abbildungsverzeichnis
am Ende des Buches.

Groningen Th. P. van Baaren

Ahlström. G. W.: Oral and Written Transmission: Some Conside-

rations (HThR 59, 1966 S. 69—81).
Benz, Ernst: Dialog mit dem Hinduismus (ZRGG 18, 1966 S.

220—22«).

Fingarette, Herbert: Human Community as Holy Rite: An Interpretation
of Confucius' Analacts (HThR 59, 1966 S. 53—67).

Hambroer, Johannes: Der Hahn als Löwenschreck im Mittelalter
(ZRGG 18, 1966 S. 237-254).

Wijesekera, O. H. de: Die Meditation im Hinayäna Buddhismus
(ZRGG 18, 1966 S. 228-236).

ALTER ORIENT

Posen er, G., Bottero, ]., and Kathleen M. Kenyon: Syria
and Palestine c. 2160—1780 B. C. London — NewYork: Cambridge
University Press 1965. 70 S. gr. 8° = The Cambridge Ancient
History. Rev. Ed. I, Ch. 21. 8 s. 6 d.

The rewritten first two volumes of the Cambridge Ancient
History, which have been in the course of preparation for a num-
ber of years, under the editorship of I. E. S. Edwards, C. J. Gadd,
and N. G. L. Hammond, are being issued in the first instance in
separate fascicles, each of which will normally contain a Single
chapter. When the volumes are complete these will be collected
and the pages renumbered and they will be reissued with maps
and indexes. Meanwhile many readers will be glad to have the
separate chapters as they become available. So much additional
knowledge of the period covered by these two volumes has been
gained from archaeological work in the whole area of the ancient
Near East that the original volumes have long been antiquated.