Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1967

Titel/Untertitel:

Allgemeines, Festschriften

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

93

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 2

94

und die von ihr gehütete historische Kritik in der Theologie als
seinen Hintergrund betrachtet, wird man sich allerdings gleichzeitig
der oft bemerkenswerten Unfähigkeit des theologischen
Liberalismus zur Sachlichkeit gerade gegenüber der von Heiler so
gern apostrophierten „naiven" und urtümlichen Religion und
Frömmigkeit erinnern müssen, die wiederum in einer ganz bestimmten
Art von Religiosität gründete. Die vor allem von Albrecht
Ritsehl theologisch populär gemachte und von Heiler zunächst
weitgehend übernommene Verfemung der Mystik mit ihren
instinktmäßig richtig erkannten religionsgeschichtlichen Hintergründen
ist ebenso ein Beispiel dafür wie die theologische
Weltanschaung des von Heiler bewunderten Harnack mit ihrer
Bildungsreligiosität und intellektuellen Unduldsamkeit. Des letzteren
Aversion gegen die Religionsgeschichte unter dem Vorwan-
de einer Suffizienz der allumfassenden Geschichte des Christentums11
ist wohl, gerade von da aus gesehen, kein Zufall und
nicht nur auf sachliche Überlegungen gestützt. Es ist ein selbstbewußtes
Sich-Verstecken der theologischen Intelligenz vor Problemen
, die sie sehr deutlich sah, mit denen sie aber selbst nicht
mehr fertig werden konnte. Heiler ist, obwohl er die Fragestellung
übernommen hat, dem 19. Jahrhundert darin nicht gefolgt.

bleibt auch der Gegenstand einer reinen Religionsgeschichte zuletzt
immer die religiöse Erfahrung in ihrer geschichtlichen Besonderung, und
es geht nur um die Frage, wie weit der Historiker in sie analysierend,
ordnend und klassifizierend einzudringen vermag (was ja in ganz
besonderem Maße und viel mehr noch als Otto und Heiler Joachim
Wach getan hat). Daß der Gegenstand der religiösen Erfahrung in
seiner die Erfahrung transzendierenden Realität außerhalb der stringen-
ten empirisch-wissenschaftlichen Erweisbarkeit steht und insoweit nicht
Gegenstand der Wissenschaft ist, war für die Religionsgeschichte und
Religionswissenschaft eigentlich immer selbstverständlich, sofern sie
sich nicht ausdrücklich als Zweig oder Propädeutik der Theologie oder
als Rcligionsphilosophie verstanden hat. Sie würde aber ihren Gegenstand
verfehlen, wenn sie den Realitätscharakter der religiösen Erfahrung
und deren Gegenstand nicht dauernd im Auge behielte. Sonst
wäre sie keine Religionsgeschichte. Auch rein philologische Erforscher
der Religion geben das heute unumwunden zu: „Diese Wirklichkeit
Gottes ist meines Erachtens der vornehmste Gegenstand des Religionshistorikers
überhaupt" (Siegfried Morenz, Ägyptische Religion. Stuttgart
1960, S. IX).

") Adolf von Harnack, Die Aufgabe der theologischen Fakultäten
und die allgemeine Religionsgesdiichte. In: Reden und Aufsätze,
Band II, 1904.

Die doktrinären Züge der liberalen Theologie in inhaltlicher, methodologischer
und wissenschaftstheoretischer Hinsicht hatte er
bereits überwunden. Bei aller Verpflichtung Heilers gegenüber
den befreienden Entdeckungen des theologischen Modernismus
und Liberalismus wird man bei ihm immer wieder auf Namen
wie Friedrich Max Müller, Nathan Söderblom und Rudolf Otto
stoßen, die seinem Denken eine entscheidende Richtung gaben
und die Bewegung zu einer wirklich religionswissenschaftlichen
Methode und Theorie auslösten, die mehr und etwas anderes als
Theologie war. Weiter ist der heute von ihm wieder gern angeführte
Schleiermacher in Betracht zu ziehen, ferner die sog. „religionsgeschichtliche
" Schule. Hier ist auch sein Gedanke des
„Wertens" eher begründer als in dem kulturoptimistischen Überlegenheitsgefühl
des sich liberal verstehenden Christentums.
Auch in Heilers wissenschaftstheoretischen Anläufen kommt der
homo religiosus zum Ausdruck, aber es ist dies ein ganz anderer
Typ der Personalfrömmigkeit als bei seinen liberalen Vorbildern.
Er hat sich bei Heiler später realisiert in den Versuchen einer
synthetischen Religionstheorie und Religio
n s t h e o 1 o g i e , für die vor allem seine Untersuchungen
zum Katholizismus- und Mystik-Problem und seine Beurteilung
der religionsgesehiehtlichen Bedeutung des Synkretismus maßgeblich
wurden'"'.

**) Summarisch sei hier Literatur für diese praktische Weiterentwicklung
der religionswissenschaftlichcn Ausgangspunkte Heilers genannt
: Das Wesen des Katholizismus. München 1920. — Der Katholizismus
, seine Idee und seine Erscheinung. München 1923. — Katholischer
und evangelischer Gottesdienst. München -1924. — Evangelische
Katholizität. München 1926. — How can Christian and non-Christian
rcligions cooperate? Sonderdruck aus: Hibbert Journal, vol. LH, 1954.
— Einheit und Zusammenarbeit der Religionen. Vorträge, gehalten auf
der Tagung des „Weltbundes der Religionen" in Bremen 20.—22. Sept.
1957. Bad Godesberg 1957. — Die Religionen der Menschheit (hrsg.
von F. Heiler mit zahlreichen eigenen Beiträgen). Stuttgart '1962. —
Die Verständigung zwischen den Religionen in alter und neuer Zeit.
In: Tagung für AI Ig. Religionsgesdiichte 1963. Sonderheft der Wiss.
Zcitschr. der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 1963, S. 39—lo. —
Anima naturaliter ehristiana. In: Una Sancta 2/1966, S. 133—144. —
Utopie oder Wirklichkeit der Una-Sancta-Arbeit. In: Ökumenische Einheit
. Archiv für ökumenisches und soziales Christentum, 1/1948, S. 6—
3 1. — Lirkirche und Ostkirche. München 1937. — Altkirchliche Autonomie
und päpstlidier Zentralismus. München 1941.

ALLGEMEINES, FES TS CHRI FT EN

Lurker, Manfred: Bibliographie zur Symbolkunde. I. Linter Mitarbeit
von Ferdinand Herrmann, Eckhard LInger und weiteren Fachgelehrten
. Baden-Baden: Verlag Heitz GmbH [964. VIII, 215 S. gr.
s" = Bibliotheca Bibliographica Aurelian«, XII. Kart. DM 40.—.

Wenn schon jede Bibliographie auf einem begrenzten Gebiet
ein Wagnis darstellt, so gilt das für eine Bibliographie, die
dem Symbol gewidmet ist, in besonderem Maße. Durch den
Titel: Bibliographie zur Symbolkunde hat der Herausgeber bereits
die Grenze angedeutet, die einem solchen Unternehmen
gesetzt ist. Da das Symbol, wie man es auch verstehen mag, in
allen Disziplinen eine Rolle spielen kann, ist für eine solche
Bibliographie zunächst die Gliederung entscheidend. Auf die
Bibliographien zu den Einzcldisziplinen folgen die Periodica. in
denen sich Aufsätze zum Symbolthema finden, sodann die
Lexika, deren Stichworte zu beachten sind. Vor den Einzelwissenschaffen
rangieren Publikationen, die Begriff, philosophische
Grundlegung und Geschichte des Symbols betreffen,
ihnen schließt sich eine Auswahl aus der Literatur des 16.—
18. Jahrhunderts an, die in sich natürlich nicht noch einmal aufgegliedert
werden konnte, aber dem Spezialisten doch wichtige
Hinweise gibt. Lind nun beginnt die Aufzählung der Werke zu
den Einzeldisziplinen, wobei die Ethnologie, die Religionswissenschaft
und die Mythologie den Ausgangspunkt bilden und zu
einem Absdinitt zusammengeordnet werden. Es folgen die

Orientalistik, die Volkskunde und Kulturgeschichte, die christliche
Liturgik samt Bibelwissenschaft und jüdischer Kultsymbolik,
Kunstgeschichte, Archäologie und Prähistorie, Literatur, Musikwissenschaft
, Rechtsgeschichte, Psychologie und Psychotherapie.
Wir würden vielleicht ein falsches Urteil fällen, würden wir
nicht berücksichtigen, daß in einem zweiten Bande die Literatur
über die Symbolerscheinungen und die Symbolträger gebucht
werden soll und ein dritter Band die Register und Nachträge
bringen wird.

Es ist nicht zu erwarten, daß ein derartig weitgespanntes
Unternehmen fehlerlos ist. Die Kritik, die gewiß von allen Seiten
auf den Herausgeber zukommen wird, sollte dazu dienen,
für eine zweite Auflage Ratschläge und Hinweise zu geben.

Es wird sich empfehlen, künftig doch alle Vornamen auszuschreiben
. — Die kurze inhaltliche Charakteristik einiger Werke,
besonders solcher in Fremdsprachen, deren Kenntnis nicht allgemein
vorausgesetzt werden kann, ist überaus hilfreich. Aber
das Prinzip, nach dem hier vorgegangen ist, ist mir nicht durdl-
schaubar geworden.

Bei den Periodica (ab S. 5) wäre die Angabe des Erscheinungsjahres
mindestens des ersten Bandes wichtig.

Sofort durchschaubare Druckfehler zu buchen ist hier nichl
der Ort. Aber einiges sei zu späterer Verwendung angemerkt:
S. 9 unten: Bulletino (statt Bolletino) di Archeologia Cristiana.
S. 15; Mitte: Reallexikon für Antike und Christentum . . . hrsg.
von Theodor Klauser (statt Klausner). 38.