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Ausgabe: | 1967 |
Kategorie: | Philosophie, Religionsphilosophie |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Gewordenen und infolgedessen die Wegavendung von der .„einseitigen
ideologischen'" Geschichtsauffassung des Idealismus hin
zur konkreten historischen Anschauung. Es gilt, .die wechselseitige
Durchdringung des Ökonomischen und des Ideologischen
zu erforschen" (119). Ein besonderes Problem ist das des geschichtlichen
Mafjstabes. Nach Troeltsch gibt es „einen geschichtlichen
Wertmaßstab .ersten und einen solchen zweiten Grades'"
(129). Der eine Wertmafjstab „bezweckt lediglich eine .sogenannte
immanente Kritik'". Er wird angewendet bei der Beurteilung
der fremden, nicht europäischen Kulturkreise (in der Gegenwart
) und auch gegenüber dem europäischen Altertum und Mittelalter
. Der andere Wertmaßstab dagegen „bezweckt die Auseinandersetzung
mit geschichtlichen Individualitäten, uro eine
eigene Position b:!den zu können. Dieser hat von vorneherein
immer nur ,den Gcschichtszusammenhang der Gegenwart' im
Auge, .also die letzten zwei oder allenfalls fünf Jahrhunderte'"
des europäischen Kulturkreises (130). Mit der (europäischen) Neuzeit
selbst „sind grundlegende Kategorien zur Beurteilung vergangener
Zeiten gesetzt". Diese Kategorien beruhen nicht auf
der Gleichartigkeit des Geistes, sondern sind geschichtlich begründet
(132). Troeltsctis Geschichtsverständnis steht also im
Zeichen der Entscheidung für den europäischen Kulturkreis und
zielt auf „die Zusammenfügung der Grundlagen des Kulturkreises
zu einer ,Kultursynthese'". Diese müßte „.vier Urgewalten"
in sich begreifen: „die Gewalt des .hebräischen Prophetismus',
.des klassischen Griechentums', ,des antiken Imperialismus', ,des
abendländischen Mittelalters'" (145). Für jede der drei Entwicklungsperioden
analysiert L. die von Troeltsch vorgelegten enzyklopädischen
Entwürfe und zeigt so, daß mit der von ihm befolgten
Methode ein Gesamtverständnis Troeltschs erreicht wer
den kann. Dies läuft darauf hinaus, daß Geschichtsphilosophie
nach Troeltsch „niemals zu Ende, sondern eine fortschreitende
Aufgabe" ist. Was von Troeltsch verlangt wird, ist die immer eindringendere
Durchdringung des Phänomens der Geschichte von
dem Boden der Fachwissenschaften und der jeweiligen Lebensstimmung
aus (170).
L.s Arbeit hat das Verdienst, uns Troeltschs Lebenswerk in
seiner ganzen letztlich ungelösten Problematik und in seiner,
wie wir heute urteilen müssen, irrealen Zielsetzung vor Augen
zu führen.
Druckfehler: Seite 38, Zeile 22 lies: religiöse statt: Religiöse;
S 132, Z. 2 lies: unwillkürlich statt: unwillkührlich; S. 137, Z. 11
lies: zu fallen statt: zufallen.
Halle/Saale Erdmann Schott
F e i e r e i s , Konrad: Die Umprägung der natürlichen Theologie
in Rcligionsphilosophie. Ein Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte
des 18. Jahrhunderts. Leipzig: St. Benno-Verlag
1965. XIX, 253 S. gr. 8° = Erfurter Theologische Studien,
hrsg. v. E. Klcineidam u. H. Schürmann, 18. Kart. MDN 18.-.
Der Verf. dieser Untersuchung geht von der Voraussetzung
aus, daß es religionsphilosophischcs Denken immer gegeben hat,
daß aber Religionsphilosophie als Wissenschaft nicht älter sei
als die Aufklärung. Damit will er auch zeigen, wie in der deutschen
Aufklärung sich die natürliche Theologie in eine wissenschaftliche
Religionsphilosophie umwandelte.
In einem einleitenden Kapitel zeigt F. die beginnende religionsphilosophische
Problemstellung bei Raimund von Sabundc
und Nicolaus von Kues, die später einsetzende Herauslösung der
natürlichen Theologie aus der Metaphysik und die Begründung
der Religionsphilosophie bei Leibniz und Wolff. Er gibt dann
eine ausführliche Darstellung der Neologie mit ihrer Betonung
der Vernunftautonomie, einer natürlichen Religion, die sich bemühte
- im Gegensatz zur Dogmatik die Grundwahrheiten
jeder Religion herauszuarbeiten und damit den Weg zu bahnen
zu einer von Theologie- und Offenbarungsglauben unabhängigen
wissenschaftlichen Religion. Er zeigt aber, daß in der Folge
die natürliche Religion und der christliche Glaube in einen unüberbrückbaren
Gegensatz gerieten, den Lessing zu überwinden
versuchte und der durch die neue Ausgangsposition bei Hamann
und Herder eine besondere Gestaltung erfuhr. Aber erst
94*
Kant gebühre das Verdienst, die Religionsphilosophic als eigene
Disziplin in die philosophische Wissenschaft eingeordnet zu haben
. Erst nun wurde die Religionsphilosophie als eigene Disziplin
in der deutschen Wissenschaft heimisch. Dabei stellt der
Verf. fest, daß diese Umprägung der natürlichen Theologie in
Religionsphilosophie sich zunächst ohne Mitwirkung der katholischen
Gelehrten vollzogen habe. Doch seien schon bald Tendenzen
sichtbar geworden, die auf eine eigene katholische Religionsphilosophie
hinführten. So finde sich der Begriff Religionsphilosophie
zuerst in Stocheneraus vierbändigem Predigtwerk:
„Des Verf. der Religionsphilosophie geistliche Reden auf alle
Sonntage des Jahres" (1784). Im Gegensatz zur Religionsphilosophie
im protestantischen Bereich, die keinen Weg finde zu
den Wahrheiten des christlichen Glaubens, sei die katholische
Rcligionsphilosophie wesentlich darauf angelegt, die Grundlagen
des katholischen Glaubens als vernunftgerecht zu erweisen. Die
echte Philosophie sei eine der mächtigsten Beschützerinnen der
Religion.
So gibt der Verf. ein im ganzen zutreffendes Bild auch der
konfessionellen Gegensätzlichkeit der religionsphilosophischen
Bewegung im 18. Jahrhundert. Eine große Fülle des Stoffes, bereichert
durch ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis
, wird vor dem Leser ausgebreitet. Vielleicht hätten die Brennpunkte
jener Bewegung, wie sie etwa bei Leibnitz, Lessing. Herder
, Hamann und Kant vorliegen, etwas ausführlicher dargestellt
werden können. Aber aufs Ganze gesehen wird auch der
protestantische Leser das Erscheinen dieser Untersuchung dankbar
begrüßen.
Kiel Werner Schultz
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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 12