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Ausgabe:

1967

Spalte:

939-942

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Grabar, I. E.

Titel/Untertitel:

Lasarew, W. N., u. W. S. Kemenow [Hrsg.], Geschichte der russischen Kunst ; IV 1967

Rezensent:

Onasch, Konrad

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K r a j c a r , John: Cardinal Giulio Antonio Santoro and the
Christian East. Santoro's Audiences and Consistorial Acts, ed.
with Notes. Roma: Pont. Institutum Orientalium Studiorum
1966. 219 S. gr. 8° = Orientalia Christiana Anaiecta, 177.

Lilienfeld, Fairy von: Hierarchen und Starzen der Russischen
Orthodoxen Kirche. Aufsätze der »Zeitschrift des Moskauer
Patriarchats". In Verbindung m. H. Schmidt u. G. Schulz hrsg.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1966]. 182 S. m. 10 Abb. 8°.
Kart. MDN 9.50.

Loretz, Oswald: Die Wahrheitsfrage in der Exegese. Interpretationen
der Konzilskonstitution ,Dei Verbum' (ThRv 63, 1967
Sp. 1-8).

McClendon, James: Warum taufen die Baptisten keine Kleinkinder
? (Concilium 3, 1967 S. 269-273).

Meyendorff, John: Zum Eucharistieverständnis der orthodoxen
Kirche (Concilium 3, 1967 S. 291-294).

Mendt, Dietrich: Fünf Minuten Kirchenkunde. Kleines Lexikon
für evangelische Christen. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
[1966]. 221 S. kl. 8°. Kart. MDN 5.40.

Miano, Vincenzo: Die Aufgaben des Sekretariates für die Nicht-
Gläubigen (Concilium 3, 1967 S. 227-230).

Neumann, Johannes: Die Bischofssynode (ThQ 147, 1967 S.
1-27).

Semmelroth, Otto: Zur Frage nach der Verbindlichkeit der
dogmatischen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils
(ThPh 42, 1967 S. 236-246).

Schwan Alexander, Prof.: Katholische Kirche und pluralistische
Pohtik Politische Implikationen des II. Vatikanischen
Konzils, Tübingen: Mohr 1966. 25 S. 8° = Recht und Staat in
Geschichte u. Gegenwart. Eine Sammlung v. Vorträgen u.
Schriften aus d. Gebiet der gesamten Staatswissenschaften, 330.
DM 2.40.

GESCHTCHTE DER
CHRISTLICHEN KIJNST

Grabar, I. E. f, Lasarew, W. N., u. W. S. Kemenow
[Hrsg.]: Geschichte der russischen Kunst. IV. Obersetzt von
Eva-Maria Pietsch. Dresden: Verlag der Kunst 1965. 545 S.,
351 z. T. farbige Abb. 4° = Veröff. d. Akademie d. Wiss. d.
UdSSR, Inst. f. Kunstgeschichte. Lw. MDN 60.-.

Der 4. Band des großangelegten vielbändigen Werkes (zu
Bd. 1-3 vgl. ThLZ 1958, Sp. 694-98; 1959, Sp. 451-55; 1961, Sp.
845-48) behandelt die russische Kunst des 17. Jh.s, das wir bei
der westeuropäischen Kunst gemeinhin als Zeitalter des Barock
ansehen. Ob und wieweit man auch die Kulturerscheinungen
Rußlands dem Barock zuschreiben kann, ist das in diesem Bande
durchgängig behandelte Problem. In Rußland sah das 17. Jh.
die „Wirren" mit dem Poleneinfall und dem Untergang des alten
Rjurikidenreiches, das neue Zarengeschlecht der Romanovs und
den Sozialaufstand des Stepan Rasin, die Vereinigung der Ukraine
mit Moskau und das bis heute andauernde Schisma, den
Raskol.

Vor diesem zunächst verwirrenden Hintergrund geben J. N.
Dmitrijew und I. J. Danilowa im I. Abschnitt (S. 7-35)
auf der Grundlage gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer
Analysen einen klärenden Überblick auf „Das 17. Jh
und seine Kultur", der nicht nur die Kunst, sondern auch
die Literatur umfaßt. Hier, wie auch an anderen Stellen des Bu-
dies, wären vielleicht Hinweise auf die Fragen der zeitgenössischen
Sakralmusik in Rußland instruktiv gewesen, da sie zahlreiche
Parallelen zur sakralen Malerei aufweisen. Die Umwandlung
der alten kirchlich bestimmten Kunst in eine zunehmend
weltliche, die Öffnung zu und die Vereinigung mit der gesamteuropäischen
Kultur werden als die Hauptkennzeichen der
Epoche genannt. Der II. Abschnitt : „Architektur und
Bauschmuck im 17. Jh." (S. 37-224) ist in folgende
Kapitel unterteilt: „Die Baukunst im 17. Jh." (M. A. Iljin), „Die
russische Stadt im 17. Jh." (M. A. Iljin), „Die Holzbaukunst im
17. Jh." (P. N. Maximow), „Der Steinbau im zweiten Viertel des
17. Jh.s" (M. A. Iljin), „Die Steinbaukunst im dritten Viertel des

940

17. Jh.s" (M. A. Iljin), „Die Steinbaukunst Ende des 17. Jh.s"
(M. A. Iljin) und „Der Bauschmuck des 17. Jh.s" (M. A. Iljin)
(Kacheln und Steinschneidearbeiten). Bereits auf S. 37 macht Iljin
darauf aufmerksam, daß „die russische Baukunst des 17. Jh.s...
bisher noch nicht in ihrer historischen Stellung untersucht worden
" ist. In Anm. 1 betont er, unter Hinweis auf die wichtigsten
sowjetischen Veröffentlichungen zum Thema Barock in Rußland,
daß hierüber noch nichts Endgültiges gesagt worden sei. Um
nicht bei jedem Kapitel auf dieses Thema eingehen zu müssen,
wollen wir hier in gebotener Kürze dazu folgendes bemerken:
Die Verf. haben nicht den Barock als ebenso kompliziertes wie
umfassendes „Lebensgeführ oder als „Lebensstil" im Blick, der,
wie jüngst A. Angyal, Die slawische Barockwelt, Leipzig 1961.
meint, auch in Rußland einen entsprechenden künstlerischen Ausdruck
fand, sondern nur einzelne Elemente, wie das Schmuckwerk
, die figürliche Barockornamentik, den pathetischen Charakter
in der Ikonenmalerei u. a. Dabei spielt die durchaus begründete
Abneigung eine entscheidende Rolle, durch „mechanische
" Gegenüberstellung einzelner Entwicklungsabschnitte der
gleichen Zeit in der Kunst Westeuropas „Mißverständnisse hervorzurufen
" (Woronin, S. 459). Vielleicht läßt sich aber auch für
Rußland eine Formel finden, die, ohne Formalismus zu bedeuten
, seine Kunst mit der gesamteuropäischen verbindet. Ein Ansatzpunkt
hierfür könnte die an der kirchlichen Architektur im
einzelnen nachweisbare konstruktive und ästhetische Affinität
zwischen der byzantinischen „sakralen Schaubühne", wie sie in
Rußland konsequent weiterentwickelt wurde, und dem barocken
Kirchenbau der Ukraine und Weißrußlands geben, obwohl der
letztere nicht die Kreuzkuppelkirche, sondern den basilikalen
Bautypus als Grundplan hat. Aber der, Raum, Licht und Akustik
beherrschende, das Gegenständliche ständig transzendierende
Illusionismus, verbunden mit einer entsprechenden Kultästhetik
auf der einen und der Beherrschung der technischen Mittel auf
der anderen Seite, die Kunst als Kunst der „Persuasio" (vgl. J.
Biaostocki, Stil und Ikonographie. Studien zur Kunstwissenschaft,
Dresden 1966, S. 94), wäre eine solche gemeinsame Klammer
zwischen russischem und gesamteuropäischem Barock. Die neue,
sozusagen „rhetorische" Funktion eines so eng mit der alten by-
izantinisch-russischen Kultästhetik verbundenen rein liturgisch
bestimmten Baukörpers wie der Ikonostase ließe sich unter diesem
Blickwinkel vielseitig beschreiben. Dabei käme die Eigenleistung
und Eigenart eines möglichen „russischen Barock" mit
Notwendigkeit zum Ausdruck. Im übrigen würde wiederum eine
entsprechende Skizze der russischen „Barockmusik" ein solches
Unternehmen durchaus unterstützen.

In einem eigenen III. Abschnitt „Schnitzerei und
P 1 a s t i k d e s 1 7 . J h . s" (S. 225-252) behandeln N. J. Mnewa,
N. N. Pomeranzew und M. M. Postnikowa-Lossewa das Basrelief,
die Hochreliefschnitzerei und die Freiplastik in verschiedenstem
Material. Vor allem die hölzerne Freiplastik, die entgegen der
in der Ostkirche bekannten Ablehnung gerade in Rußland sich
durchzusetzen verstanden hatte, erlebte in der Epoche des 17.
Jh.s eine interessante, stark unter folkloristischem Einfluß stehende
Neubelebung. Im IV. Abschnitt „Malerei, Miniaturmalerei
und Graphik des 17. Jh.s" (S. 253 bis
379) werden diese Kunstgattungen in der Reihenfolge von Danilowa
und Mnewa, Mnewa und Postnikowa-Lossewa sowie schließlich
von A. A. Sidorow dargestellt. Im Mittelpunkt steht der berühmte
Zarenmaler Simon Uschakow, ein jüngerer Zeitgenosse
Rembrandts (S. 273 ff.), dessen vielseitige Begabung und Meisterschaft
ausführlich gewürdigt werden. Um ihn gruppieren
sich die anderen Meister seiner Schule mit z. T. durchaus geprägter
Individualität, wie Josif Wladimirow, Tichon Filatjew,
Nikita Pawlowez, Fjodor Subow u. a. Den Ausklang dieses umfangreichen
Abschnittes bildet der Obergang von der Ikonenmalerei
zum Porträt. Ebenso wird das Eindringen des Genre-
und Landschaftsbildes in die Ikonenmalerei verfolgt und gewürdigt
. An nicht wenigen Beispielen des gebotenen Bildmaterials
könnte man barocke Thematik exemplifizieren. So nannte z. B.
Angelus Silesius Maria ebenfalls einen „verschlossenen Frühlingsgarten
", wie Nikita Pawlowez seine Gottesmutterikone (S. 293 f.).
Auch aus der ukrainischen homiletischen Literatur und Barockpoesie
ließen sich zu diesem Thema Parallelen beibringen (vgl.

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 12