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Ausgabe:

1967

Spalte:

921-922

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Glauben und Bekennen 1967

Rezensent:

Junghans, Helmar

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Seite 1

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Heinzmann, Richard: Die „Institutiones in sacram paginam"
des Simon von Tournai. Einleitung und Quästionenverzeachnis1.
München-Paderborn-Wien: Schöningh 1967. 93 S. gr. 8° =

Münchener Universitäts-Schriften. Theologische Fakultät. Ver-
öffentl. d. Grabmann-Institutes, hrsg. v. M. Schmaus, W.
Dettloff, R. Heinzmann, N. F. 1. Kart. DM 12.-.

Selge, Kurt-Victor [Hrsg.]: Texte zur Inquisition. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus G. Mohn [1967). 88 S. 8° = Texte zur
Kirchen- und Theologiegeschichte, hrsg. v. G. Ruhbach unter
Mitarb. v. G. A. Benrath, H. Scheible u. K.-V. Selge, 4. Kart.
DM 8.80.

KIRCHENGESCHICHTE:
REFORMATIONSZEIT

S t a e d t k e, Joachim [Hrsg.]: Glauben und Bekennen. Vierhundert
Jahre Confessio Helvetica Posterior. Beiträge zur
ihrer Geschichte und Theologie. Zürich: Zwingli Verlag [1966).
412 S. gr. 8". Lw. DM 27.80.

Diese vom Zwingli-Verein angeregte Jubiläumsgabe vermehrt
glücklicherweise nicht die große Zahl der Festschriften,
in denen die Beiträge sachlich nur sehr lose miteinander verbunden
sind, sondern widmet sich ganz der Geschichte und
Theologie dieses Bekenntnisses.

Im ersten Teil berichtet E. Koch (13-40) mit Hilfe der erhaltenen
Handschriften über die Entstehung des Textes dieser
Confessio, die mit Bullingers Expositio brevis von 1561 beginnt
. Daran schließt sich eine Bibliographie von J. Staedtke
(41-53), die 111 Drucke dieses Bekenntnisses aufweist, wobei
allerdings bei den tschechischen Ausgaben der Originaltitel nicht
geboten wird. Die nächsten fünf Beiträge befassen sich unter
geographischem Gesichtspunkt mit der Geschichte dieses Bekenntnisses
bis in die Gegenwart. R. Pfister (55-80) schildert
die Bekenntnisbildung in der Schweiz von Zwingiis 67 Schlußreden
an. In Deutschland (G. Goeters, 81-98) erhielt diese
Confessio keine große Bedeutung, obgleich Friedrich III. von
der Pfalz den Anstoß dazu gab, daß Bullingers Werk zum offiziellen
Bekenntnis der Schweizer Orte wurde. J. Courvoisier
(99-103) berichtet über Frankreich und G. Mecenseffy (104-
108) über Österreich. Sehr ausführlich (104-202) untersucht
B. Nagy „Geschichte und Bedeutung des Zweiten Helvetischen
Bekenntnisses in den tosteuropäischen Ländern". Nagy setzt
nicht erst mit der jeweiligen Einführung dieses Bekenntnisses
in dem betreffenden Land ein, sondern schon mit der vorausgehenden
Verbindung mit :Bullinger und anderen Schweizer
Reformatoren. Daher beginnt die Darstellung bei der Tschechoslowakei
schon 1532, obgleich das Bekenntnis erstmals 1784
ins Tschechische übersetzt wurde. Auf diese Weise kommt der
reformierte Einfluß auf diese Länder von der Reformationszeit
bis zur Gegenwart ins Blickfeld, ja selbst auf die Ausbreitung
dieses Bekenntnisses durch die Emigranten aus diesen Ländern
nach Amerika wird hingewiesen.

Dieser erste Teil zeigt aber nicht nur, welchen Einfluß dieses
Bekenntnis in den verschiedenen Ländern zu verschiedenen
Zeiten ausübte, sondern auch vor allem, wie die Geschichte
ihm selbst zusetzte. Nichts blieb ihm erspart. 1570 wurde es
bei der polnischen Übersetzung modifiziere, weil es für die
Lutheraner und die Böhmischen Brüder annehmbar (werden
sollte, mit denen sich die Reformierten vereinigen wollten. Der
Vergleich von Sendomir brachte aber nur die gegenseitige Anerkennung
von drei Bekenntnissen. 1581 wurde es die Grundlage
der Harmonia Confessionum, durch die die Reformierten
zusammengeschlossen werden sollten. Es geriet in das Kreuzfeuer
der Kritik. Seine Abendmahlslehre wurde 1597 von dem
lutherischen Pfarrer Ph. Nicolai angegriffen, so daß die Züricher
sich zu einer Verteidigung genötigt sahen. Seine Prädestinationslehre
wurde von den Remonstranten und deren Gegnern
in Anspruch genommen, so daß man 1675 versuchen mußte, die
Auslegung des Bekenntnisses durch eine Formula Consensus
festzulegen. Seit dem 18. Jh. wurde die Vei-pflichtung auf ein

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Bekenntnis überhaupt in Zweifel gezogen, so daß schließlich
im 19. Jh. die Bekenntnisverpflichtung in der Schweiz aufhörte
. Auch in der Tschechoslowakei wurde es 1918 auf die
Seite geschoben. Am lebendigsten blieb es in Ungarn erhalten.
Die theologische Neubesinnung nach 1918 weckte wieder das
Interesse für dieses Bekenntnis, das nicht nur Neuauflagen in
verschiedenen Sprachen, sondern auch die erstmalige Übersetzung
ins Slowakische erlebte.

Von diesem neuen Interesse legt zwar die gesamte Festschrift
Zeugnis ab, besonders aber der zweite Teil (205-407), in
dem acht Autoren in neun Beiträgen die Theologie dieses Bekenntnisses
untersuchen. Es wird dabei ganz deutlich, daß man
sich nicht ,auf eine rein dogmengeschichtlichc Fragestellung
beschränken und auch nicht einfach das Bekenntnis repristinie-
ren, sondern es der Gegenwart fruchtbar machen will. Die
Autoren setzen allerdings die Akzente unterschiedlich. Der eine
bleibt im wesentlichen bei Bullingers Theologie stehen, der andere
kommt sehr rasch zur heutigen Bedeutung dieses Bekenntnisses
. In anziehender Weise hat J. C. McLelland in seiner
Darstellung der Sakramentenlehre (368-391) Bullingers Anliegen
, sein Verhältnis zu Zwingli, Calvin und Luther herausgearbeitet
und das Dilemma aufgezeigt, in dem sich Bullinger
befand, der nicht recht umschreiben konnte, was der Christ
im Abendmahl über das geistliche Essen, das Bullinger schon
dem Glauben zuerkannt hatte, hinaus noch $m Abendmahl
empfängt. McLelland übt daher auch Kritik an Bullingers Bekenntnis
, die andere Autoren ebenfalls nicht verschweigen. Der
Leser erhält durch diesen zweiten Teil ein anschauliches Bild
von der durchaus nicht einheitlichen Interpretation der Confessio
Helvetica Posterior.

Wenig fruchtbar erweist sich der Versuch, das Zentrum des
theologischen Denkens bei Bullinger zu erfassen. Koch sieht es
in der Bundestheologie und S. van der Linde in der Ekklesio-
logie, während G. W. Locher die Lehre vom Heiligen Geist mit
der vom Bund verknüpft. Dem Aufbau des Bekenntnisses wird
oft eine Aufmerksamkeit gewidmet, als sei die Reihenfolge
der Kapitel aus Bullingers systematischem Entwurf entsprungen,
obgleich P. Jacobs (258 f.) darauf hinweist, daß Bullinger dem
seit Petrus Lombardus üblichen Aufbau folgt, daß also nur die
Abweichungen von diesem Aufbau besondere Beachtung verdienen
. Bullinger ist offensichtlich überfordert, wenn man ihn
nach einem theologischen System im heutigen Sinne fragt.

Daß der Herausgeber sich nicht gescheut hat, die Heilslehre
dieses reformierten Bekenntnisses von einem Lutheraner, Koch,
darstellen zu lassen, wird alle mit Freude und Hoffnung erfüllen
, die für das gegenseitige Verstehen der Konfessionen
arbeiten.

Leipzig Helmar Junghans

Müller, Johannes: Martin Bucers Hermeneutik. Gütersloh:
Gerd Mohn 1965. 278 S. gr. 8° = Quellen und Forschungen
zur Reformationsgeschichte, hrsg. vom Verein für Reformationsgeschichte
, XXXII. Lw. DM 45.-.

Die Schlußseiten dieses Buches hat nicht der Verfasser, sondern
einer seiner Lehrer, Heinrich Bornkamm, mit einem Nachruf
gefüllt. Er schreibt über den nach schwerer Krankheit Heimgegangenen
: „In wenig mehr als einem Jahrzehnt hat er mit
zähem Fleiß, energischem Angehen der ihn beschäftigenden Fragen
und nicht ermüdender Sorgfalt wertvolle erste Früchte eingebracht
, die künftigere größere Ernten verhießen" (S. 278).

Der in dem Nachruf ausgesprochenen hohen Anerkennung
kann sich auch derjenige anschließen, der Müllers wissenschaftliche
Arbeitsleistung weniger kennt als Heinrich Bornkamm und
der für sein Urteil zunächst nur die vorliegende Studie zur Verfügung
hat. Durch seine Wirksamkeit am Bucer-Institut in Münster
, speziell durch die Edition zweier Frühschriften für die neue
wissenschaftliche Bucerausgabe, nicht zuletzt auch durch seine
Assistentur am Kirchengeschichtlichen Seminar in Münster, in
die hinein Robert Stupperich ihn geholt hatte, waren Johannes
Müller die besten Voraussetzungen bzw. Begleitumstände für
die Abfassung seiner Arbeit gegeben.

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 12