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Ausgabe:

1967

Spalte:

917-918

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Giet, Stanislas

Titel/Untertitel:

Hermas et les pasteurs 1967

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Seite 1

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Hl 7

Seiten Harveys. Ein Kommentar und die Register sollen nach
Abschluß der Ausgabe folgen.

Hoffentlich gelingt es den Herausgebern, ihre gründlich geplante
und vorzüglich ausgeführte Arbeit bald mit der angekündigten
Ausgabe des fünften Buches fortzusetzen.

Zum Schluß sei noch erwähnt, daß 1959 in den Sources
Chretiennes (Nr. 62) eine Ausgabe der Demonstratio evangelica
des Irenaus erschienen ist, in der L. Froidevaux den allein erhaltenen
armenischen Text neu übersetzt hat.

Bonn Heinrich Karpp

G i e t, Stanislas, Prof.: Hermas et les pasteurs. Les trois auteurs
du pasteur d'Hermas. Paris: Presses Univcrsitaires de France
1963. 333 S. 8°. NF 22.-.

Dein Verfasser, Professor an der katholisch-theologischen
Fakultät der Universität Straßburg, geht es in diesem gelehrten,
sorgfältig gearbeiteten und eine Fülle von Einzelbeobachtungen
und -erkenntnissen enthaltenden Werk (mit ausführlichen Registern
) vor allem um die Begründung, Entwicklung und Absicherung
einer literarkritischen Hypothese, die Ordnung in das
Wirrwarr, das unter dem Titel Pastor Hermae überliefert wird,
und an dem sich schon mancher Forscher die Zähne ausgebissen
hat, bringen und das geschichtliche Verständnis dieser
Schrift ermöglichen soll. Diese Hypothese besagt: Der Hirt des
Hermas besteht aus drei zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen
Autoren abgefaßten Komplexen; nämlich:

1. vis. 1-4, verfaßt im ersten Viertel des zweiten Jahrhunderts
von einem sonst unbekannten Diakon namens Hermas
mit der Tendenz der Verkündigung der Buße (= Hermas).

2. sim. 9, verfaßt als Anhang der übernommenen vis. 1-4
zur Zeit des römischen Bischofs Pius, also um die Mitte des
zweiten Jahrhunderts, von dessen (in der kirchlichen Tradition
als Verfasser des ganzen Werkes genannten) Bruder mit der
Tendenz, seine Theologie vom Sohne Gottes in das Werk des
Vorgängers einzubringen (= Pastor).

3. vis. 5'mand. 1-12 / sim. 1-8.10, verfaßt als eingeschobene
(vis. 5/mand. 1-12/sim. 1-8) bzw. angehängte (sim. 10)
Ergänzung des Werkes seines direkten Vorgängers (vis. 1-4/
sim. 9) in den letzten Jahren des Antoninus, anders gesagt um
160-170, von einem Unbekannten mit der Tendenz, die Sohn-
Gottes-Theologie dieses Vorgängers durch seinen eigenen Adon-
tianismus zu verdrängen (= Pseudo-Pastor). (Vgl. bes. S. 304.
305.308.)

Dabei arbeite jeder der drei Verfasser weitestgehend mit
vorgegebenem, meist jüdischem oder judenchristlichem Material.
Nun ist Giet nicht jedes Element dieser komplexen Theorie
gleich wichtig, wie er ja überhaupt auf die abgestufte Sicherheit
, mit der er seine Thesen jeweils vorbringt, das allergrößte
Gewicht legt. Allein und wirklich wichtig ist ihm die besagte
Dreiheit der Schichten und dementsprechend die Dreiheit der
aufeinander folgenden Autoren.

Allerdings spannt G. den Leser seiner Abhandlung auf die
Folter, bis er endlich damit, worauf er eigentlich hinaus will,
also mit seiner Hypothese herausrückt. Den meisten Platz nehmen
breite, von Wiederholungen nicht freie Erörterungen, mehr
Inhaltsvergegenwärtigungen als Analysen, der verschiedenen
Partien des Pastor Hermae ein, die gewöhnlich nicht interessanter
sind als der Pastor Hermae selbst. Dieser Zug des Werkes
liegt mit an einer gewissen Obervorsichtigkeit von G., der
ja weiß und am Anfang selbst schildert, daß derartige, also
literarkritische Lösungsversuche sich bisher nicht durchsetzen
konnten. Was ihn überhaupt zu der Annahme einer Mehrzahl
von Autoren kommen läßt, ist wesentlich der Umstand, daß
und wie die zahlreichen Widersprüche und Härten des Texten
sich vor seinen Augen in solche von geringerer Tragweite, die
sich aus der Aufnahme älteren und disparaten Materials erklären
lassen, und solche von größerer Tragweite, die nicht
auf das Konto ein und desselben Redaktors, Sammlers und
Verfassers gesetzt werden können, scheiden. Die Dreiheit (der
Schichten und also Autoren) folgt dann aus der Erkenntnis,

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daß nur in vis. 1-4 der Name Hermas begegnet, und mit vis.
5 offenbar etwas Neues beginnt, u. zw. unter Verdrängung
eines „Restes", der seinerseits leicht in sim. 3 zu erkennen sei.
Diese Teilung des Textes in drei Komplexe selber nun ist und
erweist sich unter den Händen G.s als eine, wie mir scheint,
- wenigstens methodisch - fruchtbare Sache. G. arbeitet nämlich
jetzt, und das ist das Herzstück seiner Demonstration und
m. E. das wertvollste an seinen Darlegungen, ausführlich die
sachlichen Besonderheiten und also Unterschiede dieser drei
Komplexe, vor allem hinsichtlich der Ekklesiologie, der Chri-
stologie, der Pneumatologie und der Eschatologie samt der ihr
entsprechenden Auffassung von der Buße, heraus. Als typisch
für die Auffassung der vis. 1-4 von der Buße wird z. B. herausgearbeitet
die Konzeption, daß, bei eschatologischer Naherwartung
, die Buße von einem festen Zeitpunkt an nicht mehr
möglich sein wird (S. 132 f), während für die Bußauffassung
von sim. 9 die mit der Verzögerung der Parusie in Beziehung
stehende Vorstellung einer eschatologischen Pause zwecks Buße
typisch sei (S. 174 f. 179), und schließlich in vis. 5/mand. 1-12/
sim. 1-8.10 die Buße so etwas wie eine Lebensaufgabe werde
in Entsprechung dazu, daß die Enderwartung ganz in den
Hintergrund trete (S. 189-194.229-234). Besonders eindrucksvoll
ist auch die in diesem Zusammenhang stehende Herausarbeitung
der adoptianischen Christologie von sim. 5 (S. 213-
224).

Das Gesamtergebnis G.s selber, also seine schon genannte
Hypothese, finde ich vorerst nicht ganz überzeugend. Sic erklärt
manches, in der Tat! Aber nicht alles; und schon gar
nicht das Schwierigste, nämlich die Personen selber, Hermas
(bzw. den Offenbarungsempfänger) einerseits, den Hirten andererseits
, und deren Verhältnis zueinander, z. B. daß der Hirt
voraussetzt, er sei dem „Hermas" zugeteilt, ohne daß es erzählt
wird. Nach G.s Theorie ist es des näheren schlechterdings
unerklärlich, wieso eigentlich in sim. 9 gerade der Pastor die
Kirche als Offenbarungsträger (von vis. 1-4) ablöst (vgl.
S. 275 f.). Wie kommt der zweite Mann auf den Pastor und
wer ist dieser Pastor überhaupt? Hier rächt sich am auffälligsten
das (überhaupt unvertretbare) Außerachtlassen der ganzen
religionsgeschichtlichen Perspektive durch G. Der zweite
sozusagen bloß liegende neuralgische Punkt ist da, wo G. zu
schließen gezwungen ist, daß die kirchliche Tradition erst aus
dem Werk des Bruders des Pius (vis. 1-4 [wo der Offenbarungsempfänger
eben Hermas neißtl und s/m. 9) fälschlich
gefolgert habe, daß dieser Pius-Bruder Hermas geheißen habe
(S. 289). Oberhaupt scheint der Verfasser auf den letzten Seiten
seines Werkes, wo er die Grundstruktur seiner Hypothese nun
im einzelnen auszubauen sich bemüht, z. B. indem er die drei
Hirten* in die Geschichte einzuordnen sucht, seine sonst bis
zum Äußersten geübte Vorsicht auf einmal völlig zu vergessen.
Da versteigt er sich nämlich auch sonst zu den tollsten Kombinationen
bis hin zu der Annahme, Hermas, der Verfasser von
vis. 1-4, sei ein Diakon gewesen, der die Rhode eben nur bei
der Taufe nackt gesehen habe (S. 297-300).

Berlin Hans-Martin Schenk«

Diesner, Hans-Joachim: Fulgentius von Rüspe als Theologe
und Kirchenpolitiker. Berlin: Evang. Verlagsanstalt u. Stuttgart
: Calwer Verlag [19661. 71 S. gr. 8° = Aufsätze und Vorträge
zur Theologie U. Religionswissenschaft, hrsg. v.
E. Schott u. H. Urner, 83.
Diese großartige Monographie verdiente eine längere Besprechimg
, als es der Raum gestattet, sie ist die beste Arbeit,
die es über diesen viel vernachlässigten Theologen gibt. Diesner
beginnt mit einer gründlichen Quellenkritik, baut darauf
eine Biographie auf, die der inneren Entwicklung vom Weltmann
zum Mönch nachspürt und die Umweltfaktorcn, die Diesner
durch seine früheren Forschungen besser kennt als jeder
«indere, nicht übersieht. Einige bisher völlig verkannte Einzelheiten
aus der Zeit des Wanderdaseins werden in neues Licht
gerückt, neu sind die Beziehungen zum ägyptischen Mönchtum
gesehen, mit der grausamen Sizilienlegende wird endlich aufge-

Theologische Lileraturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 12