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Ausgabe:

1967

Spalte:

904-909

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Cullmann, Oscar

Titel/Untertitel:

Heil als Geschichte 1967

Rezensent:

Schweizer, Eduard

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etwa in einem Tempel, da 'T1? v^d angeblich auch bttfl Parallelbegriffe
zu brtfo sind (S. 135 f.). - Von besonderem Gewicht für
das kirchlich-dogmatische Anliegen des Verf.s ist die Erkenntnis,
daß die Lade von Anfang an „Ihe depository of the written law
of... God" gewesen ist. Dies zeigt deutlich, wie eng „written
word and saving act" zusammengehören. Wert legt W. abschließend
auch auf die Feststellung, dafj die Wirksamkeit der Lade -
wie überhaupt der „divinely instituted symbols" - auf ihrer
„trustworthiness" beruhe, nicht aber auf dem Glauben, der ihr
entgegengebracht wird (S. 144).

Forschungsgeschichtlich kann W.'s Studie leider nur als ein
arger Rückschritt in die Zeit vor Spinoza angesehen werden.
Selbstverständlich ist für ihn der Pentateuch in seiner Gesamtheit
mosaischer Herkunft, die Oberlieferung widerspruchsfrei,
ihre „trustworthiness" über jeden Zweifel erhaben. Wenn Widersprüche
auftauchen, so liegt dies eben an der falschen Exegese.
So erweist sich z. B. das im Josuabuch überlieferte Bild von der
gemeinsam vollzogenen Landnahme aller Stämme Israels bei
.schriftgemäßer' Exegese als durchaus richtig. Man muß jedoch
erst erkennen, dafj die Erzählungen des Josuabuches die Landnahme
in prophetischer Sicht schildern. Das Buch Josua ist das
„Divine program" der Landnahme; aber dieses Programm „was
not fully realized by God's people" (S. 108). Deshalb besteht
kein Widerspruch zur Landnahmeauffassung von Jud. 1. Mittels
dieser doch wohl ein wenig altväterlichen Harmonisierungsmethode
kann natürlich so ziemlich jede Schwierigkeit beseitigt,
der supernaturale Charakter der Heiligen Schrift als in allen Dingen
irrtumsloser göttlicher Offenbarung gerettet und eine bescheidene
Ansprüche stellende Gemeinde auch heut» noch erbaut
werden. Es sei noch vermerkt, dafj sich W.'s Polemik nicht
nur gegen Wellhausen und seine Schüler oder gegen die „school"
von Alt und Noth, sondern auch gegen Albright und seine Schule
(S. 105 ff.) richtet.

Gewiß hat W. nun auch in manchen Einzelheiten ganz richtige
Beobachtungen angestellt. Die Kritik z. B. an der These von
den unterschiedlichen Standorten der Lade in der Richterzeit ist
zu beherzigen. Oberhaupt ist des Verf.s Kritik an so mancher
Hypothese über die Bedeutung der Lade zutreffend und lehrreich
. Auch sein theologisches Anliegen, insbesondere seine theologische
Würdigung der Bedeutung der Lade enthält sehr wohl
Gesichtspunkte, die nicht unbeachtet bleiben sollten. Eine frucht-
i bare Diskussion mit W. aber dürfte nahezu aussichtslos sein, da
er die Grundvoraussetzungen, unter denen heute alttestament-
liche Exegese getrieben wird und auch nur getrieben werden
kann, nicht anerkennt.

Berlin Karl-Heinz Bernhardt

Haulotte, Edgar, S. J.: Symbolique du Vetement selon la
Bible. Paris: Aubier [1966]. 352 S. m. 44 Abb. 8° = Theologie
, Etudes publiees sous la Direction de la Faculte de
Theologie S. J. de Lyon-Fourviere, 65.

Die umfassend angelegte Arbeit ist in drei große Abschnitte
eingeteilt. Der erste steht unter der Überschrift „Le vetement,
reflet de l'ordonnance divine du monde" (S. 15-68) und bringt
das notwendige archäologische und literarische Material über
die Kleidung bei Juden und Christen, gegliedert nach Zeitabschnitten
: a) 15. Jahrhundert v. Chr. bis zur israelitisch-jüdischen
Monarchie, b) die Monarchieperiode, c) die Zeit nach
dem Exil und bis auf Jesus Christus.

Im zweiten großen Abschnitt wird die Kleidung behandelt
unter der Überschrift: „Le vetement, signe de la personne et
de sa vocation ä l'interieur du Peuple de Dieu." Ließ schon
der erste Abschnitt erkennen, daß der Verfasser archäologische
Tatbestände mit theologischen Einsichten und Schlußfolgerungen
zu kombinieren versteht, so tritt diese Kombination im
zweiten Abschnitt noch stärker heraus in den verschiedenen
Gesichtspunkten der Beziehung zwischen Person und Kleidung,
Kleid als Witterungsschutz, als Abwehr der Begehrlichkeit, dns
Kleid als Zeichen der Identität, Verlust des Kleides etc. Wichtig
erscheint mir der vierte Unterabschnitt des ersten Kapitels, der

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Kleid und Seele (nephesch) behandelt, wobei von der Ausdruckskraft
des Kleides gehandelt wird sowie von der Macht
(pouvoir) des Kleides.

Das zweite Kapitel des zweiten Abschnittes ist der Bedeutung
der Büß- und Trauerriten gewidmet, soweit sie die Kleidung
des Menschen betreffen. Schließlich wird in einem dritten
Kapitel des zweiten Abschnittes das Kleid als Auswirkung der
Gemeinschaft behandelt. Hier werden besprochen die Arbeitskleidung
, die Kampfausrüstung, Königs-, Propheten- und Priesterkleidung
, jedoch jeweils mit starken theologischen Bezügen,
die der Verfasser kraft seines katholisch-theologischen Denkens
ungezwungen herzustellen weiß. Für ihn bleiben diese festgestellten
archäologischen Tatbestände nicht nur an ihrem historischen
Ort, sondern erhalten einen unmittelbar geistlichen Sinn
aus der geistlichen Einheit der gesamten Heiligen Schrift. Das
macht die Lektüre des Buches interessant durch die strenge und
energische Beziehung auf bzw. Einordnung in jenes Schriftganze
. Dabei geht )der Verfasser durchaus methodisch-historisch
vor, aber er bleibt dabei nicht stehen, sondern geht über
den archäologischen Tatbestand hinaus, ja er greift auf die gesamte
altorientalische Welt und ihre Quellen zurück, durchaus
anzeigend, daß ihm die Welt der Geschichte ebenso zu Gebote
steht wie die geglaubte geistliche Einheit der Heiligen
Schrift.

Das, was ich eben als einen Vorzug des Buches aufzeiqte,
ohne damit grundsätzlich zu allen theologischen Schlußfolgerungen
ja sagen zu können, tritt nun in dem dritten und letzten
Abschnitt hervor, in dem die Kleidung als Symbol der
geistlichen Realitäten gezeigt wird. Hier werden aus dem Alten
und dem Neuen Testament die Stellen zusammengestellt, die
das Kleid in bildlicher Verwendung gebraucht haben, es sei nur
erinnert an die Formeln paulinischer Theologie vom Anziehen
des Christus Rom 1,13; Col 13,10; Eph 4.24, das hochzeitliche
Kleid aus Matth 22, 1-14 und ähnliche Stellen. Indem diese
Stellen einbezogen werden, gewinnt der biblisch-theoloqische
Charakter noch erheblich an Stärke. Man spürt dem Verfasser
?b, daß diesem Teil seine besondere Liebe gehört hat. S. 179
bis S. 331, also fast die Hälfte des Buches, ist diesem dritten
großen Abschnitt gewidmet. Auch hier wird man sagen dürfen,
daß der Verfasser ein wenig beachtetes, allenfalls altertumskundlich
gewertetes Gebiet aufgegriffen und es in das Gesamt
der Bibeltheologie eingegliedert hat. Das ist sehr anzuerkennen,
auch wenn der protestantische Bibeltheologe ihm nicht in allen
Stücken zu folgen vermag. Dankbar wird man die Abbildungen
in Schwarzweiß als Illustrationen zur Kenntnis nehmen. Leider
sind Yadins Ausführungen über die Kleider der Juden zwischen
Altem und Neuem Testament nicht mehr benutzt worden (JDS:
The Finds from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters,
1963).

Leipzig Hans Bordtke

NEUES TESTAMENT

Cullmann, Oscar, Prof.: Heil als Geschichte. Heilsgeschichtliche
Existenz im Neuen Testament. Tübingen: Mohr 1965. XII,
328 S. gr. 8°. DM 26.-; Lw. DM 31.-.
Der 1. Teil bietet einen Überblick über die Gefährdung des
Kerygmas durch die alle Heilsgeschichte ablehnende Gnosis des
2. JIhd'ts. (S. 1-10), (die Entwicklung ider (neutestamentlichen
Forschung seit A. Schweitzer mit den drei durch Dodd (keine
Naherwartung bei Jesus), Bultmann (Jesu Eschatologie als Ent-
scheidungsruf), Kümmel-Cullmann /Spannung zwischen Schon
und Noch-nicht) charakterisierten Lösungsversuchen (10-29) und
die weitere Entwicklung mit der neuen Frage nach dem historischen
Jesus, der Offenbarung als Geschichte (Pannenberg),
dem Hinweis auf die Apokalyptik (Käsemann) und neuen
eschatologischen Entwürfen (Kreck) (29-46). In vorläufigen her-
meneutischen Bemerkungen wird unterschieden zwischen dem
Lesen biblischer Geschichte und dem erst darauffolgenden Gespräch
zwischen biblischem lund heutigem Glauben (46-56).
Schließlich wird in terminologischen Betrachtungen der Begriff
der „Heilsgeschichte" sehr vorsichtig umgrenzt (keine aufweisbare
Kontinuität, kein historisch einsichtiger Sinnzusammen-

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 12