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Ausgabe:

1967

Spalte:

864-867

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Müller-Schwefe, Hans-Rudolf

Titel/Untertitel:

Die Lehre von der Verkündigung 1967

Rezensent:

Konrad, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 11

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Die Arbeit gliedert sich übersichtlich in 3 Teile: ein erster gelungen sei (213ff.). Von daher erkläre sich auch Tillichs geenthält
die Einleitung (13-68), der zweite bringt die Darstellung brochenes Verhältnis zur Geschichte (216ff.). Damit hat Nören-
des Tillichschen Symbolbegriffes (69-182), und mit einer Beur- berg in der Tat die neuralgischen Punkte in dieser Konzeption
teilung und Kritik schlieft die Untersuchung. erfaßt. Nur: die durchgeführte Begründung seiner Kritik zeigt

In der Einleitung bietet Nörenberg eine allgemeine Charak- dann doch den weiten Abstand zum dargestellten Gegenstand,

terisierung des Symbolbegriffes und skizziert kurz die Ge- sofern dabei in erstaunlichem (Maße Vorstellungen Avirksam

schichte des Symbolischen. Diese an sich interessanten Ausfüh- werden, die in einem vorkritischen Stadium der Theologie be-

rungen vermitteln einen stark eklektischen Eindruck und sind heimatet sind. So erfahren wir auf S. 187: „Tillich denkt auf-

im Verhältnis zum Thema zu breit angelegt. Sie wirken sich grund seiner Korrelationsmethode zu stark vom Menschen aus

denn auf das Kernstück der Arbeit auch nicht weiter aus. und zu wenig im Sinne der biblischen Offenbarung, die von

In diesem zweiten Teil wird „der Begriff des religiösen Sym- Gott ausgeht . . . Vom christlichen Gottesbegriff ist das aber
bols bei Paul Tillich" einer gründlichen und geduldigen Analyse letztlich nicht zu erweisen, denn offenbart hat sich Gott nach
unterzogen. Nörenberg erweist das Symbolische als die für Til- dem biblischen Zeugnis immer nur als Person" (187). Was heißt
lieh fundamentale Form der theologischen Aussage und vermag eigentlich „biblische Offenbarung" und „biblisches Zeugnis"?
auf diese Weise das Ganze seiner Theologie in den Blick zu Als ob das im eindeutigen Sinne geklärte und in der Theologie
fassen. Wir haben das Unbedingte nur im Bereich immanenter verwendete Begriffe wären! In der Schöpfungslehre wird das
Möglichkeiten. Da es die endliche Wirklichkeit aber ständig Verständnis Tillichs von Gott konfrontiert mit dem Gott, „den
transzendiert, kann es sich in ihr nicht adäquat ausdrücken. Das die Bibel den freien, persönlichen Schöpfer der Welt nennt"
Unbedingte offenbart sich also nie direkt, sondern immer nur (189). Auf der gleichen Ebene ist vom „neutestamentlichen Bemittelbar
; es äußert sich in der Weise der Uneigentlichkeit. Nur fund" (193), von den „neutestamentlichen Berichten", vom „bib-
so gewinnen wir einen Zugang zu ihm. „Die Sprache der Trans- lischen Befund und den reformatorischen Bekenntnissen" (195),
zendenz, die göttliche Offenbarung, ist also für Tillich der Form dem „biblischen Personalismus" (197f.), vom „biblischen Offcn-
und Struktur nach grundsätzlich symbolisch. Das Symbolische barungshandeln" (198), flrom „spezifisch biblischen Glaubensist
die uneigentliche Ausdrucksform, die notwendig wird, wo begriff" (209) die Rede. Solche Aspekte der Kritik erwecken -
ein eigentlicher Ausdruck nicht möglich ist" (S. 76). Diese Ver- jedenfalls von den auswahlsweise zitierten Kurzbegriffen her -
mittlung macht die entscheidende Funktion des Symbolischen den Eindruck eines ungebrochenen Biblizismus. Den wollen wir
aus. Dabei ist für das religiöse Symbol konstitutiv die Rück- dem Verf. nicht unterstellen, aber dann wird eine Modifikation
beziehung auf die menschliche Situation. Die Kenntnis der je- seiner kritischen Erwägungen unumgänglich. Sie wird es an-
weiligen Situation des Menschen gehört zur wahren Erkennt- gesichts der Theologie Tillichs in ganz besonderem Maße, da
nis religiöser Symbole mit hinzu (79). In einer Phänomenologie seine theologische Intention gerade auf eine Neuinterpretation
des Symbols werden als seine entscheidenden Merkmale die der alten Botschaft ausgerichtet ist. Dann aber kann diese alte
Uneigentlichkeit, Anschaulichkeit, Selbstmächtigkeit und die An- Botschaft nicht problemlos als Prinzip der Kritik figurieren,
erkanntheit einsichtig gemacht (83ff.) lund die dem Svmbol Was die Tillichschc Symboltheologie wirklich zu leisten vereigentümliche
Dialektik entfaltet (87ff.). Denn die religiösen mag, das wird erst dann deutlich werden, wenn man sich von
Symbole sind kraft ihrer Vermittlung von Unendlichkeit und den Sachfragen, nicht aber von tradierten und ungeklärten VorEndlichkeit
, von göttlicher und menschlicher Wirklichkeit ambi- bestimmungen leiten läßt. So ergibt sich zwischen dem darstel-
valent. Darin ist der Beziehungsreichtum der symbolischen Aus- lenden und dem kritischen Teil eine Kluft, die um so mehr versage
begründet. Schlechterdings alles vermag dem Symbol als wundert, als der Verf. dem Symbolverständnis Tillichs selbst
„Material" zu dienen: die Natur, die Geschichte, das Wort und mit Gründlichkeit und umfassender Kenntnis nachgeht. In die-
die Sprache. sen Ausführungen besteht die Bedeutsamkeit der Monographie,-

Im Blick auf das religiöse Symbol „Gott" untersucht Nören- das kritische Gespräch mit Tillich muß neu und in ganz ande-

berg weiter die Bedeutung des Symbols, die Wirklichkeit, die rer Weise geführt werden,

sich in ihm bekundet. Sie besteht in dem, was mich unbedingt Druckfehler:

angeht, und zerlegt sich in eine subjektive und objektive Seite: s. 114 Z. 5 v. oben: behält statt hält

dem Akt des totalen Betroffenseins korrespondiert nach der ob- S. 114 Z. 9 v. oben: intuitiv-deskriptive Element statt existentiell intuitiv-

• * . • 4 j« . - , , ., deskriptive Element.

jektiven Seite das Unbedingte selbst, das Letztgultige, das Ab- s, 120 z 0 v oben. Anmerkungszahl 38 statt 83

Solute. Dafür Steht als das fundamentale Symbol „Gott" (118). f. 131 Z. 6 v. unten: steht das griechische Wort auf dem Kopf

_ _ , . - _ i_ .i j - _i_ ii______„ S. 135 Z. 17ff. v. oben und die vorletzte Anmerkungszeile verkehrt gedruckt

Diese phänomenologische Umschreibung der Symbolbedeutung s. 142 Z. 16 v. oben: individuation statt Individualisten

erfährt ihre Ergänzung durch eine ontologische (118ff.). Der s. 160 z. 4 v. unten: Parmenides statt Permenides

Ontologie erschließt sich der Bedeutungsgehalt des Symbols als s.' 230 1.13 v! unten' mtßVs' Hartmann, w. und s. 231 Lindner statt Linder

das „Sein-Selbst", als „Seinsgrund", der als Grund auch unseres heißen.

Seins über unser Sein oder Nichtsein entscheidet. Mainz Hermann Fischer

Die Grundfunktion des Symbols, die Vermittlung, wird in
einem gesonderten Kapitel entfaltet und an der Christologie des

„Neuen Seins" erläutert (139ff.). Auf diese Weise ergibt sich PRAKTISCHE THEOLOGTE

in nuce eine Interpretation der Tillichschen Christologie. Die

Darstellung des Analogiegedankens bei Tillich, die Gemeinsam- Müller-Schwefe, Hans-Rudolf: Die Lehre von der Vef

keiten und Unterschiede zur katholischen Lehre von der Ana- kündigung. Das Wort und die Wirklichkeit. Hamburg: Furche-

logia entis beleuchtet, beschließt die eigentliche Interpretation. Verlag [1965]. 295 S. 8° = Homiletik v. H.-R. Müller-Schwefe,

Der 3. und letzte Teil bringt die Beurteilung und Kritik lw dm 28.-.
der Symboltheologie Tillichs durch den Verf. (183-228). An der

Gottes- und Schöpfungslehre, der Christologie, dem Verständnis Der Verf. entfaltet seine Homiletik im umfangreichen Unter-

von Kreuz und Auferstehung, Glaube und Rechtfertigung wird nehmen eines dreibändigen Werkes. Der erste, 1961 erschie-

die Leistungsfähigkeit der Tillichschen Gedanken für die Christ- nene Band „Die Sprache und das Wort" war bemüht, eine

liehe Theologie untersucht. Unter dem Aspekt von Ontologie eigene sprachtheologische fFundierung des Vcrkündigungsauf-

und Personalismus einerseits, Ontologie und Geschichte ande- träges zu entwickeln; in Auseinandersetzung mit den Sprach-

rerseits erhält der Ertrag der kritischen Einwände die zusam-. theorien unserer Zeit und in Ausrichtung auf das unsere Pre-

menfassende Formulierung. Eine durchgängige Breite der Argu- digt betreffende Sprachereignis der biblischen Offenbarung-

mentation, nicht frei von Wiederholungen, ist, wie in dem (Vgl. dazu H. Urner in der ThLZ 88, 1963, Sp. 698ff.). Der

ganzen Buch, so auch hier zu beobachten. zweite, hier zu besprechende Band untersucht das Wesen der

Der Grundgedanke der Kritik lautet zusammengefaßt, daß Verkündigung in ihren Beziehungen zur „Auslegung" und zur

die Verbindung von Ontologie und Personalismus letztlich nicht „Wirklichkeit". Der dritte für 1967 in Aussicht gestellte Band