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Ausgabe:

1967

Spalte:

823-824

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Walker, Rolf

Titel/Untertitel:

Studie zu Römer 13, 1-7 1967

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Seite 1

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fassers hervorgehoben werden, und zwar seine wichtigen Ausführungen
zu Kap. 5-8.

Das Grundprinzip der paulinischen Theologie liegt, dem Verfasser
zufolge, in der Erfahrung des Heiligen Geistes. Diese fundamentale
Bedeutung des Geistes tritt auch im Römerbrief klar
zutage. Dies wird besonders in Kap. 5-8 ersichtlich. Schon in
5:1-5 sind Rechtfertigung und Geistesbesitz eng miteinander
verknüpft. Das heißt, daß die Rechtfertigung bei Paulus nicht
nur eine forensische Gerechtsprechung sein kann. Sie ist mit der
Gabe des Geistes verbunden. Die Gerechtfertigten sind somit in
eine neue Lage gekommen. Sie sind gerechtfertigt und geheiligt
. Sie sind real in Verbindung mit der Liebestat Gottes in
Christo versetzt. Dies ist grundlegend in der Taufe geschehen.
Durch die Taufe (die mit den hellenistischen Mysterienhandlungen
nichts zu tun hat) wurde der Mensch dem Heilsgeschehen
eingegliedert. Er wurde in den Tod Christi hineingetauft (6:3),
um in der Neuheit des Lebens wandeln zu können. Das bedeutet
, daß er sakramental der Sünde und den Unheilmächten starb
und in die Sphäre des Christuslebens (d. h. in die Kirche) versetzt
wurde. Dieses Leben in der Kirche ist eine Vorwegnahme
des künftigen Auferstehungslebens. Es ist somit vom Heiligen
Geist beherrscht. Denn der Geist ist eine eschatologische Gabe,
die vom erhöhten K y r i o s ausgeht.

Wenn vom Getauften gesagt wird, daß er in der Neuheit des
Lebens wandeln soll, deutet dies an, daß der Geist als das Prinzip
einer neuen Ethik aufgefaßt wird. Dies ist schon aus dem
Taufkapitel (6) ersichtlich. Es geht auch aus Kap. 7 hervor. Das
Gestorbensein dem Gesetz „durch den Leib Christi" (7:4) ist im
Taufgeschehen gegründet. Von der Christuswirklichkeit her wird
es nun offenbar, daß das Gesetz zwar eine pneumatische Natur
hat (Rom. 7:14), daß es aber unfähig ist, das Heil des fleischlichen
Menschen zu bewirken und ihn zu einem Leben nach dem
Willen Gottes zu führen. Der Geist allein kann ein solches gottgefälliges
Leben schaffen und damit die neue Gerechtigkeit des
Getauften offenbaren (Kap. 8).

Der Verfasser hebt somit den Geistgedanken als Hauptprinzip
der paulinischen Theologie (und des Römerbriefes) hervor.
Er ist eng mit der Rechtfertigungslehre verbunden. Und die
Frage erhebt sich nun, welche Bedeutung dann dem Glauben zukommt
. Der Verfasser antwortet, daß der Glaube selbst zur Wirklichkeit
der Gottesgerechtigkeit gehört. Er enthält zwar ein aktives
Moment menschlicher Lebendigkeit (Entscheidung und Gehorsam
), aber er ist doch zuerst „Leben Gottes im Menschen,
Werk des Gottesgeistes, Ergriffensem durch Gott".

Oslo Edvin Lorsson

Walker, Rolf: Studie zu Rom. 13, 1-7. München: Chr. Kaiser
1966. 58 S. 8° = Theologische Existenz heute, hrsg. v. K. G.
Steck u. G. Eichholz, N. F. 132. DM 6.70.

Die mit Engagement und Temperament geschriebene Studie
polemisiert in vielfältiger Weise, mannigfach gewiß mit Grund,
gegen Auslegungen von Rom. 13, 1-7 von der alten Kirche bis
zur Gegenwart; unerwähnt bleibt die zuletzt von Cullmann vertretene
Beziehung auf die Engelmächte.

Rom. 13, 1-7 ist nach W. durchaus zu distanzieren von den
„Gehorsamsparänesen" der nichtpaulinischen Briefe (15; es wäre
interessant, wenn das etwa in einem Vergleich mit 1. Petr. 2, 13 f.
durchgeführt würde). Paulus denkt nicht ordnungs- bzw. schöp-
fungstheologisch, sondern geschichtsfheologiisch (20 usw.). Er
spricht nicht von Obrigkeiten, staatlichen Instanzen usw., sondern
von ,,politische(n) Gewalten . . , sofern sie faktische (Über-)
Mächte sind" (21 usf.), von der „konkrete(n) Exusie", die selber
„die geschichtliche Präsenz" des Willens Cottes ist (24, zu V. 2a).
Wie immer sich die Mächte selbst verstehen mögen - „objektiv
und realiter treiben sie das Werk Gottes" (28, zu V. 3a). Darum
ist der Widerstand gegen die „(Über-)Macht" verwehrt (15.19.21).
In der Identität der Exusie mit ihrem Herrn (43) vollstreckt sie
sein eschätologisches Zorn-Gericht (41.45, zu V. 4b). Sie ist 9">'/?°f
= „Verderbensmacht Gottes für den, der das Böse tut" (V. 3a);
das Böse nicht im sittlichen Sinn, sondern innerhalb der Kategorien
des göttlichen Gerichtshandelns (31), „nicht nach dem Maßstab
der iustitia civilis", sondern nach dem Gottes, vgl. Rom.

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1, 28-31 (33f.; kann man - s. Rom. 1, 28-31 - für Rom. 13,
1-7 so entgegensetzen?). Andererseits wird die Exusie für den
Charismatiker „kraft des Guten, das er tut, zum mirum instru-
mentum seines Heils" („zum Guten" meint das eschatologisch
Gute; 37-39). Paulus wendet stich nämlich insbesondere in V.
3b-7 an den Charismatiker, um dessentwillen aber auch schon
V. l-3a geschrieben sind. Auch dieser „hat sich den Gewalten
zu unterwerfen" (34); er verwirklicht seine Freiheit im Vollzug
der Liebe - diese ist mit dem guten Werk gemeint (34 f.).

Manche m. E. überschärften Formulierungen - sie konnten
hier nur z. T. zur Geltung gebracht werden - könnten durch die
Antithesen W.s veranlaßt sein; jedenfalls legt er offenbar auf
die zugespitzten Sätze Wert. Darf man sie einklammern, so ist
es, auf das Ganze gesehen, verdienstlich, daß W. sich um ein
Verständnis der Aussagen von Rom. 13, 1-7 als spezifisch Pau-
linischer neu bemüht - manches sähe man freilich gern spezieller
begründet -; bestimmten Interpretationen - auch das konnte
hier nicht im einzelnen angemerkt werden - ist ohne Frage
zuzustimmen.

Halle/Saale Gerhard Delling

Soisalon Soininen, Ilmari: Die Infinitive in der Sep-
tuaginta. Helsinki: Suomalainen Tiedeakatemia 1965. 229 S.
gr. 8° = Suomalaine Tiedeakatemian Toimituiksia. Annales
Academiae Scientiarum Fennicae. Serie B, Tom. 132, 1. Fmk.
32.-.

Die voiliegende Arbeit bietet einen grundlegenden Beitrag
zu der wenig erforschten Syntax der LXX. Anders als bei der
Laut- und Formenlehre geht es hier nicht um ein im wesentlichen
innergriechisches Problem der Koine, auch nicht um einzelne
Hebraismen oder Semitismen, sondern um die grundsätzliche
Frage, wie weit die Syntax der griech. Übersetzung im Bereich
der Verwendung des Infinitivs durch die hebr. Grundlage
beeinflußt worden ist. Die Unterschiede im Gebrauch des st.
constr. in den einzelnen Büchern des hebr. AT müssen festgestellt
werden, um die Übersetzungstechnik der LXX beurteilen
zu können. Die Infinitive der LXX, die keine hebr. Grundlage
haben, weil es sich um freie Wiedergaben handelt oder weil der
HT fehlt, werden besonders untersucht. So zeigt sich der Unterschied
des Übersetzungsgriechisch von der eigenständigen griech.
Formulierung, wie auch die einzelnen Bücher des AT durch wortgetreue
Übersetzung oder freiere Wiedergabe sich unterscheiden.
Die Infinitive werden im Praesenz (durativ) oder im Aorist (akut)
oft willkürlich verwendet. Futur und Perfekt sind selten. In der
Wortfolge passen sich die Übersetzer meist ohne Schwierigkeiten
dem Hebräischen an und prägen damit den eigenartigen Stil
der griech. Übersetzung. Überall ist wohl das Bemühen zu spüren
, den hl. Text möglichst wörtlich wiederzugeben. Nur in bestimmten
Fällen ist freiere Wiedergabe üblich geworden, die
sonst in allen Büchern die Ausnahme bildet. Jedenfalls folgen
die Übersetzer keinem festen Schema und keiner bestimmten
Methode. Manche Formulierungen scheinen auf Hilflosigkeit zu
beruhen, wenn auch anderseits freie Wiedergaben hier oder da
einen feinen Sprachsinn verraten. Mit diesen Feststellungen findet
Sich weithin die bisherige Beurteilung der LXX bestätigt.
Das ist um so höher einzuschätzen, als hier ein in sich geschlossenes
, fest abzugrenzendes syntaktisches Material sorgfältig systematisch
und methodisch durchgearbeitet ist. Weiterhin werden
die Lesarten der verschiedenen Handschriften verglichen.
Dabei ergibt sich, daß zwar in einigen ein besseres Griechisch
angestrebt wird, daß aber gewöhnlich die Änderung eine bessere
, genauere Wiedergabe des HT bezweckt. Die Frage, ob und
inwieweit verschiedene Übersetzer an den einzelnen Büchern gearbeitet
haben, wird ebenfalls aufgenommen. Der Verfasser bleibt
aber gegenüber früheren Ergebnissen (vgl. meine Besprechung
von J. Herrmann und F. Baumgärtel, Beiträge zur Entstehungsgeschichte
der LXX. 1923, in: DLZ NF 2 (1925) 705-709) skeptisch
und behandelt daher in den statistischen Tabellen, die eine
klare Übersicht über den verarbeiteten Stoff ermöglichen, die
Bücher des AT je als eine Einheit. Deutlich wird auch, daß sich
das Übersetzungsgriechisch der kanonischen Bücher von der
Sprache der griechisch konzipierten Apokryphen abhebt. Zu entsprechenden
Ergebnissen kommt die kurze Behandlung der drei

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 11