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Ausgabe:

1967

Spalte:

821-822

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Maier, Friedrich Wilhelm

Titel/Untertitel:

Jesus - Lehrer der Gottesherrschaft 1967

Rezensent:

Strecker, Georg

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Seite 1

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aber präzise Diktion und die reichliche Verwendung von Abkürzungen
(6 Seiten Abkürzungsverzeichnis!), die freilich dem
Benutzer ein großes Maß von Konzentration abverlangen. Gelegentlich
glaubt man eher ein Nachschlagewerk vor sich zu haben
, als ein Elementarlehrbuch. Auf die Frage, ob die vorliegende
Grammatik einem Hebräisch-Lernenden, einem Anfänger
in die Hand gegeben werden kann, wird die Antwort nicht einhellig
sein. Für den Fortgeschrittenen und insbesondere für den
Hebräisch-Lernenden, für den Fachgenossen, ja für jeden, der
mit hebräischen Texten umzugehen hat, ist sie unentbehrlich.
Das gilt - soviel kann man jetzt schon sehen - für die dritte
Auflage in noch stärkerem Maße als für die zweite.

Leipzig Siegfried Wagner

NEUES TESTAMENT

M a i e r. Friedlich Wilhelm: Jesus - Lehrer der Gottesherr-
schafl. Würzburg: Echter-Verlag [19651. 190 S. gr. 3°. Lw.
DM 24,-.

Friedlich Wilhelm Maier (1883-1957) zählt zu den katholischen
Neutestamentlern, die am Anfang dieses Jahrhunderts in
die Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der Kirche
und der historischen Kritik hineingezogen wurden. Sein Kommentar
über die synoptischen Evangelien, in dem er die Ergebnisse
der Zwei-Quellentheorie übernahm, mußte nach Ausgabe
der zweiten Lieferung im Jahr 1912 das Erscheinen einstellen.
Nach Jahren als Militärgeistlicher und als Strafanstaltspfarrer
wurde er 1924 nach Breslau, 1945 nach München berufen und
hat dann seine Arbeitskraft fast ausschließlich der akademischen
Lehrtätigkeit gewidmet. Die Liste seiner Veröffentlichungen ist
nur kurz; es scheint fast ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit
zu sein, daß nun sein wissenschaftlicher Nachlaß zugänglich
gemacht wird. Aber es fragt sich, inwieweit dem Andenken seiner
Person, ohne die, wie der Herausgeber meint, „vieles in
der heutigen Kirdie nicht so klar gesehen und deutlich ausgesprochen
werden könnte" (S. 13), durch die Veröffentlichung
des hier vorliegenden nachgelassenen Manuskriptes wirklich ein
Dienst erwiesen wurde.

Der Verfasser zeichnet in einem einleitenden Abschnitt Jesus
als Lehrer, der gegenüber den jüdischen Schriftgelehrten „in
der eigenen Machtvollkommenheit (steht), . . . wie sie ihm seine
himmlische Stellung als Messias verleiht" (S. 17). Anschaulichkeit
und Unbcdingthcit charakterisieren Jesu Lehre; „neben
der hinreißenden Gewalt der großen Themen seiner Verkündigung
, neben seiner Milde und Nachsicht gegenüber den Schwächen
und Gebrechen seines Volkes . . . verdankt Jesus einen
großen Teil seiner Erfolge ... als Lehrer der Tatsache, daß er
ein auf religiösem Gebiet unerreichter Meister des Wortes, einer
eindrucksmächtigen, faszinierenden Sprache war" (S. 23) - so
unerschrocken psychologisierend hat man seit langem nicht -
auch im katholischen Lager nicht - die Verkündigung Jesu verstehen
wollen. Sollte dem Verfasser unbekannt geblieben sein,
daß eine psychologische Argumentation den Zugang zum theologischen
Gehalt der Verkündigung Jesu selbst dann verstellen
muß, wenn sie sich durch historische Erwägungen legitimieren
ließe?

Aber man würde dem Verfasser Unrecht tun, wollte man
seine Jesusinterpretation allein auf das Gleis einer unfruchtbaren
Psychologisierung abschieben. Die Hauptteile des Buches
bringen eine Reihe von erwägenswerten Beobachtungen. In dem
Abschnitt „Die Predigt vom Gottesreich" (Tl. I, S. 25-98) versucht
Verfasser zum Beispiel die Besonderheit der Heilspredigt
Jesu in Differenzierung zur jüdischen Apokalyptik und zur Täuferpredigt
herauszuarbeiten (S. 43ff.); weiterführende Erwägungen
finden sich bei der Behandlung des Winzergleichnisses (Mt.
2l,33ff.; S. 73ff.); nicht unglücklich werden auch die Begriffe
-Reich Gottes" und „Reich des Menschensohnes", bzw. „Reich
Gottes" und „Kirche" voneinander abgegrenzt, und mit Recht ist
der Unterschied zwischen dem [Herrschaftsbereich des Menschensohnes
und dem Umfang der Kirche für die synoptische
Tradition erkannt (S. 82f.). Beachtlich ist auch im nächsten Abschnitt
über „Die Forderungen der Gottesherrschaft" (Tl. II,
S. 99-140), wie Verf. - wenn auch unter stark apologetischem

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Vorzeichen - das Doppelgebot der Liebe als wesentlichen Inhalt
der Verkündigung Jesu gegenüber alttestamentlichen, hellenistisch
-jüdischen und rabbinischen Parallelen zu interpretieren
sucht (vgl. bes. den Exkurs S. 130-135).

Weniger Anlaß, Beifall zu spenden, bietet jedoch der letzte,
unvollendet gebliebene Abschnitt (Tl. III: „Selbstoffenbarung
des Menschensohnes", S. 141-187). Der Verfasser versucht nicht
nur das messianische Selbstbewußtsein Jesu als historisch nachzuweisen
, sondern er glaubt auch eine Entwicklung der Selbstoffenbarung
Jesu feststellen zu können. Vor allem nach dem
Petrusbekenntnis bei Caesarea Philippi habe Jesus sich der
„doch mehr verhüllenden Menschensohn-Mcssias-Bezeichnung
bedient, um die Aufmerksamkeit auf seine Person und ihre
Bedeutung zu lenken, ohne das Geheimnis selbst der Straße
preiszugeben" (S. 154). Es ist dann auch nur konsequent, daß
die Untersuchung der Texte vom Leiden und Sterben des Menschensohnes
zu dem Ergebnis führt, Jesus habe seinen Tod
vorausgewußt, vorhergesagt und als Heilstod gedeutet (S. 158ff.).

Hier zeigt sich offenkundig, was für das Werk insgesamt zu
konstatieren ist: Methodologisch steht das Buch auf einem
Standort, der allenfalls zu Anfang dieses Jahrhunderts akzeptabel
war. Weder haben Wredes kritische Ausführungen zur
psychologisierenden Markusinterpretation Spuren hinterlassen -
sie machen unmöglich, das Petrusbekenntnis als Wendepunkt
der Geschichte Jesu zu verstehen -, noch die auf Wredes Arbeiten
aufbauenden Ergebnisse der formgeschichtlichen Methode
, die die hervorragende Rolle der urchristlichen Gemeindetheologie
bei der Gestaltung und Formung des Oberlieferungsgutes
nachgewiesen haben dürfte. Nicht realisiert ist auch die notwendige
Unterscheidung zwischen der Redaktionsarbeit der Evangelisten
und der älteren Jesustradition (Ausnahmen: S. 75 Anm.
14 zu Mt. 21,43; S. 145 Anm. 3: eine zu vorsichtige Umschreibung
des Problems!), deren Berücksichtigung zu anderen Urteilen
über die Möglichkeiten der Rekonstruktion der Verkündigung
Jesu geführt haben würde (vgl. z. B. S. 33: der fmatthäisrhe)
Missionsbefehl in Mt. 28 gilt als Beweis für die „Entnationali-
sierungs'-Tendenz in der Verkündigung Jesu; S. 43: Texte aus
dem Johannesevangelium sollen das Himmlisch-Jenseitige im
Gottesreich-Verständnis Jesu belegen!).

Daher legt man dieses Buch mit zwiespältigen Gefühlen aus
der Hand; denn gewiß ist dankbar anzuerkennen, daß es für
spezielle Probleme der Synoptikerauslegung wertvolle Anregungen
vermittelt. Eine nennenswerte wissenschaftliche Bedeutung
wird man ihm jedoch nur als Dokument für eine durch die gemeinsamen
Anstrengungen der evangelischen und katholischen
Bibelexegese überwundene Auslegungsepoclie zugestehen können.

Bonn Georg Strecker

Schmidt, Hans Wilhelm: Der Brief des Paulus an die Römer.

Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1962]. XIV, 278 S. gr. 8° =
Theologischer Handkommentar z. Neuen Testament, hrsg. v.
E. Fascher, VI. Lw. DM 13.80.

Der vorliegende Kommentar zum Römerbrief geht von der
Voraussetzung aus, daß diese Schrift ein wirklicher Brief ist. Es
handelt sich somit nicht um einen theologischen Traktat, nicht
um eine „Denkschrift" über das Evangelium des Apostels. Paulus
schreibt freilich an eine ihm persönlich unbekannte Gemeinde
. Trotzdem hat sein Brief bestimmte Leser im Auge, er
entstammt einem besonderen Anlaß, er verfolgt einen bestimmten
praktischen Zweck. Das bedeutet, daß die Auslegung des
Briefes sowohl die Lage der Briefempfänger als auch die Situation
des Apostels berücksichtigen muß (ein Programm der Römerbriefinterpretation
, das übrigens schon von Ferd. Chr. Baur
empfohlen wurde). Der spezielle Charakter des Briefes verhindert
jedoch nicht, daß er von Anfang an Bedeutung für die ganze
Kirche gehabt hat. Denn Paulus schreibt ja als Apostel Christi.
Er bringt damit eine Botschaft, die für die Kirche als Totalität,
ja, im Grunde für die ganze Menschheit, bestimmt ist.

Es ist nicht möglich, einen Kommentar zu referieren. Hiev
sollen nur einige zentrale Momente in der Darstellung des Ver-

Thcologische Litcraturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 11