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Ausgabe:

1967

Spalte:

817-818

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Die Bibel in Deutschland 1967

Rezensent:

Melzer, Friso

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und die Abfassung folgerichtig noch in die Zeit vor dem sog.
Apostelkonzil datiert. Ein andernorts längst erschüttertes Vertrauen
zur historischen Zuverlässigkeit der Acta-Überlieferungen
trägt diese Hypothese. Den bleibenden theologischen Ertrag
sieht N. in der Erkenntnis des Paulus, da5 Glaube Freiheit bedeutet
. Ähnlich wie N. begreift auch E. Best den Römerbrief
aus seinem Zusammenhang mit der Geschichte des Urchristen-
tumsi und namentlich des Paulus. Der „größte christliche Denker"
antwortet in ihm auf die Frage, wer Glied der Kirche sein
kann und unter welchen Bedingungen. Leider fehlt eine abschließende
Interpretation der Botschaft des Römerbriefes für das
Verständnis des modernen Lesers - ein schwer begreifliches
Desiderat. Was für den Galaterbrief recht ist, sollte gerade auch
für den Römerbrief billig sein.

Leipzig Günter Haufe

Schildenberge r, Johannes, L e n t n e r, Leopold, Vogel,
Paul Heinz, u. Otto K n o c h : Die Bibel in Deutschland. Das
Wort Gottes und seine Überlieferung im deutschen Sprachraum
. Stuttgart: Kath. Bibelwerk (1966). 408 S., 15 Taf. 8°.
Lw. DM 24.-.

Das Werk, das diesem Buch vorausging, ist Wilh. Theodor
Auers „Kath. Bibelkunde", auf drei Bände berechnet, aber nur
mit dem ersten Band erschienen. Der alte Plan wurde nun von
einer Arbeitsgruppe aufgenommen und in drei Teilen in einem
Bande ausgeführt: A. Der Weg des Wortes Gottes in die Welt:
t Offenbarung und Hl. Schrift (Schildenberger, 15-107), II. Die
äußere Gestalt der Hl. Schrift (108-168); B. Gottes Wort auf
dem Wege zum deutschen Volk: I. Auf dem Wege zur Eindeutschung
(Lentncr, 170-250), II. Die deutschen Bibeldrucke (Vogel,
251-309), III. Anhang, Kath. und nicht-kath. Bibelübersetzungen
, ökumenische Ausgaben, Bibelgesellschaften; C. Kath. Bibelbewegung
(Knoch, 330- 334); D. Anmerkungen und Register.,

Teil A I entfaltet die kath. Lehre von Offenbarung und
Hl. Schrift, darunter auch die verschiedenen Offenbarungsweisen
nach Thomas von Aquin (22-27), Entstehung des Kanons,
Inspiration, Wahrheit und Sinnfülle der Hl. Schrift, schließlich
das Verhältnis von Kirche und Bibel: das wird alles sehr klar
aus der Sicht der kath. Kirche dargelegt, so daß nicht nur der
kath. Christ, sondern auch jeder Außenstehende die gewünschten
Auskünfte erhält. Teil A II führt kulturgeschichtlich durch
die alten Sprachen der biblischen Welt. Sehr wertvoll sind die
zwei Seiten Tafeln (122 f.) über den Ursprung des Alphabets
(vier Alphabete miteinander vergleichend) und archaische Alphabete
(10 Alphabete vergleichend). Es folgt eine ausführliche
Übersicht über die alten Bibelübersetzungen (145-164). Der Abschnitt
über den „Weg zum Urtext" (165-168) bespricht die
möglichen Fehlerquellen und gibt 6 textkritische Regeln.

Wichtiger ist uns jedoch, so will mir scheinen, und auch dem
Titel des Buches entsprechend, was Teil B I über den Weg der
deutschen Bibelübersetzung darstellt. Bei einer neuen Auflage
wär aber zu bedenken, ob nicht in B I in Abschnitt 2 „(Die
Bibel der Goten", 173-176) Beispiele gegeben werden könnten.
Es genügt nicht zu sagen: Wulfila „bildete auch neue Wörter
. . .". Als mögliches Beispiel wäre doch sehr lehrreich: Wulfila
bildete ga-wandjan im Sinn von „bekehren". Das einfache
Verb wandjan heißt „wenden", die Vorsilbe ga- perfektiviert
die Handlung, bezeichnet hier also ein einmaliges Wenden, und
solches ist doch die Bekehrung. Das Buch gibt überhaupt eine
Überfülle von historischem Stoff bloßer Daten, sollte aber mehr
Anschauung bieten. Immerhin ist hoch anzurechnen, daß auch
solche Aussagen gewagt werden wie: „Die katholischen Zeitgenossen
mußten trotz ihrer Abneigung gegenüber den Goten
feststellen, daß bei diesen eine eifrigere Beschäftigung mit der
Bibel und ein größeres Interesse dafür vorherrsche als bei ihnen,
die sich als rechtgläubige Christen fühlten" (175). Auf dem Weg
durch das Mittelalter wird mit großer Aufmerksamkeit verzeichnet
, was sich an Handschriften fand, welche Möglichkeiten es
Sab, sich mit der Bibel zu befassen. In diesen Kapiteln (z. B.
-Der Laie und die Bibel", 218-230) wird viel Wissenswertes zusammengetragen
, wie überhaupt dieser historische Teil eins
Fülle von Tatsachen bietet.

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In B II („Die deutschen Bibeldrucke") wird natürlich auch
Luthers Leistung dargestellt, leider nur auf zwei Seiten (257-
259). Das ist jedoch viel zu kurz. Wohl wird zwar mitgeteilt:
„Luthers Übersetzung war ein ganz gewaltiger Fortschritt gegenüber
den früheren ziemlich unbeholfenen, weil zu wortgetreuen
Übersetzungen. Luther war ein Meister der Sprache..."
(258). Nun sollten aber Beispiele gegeben weiden, sonst dringt
solche unanschauliche Aussage nicht ins Bewußtsein ein. Es
sollte etwas von dem dargeboten werden, was das Lesebuch
der Obersekunda des Gymnasiums bietet. Das gehört doch zur
literarhistorischen Bildung und hat nichts mit „Konfession" zu
tun. Luthers Leistung steht unbestritten und unbestreitbar in
ihrer Einzigkeit da!

Im Folgenden erhält der Leser einen wohl lückenlosen Bericht
über alle kath. Bibelausgaben durch die Jahrhunderte bis
zur Gegenwart. Es ist recht, daß Otto Karrers sprachliche und
theologische Leistung hervorgehoben wird (303).

Erfreulich ist, daß in B III auch die Übersetzungen auf den
Missionsfeldern angeführt werden. Da liest man, daß in Indien
in Malayalam „schon 1872 und 1881 einige Biblische Geschichten
veröffentlicht" wurden, denen 1905 die Evangelien und
die Apostelgeschichte folgten (316). Es wird aber nicht gesagt,
daß die kath. Mission bereits seit Anfang des 17. Jahrhunderts
in Südindien tätig ist (Roberto de Nobili S. J., geb. 1577, seit
1605 in Südindien). Ich habe auch mit dieser Evangelien-Ausgabe
zu tun gehabt, als ich 1935-1940 in Indien arbeitete, fand
aber, daß zuviele Anmerkungen den Text schier erdrückten. In
den ev. Missionen ist es üblich, daß die erste Generation der
Missionare sich an die Übersetzung zum mindesten eines Evangeliums
macht, hier aber kommt solch eine Unternehmung erst
mehr als 250 Jahre später. Nun aber ist sie gekommen. In unserer
Zeit tut sich Neues im Bereich des Katholizismus, und darüber
freuen wir uns von Herzen. Im Blick auf die ev. Bibelübersetzungen
wird ehrlich zugestanden: was die kath. Bibelverbreitung
bisher getan hat, „ist gering im Verhältnis zu dem,
was unsere getrennten Brüder geleistet haben" (319). Möchte
die ausgedehnte ev. Arbeit dazu anspornen, daß ihr entsprechende
katholische Bemühung folgt, mehr noch, daß beide Bekenntnisse
zusammen arbeiten und jeweils eine gemeinsame
Übersetzung herausbringen! Anfänge dazu geschehen in unserer
Zeit, ein verheißungsvolles Zeichen.

Geislingen/Steige Frljo M e I z e r

ALTES TESTAMENT

The Annual of Leeds University Oriental Society. Ed.: J. Macdonald
, Vol. V, 1963-1965. Leiden: Brill 1966. VI, 140 S.4
2 Taf., gr. 8° = Leeds University Oriental Society, hfl. 36.-

Auf Vol. IV dieses Annual, der in ThLZ 91. 1966, Sp. 737 f.
besprochen worden ist, folgt jetzt Vol. V. Eröffnet wird er durch
„Editorial" (S. 1-3) und durch eine Würdigung des am 30. Nov.
1965 im Alter von 77 Jahren gestorbenen Alttestamentlers und
Arabisten Alfred Guillaume durch F. F. Bruce (S. 4-5). Dann
folgen sieben Aufsätze. F. F. Bruce, Herod Antipas, Tetrarch,
of Galilee and Peraea (S. 6-23), zeichnet von diesem Fürsten
auf Grund nicht nur des Josephus, des Neuen Testaments und
anderer längst bekannter Quellen, sondern auch neuer Funde
wie der 1961 in Caesarea aufgetauchten lateinischen Inschrift,
die Pilatus als praefectus bezeichnet, ein eindrucksvolles Bild.
J. C. L. Gibson, From Qumran to Edessa: or The Aramaic
Speaking Church before and after 70 A.D. (S. 24-39) zeigt eine
von der aramäisch sprechenden Kirche der zweiten Hälfte des
1. Jahrhunderts n. Chr. zu der Qumran-Sekte führende Linie
auf, wobei besonders der beide Größen beherrschende Bundesgedanke
hervorgehoben wird. J. S. Harris, The Stones of
the High Priest's Breastplate (S. 40-58) bestimmt die zwölf Edelsteine
, die sich nach Ex 28, 17-20 ; 39, 10-13 auf dem Brustschild
des Hohenpriesters befanden, und diesem Aufsatz folgt
als „Additional Note by the Editor" (S. 59-62) ein Hinweis auf

Theologische Litcraturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 11