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Ausgabe:

1967

Spalte:

816-817

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Packer, John W.

Titel/Untertitel:

Acts of the apostles 1967

Rezensent:

Haufe, Günter

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denchristliche Normalevangelium im Stile von Hebr. 5, 12-6, 2
gepredigt hat. - Ulrich Wilckens müht sich, den von Vielhauer
und anderen zwischen Lukas und Paulus aufgerissenen
Graben wieder sorgfältig zuzuschütten (60-83). Unvereinbar mit
Lukas ist nur der existentialistisch interpretierte Paulus, nicht jedoch
der historische Paulus, der die heilsgeschichtliche Konzeption
des Lukas zumindest ansatzweise im Rahmen seiner apokalyptisch
geprägten Geschichtsschau enthält. - Henry J. C a d
b u r y untersucht vier Eigentümlichkeiten des lukanischen Stiles,
von denen je zwei gegensätzlicher Natur zu sein scheinen: Wiederholung
und Variation der Sache, Streuung und Konzentration
der Begriffe (87-102). - A. F. J. K1 i j n befaßt sich mit der
Frage nach dem Urtext der Acta (103-110). Die gegenwärtig akzeptierte
„eklektische Methode" der Textkritik führt zu einer
chaotischen Vielfalt der Meinungen, der der Verf. mit dem Vorschlag
gezielter Team-Arbeit begegnen möchte. - Paul S. Mi-
n e a r versucht, anhand verschiedener stilistischer und thematischer
Gemeinsamkeiten die enge Zusammengehörigkeit der lukanischen
Geburtsgeschichten mit dem lukanischen Gesamtwerk
nachzuweisen (111-130). Da Conzelmann sie übergeht, muß seine
Interpretation der lukanischen Theologie zu Fehlurteilen gelangen
. Leider unterläßt es M., seine interessanten Aufstellungen
durch präzise quellenkritische und redaktionsgeschichtliche
Schlußfolgerungen abzurunden. - William C. Robinson analysiert
den Abschnitt Lk. 8, 4-21 auf seine lukanischen Eigentümlichkeiten
hin, wobei er zu dem Ergebnis kommt, daß Lukas
ihn streng auf die Predigt der Kirche bezogen wissen will (131
bis 138). - Nils A. Dahl untersucht die spezifisch lukanische
Rezeption der Abrahamsgeschichte (139-158). Lukas und nur er
bringt die gemeinchristliche Vorstellung von Abraham als Träger
der in Christus erfüllten und durch die Apostel zu den Heiden
gebrachten Verheißung in Form eines geschichtlichen Berichtes
zur Geltung, der die Rekapitulation der alttestamentlichen
Geschichte unter dem Gesichtspunkt fortschreitender Verheißung
und Erfüllung einschließt. - C. F. D. M o u 1 e vergleicht die
christologischen Aussagen der Acta sowohl untereinander als
auch mit denen des Evangeliums und anderer neutestamentlicher
Schriften (159-185). Sein Ergebnis: die vorhandenen Unterschiede
stellen nur situationsbedingte Variationen dar, belegen
aber nicht eine unüberbrückbare Diskrepanz. - Eduard Schweizer
verfolgt die vorchristliche Geschichte der Interpretation von
Ps. 2, 7, um von daher die Deutung auf das Ostergeschehen in
Act. 13, 33 ff. neu zu beleuchten (186-193). - Günther Bornkamm
beschäftigt sich mit der Missionspraxis des Paulus nach
1. Kor. 9 und der Acta-Darstellung (194-207). Was Lukas auch
hier von Paulus trennt, ist die Preisgabe der Idee der Rechtfertigung
zugunsten der Idee der Heilsgcschichte. Im einzelnen hat
der Bericht Act. 21, 17-26 als historisch zuverlässig zu gelten,
nicht jedoch Act. 16, 3 und 18, 18. Die 1. Kor. 9 proklamierte
Freiheit hat auch für Paulus ihre Grenzen. - In einem zweiten
Aufsatz gibt Eduard Schweizer im Anschluß an M. Dibelius
eine Analyse der Acta-Reden, die neben der Uniformität auch die
vorhandenen Unterschiede heraushebt (208-216). Lehrreich ist
die Beobachtung, daß in Reden vor einem heidnischen Publikum
das christologische Kerygma durch das theologische ersetzt wird.
- Hans Conzelmann analysiert die Areopagrcde des Paulus
(217-230). Als rein literarisches Produkt enthält sie zwar
traditionelle jüdische und griechische Elemente, verrät aber mit
ihrer thematischen Dreiteilung (Gott und Welt, Gort und Menschheit
, Gott und das Individuum) typisch lukanische Technik. -
Joseph A. Fitzmyer unternimmt es, die Darstellung des Judenchristentums
in den Acta nach qumranischen Parallelen zu
befragen (233-257). Das Ergebnis ist mager. Verwandtschaft
zwischen Qumran und Urgemeinde besteht mit einiger Wahrscheinlichkeit
nur bei dem absoluten Gebrauch des Begriffes
„der Weg", bei dem sog. Kommunismus, bei der Verwendung
des Loses Act. 1, 26 und bei der aktualisierenden Interpretation
des Alten Testaments, kaum dagegen bei der organisatorischen
Struktur und den Mahlzeiten der Urgemeinde. - Ernst Haenchen
referiert in bekannter Weise über den zweifelhaften historischen
Wert der Acta für die Geschichte des Urchristentums (258 -278).
Kritische Vergleiche mit genuin paulinischen Aussagen sowie
zahlreiche stilistische Beobachtungen innerhalb der Acta begrün-

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den seine Skepsis. - John K n o x geht der Frage nach, weshalb
Lukas für seine Acta-Darstellung nicht expressis verbis pauli-
nische Briefe heranzieht (279-287). Seine Hypothese: Lukas
kennt zwar das Corpus Paulinum, ignoriert es aber bewußt, da
er bereits negativ auf seinen frühmarcionitischen Gebrauch reagiert
. - Ernst K ä s e m a n vergleicht die Acta mit dem nach-
paulinischen Epheserbrief hinsichtlich gemeinsamer „frühkatholischer
" Züge (288-297). Er sieht diese namentlich im gleichen
Verhältnis zur Tradition., in der theologischen Hochspielung der
Ekklesiologie, im Schweigen über die Häresie, im Hervortreten
der christlichen Familie, in der Betonung des heilsgeschichtlichen
Ansatzes mit seiner Eingliederung der Heidenchristen in das
Gottesvolk. - Hans Conzelmann bemüht sich abschließend
noch einmal um die wohl wichtigste Aufgabe der künftigen Forschung
, um die Einordnung des lukanischen Schrifttums in die
Entwicklung des frühen Christentums (298-316). Die Zuweisung
des Lukas an die Generation Justins wird mit guten Gründen
abgelehnt, dagegen das Lk. 1, 1-4 bezeugte Bewußtsein, der dritten
Generation anzugehören, betont. 1. Clem. 42 bietet dazu die
nächste Parallele I Auch C. rechnet mit der Möglichkeit, daß Lukas
das Corpus Paulinium bewußt ignoriert. Lukas schreibt im
Übergang vom ersten zum zweiten Jahrhundert, da die „dritte
Generation" die Idee des „apostolischen Zeitalters" konzipiert.

Leipzig Günter Haufe

BIBEL WISSENSCHAFT

The Cambridge Bible Commentary. New English
Bible. General Editors: Ackroyd, P. R., Leaney, A. R. C,
J. W. Packer. - The Acts of the Apostles. Commentary by
J. W. Packer. X, 233 S. m. Abb. 9 s. 6 d. - The Pastoral
Letters. Commentary on the first and second Letters to
Timothy and the Letter to Titus by A. T. Hanso n. VII,
125 S., 1 Kte. 8 s. 6d. - The Letters of Peter and Jude.
A Commentary on the first Letter of Peter, a Letter of Jude
and the second Letter of Peter by A. R. C. L e a n e y. VII,
144 S. Lw. 17 s. 6 d. - The Letter of Paul to the Galatians.
Commentary by W. N e i 1. VII, 96 S., 1 Kte. 17 s. 6 d. -
The Letters of Paul to the Romans. Commentary by E. Best.
VII, 184 S., 1 Kte. 17 s. 6 d. London: Cambridge University
Press 1966/67. 8°.

Auf fünf weitere Bände der neuen englischen Kommentarreihe
kann hingewiesen werden (vgl. ThLZ 90, Sp. 683, u.
ThLZ 91, Sp. 657f.). Noch deutlicher als die bisher erschienenen
Bände zeigen sie, daß die Verfasser weder theologisch noch
technisch nach vorgegebenen gemeinsamen Richtlinien gearbeitet
haben. J. W. Packer stellt zwar Überlegungen zu den leitenden
Themen und den verarbeiteten Traditionen der Acta an, unterläßt
es aber völlig, den Leser mit kritischen Rückfragen an die
Überlieferung und mit der selbständigen schriftstellerischen und
theologischen Leistung des Verfassers bekannt zu machen. Lehrreiches
Anschauungsmaterial an Landkarten, Lageplänen und
Zeittafeln vermag diesen Mangel nicht auszugleichen. A. T.
Hanson datiert die Entstehung der Pastoralbriefe mit guten
Gründen in den Anfang des zweiten Jahrhunderts, verficht aber
zugleich die im angelsächsischen Raum beliebte Hypothese, daß
der Autor an einigen Stellen Fragmente aus echten Paulusbriefen
eingearbeitet habe. Für 1. Petr. bestreitet A. R. C. Leaney
in überzeugender Argumentation die petrinische Verfasserschaft,
indem er gleichzeitig die Schrift als eine zu einem Brief erweiterte
Predigt aus dem beginnenden zweiten Jahrhundert verstehen
lehrt. Der Verf. des 2. Petr. hat nach L. den Judasbrief
in ähnlich selbständiger Weise verarbeitet wie Matthäus das
Markusevangelium. Als verbindendes Thema der drei Briefe
wird abschließend die christliche Parusiehoffnung herausgestellt,
deren buchstäblichen Sinn freilich der moderne Mensch nicht
mehr zu akzeptieren vermag. W. Neil stellt den Galaterbrief in
die urchristliche Missions- und Theologiegeschichte hinein, wobei
er die Adressaten in den südgalatischen Gemeinden sucht

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 11