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Ausgabe:

1967

Spalte:

786-789

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Holte, Ragnar

Titel/Untertitel:

Die Vermittlungstheologie 1967

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 10

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winn. Es ist ebenso persönlich, wie intellektuell unabhängig.
Das ausführliche Inhaltsverzeichnis Armin Wildermuths bedeutet
eine Hilfe für die Lektüre, kann jedoch das sehr fehlende
Sachregister nicht ersetzen.

Osnabrück Günter Freudenberg

Haubst, Rudolf [Hrsg.]: Das Cusanus-Jubiläum in Bernkastel-
Kues vom 8. bis 12. August 1964. Die Wissenschaftlichen Referate
. Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag 1964. 450 S., 14 Taf.
8° — Mitteilungen u. Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesell-
schaft. 4. Kart. DM 35.-; Lw. DM 38.-.
Redigiert wurde das Werk im Cusanus-Institut der Johannes-
Gutenberg-Universität in Mainz. Es enthält die wissenschaftlichen
Referate, die während der Jubiläums-Veranstaltung vom 8. bis
12. August 1964 in Bernkastel-Kues gehalten wurden. Ein Dutzend
bislang kaum erreichbare Bildtafeln vermehren den Reichtum
des Buches.

Nicht nur der Inhalt der Beiträge, sondern der festliche Rahmen
, der sie umgab, gibt dieser Veröffentlichung ein besonders
einmaliges Gepräge. Die Reihenfolge entspricht dem Nacheinander
der Darbietungen während des Festkongresses. Ohne eine tatkräftige
Unterstützung seitens der Landesregierung von Rheinland
-Pfalz wäre das Unternehmen in der gegebenen Form nicht
möglich gewesen. Die weltweite Wirkung von Werk und Person
- fünfhundert Jahre nach seinem Tode - zeigt, daß Cusanus
eine Größe geworden ist, die längst der bloßen Zeitgeschichte
seines Erdendaseins entnommen ist. Anders ist es nicht
denkbar, dafj zu dieser Gedenkveranstaltung am Orte seiner
Kindheit nicht nur eine Fülle hervorragender deutscher Cusa-
nusverehrer anwesend waren, sondern auch solche aus vielen
anderen europäischen Ländern, ja aus den Vereinigten Staaten
und Kanada.

In den Referaten ist Allgemeines und sehr Spezielles zur
Ausführung gekommen. Verschiedene Beiträge gelten dem Leben
und öffentlichen Wirken des Kardinals, wobei der des
Aachener Archivrats Erich Meuthen besonders hervorgehoben
werden muß. In dieser Reihe steht auch das Referat, das die
Reform der Kirche und das folgende, das sich mit den cusanischen
Gedanken zur Reichsreform beschäftigt. Nur weniges aus
der Fülle kann hier namentlich erwähnt werden. Einer der Beiträge
aus dem Umkreis „Nikolaus von Kues in der Geistesgeschichte
" konfrontiert Cusanus mit Bonaventura, ein weiterer
mit Petrarca. Es läge nahe, ausführlicher auf das Referat hinzuweisen
, das sich mit dem Einfluß von Cusanus auf das Denken
Luthers beschäftigt. Wenn es nicht geschieht, so deshalb, weil
der gleiche Referent (Reinhold Weier - Mainz) in absehbarer
Zeit eine ausführlichere Spczialarbeit vorlegen wird. Zwei große
Abschnitte gelten den Darlegungen, die das Vermächtnis des
Kardinals und seine Bedeutung als »Wegbereiter neuzeitlichen
Denkens" zum Inhalt haben.

Obwohl das Cusanus-Jubiläum der Anlaß für das Zustandekommen
der Veranstaltung war, huldigt dieser Band keinem
Überschwang. Der Herausgeber Rudolf Haubst, der ehrwürdige
Cusanusforscher Josef Koch (dem zu seinem kurz vor dem Kongreß
stattgefundenen achtzigsten Geburtstag der gewichtige Band
gewidmet ist), oder die Professorin Freiin Gerda von Bredow
(Münster) bürgen dafür, daß hier ein langes und hingebungsvolles
Vertrautsein mit dem Gegenstande der Forschung am
Werke ist. Ähnlich ist dies den meisten anderen Verfassern zuzubilligen
.

Mit welch köstlichem Humor untermischt ist z. B. die eindringende
Darlegung des Herausgebers, die die „leitenden Gedanken
und Motive der cusanischen Theologie" herausarbeitet!
Zu unmittelbaren Vergleichen mit unserer eigenen notvollen
Weltlage lockt der Beitrag von Maurice de Gandillac zum „Problem
der Völkerverständigung nach den theologischen Grundsätzen
und praktischen Vorschlägen", die Cusanus seinerzeit zu
geben wußte. Die Sorgfalt, die für die Sicherung der Cusanus-
Handschriften aufzuwenden ist, läßt besonders der Beitrag des
belgischen Professors Emil van de Vyver deutlich werden.

Zu bedauern ist, daß das Referat des bekannten Cusanusfor-
schers Raymund Klibansky (Montreal) über „Nachwirken und
Wiederaufleben des Nikolaus von Kues" einer späteren Veröffentlichung
vorbehalten bleiben mußte. Teilweise ist die Erörterung
von Elisabeth Stallmach (Mainz) ein einstweiliger Ausgleich.

Nur noch auf einen der mehr als zwanzig Aufsätze sei kurz
hingewiesen, den von Nikolaus Stuloff (Mainz). In ihm wird
geradezu erleuchtend über ein scheinbar so abseits liegendes
Thema wie die „mathematische Tradition in Byzanz und ihr
Fortleben bei Nikolaus von Kues" gesprochen. Gerade dieser
Beitrag hilft mit, das weithin festgewurzelte Vorurteil gegen
Byzanz zu beseitigen, demgegenüber muß die nicht zu unterschätzende
fortdauernde Verbindung von Hellenismus und Byzanz
gesehen werden.

Der erwähnte Vortrag des Herausgebers Haubst wurde mit
einer Begrüßung Kardinal Augustin Beas und des Metropoliten
Polyefktos Finfinis (als Vertreter des ökumenischen Patriarchen
Athenagoras) eröffnet. Die Weite und Tiefe cusanischen Geistes
tritt auch dadurch hervor. Irenische Milde gegenüber allen nichtkatholischen
Brüdern war ein Wesenszug dieser Veranstaltung.
Verschiedenen Orts wird auf Karl Jaspers eigenwillig gehaltenes
Cusanus-Buch (1964) kritisch eingegangen, wobei jedoch zu fragen
ist, ob die Kritik an Jaspers ihm durchgängig gerecht wird.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, würde ein Hinweis
auf die Breite und Fülle dieses Bandes genügen, um deutlich
zu machen, daß Cusanus keinesfalls für eine rein diesseitige
Immanenz in Anspruch genommen werden kann. Wohl müssen
die neuen weltanschaulichen Erkenntnisse bei ihm gebührend
gewürdigt werden, aber das ändert nichts an der unumstößlichen
Tarsache, daß er im Wesenskern nicht nur um echte Transzendenz
wußte, sondern von ihr in überwältigender Weise Zeugnis
ablegte.

Noch eins ist aus diesem gedruckten Niederschlag der gehaltenen
Vorträge in Bernkastel-Kues zu lernen, daß die immer
stärker anschwellende Forschung noch lange nicht am Ende ist.
Das noch nicht Untersuchte ist so umfangreich, daß der Betrachter
des Gesamtphänomens „Cusanus" zu immer größerer Vorsicht
und Behutsamkeit im Urteil geführt wird.

Der Erasmus nahestehende französische Humanist Faber Sta-
pulensis (gest. 1536) sagt in einer Psalmmeditation ein Wort,
das ebenso Cusanus gesagt haben könnte: „Dein Anschauen bedeutet
Erleuchten und wahrhaft Demütig-Machen".

Dresden Rudolf Grab«

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Holte, Ragnar: Die Vermittlungstheologie. Ihre theologischen
Grundbegriffe kritisch untersucht. Übers, v. B. Komm er.
Uppsala: Universitetsbiblioteket; Stockholm: Almqvist & Wik-
sell 1965. 212 S. gr. 8° = Acta Universitatis Upsaliensis. Stu-
dia Doctrinae Christianae Upsaliensia, ed. A. Gyllcnkrok u.
H. Olsson, 3. Schw. Kr. 30.-.

Eine Monographie über die Vermittlungstheologie fehlte bisher
; diese Lücke schließt H. in den Grenzen, die er sich selbst
zieht. Er verzichtet auf eine umfassende Darstellung und konzentriert
seine Aufmerksamkeit auf das Hauptproblem, „wie die
Vermittlungstheologen ihre Grundbegriffe formten, um den Gegensatz
zwischen Supranaturalismus und Rationalismus .vermitteln
' zu können" (21). Er behandelt einige wenige bahnbrechende
Arbeiten von den fünf bedeutendsten Männern der Vermittlungstheologie
: A. D. Chr. Twesten, C. J. Nitzsch, C. Ulimann, R. Rothe
und J. A. Dorner, wobei er die besondere Problematik, „die in
dem Umschwenken der Vermittlungstheologie in eine spekulative
Richtung bei Rothe und Dorner zutage tritt, übergeht" (221.
Der Aufbau der Arbeit ist folgender: Kapitel 1 erörtert das wissenschaftliche
Programm der VermJttlungstheologie mit Hilf?
einiger Artikel Ulimanns in den „Theologischen Studien und Kii-
tiken"; Kapitel 2 untersucht den Religionsbegriff Twestens und
Nitzschs in ihren dogmatischen Hauptwerken; Kapitel 3 behandelt
die Frage der Positivität der Religion, besonders die Rela-