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Ausgabe:

1967

Spalte:

768-769

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Frielinghaus, Dieter

Titel/Untertitel:

Ecclesia und Vita 1967

Rezensent:

Greschat, Martin

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 10

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gungen" (S. 22 -261) und H. Vetters, Wien: Der Dombau
des heiligen Virgil in Salzburg" (S. 262 -273). Fr. Zagiba,
Wien: „Die Missionierung der Slaven aus ,Welschland' (Patriarchat
Aquileja) im 8. und 9. Jahrhundert" (S. 274-311) wird
mit seiner „prowestlichen" Einstellung wieder zahlreiche Entgegnungen
provozieren, aber ohne Zweifel dadurch auch die
Forschung bereichern. Nochmals mit Rechtsfragen um den Me-
thodiusprozeß beschäftigt sich A. Z i e g 1 e r, ..Der Konsens der
Freisinger Domherrn (muß -herren heißen, O.) im Streit um
Methodius. Ein Beitrag zur kirchlichen Rechtsgeschichte* (S. 312
-328). Der II. Abschnitt bringt die philologischen Studien.
Auch sie können hier nur summarisch aufgeführt werden.
H. Birnbaum, Los Angeles: „Zur Sprache der Methodvita"
(S. 329-361) befaßt sich vorwiegend mit der Syntax der VM
nach dem Uspenskij Sbornik. K. G a m b e r s, Regensburg, Beitrag
: „Die Kiewer Blätter in sakramentargeschichtlicher Sicht"
(S. 362-371) gehört eigentlich in Abschnitt I (vgl. im übrigen
ThLZ 87, 1962, Sp. 860-862). E. G e o r g i e v, Sonja, „Pismen-
nost' Rossov" (S. 372-381) plädiert bei der ebenso bekannten,
wie umstrittenen Stelle aus VC VIII, 15 dafür, dafj der Slavcn-
lehrer in Cherson tatsächlich Evangelium und Psalter in rus-
sisch-ostslavischer Schrift vorgefunden und gelernt habe. In den
Beiträgen von Kiparsky und Lettenhauer wird der Leser des
Buches über die von Georgiev nicht ganz erschöpfend vorgebrachte
Problematik dieses Gegenstandes weiter orientiert
(s. u.). J. Hamm, Wien: „Zur Verskunst Konstantin-Kyrills"
(S. 382-392) weist diese an einigen Beispielen der Psalterübersetzungen
nach. Sehr interessant ist der Beitrag von V. Kiparsky
, Berlin: „Tschernochvostoffs Theorie über den Ursprung
des glagolitischen Alphapets" (S. 393-400). Nach einem
kurzen, aber instruierenden Überblick über den Stand der Forschung
referiert K. über Tsch.s Theorie. Danach habe Constan-
tin für die Schaffung der Glagolica eine theologische Grundkonzeption
gehabt und die Buchstaben dieses Alphabetes nach den
Formen des Kreuzes, des Dreiecks und des Kreises, also nach
Symbolkombinationen erfunden. Man wird abwarten müssen,
wie sich die Forschung zu dieser neuen und überraschenden
Idee stellen wird. Mit demselben Fragenkomplex hat es der
Beitrag von W. Lettenbauer, Freiburg i. Br., zu tun: „Bemerkungen
|zur Entstehung der Glagolica" (S. 404-410). Er
bringt neue Argumente bei zur Stützung der von Hocij und
ihm vorgetragenen Auffassung, daß eine große Zahl der glagolitischen
Buchstabenzeichen aus der lateinischen vorkarolin-
gischen Kursive herzuleiten seien. St. Sakac SJ, Rom: „Die kürzere
slavische Fassung des Briefes .Gloria in Excelsis Deo' Hadrians
IL". (S. 411-431) will als Vorlage des Textes in VM,
VIII und der Laudatio auf Cyrill und Method ein gemeinsames
lateinisches Original annehmen. Sein Schlußsatz „Gleichgültig
gegen Konstantinopel, treu zu Rom, Festhalten am cyrillome-
thodianischen Erbe, fruchtbringendes Christentum" als Charakteristik
für die Lobrede simplifiziert allerdings seine eigene
These von der Verfasserschaft des bulgarischen Konstantin. Sowohl
dieser, wie sein Herrscher Symeon standen trotz der politischen
Ablehnung von Byzanz dessen kulturellen und weltanschaulich
-politischen Ideen näher, als denen Roms. J. Schröpfer
, Heidelberg: „Eine armenische Quelle der slavischen Vita
Methodii, Kap. IX" (S. 432-439) bringt zum Bericht des Methodiusprozesses
und seines Zusammenstoßes mit König Ludwig
eine Parallele aus dem Geschichtswerk des Armeniers Faustos
von Byzanz. Verf. hat damit einen weiteren Beitrag für die
Weite des Bildungshorizontes der Slavenlehrer und ihrer
Schüler geliefert. Der inzwischen verstorbene dänische
Slavist A. Stender-Petersen, Aarhus, demonstriert „Die
kyrillo-methodianische Tradition in Polen" (S. 440-469) durch
eine phonetische, syntaktische und funktional-poetische Analyse
des altpolnischen Liedes „Bogurodzica", wobei er auch die orthodoxe
Ikonographie einbezieht und den Hymnus als geniale
Schöpfung des hl. Adalbert von Prag nach dem Vorbild des
griechischen Triodions versteht. B. O. U n b e g a u n, Oxford,
geht in seinem das Buch beschließenden Beitrag „L'heritage
cyrillo-methodien en Russie" (S. 470-482) den Schicksalen des
Altslavischen (vieux slave) in Rußland nach. Daß im Kiever

Rußland „le rite lui a ete transmis de Bulgarie, sous la forme
cyrillo-methodienne, c'est ä dire vieux slave" (S. 470) darf allerdings
, vor allem nach den Arbeiten Ludolf Müllers, bezweifelt
werden. - Ein nicht ganz vollständiges Personen- und Autorenregister
sowie ein Sach- und Ortsnamenregister helfen das Buch
zu erschließen. Für die kunsthistorischen und archäologischen
Beiträge sind Karten, Skizzen und Photos am Schluß beigefügt
worden.

Halle / Saale Konrad Onosch

KTRCHENGESCHTCHTE:
REFORMATIONSZETT

Frielinghaus, Dieter: Ecclesia und Vita. Eine Untersuchung
zur Ekklesiologie des Andreas Hyperius. Neukirchen:
Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins 1966. 178 S. 8° =
Beiträge zur Geschichte und Lehre der Reformierten Kirche,
hrsg. v. P. Jacobs, W. Kreck, G. W. Locher u. O. Weber, 23. DM
18.80; Lw. DM 20.80.

Die nicht eben häufige Auseinandersetzung mit dem theologischen
Denken an der Wende der Reformation zur altprotestantischen
Orthodoxie, wie sie jene zweite Generation der Ue-
formationszeit weithin spiegelt und die Gestalt des Andreas Hyperius
fraglos in besonderer Weise, verdient im voraus aufmerksame
Beachtung. Von nicht minderem Belang erscheint in diesem
Zusammenhang die Frage des Konnexes zwischen der dogmatischen
Aussage und der ethischen Forderung. Beides in einer
der Zeit entsprechenden Weise zu verbinden, erscheint als Gebot
der Stunde. Auch von daher gewinnt die Beschäftigung mit
der Ekklesiologie des Hyperius Gewicht.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei recht unterschiedliche
Teile: während der erste die Ekklesiologie des Hyperius
darstellt, und zwar in erster Linie aufgrund des unvollständig
gebliebenen Methodus Theologiae (S. 13-120), behandelt der
zweite, sehr viel knappere Abschnitt die in dieser Voraussetzung
gründende Praktische Theologie (S. 121-155), wobei der Verfasser
sich jedoch ausdrücklich darauf beschränkt, die einzelnen
praktisch-theologischen Aussagen aus den verschiedensten Schriften
des Autors kurz zu referieren und dabei jeweils den grundsätzlichen
Zusammenhang solcher Ausführungen (gubernatio
ecclesiae im weitesten Sinne, Predigt, Seelsorge, Unterricht, die
Beschäftigung mit der Kirchengeschichte, schließlich Anweisungen
über das Theologiestudium, über kirchliche Aufgaben und
nicht zuletzt die Homiletik) mit der eingangs entwickelten Ekklesiologie
herauszustellen.

Das Schwergewicht der Arbeit liegt mithin auf der Lehre von
der Kirche, genauer: auf der These, die von Hyperius entwik-
kelte Ekklesiologie stelle einerseits die Mitte seiner gesamten
Theologie dar, auf die alle anderen Lehraussagen bezogen sind;
sie sei auf der anderen Seite so strukturiert, daß ihr Verhältnis
zur praktischen Theologie verstanden werden müsse als „die
gegenseitige Bedingtheit der einen durch die andere" (S. 10),
wodurch Ekklesia und Vita aufs engste zusammengebunden
werden als das eine Thema des Hyperius.

Zur Begründung dieser Konzeption unterstreicht der Verfasser
nachdrücklich den Ansatz des Hvnerius bei der Vorstellung
von einer durch alle Zeiten hindurch unwandelbaren Existenz
der Kirche, die vor dem Fall, ja bereits vor der Schöpfung da
war (S. 31 ff.). Diese Konzeption wird als die bestimmende Eigenart
dieser Theologie angesehen und dementsprechend gegenüber
den Anschauungen seiner theologischen Väter, voran Melanch-
thon (S. 34 ff. und Anhang I), daneben Bullinger (S. 52 ff.), Bucer
(S. 57 ff.), aber auch Calvin (S. 70 ff.) und Erasmus (S. 85 ff.)
als etwas grundsätzlich Neues im einzelnen abzugrenzen gesucht
. Hier nun rächt sich allerdings, daß der Verfasser von
vornherein auf den Versuch einer biographisch-geistesgeschichtlichen
Charakterisierung der Gestalt des Hyperius verzichtet hat
- der beigegebene 2. Anhang (Zur Biographie des Hyperius) ist