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1967

Kategorie:

Altes Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 10

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durch Meder und Perser verbindet, vgl. Jer 30,8 ff. Übrigens
hat der vom Verfasser mehrfach erwähnte Herodot in seiner Geschieh
tsschreibung sehr viel unbefangener Motive märchenhafter
, sagenhafter und novellistischer Art verwendet. Die neu-
testamentliche Parallele zu dem Verfahren des Josephus wäre
in gewissem Sinne die Leben-Jesu-Forschung alten Stils, die durch
die Formgeschichte zu Ende gekommen ist, nachdem bereits
Adolf Harnack und Albert Schweitzer ihre grundsätzliche Unmöglichkeit
erkannt und von der Sache her nachgewiesen hatten
. Der Hinweis auf das kanonische Buch' als Quelle der Lehre
könnte durch einen solchen auf die Verschiedenheit der Einteilung
in der hebräischen, griechischen und deutschen Überlieferung
ergänzt werden, zumal die Bezeichnungen sich unter formalen
und sachlichen Gesichtspunkten widersprechen (Lehre =
Gesetz = Geschichte; Lehrbücher = Hagiografen usw.).

Die Beispiele aius den poetischen Büchern des Alten Testaments
stellen Hymnus und Klagelied gegenüber und versuchen,
auch hier die Entfaltung des Stoffes von dem ursprünglichen
Sitz im Leben bis zu der letzten Redaktion zu verfolgen. Die
Eigenart der hebräischen Poesie, die auf dem Parallelismus der
Satzteile beruht, ist wohl in der Denkweise der hebräischen
Dichter begründet, nämlich in der „unausgesprochenen Überzeugung
, daß letzte Wahrheiten über das menschliche Dasein
sich nie in einem einzigen Gedankengang ausdrücken lassen,
sondern allein in mehreren, variierenden Aussagen erfaßt werden
können". Hier wie immer wieder, besonders auch in dem
Schlußabschnitt, zeigt sich die theologische Relevanz der form-
geschichtlichen Fragestellung überhaupt. Schließlich wird an den
Beispielen von Ahasjas Krankheit und der Weissagung über das
Joch des Königs von Babel (2 Kö 1 und Jer 28) das Wesen der
Profetenlegende und die Gattungsgeschichte der Weissagung
einschließlich des Botenspruchs herausgearbeitet.

So bietet die Arbeit über den pädagogischen Zweck der Einführung
hinaus eine Fülle von Anregungen. Dabei1 tritt neben
weiterführenden, begründeten Thesen auch immer wieder die
Notwendigkeit einer Bescheidung gegenüber der Problematik
des z. T. formgeschichtlich noch nicht genügend durchgearbeiteten
Stoffes hervor. Aber gerade bei solch vorsichtiger Begrenzung
der bisher möglichen Feststellungen ergibt sich reiche Anregung
zur Weiterarbeit an den einzelnen Problemkreisen der
Formgeschichte als Grundlage einer biblischen Literaturgeschichte.

Zum Schluß wird noch anhangsweise der Versuch einer Rekonstruktion
der Überlieferungsgeschichte der Seligpreisungen
unternommen, der für die drei atich bei Lk überlieferten Sätze
die Herkunft von Jesus selbst und für alle Seligpreisungen die
alttestamentliche Grundlage (Js 61) annimmt und sie eschatolo-
gisch, bzw. apokalyptisch verstehen möchte, ohne allerdings
die beiden Begriffe gegeneinander abzugrenzen oder sonst zu
definieren und ohne die Frage der Gegenwart des Reiches zu
berühren: Hat nicht Jesus im Gegensatz zu dem bekannten antiken
Diktum die von ihm gemeinten Menschen vor dem Tode
glücklich gepriesen? Das Verzeichnis der Abkürzungen enthält
auch die wichtigsten Literaturangaben,, die im übrigen in den
Anmerkungen zu finden sind. Das Verzeichnis der erwähnten
biblischen Gattungen und ihrer Elemente gibt eine Übersicht
über den in der Überlieferung enthaltenen Reichtum an Formen.
Ein Stellenregister erschließt das Buch auch für die exegetische
Benutzung an einzelnen Stellen.

Gießen Georg Bertram

Aberbach, Moses, und Leivy Smolar: Aaron, Jeroboam,
and the Golden Calves (JBL 86, 1967 S. 129-140).

Bächli, Otto: Zur Lage des alten Gilgal (ZDPV 83, 1967
S. 64-71).

Cazelles, Henri: Passages in the Singular within Discourses
in the Plural of Dt 1-4 (CBQ 29, 1967 S. 207-219).

NEUES TESTAMENT

Strecker, Georg: Der Weg der Gerechtigkeit Untersuchung
zur Theologie des Matthäus. 2., durchges., um einen Nachtrag
erweit. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1966.
283 S. gr. 8° = Forschungen z. Religion u. Literatur des Alten
u. Neuen Testaments, hrsg. v. E. Käsemann u. E. Würthwein,
82. DM 26.50; Lw. DM 30.-.

Wie man dem Vorwort des Verf. entnehmen kann, hat er
an diesem Buche etwa 6 Jahre gearbeitet, ehe es im Herbst
1962 veröffentlicht wurde. Es ist also ein langsam gewachsenes,
umsichtig und gründlich erarbeitetes Werk, dem man auf jeder
Seite anmerkt, wie genau der Verf. in den Fragen der Textkritik
und wie umfassend er in der Diskussion mit wissenschaftlichen
Fachgelehrten zu Werke gegangen ist.

Wenn vor Veröffentlichung dieser Besprechung bereits die
2. Aufl. erschien, brauchen die Besitzer der ersten nicht die
Sorge zu haben, eine bereits veraltete Darstellung zu benutzen;
denn die 2. Aufl. ist bis auf wenige Textverbesserungen dieselbe
geblieben. Hinzugefügt ist den alten 242 Seiten lediglich ein
erweiterter Nachtrag (S. 243-256), in welchem der Verf. sich mit
Büchern von W. Trilling, Reinhardt Hummel, Ferd, Hahn,
A. Vögtle und G. Baumbach, um nur diese Autoren zu nennen
, kritisch auseinandersetzt. Das Buch ist folgendermaßen
aufgebaut. In einem 1. einleitendem Teil (S. 9-85) behandelt
Strecker methodische Voraussetzungen, den zeitgeschichtlichen
Hintergrund (Herkunft und Art des Redaktors, Datierung und
Lokalisierung seines Werkes mitsamt der Zielsetzung und dem
theologischen Zusammenhang) und zum Abschluß noch die dem
Mt. eigene Gruppe der sogen. Reflektionszitate.

Der 2. christologische Hauptteil (S. 86-188) bietet historische,
geographische und sachliche Motive in einer lockeren Zusammenordnung
, denen die eschatologischen (Kyrios, Lehre, Begriff
Evangelium, Verkündigung Jesu, Wort und Wunder, Jesu Vorbild
in Taufe und Passion) so zielstrebig untergeordnet werden,
daß der Haupttitel des Buches „Der Weg der Gerechtigkeit" als
Ergebnis herauskommt.

Ein 3. ekklesiologischer Teil (S. 191-242) handelt von der
Jüngerschaft, der Gemeinde und der Verwirklichung der Gerechtigkeit
durch den Einzelnen, mit einem abschließenden Ausblick
auf das Ziel der Heilsgcschichte. Literatur und Literaturnachträge
, ein Stellenregister, ein Verzeichnis wichtiger griechischer
Wörter und ein Autorenregister füllen die letzten Seiten
(1. Aufl. 243-267, 2. Aufl. S. 243-283). Der Verf. setzt
methodisch die Zweiquellentheorie sowie die Ergebnisse der
formgeschichtlichen Forschung voraus. Die Formgeschichte wird
aber mit der sogen. Quellenanalyse verbunden, weil beide zusammen
vor einseitiger Verwendung literarischer Quellen wie
vorredaktioneller mündlicher Überlieferung bewahren. Zur Frage,
wie Mt. der Endredaktor zu bewerten sei, bemerkt Strecker
(S. 10), daß er mit M. Dibelius in den Evangelisten keine
Schriftsteller sehen möchte, die ihrer Individualität literarischen
Ausdruck verliehen, weil sie sich den überlieferten Formen anpassen
und ihre Stilmittel weithin unpersönlich sind. Der Autor
des Evangeliums unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den
anonymen Tradenten, die auch schon ihre Stoffe zusammenordnen
, dogmatische Motive einbringen oder den ursprünglichen
Sitz im Leben (z. B. bei Gleichnissen) verändern. Verbindet man
diese Erkenntnisse mit der bewährten Quellenkritik, deren Exponent
die Zweiquellentheorie ist, so dürfte ohne Übertreibung
nach der einen oder der anderen Seite ein brauchbares und verläßliches
Resultat herauskommen. Ausnehmen will der Verf. die
Reflektionszitate, weil sie nach seiner Ansicht bei Mt. eine besondere
Quelle bilden. (S. 49-85). Der Rezensent muß der Versuchung
widerstehen, die Analyse dieser Zitate hier vorzuführen
. Er kann nur auf die wichtige Anm. 2 der Seite 49 verweisen
, in der Str. die unterschiedlichsten Deutungen dieser Zitate
aufzählt. War der Redaktor Judenchrist? Zu dieser Frage
räumt der Verf. ein, daß der Begriff des Judenchristentums verschiedene
Nuancierungen erlaube und auch seine geographische
Eingrenzung auf Palästina nicht weiterführe. Mt. war nicht