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Ausgabe:

1967

Spalte:

751-754

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lohfink, Norbert

Titel/Untertitel:

Das Hauptgebot 1967

Rezensent:

Kaiser, Otto

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die in der Untersuchung behandelten Namen (S. 302f.) sowie
neues Material aus: M. Birot (ed.), Archives royales de Mari
XII. Textes administratifs de la salle 5 du Palais (2c Partie).
Paris 1964 (S. 304), so darf in diesem Zusammenhange besonders
auf die Rezension von M. Dietrich und O. Loretz, OLZ 81.
1966, Sp. 235-244 verwiesen werden, die eine beachtenswerte
Auswahl weiterer Namen bietet. Ferner kann man - was auch
Verf. im Prinzip keineswegs ausschliefet - hinsichtlich der Deutung
mancher Elemente unterschiedlicher Meinung sein. So
scheint mir - um nur ein Beispiel zu nennen - seine Beweisführung
, wonach etwa die in Ya-ba-an-ni-AN begegnende Verbalform
yabanni eher eine Intensivbildung darstelle als eine
Präsens/Futur- bzw. Durativ-Form des Grundstammes, daran zu
kranken, daß er lediglich die jungwcstseniitische, z. B. im Arabischen
vertretene Stufe des Verbums in Rechnung zieht, dagegen
dessen altwestsemitisches Stadium3, das dem Akkadischen
nahesteht, ganz außer acht läfjt (S. 83; vgl. S. 117).

Ergänzt wird die Abhandlung, die nicht zuletzt der Hebraist
als höchst wertvolles Hilfsmittel für Grammatik und Lexikon
dankbar begrüßen wird, durch drei Apendizes - (I) Extraneous
Publications of Akkadian Texts of the Old Babylonian Period
from Mari, (II) A List of Scribes Mentioned in the Mari Texts
und (III) MAR.TU, Amunu in Old Babylonian Texts from Mari
- eine umfangreiche Bibliographie und zwei Register.

Jena Rudolf Meyer

3) Zur Problematik vgl. neuerdings etwa R. Meyer, Zur Geschichte des
hebräischen Verbums. FuF 40. 1966, S. 241-243.

ALTES TESTAMENT

Lohfink, Norbert, S. J.: Das Hauptgebot Eine Untersuchung
literarischer Einleitungsfragen zu Dtn 5-11. Rom: Pontificio
Instituto Biblico 1963. XXIV, 317 S. gr. 8°. L. 4.800.-.
In der überaus subtil und methodisch umsichtig gearbeiteten
Abhandlung verfolgt der an Sankt Georgen in Frankfurt wirkende
Alttestamentler Norbert Lohfink die Absicht, den vorliegenden
Text von Dtn 5-11, der zweiten der großen Reden des
Deuteronomiums, in der sich das von uns als typisch deu-
teronomisch Empfundene am stärksten konzentriert, eben als
Text zu verstehen, und das heißt für ihn, seinen paränetischen
Vorgang zu erfassen. Daß sich diese Aufgabe nicht ohne ein
sorgfältiges Achten auf die mögliche literarische und außerliterarische
Vorgeschichte der Kapitel lösen läßt, ist für den Verfasser
selbstverständlich. So ist denn auch der von ihm selbst
als Rückgrat der ganzen Abhandlung bezeichnete dritte Teil ganz
der genetischen Analyse gewidmet. Als kennzeichnend für die
Arbeitsweise darf man eine bisher in dieser Weise auf alttesta
mentlichem Gebiet kaum durchgeführte Stilanalyse betrachten,
zu der er durch Alonso Schökel angeregt worden ist. Seine Gattungsuntersuchungen
knüpfen an Gerhard von Rad und Klaus
Baltzer an. v. Rad vermittelt ihm auch die beiden Grundvoraussetzungen
von dem traditionsgeschichtlichen Zusammenhang des
Dt mit dem vorliterarischen Raum der Predigt und seinem
grundsätzlichen Bezug zum Bundeskult. Die äußerst sorgfältige
Monographie legt jedem Rezensenten, der sich selbst nicht
ebenso gründlich und anhaltend mit ihrem Gegenstand beschäftigt
hat, von vornherein die Beschränkung auf, den methodischen
Weg des Verfassers und seine hauptsächlichsten Ergebnisse
zu vergegenwärtigen. Daß dabei sehr viele Einzelbeobachtungen
und Einzelanregungen unberücksichtigt bleiben müssen, versteht
sich von selbst.

Nachdem in der „Einleitung" (S. 3-47) die Aufgabe im Rückblick
auf die bisherige Forschung gestellt worden ist, folgt in
Teil I (S. 51-104) die umfangreiche Untersuchung des „Formel-
gebrauchs". Dabei beschränkt sich der Verfasser streng auf die
Erhebung des Befundes, der seine grundlegende Bedeutung in
der späteren Analyse erweist, ohne sich auf voreilige thematische
oder genetische Erklärungsversuche einzulassen. Schon innerhalb

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dieser Analyse tritt eine sich mannigfach erweisende Zusammengehörigkeit
von Dtn 5f und die Sonderstellung von 7, 1-9, 6,
die auf eine genetische Erklärung drängt, hervor.

Teil II (S. 107-136) wendet sich den „Wichtigen Redeformen"
zu, um die Ordnungsschemata zu ermitteln, die für Dtn 5-11
ebenfalls bereits aus der kultischen Predigttradition bereitgestellt
waren. Dabei warnt der Verfasser mit Recht vor einer die
Gattungen und Redeformen isolierenden Zielsetzung einer Untersuchung
seiner Kapitel, da sie bereits „jenseits der einfachen
vor literarischen Gattungen" stehen (S. 107). Es wird zunächst
die verschiedenartige Einwirkung des Bundesformulars auf unsere
Kapitel skizziert und abschließend festgestellt, daß sich die „eigentümliche
Thematik von Dtn 5-11" nicht „ohne die aus dem
Bundesformular sich ergebende Spannung zwischen einer Grundsatzerklärung
und Einzclbestimmungen zwischen einem Hauptgebot
und vielen Einzelgeboten" begreifen läßt (S. 111). So verhielten
sich auch Dtn 5-8 und 12-26 wie Haupt- und Einzelgebote
zueinander. Weiter werden die verschiedenen Formen der Gebotsumrahmung
dargestellt, die „kleine Gebotsumrahmung" in
6, 10-16, für die verschiedene Sitze im Leben denkbar sind, die
„große Gebotsumrahmung" in 6, 10-25, die „in den Raum der
Bundesbedingungen" gehört, und schließlich die „Katecheteninstruktion
" oder „Belehrung Israels über die Weitergabe des Bundeswissens
" in 6, 20-25. - Ein Exkurs über Ex 12, 24-27a; 13,
1-16 ergibt, daß der erstgenannte Text nicht dtn ist, sondern
lediglich die Anwendung der „großen Gebotsumrahmung" mit
dem Dtn gemeinsam hat, und vor allem, daß wir in Ex 13, 3-16
„das schlagendste Beispiel für ein vor dem jetzigen Dt liegendes
, noch reineres und jüngeres Stadium des typischen Stils der
dt Schule der Predigt Israels" besitzen (vgl. S. 121 ff.). Schließl;ch
wird auch „Das Schema der Beweisführung" untersucht. Ein dazugehöriger
Exkurs bringt „Beispiele für Beweisführungen in
der Rechtsrede".

Teil III ist einer „Kontinuierlichen Textanalyse" gewidmet (S.
139-236). Er bildet, wie «chon gesagt wurde, „das Rückgrat der
ganzen Untersuchung" (S. 139). LohfLnk zeigt zunächst, daß Dtn
5 und 6 als einheitliche Komposition zu gelten haben (vgl. S.
63. 68. 72. 80. 85. 102. 142 f. 151 f.). „Je mehr sich allerdings die
schöpferische Einheit zeigt, desto mehr wird auch erkennbar,
daß es sich stil- und formgeschichtlich um eine Spätschöpfung
handelt, die außerordentlich viel an kultischen Texten und kultischer
Redetechnik voraussetzt, um es souverän zu verwerten"
(S. 165). Dtn. 7, 1-26 erweist sich als Überarbeitung einer älteren
Gilgalschicht mit Hilfe von Dekalogmaterial (S. 184). Die
offene Frage, ob die ältere Schicht von Dtn 7 bereits an Dtn 5 f
hing, wird von Dtn 8 her beleuchtet, ohne daß sich ein
deutliches Ergebnis zeigt. Statt dessen ergibt die Untersuchung
dieses Kapitels die Identität seines Verfassers mit dem der jüngeren
Schicht von Dtn 7, weiter, daß man in diesem „Bearbeiter"
den Mann sehen darf, der Dtn 5-8 seine jetzige Form gab. Dabei
entspricht Dtn 5 der Vorgeschichte, Dtn 6-8 dem Gebotsteil
, Dtn 7 dem Segen und Dtn 8 dem Fluch des Bundesformulars
. Aber es wäre verkehrt, von diesem Aufbau auf eine dahinterstehende
unmittelbare Kompositionsvorlage zu schließen.
Die „allergrundsätzlichste Motivfolge des Bundesformulars" diene
vielmehr „nur noch dazu, ursprünglich getrennte Texte zusammen
mit einem dazugefügten neuen Text als eine neue Einheit
zu kennzeichnen und diesem literarischen Gebilde innerhalb der
geistigen Welt Israels seinen Platz zuzuweisen" (S. 199). Da sich
auch 9, 1-7 dem „Bearbeiter" zuweisen läßt, wird für Dtn 6-9
die thematische Gruppierung deutlich: Dtn 6 Gebote für das Leben
im geschenkten Land, Dtn 7 Gebote für die Eroberung des
Landes selbst, Dtn 8 Gebote für das Leben im Land und Dtn 9
neue Gebote für die Eroberung des Landes (vgl. S. 205 f.). 9,
9-11, 17 folgt wiederum „als Gesamtform dem Bundesformular".
Da der „Bearbeiter" nicht als Verfasser in Frage kommt, ist anzunehmen
, daß er den Abschnitt ebenfalls vorfand und durch
ihn auf den Gedanken gebracht wurde, auch Dtn 5-8 die Form
des Bundesformulars zu geben (vgl. S. 266).

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 10