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Ausgabe:

1967

Spalte:

52-53

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Symbolik der kleineren Kirchen, Freikirchen und Sekten des Westens 1967

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 1

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Dieser „Weibessame" ist es, der den Kopf der Schlange — die Luther
übrigens nicht ohne weiteres mit dem Teufel identifiziert — mit seinem
Leib und Leben zertritt. In vielfältigen Auslegungen mit jeweils verschiedenen
Aussageschwerpunkten kann Luther so aus Gen 3, 15 die
ganze Christologie ableiten.

Zwingiis Auslegung von Gen 3, 15 (im ersten Abschnitt des
zweiten Teils, 141 — 153, behandelt) hält sich ziemlich eng an Luther,
während Calvin, von dem im zweiten Abschnitt (155 — 168) die Rede
ist, den „Samen" kollektiv versteht und auf das ganze Menschengeschlecht
deutet; dieses wird freilich durch den Einen, Christus,
repräsentiert.

Vielleicht kommt für den in Aussicht gestellten zweiten
Band die Anregung noch früh genug, den ungebräuchlichen und
recht hölzernen Terminus „altlutheranisch" durch einen besseren
zu ersetzen. Der Leser des ersten Bandes, dem der evangelische
Kirchenhistoriker Peter Meinhold auf Bitten des Verfassers ein
warmherziges Vorwort mitgab, wird sich auch auf diesen zweiten
Band freuen. Es sei der Wunsch ausgesprochen, daß der aus Ungarn
gebürtige Verfasser, dessen Deutsch an sich tadelsfrei ist,
seine Gedanken hier noch etwas straffer fassen und wiedergeben
möchte.

Münster/W. Franz Hesse

Spillmann, Kurt: Zwingli und die zürcherische Politik gegenüber
der Abtei St. Gallen. St. Gallen: Fehr'sdie Buchhandlung 1965. 122
S. gr. 8° = Mitteilungen z. vaterländischen Geschichte, hrsg. v. historischen
Verein d. Kantons St. Gallen, XL1V. sfr. 11.—

Die vorgelegte Arbeit, eine Zürcher Dissertation, verdient
nicht nur uneingeschränkte Anerkennung, sondern auch den Dank
aller derer, die um das echte Zwinglibild bemüht sind. Denn sie
bedeutet einen wesentlichen Beitrag für dessen Wiedergewinnung.
Das Bild des oft und zuweilen noch heute als reinen Realpolitiker
ausgegebenen Reformators wird korrigiert, und vom Verfasser die
Priorität des Theologischen auch in seinem politischen Handeln
nachgewiesen. So gibt er bereits in der Einleitung als sein Ziel an:
„Die Arbeit gilt nun dem Nachweis, daß Zwingiis Wirksamkeit
in der eidgenössischen Politik eine vorab theologische war" und
fährt kontrastierend fort: „Er (Zwingli) gab sich der Politik weit
intensiver hin als etwa Luther, doch nicht aus Machtgelüsten,
sondern aus Glaubensüberzeugung." Es ist dabei beachtenswert,
daß dieser Nachweis „am Beispiel des Kampfes um die Abtei St.
Gallen" geführt wird, weil Zwingiis Geburtsort Wildhaus seit
1468 zu der militanten Kleinmonarchie dieses Klosters gehörte.
Der junge Huldrych hat aus dem Elternhause den Makel der Verquickung
von Politik und Glauben mit in das Leben genommen.

Aus der Zelle des irischen Mönches Gallus (612) war die königliche
Benediktinerabtei der Karolinger im 9. Jh. zur kulturellen
Metropole des Abendlandes geworden. Am Vorabend der Reformation
erstreckte sich die Herrschaft des gefürsteten und gefürchteten
Abtes Ulrich Rösch (1463—91) vom Bodensee bis nach
dem oberen Toggenburg. Inzwischen war die weltliche Enklave
vor der Klostermauer von der dörflichen Ansiedlung zur merkantilen
LeineweberStadt St. Gallen herangewachsen. Obwohl Abtei
und Stadt nach 1450 „zugewandte Orte" im eidgenössischen Bunde
wurden, verschärfte sich durch das territoriale Machtstreben des
Fürstabtes der Gegensatz zwischen beiden, der 1457 zur völligen
Unabhängigkeit der Stadt vom Kloster führte. Dieser St. Galler
Widerstreit zwischen geistlicher Macht und städtischer Demokratie
, oder für Zwingli richtiger: aristokratischer Oligarchie hat
symbolhaft Zwingiis Leben von derWiege bis zurWalstatt begleitet
. St. Gallen wird nach Zürich die zweite reformierte Stadt; es
ist die Stadt seines Freundes, des Bürgermeisters, Stadtarztes und
Reformators Vadian; aber auch eine Hochburg der schweizerischen
Täuferbewegung, vor deren Toren das äbtische Wesen nach
Zwingiis Tod wieder Einzug hält.

Die Stationen dieses Kampfes, Zürichs eidgenössische Politik,
Zwingiis Vorschläge und Rückschläge hat der Verfasser in subtiler
Kleinarbeit herausgestellt. Es geht hier um die Jahre 1528—31,
da man mit dem Eintritt der Stadt in das reformierte „Christliche
Burgrecht", dem Gegenstück der katholisch-al'tgläubigen „Christlichen
Vereinigung", anno 1528 auf die Entmachtung der geistlichen
Herrschaft und die Reformierung des Stiftes losschritt. Vadian
war der Handelnde, Zwingli der religionspolitische Berater,
der allein bestrebt war, „sein reformatorisches Anliegen mit politischen
Mitteln zu verwirklichen und zu schützen" (.S 21). Ganz
konkret sagt es Spillmann (S. 77): „Zwingli war nicht der
Lenker der zürcherischen Politik in St. Gallen. Er steuerte sein
Teil bei zum Gelingen des Unternehmens, ja er machte es durch
seine geistlichen Argumente im weiteren Sinne erst möglich; aber
die Durchführung des realen Projektes, die Führung der wirklichen
Politik blieb so deutlich Sache anderer Männer, daß wir nicht
einmal zu sagen vermögen, sie hätten wenigstens Zwingiis Projekt
realisiert. Diese Zürcher Politiker standen viel zu selbständig
neben, ja eher über und nicht unter dem Reformator; sie ließen
sich seine Mitarbeit, nicht aber eine bestimmende oder ausschlaggebende
Beteiligung an den Geschäften der Politik gefallen."

Damit wird auch an dem Ausschnitt St. Gallen erwiesen:
Zwingli war kein Staatsmann einer Theokratie. Er wollte weder
eine Staatskirche noch einen Kirchenstaat. Er war der unablässige
„Feldprediger" seiner Eidgenossen, der selbst mit der Waffe in
der Hand für seine Kirchenbesserung fallen konnte. Es bliebe noch
übrig, wie ich es in meinem Göschenband versucht habe, Zwingli
als „Politiker allein aus Glauben" in seine pneumatologische Fundamentaltheologie
einzuordnen.

Berlin Fritz Sch m id t-Cl ausi n g

Benrath, Gustav Adolf: Wyclif und Hus (ZThK 62, 1965 S. 196—
216).

Bieler, Andre: Gottes Gebot und der Hunger der Welt — Calvin,
Prophet des industriellen Zeitalters. Grundlage und Methode der
Sozialethik Calvins. Übers, v. A. Döbeli. Zürich: EVZ-Verlag [1966].
83 S. kl. 8° = Polis. Evangelische Zeitbuchreihe, hrsg. v. M. Geiger,
H. Ott, u. L. Vischer, 24. Kart. DM 6.80.

Bizer, Ernst: Neue Darstellungen der Theologie Luthers (Theol.
Rundschau 31, 1966 S. 316—349).

Lau, Franz: Lutherforschung (Luth. Monatshefte 5, 1966 S. 512—
519).

Oberinan, Heiko A.: „Iustitia Christi" and „Iustitia Dei": Luther
and the Scholastic Doctrines of lustification (HThR 59, 1966S. 1—26).

Schäfer, Rolf: Zur Prädestinationslehre beim jungen Melanchthon
(ZThK 63, 1966 S. 352-378).

S c h e i b 1 e , Heinz [Hrsg.]: Die Anfänge der reformatorischen Geschichtsschreibung
. Melanchthon, Sleidan, Flacius und die Magdeburger
Zenturien. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
[1966]. 84 S. 8° = Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte,
hrsg. v. G. Ruhbach, unter Mitarb. v. G. A. Benrath, H. Scheible u.
K.-V. Selge, 2. Kart. DM 8.80.

Schwarz, Reinhard: Gott ist Mensch. Zur Lehre von der Person
Christi bei den Ockamisten und bei Luther (ZThK 63, 1966 S. 289—
351).

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Küppers. Werner, Hauptmann, Peter, u. Friedrich B a s e r:
Symbolik der kleineren Kirchen, Freikirchen und Sekten des Westens.

Stuttgu.c: Hiersemann 1964. VIII, 104 S. gr. 8° = Symbolik der Religionen
, hrsg. v. F. Herrmann, XI, Lw. 40.—.

In der Reihe „Symbolik der Religionen", deren elfter Band
uns hier vorliegt, wird der Begriff „Symbolik" nicht gleichbedeu-
tung mit „Konfessionskunde" gebraucht (wie heute im allgemeinen
in der evangelischen Theologie), sondern als Lehre von den
Symbolen (-Sinnzeichen), deren sich die verschiedenen Religionen
bedienen. Diese Symbolik geht, insofern sie auch die nichtchristlichen
Religionen einbezieht, über die Konfessionskunde
hinaus, andererseits bleibt sie hinter ihr zurück, da sie sich bei
den christlichen Kirchen und Gruppen auf die Darstellung ihrer
Symbole beschränkt. In dieser Beschränkung ist die Symbolik
allerdings eine wertvolle Hilfe für die Konfessionskunde.

In dem vorliegenden Werk sind drei Abhandlungen zusammengefaßt
: I. W. Küppers, Symbolik der alt-katholischen Kirche, II.
P. Hauptmann, Symbolik der konfessionellen reformatorischen
Freikirchen des Westens, III. F. Baser, Symbolik der übrigen
christlichen Freikirchen und Weltanschauungsgruppen sowie der
Sekten des Westens.