Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1967

Spalte:

687-693

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Fagerberg, Holsten

Titel/Untertitel:

Die Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften 1967

Rezensent:

Haendler, Klaus

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

687

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 9

688

The third chapter is about the doctrine of the hidden and
the revealed God. Here we have a penetrating analysis of Luther
's feeling for the inscrutability of God in nature and in
history, where the fair and the fierce, the beneficent and the
devastating leave us baffled as to the God revealed in Christ as
the lovimg redeemer. I would raise a query at this point as to
whether the hidden God is to foe equated with the God of
devastation and the revealed God of comfort, for the revealed
God is also the God of judgment and here too the eye of faith
alone cannot penetrate to the God of grace.

Luther's faith, we are told, rests on no illusions. All the
ugly facts of life he faces, death included. It is a faith which
discerns God not only in the beauties of the world of nature
but also in chaos, destruction and the very abyss. We are able
to leap fcf/ faith into the abyss because God has erected Over it
the sign of the cross. Since Christ has triumphed Over the ugliest
that life and death can do, we can by faith in Hirn stand against
the cruel in nature and the corrupt in men.

The chapter on the sacraments was for me the most illumina-
ting. When I first read it in the German original it came to me
as a veritable revelation. Bornkamm teils us that for Luther
the sacrament was not a symbol but a sign. A sign may be
called a locus for God's activity. The bread in the Lord's Supper
is not a chunk of divine subsrance fallen from heaven Mike a
meteorite, but it is a chosen Channel of God's seif disclosure.
Like preaching it is a proclamation or ministration of God's
Word and is never to set off by itself as having a value inde-
pendent of this proclamation. The chapter in the original conclu-
des with a consideration of the contemporary tenability of Luther
's view. This section, with the author's consent, has been
omitted in the translation. I am sorry, because I found it very
illuminating.

The remaining chapters will have to be summarized in a
sentence or two each. The chapter on dying shows how Luther
deepened the familiär medieval treatments of the theme. The
one on the Church defines it as „the people of God living from
the Word of God". The Church is invisible, but there are visible
tokens of her presence in that the Word is preached and the
sacraments administered. Within the Church there are tares and
wheat, bitt the dividing line is not so much between individuals
as within the breast of each member. The chapter on God's grace
and man's expiation makes piain that the very essence of Luther
's teaching consists in this that man cannot make any sott
of expiation but must rely solely on God's grace. In the case
of nature Luther saw the „fervent indwelling of God", which
leaves no room for astrological determinism. History, Luther
perceived, confronts us with an enigma, for God raises up and
casts down with apparent arbitrariness. Yet all of His acts are
either judgment or mercy and even in the rumult of His judg-
ments His gifts are not withdrawn. The nation (Volk) belongs
to the order of nature, which is of God, but a people may adopt
a religious position which is rejected by God. This did happen,
Luther held, in the case of the Jews. And this is the extent of
his „anti-semitism", which had nothing to do with blood. On the
question of the State and the relations of Church and State, Bornkamm
declines to enter upon a discussion in so brief a com-
pass, except to point out that Luther did not eonsider the
government as such to be commissioned to perform ecclesiastical
functions. The chapter on the Gospel and the social Order con-
siders Luther's attitude to the demands of the peasants and his
views on usury. The section on his translation of the New Testament
discusses his sources and tools and makes piain the
tremendous significance of his achievement The concluding
portion brings to mind that Luther, who in his life had gone
through agonizing struggles of soul, in his death was serene
and confident.

New Hoven / Conn. Roland H. B a i n t o n

Fagerberg, Holsten: Die Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften
von 1529 bis 1537. Übers, v. Gerhard Klose.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1965. 332 S. gr. 8°.
DM 28,-; Lw. DM 32,-.

Ein rundes Vierteljahrhundert liegt zwischen der hier anzuzeigenden
Arbeit des Uppsalaer Dogmatik-Dozenten und den
letzten großen Darstellungen der Theologie der lutherischen
Bekenntnisschriften (= BS) von E. Schlink und F. Brunstäd.
Die Gründe für ein derartig langes Schweigen hinsichtlich dieses
Themas können hier nicht in extenso erörtert werden. Zweifellos
wird man es aber nicht allein durch den (gewiß zutreffenden
) Hinweis auf die (eine erneute Behandlung vielleicht überflüssig
machende) Qualität der Sch.sehen und B.schen Untersuchungen
oder durch die (sicherlich nicht falsche) Feststellung
einer „Ermüdung" und eines daraus folgenden Desinteresses
der Forschung (oberflächlich verstanden!) hinreichend erklären
können. Der eigentliche Grund dürfte vielmehr in der prinzipiellen
Problematisierung des Tatbestandes und vor allem der
Kategorie der „kirchlichen Bekenntnisschrift" zu sehen sein. Ist
diese (hier nur andeutungsweise vorgenommene) Analyse der
forschungsgeschichtlichen Situation richtig, so verwundert es
allerdings, daß die Darstellung F.s von solcher grundsätzlichen
Problematik und Frag-Würdigkeit einer „Theologie der lutherischen
BS" nichts erkennen läßt. Es bleibt offen, welchem Zweck
sie dienen soll, wenn nicht dem der Förderung unserer historischen
Kenntnisse und Erkenntnisse. Zwar ist anzuerkennen, dafj
F. den hohen, aber zweifelhaften Anspruch seiner Vorgänger,
„Prolegomena zur Dogmatik" (Schlink1) bzw. ein „Repetitonum
der Dogmatik" (Brunstäd) vorzulegen, wenigstens expressis ver-
bis nicht wiederholt und auch keinen vergleichbaren Anspruch
erhebt. Doch ist ungewiß, ob man ihm schon deshalb ein
grundsätzliches Abrücken von derartigen Ansprüchen unterstellen
darf. So ist man letztlich hinsichtlich dieser Arbeit höchst
unsicher und ratlos: „Cui bono?" Darum weifj man z. B. auch
nicht, ob das an sich einschränkungslos zu bejahende Vorhaben
F.s, die BS einer sorgfältigen kirchen- und theologiegcschicht-
lichen Interpretation zu unterziehen, Ausdruck einer h i s t o r i-
5tischen Einstellung ist oder aber Ausdruck und Konsequenz
eines geschichtlichen Verständnisses kirchlicher
Lehrentscheidungen, Dogmen und Bekenntnisse (welches Verständnis
dann allerdings notwendig auch dazu zwänge, den
Begriff der Geltung dieser Entscheidungen usw. ebenfalls geschichtlich
zu fassen). Im zweiten Fall wäre F.s Arbeit uneingeschränkt
zu begrüßen als Beitrag einer sich bewußt konfessionell
verstehenden Theologie zur Anerkennung und Inangriffnahme
der Aufgabe eines geschichtlichen Verständnisses ihrer
selbst wie ihres Kirchcntums, soweit beide - Theologie wie Kir-
chentum - im kirchlichen Bekenntnis ihre Herkunft und ihren
bleibenden Grund sehen.

Die Arbeit F.s unterscheidet sich in Anlage und Durchführung
wesentlich von der seiner Vorgänger. Während diese die
BS als Lehre der Kirche und darum (!) als I.ehreinheit verstanden
und darstellten, legt F. Wert auf die Erhebung ihrer kirchen
- und theologiegeschichtlichen Verflochtenheit mit der theologischen
Tradition wie auch mit den zeitgenössischen kirchlichen
Geschehnissen. Hier ist es vor allem die alle BS-Aussa-
gen durchziehende und bestimmende Auseinandersetzung mit
der mittelalterlichen und zeitgenössischen katholischen Theologie,
die eine Einbeziehung und Beachtung eben dieser Theologie
bei der Interpretation notwendig macht. Mit dieser stärkeren
historischen Ausrichtung hängt es sodann zusammen, dafj auch
die Frage nach dem Einfluß der jeweiligen Verfasser auf die
von ihnen verfaßten bzw. redigierten BS prinzipiell ernstgenommen
, also nach dem etwaigen Zusammenhang der einzelnen BS
mit der spezifischen theologischen Konzeption ihrer Verfasser
gefragt wird. Am auffälligsten zeigt sich die historische Einstellung
schließlich darin, daß F. nur die BS „von 1529 bis 1537"
behandelt, also auf die FC verzichtet. Das hat „historische"
Gründe: Die FC, durch ein halbes Jahrhundert von den anderen
BS getrennt, spiegelt so sehr eine „eigene Problematik"
wider, daß sie „besondere Erwägungen" erfordert (10). Ihr
gegenüber erscheinen die frühen BS so sehr als eigenständig
und unter sich weithin übereinstimmend, daß ihre Behandlung
als „einheitliche Gruppe" (10) gerechtfertigt ist. Zur Beurteilung
der so von F. vorausgesetzten Einheit ist wesentlich, daß sie
nicht, wie bei Schlink und Brunstäd, letztlich ekklesiologisch
vorausgesetzt, d. h. postuliert, sondern als geschichtliche Ein-