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Ausgabe:

1967

Spalte:

683-685

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Langgärtner, Georg

Titel/Untertitel:

Die Gallienpolitik der Päpste im 5. und 6. Jahrhundert 1967

Rezensent:

Baader, Gerhard

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Ebenso ist die Ausdeutung der 6. Bitte bei dem Tübinger
Universitätslehrer sehr umfangreich (tec. 77.A-78.U). Wer und
was löst die Versuchungen im Menschen aus? Unser Magister stellt
eine Liste über die Mannigfaltigkeit der Versuchungen nach
Wilhelm von Alvernes auf, und stellt darin u. a. fest, daß
gerade der Friedenszustand eine schwere Versuchung für den
Christen darstelle. Biel fragt: „Wie kann der Mensch den
Versuchungen widerstehen?" 17 Regeln - von G e r s o n übernommen
- sollen dem Angefochtenen Hilfen sein. Er fragt: „Darf
man Versuchungen erstreben?" Der Teufel, als der große, listenreiche
Feind suche mit seinen Verschlagenheiten den Menschen zu
überlisten. Er wird von Biel als immerwährende und bedrohliche
Realität empfunden. Die Antwort des Tübinger Magisters gesteht
zu, daß die naturgegebene Kraft des Menschen nur unter großen
Schwierigkeiten den Versuchungen zu widerstehen vermöge.
Schließlich bemüht sich Biel um die Frage: Ist die Versuchung
eine Sünde?

Nur sehr kurz wird von unserem Autor die 7. Bitte und das
Schlußwort „Amen" kommentiert. Der Sinn der 7. Bitte
wäre der i Gott möge die Übel, d. h. die zukünftigen Strafen des
Purgatoriums und des ewigen Gerichtes in zeitliche Strafen umwandeln
. „Amen" wird von Biel nach Abwägung verschiedener
Deutungen mit „es möge geschehen" kommentiert. Am Beispiel
des Weibes aus Kana wird dem Leser deutlich gemacht, dafj eben
Glauben und gute Werke das Gebet zu bestimmen haben.

Ein wertvolles religiöses Gut bieten die 10 Gebete, die Biel den
einzelnen Bitten und der Gesamtkommentierung des Herrengebets
anfügt.

Das Material, das dieser 3. Band der Expositio im religiösen
Bereich auch im Hinblick auf die Gebetshaltung Luthers bietet, ist
besonders in der reichlichen Verwendung der Vätertradition und
der scholastischen Lehräußerungen umfangreich und wertvoll.
Damit zeigt die Expositio ihren wahren Charakter als Collektorium
nach dem Willen des Autors. Es wird dadurch auch dem Leser der
große Abstand zum reformatorischen Luther deutlich werden.
Dieser Band dürfte eine religiöse Schlüsselstellung gegenüber den
religiösen Umschichtungen im Leben des Reformators einnehmen.
Der Glauben und der Intellekt Biels gehörte der Mutter Kirche,
deren Irrtumslosigkeit ein echtes Bekenntnis seines religiösen
Lebens war.

Dieser 3. Band ist zum intensiven Studium für die Theologen
und Religionslehrer aller konfessionellen Schattierungen höchst
empfehlenswert.

Marburg Rudolf D a m e r a u

Langgärtner, Georg, Dr. theol.: Die Gallienpolitik der Päpste
im 5. und 6. Jahrhundert. Eine Studie über den apostolischen
Vikariat von Arles. Bonn: Hanstein 1964. 198 S. gr. 8° = Theo-
phaneia. Beiträge zur Religions- u. Kirchengeschichte des Altertums
, hrsg. v. F. J. Dölger f u. Th. Klauser, 16. Kart. DM 28.-.
Diese sehr verdienstvolle Arbeit, die zunächst als Dissertation
der Theologischen Fakultät der Universität Würzburg vorgelegen
hat, stellt sich die Aufgabe, die bis heute noch umstrittene Frage
nach Umfang und zeitlicher Dauer des Primats und des in seinem
Gefolge stehenden Vikariats der Arier Bischöfe in Gallien erneut
zu untersuchen, unter Würdigung der tiefer liegenden Staats- und
kirchenpolitischen Gründe. (S. 17). Noch immer stehen sich in den
großen historischen Darstellungen die Meinungen unvermittelt
gegenüber: 417 habe Zosimus nur ein Primat, aber keinerlei
Vikariat geschaffen1 und der Vikariat selbst, sobald er durch
Symmachus errichtet worden war, sei von vornherein auf eine
landeskirchliche Grundlage gestellt worden2. Auf der anderen
Seite wird seit 417 der Bischof von Arles vorbehaltlos als Apostolischer
Vikar, d. h. als Stellvertreter des Papstes in seinem Bezirk,
unter Vergleich mit dem Bischof von Thessalonich bezeichnet3.
Die größeren neuen Lexika'1 nehmen schon eine vermittelnde
Stellung in der Beurteilung des Beginns des Vikariats ein, wenn

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sie dem Bischof von Arles im Jahre 417 nur die Stellung eines
von Rom abhängigen Vikars zuerkennen (Voretzsch) oder sagen,
daß sie dem eines Apostolischen Vikars für ganz Gallien gleichkam
(Baader). Auf dieser mittleren Linie bewegt sich auch L. Er zeigt,
daß die Ausbildung der Metropolitangewalt von Arles den Interessen
Roms wie auch denen von Arles entsprach i Rom kam ein
Gegengewicht gegen den Einfluß Mailands nicht ungelegen, und
die Bedeutung vor Arles war andererseits seit der Verlegung des
Regierungssitzes des Praefectus praetorio nach Arles noch vor der
Synode von Turin (398) ständig gestiegen (S. 37 f.). Es weist der
Vf. auch mit Recht darauf hin, daß die Privilegierung durch Zosimus
dem Arier Bischof einige Rechte verlieh, die einen Primat oder
Vikariat einleiteten (S. 33), wobei er außer den sonst erwähnten
drei Rechten ein viertes aus dem Zosimusprivileg herausarbeitet,
nämlich die Aufgabe, die kirchlichen Verhältnisse in ganz Gallien
zu regeln (S. 31). Der Arier Anspruch war nie unbestritten und
erfuhr auch durch Rom manche Einschränkung, als Anfang des
5. Jhdts. Mailands Stellung schwächer zu werden begann. Der Vf.
zeigt, wie zunächst die umfassende Arier Metropolitanhoheit eingeschränkt
wurde (S. 55); nicht zustimmen kann man jedoch seiner
Meinung, daß die Aufhebung der Arier Metropolitanrechte für den
nördlichen Teil der Provincia Viennensis die Herstellung von
bereits auf der Turiner Synode erfolgten Ordnungen gewesen wäre
(S. 56). Sie ist vielmehr eine Neuerung durch Bonifatius I. Keinesfalls
werden aber bereits von Bonifatius I. und Cölestin I. die Arier
Metropolitanrechte völlig aufgehoben, wie noch W. Völker5 meinte
(S. 61). Dies erfolgte nur kurzfristig unter Leo I. (S. 188), als
Bischof Hilarius von seinen für Rom gefährlichen Primatialrechten
unbeschränkt Gebrauch machen wollte (S. 72); mit Recht betont
daher der Vf. die geringe Wirkung des Zosimusdekrets, soweit es
die Vorstufe zum Vikariat betraf (S. 96 f.). Doch Leo I. stellte 450
nicht nur die Arier Metropolitanhoheit wieder her, er nahm auch
eine Beauftragung von Bischof Ravennius von Fall zu Fall vor,
sein Nachfolger Hilarus erteilte sogar 462 Bischof Leontius den
Auftrag, regelmäßig gesamtjallische Synoden abzuhalten (S. 188 f).
Das sind Schritte auf Primatial- und Vikariatsrechte hin, wie der
Vf. zeigt (S. 93). Keinesfalls darf man von Einschränkungen der
Begünstigung von Arles sprechen, so wie es Caspar11 tut, indem
man bei jeder päpstlichen Maßnahme einen Vergleich mit dem
Zosimusprivileg anstellt (S. 97). Die politischen Wirren in Südgallien
veranlaßten Symmachus 513, Bischof Caesarius durch die
Verleihung des Palliums auch formell als apostolischen Vikar zu
bestätigen (S. 138); richtig betont der Vf., daß die ausdrückliche
Erwähnung der „vices" des Apostolischen Stuhls bei Bischof Auxa-
nius nur die Bestätigung eines bereits vorhandenen Zustands bedeutete
(S. 150). Und diese Errichtung des Apostolischen Vikariats
erfolgte nicht auf landeskirchlicher Grundlage, wie der Vf. zeigen
kann, sondern mit der Absicht, den römischen Einfluß durch die
Autorität des Arier Bischofs über ganz Gallien auszudehnen, um
die zufällige politische Aufteilung zum Wohle der Kirche nicht anzuerkennen
(S. 136). Die politischen Verhältnisse gaben aber
Caesarius nie die Möglichkeit, seine Vollmachten als apostolischer
Vikar für Gallien je auszuüben und auch seine Nachfolger blieben
auf ihr Teilreich beschränkt (S. 140); trotzdem kann der Vf. im
Gegensatz zu E. Loening7 zeigen, daß der Vorrang der Arier
Bischöfe auf den Synoden und bei den fränkischen Königen anerkannt
war (S. 189). Es erweist jedoch gerade die eingehende
Darstellung des Höhepunkts des Vikariats von Arles durch den Vf.
(S. 107 ff.) die engen Grenzen, die der Tätigkeit der Arier Bischöfe
zu jeder Zeit gesetzt waren. Wohl erfolgte erst unter Gregor I.
ihre Beschränkung auf das Gebiet Childebert II. (S. 172), tatsächlich
war sie aber bereits viel früher vollzogen, wie auch der Vf.
zugeben muß (S. 174) in Modifizierung von Loenings These. Daran
ändert auch die Tatsache nichts, daß sich der Papst an den Arier
Bischof halten mußte, wollte er sich überhaupt in Gallien Geltung
verschaffen (S. 165). Leo I. erkannte als erster den schwindenden
Einfluß von Arles; er wollte sich bei seinen Plänen zur Reform der
gallischen Kirche auch des übrigen Episkopats, besonders auch des

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 9

') So z. B. J. Haller, Das Papsttum lJ S. 515.

2) So z. B. E. Caspar, Geschichte des Papsttums II S. 126 u. ö.

3) So z. B. K. Bihlmeyer - H. Tüchle. Kirchengeschichte I15 S. 321.

4) E. A. Voretzsch, in RGG3 I Sp. 608 und G. Baader, in: LThK2 I Sp. 864.

5) Studien zur päpstlichen Vikariatspolitik im 5. Jhdt. I, in: ZKG 46 (1928),
S. 364.

6) a. a. O. II S. 11.

') Geschichte des deutschen Kirchenrechts, Straßburg 1878, II S. 83 f.