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Ausgabe:

1967

Spalte:

678-680

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Weijland, Hendrik B.

Titel/Untertitel:

Augustinus en de kerkelijke tucht 1967

Rezensent:

Lof, Laurens Johan

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 9

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Bistum und seinen Grenzgebieten" (S. 33). Wenn R. die Bischöfe von Meißen in
möglichst heiies Licht stellen möchte, so sollte das doch nicht auf Kosten so
großer Gestalten wie Adalbert von Prag oder Brun von Querfurt geschehen;
Brun ist doch auch in das ihm zugewiesene Arbeitsfeld gegangen! Was wissen
wir denn von der Mission im Raum Meißen? R. behauptet: „Stützpunkte für sein
Wirken waren die Burgwarde mit ihrer deutschen Besatzung. Seine eigentliche
Seelsorgearbeit aber galt der Bekehrung der slawischen Bevölkerung" (S. 37).
Es wäre schön, wenn es so gewesen wäre, aber es ist quellenmäßig nicht zu
belegen. Thietmar von Merseburg ist die ergiebigste Quelle; er bescheinigt
seinem Amtsbruder in Meißen „Taufen, unablässiges Predigen und Firmen";
dos aber trifft doch für jeden aktiven Geistlichen zu! Auch von Eilward (1016-23)
sagt R., er habe das Missionswerk fortgeführt (S. 41), obwohl auch hier kein
Beweis dafür vorliegt. Im Schlußsatz des Vorwortes wird das Problem ausgesprochen
: „Die Verfasser waren bemüht, die Dinge kritisch aber auch in aller
Pietät darzustellen". Zuweilen haben sich die Verfasser zu stark mit ihren
Helden identifiziert und die Kritik zurückgestellt. Als 982 das Bistum Merseburg
vorübergehend aufgehoben wurde, bedauert R., daß Meißen zu wenig abbekam:
Weites Land, „das eigentlich Meißen hätte zufallen müssen, kam an Magdeburg
" (S. 15). Mit Staunen liest man von der „Tatsache, daß im Jahre 1064 in
Augsburg die Gebeine der hl. Afra aufgefunden wurden . . ." (S. 49). Hat hier
nicht die Pietät ein Übergewicht über die Kritik erlangt?

Die Reihe der von Seifert behandelten Bischöfe eröffnet
Bernhard von Kamenz (1293-96), der seine Wahl möglicherweise
dem Einfluß des Böhmenkönigs verdankt, der für Meißen noch
oft von Bedeutung sein sollte. Im Domkapitel beginnt die
»Wandlung vom geistlichen Amt zur ständischen Würde und
Versorgstelle" (S. 207). Bei den folgenden Bischöfen gibt S. zuerst
stets einen Überblick über die Familiengeschichte, da es
sich fast ausschließlich um Adlige handelt: Adalbert von Leis-
nig (f 1312), Withego II. von Colditz (f 1342), Johann von
Eisenberg (f 1370). Letzterer wurde 1365 dem Prager Erzbischof
unterstellt und aus dem Zusammenhang mit Magdeburg gelöst;
doch setzte sich diese päpstliche Maßnahme nicht voll durch
(S. 233/34). Konrad II. von Kirchberg (f 1375) verdankte sein
Bischofsamt wohl primär dem Einfluß der Wettiner, die steigende
Bedeutung für Meißen gewannen (S. 247/48). Eine interessante
Episode bilden die Jahre 1376-79: Johann von Jenzen-
stein wurde als 26jähriger Bischof in Meißen, ehe er Erzbischof
von Prag wurde (S. 253-64). Thimo von Colditz (f 1410) erlebte
die problematische Exemtion Meißens sowohl von Magdeburg
wie von Prag (S. 274/75). Es beginnen die Auseinandersetzungen
mit den Hussiten, die besonders Johann IV. Hofmann
(1427-51) zu führen hatte. Er war ein Bürgersohn, der 1409
von Prag nach Leipzig ausgewandert war, wo er 1413 Rektor
der Universität wurde. Bis zur Reformation sind dann nur noch
sächsische Adlige Bischöfe von Meißen geworden. Unter Caspar
von Schönberg (1451-63) führte Nikolaus Cusanus eine Kloster-
reform in der Meißner Diözese durch (S. 139), gleichzeitig hören
wir von einem ersten Ketzerprozeß gegen Waldenser in Zwik-
kau. Immer deutlicher werden die Mißstände, S. spricht offen
vom „Verfall des mittelalterlichen Kirchenwesens" (S. 332). Die
Landesfürsten drängten auf Reformen, seltener die Bischöfe von
Meißen. Johann VI. von Salhausen widersetzte sich sogar offen
S. 350 ff). S. spricht von der „Tragik, daß Herzog Georg für
seine Bemühungen um die Reform der Kirche des Landes beim
Bischof keine Stütze und Hilfe fand" (S. 355). Johann VII. von
Schleinitz (1581-37) bekämpfte die Reformation; er wollte „die
Widerspenstigen und Störer der kirchlichen Ordnung dem Gerichtsverfahren
mit Tortur unterwerfen und sie je nach Größe
des Vergehens heimlich oder öffentlich hinrichten lassen" (S. 365).
S. urteilt dazu: „Bei all seinem guten Willen vermochte er den
Verfall der Kirche im Bistum nicht aufzuhalten" (S. 367). Johann
VIII. von Maltitz wollte 1539 durch eine Reformschrift der Reformation
den Boden zu entziehen (S. 370/71). Nikolaus II. von
Carlowitz (1550-55) „trat als letzter unentwegter Kämpfer für
die bischöflichen Rechte und stiftischen Gerechtsame ein" (S. 377).
Der letzte Bischof von Meißen Johann IX. von Haugwitz wird
in schlechtes Licht gerückt; er unterschrieb 1579 die Konkor-
dienformel, trat 1581 zurück und heiratete 1582 seine Nichte.
S. urteilt: „Für die schwankende und doppelzüngige Haltung
dieses Mannes gibt es keine Entschuldigung" (S. 383).

Auch S. ist mehrfach der Gefahr erlegen, sich zu stark mit seinen Helden
zu identifizieren; er bezieht dann mitunter handfest mittelalterlich-katholische
Positionen. So bedauert er es, daß ab 1309 „die Lehnsherrschaft der Bischöfe
von Meißen über Dresden eine Formsache" wurde: „Wenn Bischof Albert in
dieser Angelegenheit keinen Erfolg hatte, so kann man ihm daraus keinen
Vorwurf machen, zumal er in dieser Sache erhebliche Anstrengungen gemacht
Wahrscheinlich hat Bischof Albert in dieser Angelegenheit sogar den
römischen Stuhl bemüht . . ." (S. 217). Ein ähnlicher Vorgang aus dem Jahre
1319 wird so beschrieben: „Die einheitliche Hoheit über die Elbe, die große
Wasserstraße des Landes, die im 13. Jhdt. von Pirna bis Belgern gereicht hatte,
war verlorengegangen. Aber Withego war nicht der Mann, der sich durch unabwendbare
politische Forderungen stören ließ. So griff er nach anderen bedeutenden
Straßenplätzen östlich und westlich Meißens aus" (S.225). Johann
von Jenzenstein wird gelobt: „Seine ganze Persönlichkeit paßt gut in die Reihen
der Männer um Gregor VII., die mit Leidenschaft für die Rechte der Kirche eintraten
und sich gegen Fürstenmacht und Fürstenwillkür im Bereich der Kirche
zur Wehr setzten. Es ist eine Tragik, daß bereits viele Geistliche für diesen
Gedanken keinen Sinn mehr hatten" (S. 258). Ein Hussiteneinfall von 1427 wird
mit grauenhaften Einzelheiten dargestellt; als Beleg liest man S. 293, Anm. 79:
Müller, Laubaner Kirchengeschichte, 33. Im Literaturverzeichnis steht neunmal
der Name Müller, aber keine Laubaner Kirchengeschichte. Abgesehen davon
müßte gerade bei der Übernahme solcher Greuelnachricht doch die Primärquelle
genannt sein. Die Entwicklung zum landesherrlichen Kirchentum ist nach S. das
eigentliche Übel: „Jetzt treten wir in einen Zeitraum, der die enge Bindung der
Bistümer an den Landesherrn mit sich bringt. In der Zeit der Glaubensspaltung
sollte diese Politik verheerende Auswirkungen haben" (S. 248). Dabei sagt S.
objektiv, daß gerade die Fürsten sich um Reformen bemühten und keine Unterstützung
bei den Bischöfen fanden. Oft genug werden auch Fehler der Kurie
getadelt: S. 271, 283/84, 318, 340, 376 u. a. Aber das führt nicht etwa zu einem
gewissen Verständnis für Luther. Die Reformation wird als „neue Bewegung"
bezeichnet, der gegenüber „der Bestand der Kirche" gehalten werden mußte
(S. 361). Zuweilen ist von der „alten Kirche" die Rede, doch wird peinlich vermieden
, von einer neuen Kirche oder gar von einer evangelischen Kirche zu
reden. Notfalls formuliert S.: Es „war fast das ganze katholische Kirchenwesen
im Bistum zertrümmert. Das evangelische Kirchenwesen fing an sich zu ordnen"
(S. 373).

Das Buch schließt an zwei ältere katholische Darstellungen
an: 1752 erschien die „Series Misnensium Episcoporum" des
Jesuiten L. Liegeritz; 1884 brachte E. Machatschek seine „Geschichte
der Bischöfe des Hochstifts Meißen" heraus, der jetzt
Folgendes nachgerühmt wird: Sie „korrigierte nicht nur manche
das Bild der Kirche verzeichnende protestantische Darstellung
seiner Zeit, sondern verschaffte auch den Katholiken des sächsischen
Raumes Zugang zur katholischen Vergangenheit des
Landes" (S. V.). Zweifellos verfolgt auch der hier besprochene
Band dieses Ziel.

Rostock Gert H a e n d ! e r

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

W e i j 1 a n d , Hendrik Bernard: Augustinus cn de Kerkelijke
Tucht. Een onderzoek naar de grenzen van de kerk bij Augustinus
tegen de achtergrond van het donatistisch schisma. Proef-
schrift. Kampen: Kok 1965. 227 S. gr. 8° = Theologische Aca-
demie Uitgaande van de Johannes Calvijnstichting te Kampen.
hfl. 11.25.

Dieses Buch, eine Doktorarbeit an der theologischen Akademie
der Johannes Calvijnstichting in Kampen, behandelt ein fesselndes
und kompliziertes Thema. Wenn wir in der hier folgenden Besprechung
namentlich kritische Bemerkungen machen, so ist
zweierlei in Abzug zu bringen. Erstens bezieht sich unsere Kritik
besonders auf Punkte, die der Verfasser für sein Thema eigentlich
nicht mal brauchte. Er hätte sie besser weglassen können und
hätte sich dadurch weniger verletzbar gemacht. Ist das vielleicht
eine Gefahr, welche artgemäß jede Dissertation bedroht? Zweitens
erfordert es ziemlich viel Raum, diese Kritik hören zu lassen, aber
das Sammeln vieler positiver, lobenswerter Elemente in diesem
Buche würde noch mehr Raum in Anspruch nehmen. Man lasse
sich also nicht irreführen, als ob wir diese Schrift nicht würdigten:
sie zeugt von viel darauf verwendetem Fleiß und hat eine große
Zahl vortrefflicher Stellen aufzuweisen!

Wir wollen nun die verschiedenen, schließlich mit einer Zusammenfassung
in französischer Sprache abgeschlossenen Kapitel
näher betrachten.

In der einleitenden Orientierung auf den Seiten 9 und 10 gibt
der Autor eine Zusammenfassung von dem, was er mit seinem
Buch beabsichtigt.

„Gegenüber einem krampfhaft Sichfestklammern an den letzten
Uberresten einer ecclesia sine ruga et macula, die wenigstens in
der Person der Amtsträger bewahrt bleiben mußte, um die Gabe
des Geistes und damit das Heil zu gewährleisten, stellte Augustin
seine großartige Konzeption von der Kirche als dem Liebesband
im Geiste, das durch ein gläubiges Verbundensein mit Christus in
der (auch sichtbar gedachten!) communio sanetorum seine wesentlichste
Gestalt und im Bruderband aller katholischen Christen auf
Erden seine unteilbare Einheit fand. Auf diese Weise befreite er
sowohl das Amt und die Bedienung der Sakramente wie die Zucht