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Ausgabe:

1967

Spalte:

673-674

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Eichholz, Georg

Titel/Untertitel:

Tradition und Interpretation 1967

Rezensent:

Schneider, Johannes

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Seite 1

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kennen ließen (S. 82-94). Ohne Bedenken wird jedoch zugestanden
, daß für den 2. Petrusbrief eine späte Abfassungszeit
anzunehmen sei. Abgelehnt aber wird die Meinung, durch diesen
„spätapostolischen Brief" werde die kritische Frage nach
Grenze und Mitte des Kanons gestellt. Denn „wer vermag es,
eine solche Mitte des Kanons festzustellen?" (S. 124). Katholische
Theologie wird vielmehr Zeugnisse des Frühkatholizismus
in den neutestamentlichen Schriften als Ausdruck dafür werten,
daß das Neue Testament in seiner Ganzheit „Zeugnis der umfassenden
, d. h. katholischen Wahrheit in der Fülle" ist. „Nur
einen Teil gelten zu lassen, ist Wahl, d. h. Häresie" (S. 125).

Zum rechten Verstehen des Neuen Testamentes gehört, wie
mehrfach eindringlich betont wird, auch die Gemeinschaft des
Glaubens, aus der der Exeget lebt und von der er lernt. Dieser
Gemeinschaft des Glaubens begegnet er im Chor der Stimmen
der Väter, die als erste das Wort des Neuen Testamentes
ausgelegt haben. Zweifellos haben sie dieses manchmal mißverstanden
wie z. B. die paulinische Eschatologie (S. 248) oder
das apostolische Zeugnis von Gottes Gnade und Wahl (S. 271).
Aber wie jede Auslegung, die sich ernsthaft um den Text bemüht
, wenigstens einen Teil seiner Kraft empfindet, so ist
auch aus den Worten der Väter für das Verstehen des neu-
testamentlichen Textes zu lernen (S. 308). Welch reicher Ertrag
dabei gewonnen werden kann, wird an den Abschnitten Rom. 6,
1-11; 13, 1-7.11-13 und einigen thematischen Durchblicken durch
die Erklärungen der Kirchenväter eindrucksvoll dargetan.

Widerspricht der Verf. auf der einen Seite Luthers Entscheidung
, die paulinische Rechtfertigungslehre als Mitte des Kanons
anzusehen (S. 124), so stimmt er auf der anderen Seite uneingeschränkt
seiner Exegese von Rom. 3,28 zu: „Dieses Wort
.allein' erhebt ohne Zweifel den echten Sinn des Spruches des
Paulus" (S. 177). Zu 1. Kor 7 wird man über den Satz nachzudenken
haben, die Ehelosigkeit sei „das eschatologische Zeichen
des Wartens der Kirche auf ihren Herrn" (S. 194). Der evangelische
Theologe begegnet hier einem Gesprächspartner, der
die Kunst der Exegese auf das beste zu üben und anzuwenden
versteht. Bei aufmerksamer Lektüre dieses gehallvollen Bandes
wird man ständig beobachten können, wie erstarrte Fronten
in Bewegung geraten sind und die wahrhaft ökumenische
Bedeutung, die dem gemeinsamen Fragen nach dem biblischen
Text eignet, hervortritt.

Göttingen Eduard Lohse

Eichholz, Georg: Tradition und Interpretation. Studien zum
Neuen Testament und zur Hermeneutik. München: Kaiser 1965.
233 S. 8° = Theologische Bücherei. Neudrucke u. Berichte aus
d. 20. Jahrh., 29. Neues Testament. Kart. DM 14.-.

Der vorliegende Band enthält eine Sammlung von Aufsätzen,
die der Vf. in verschiedenen Zeit- und Festschriften veröffentlicht
hat. Dazu kommen einige Beiträge, die bisher noch nicht
im Druck erschienen sind. Die meisten Untersuchungen sind
exegetischer Art; sie befassen sich in der Hauptsache mit synoptischen
und paulinischen Texten und dienen dem Zweck, das
Verhältnis von Tradition und Interpretation zu klären. Von
grundlegender Bedeutung sind die Skizzen „Die Aufgabe einer
Auslegung der Bergpredigt" und „Prolegomena zu einer Theologie
des Paulus", in denen der Vf. zu den bisherigen Forschungsergebnissen
Stellung nimmt und sie weiterzuführen versucht.
Das gleiche gilt von der Studie „Das Gleichnis als Spiel". Fast
überall spürt man den Einfluß der formgeschichtlichen Methode.
Obwohl der Vf. nicht immer zu wesentlich neuen Ergebnissen
kommt, ist es ihm doch gelungen, die literarische Eigenart der
nt. Autoren herauszuarbeiten. Beachtlich ist sein Bemühen, die
Texte so zu interpretieren, daß ihre kerygmatische Bedeutung
erkennbar wird. Das gilt besonders von der „Meditation über
1. Kor. 13". Einige Arbeiten haben es, im Anschluß an Paulus,
mit den ökumenischen und missionarischen „Horizonten" der
Kirche zu tun, in denen gezeigt wird, daß sich aus einer veränderten
Situation neue Aspekte für die Verkündigung ergeben.
Der Adressat der Botschaft forme die Botschaft mit. so daß die

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Interpretation der Tradition nicht von dem jeweiligen Hörer absehen
kann (Rem. 1, 18-25; 1. Kor. 9, 19-23). Die beiden letzten
Studien sind dem Problem der Hermeneutik gewidmet. Recht
instruktiv ist der Aufsatz über den „Ansatz Karl Barths in der
Hermeneutik". In die gegenwärtige Problematik führt die Aus-
•einanidersetzung mit dem Glaubensbegriff Gerhard EbeLings.
Häer zeigt der Vf. durch sehr beachtliche kritische Einwände
„Die Grenze der existentialen Interpretation" auf. Er macht ihr
den Vorwurf, daß sie die biblische Verkündigung verkürzt, weil
sie nicht das zum Ausdruck bringt, was die nt. Texte wirklich
sagen wollen.

Berlin Johannes Schneider

J 6 n s s o n, Jakob: Humour and Irony in the New Testament.

Illuminated by Parallels in Talmud and Midrash. Reykjavik:
Bökaütgäfa Menningarsjöds 1965. 299 S. 8°. Dan. Kr. 60,-.

La question de l'humour et de l'ironie que peuvent contenir
les textes bibliques a ete souvent abordee depuis quelques
annees. L'importante bibliographie donnee par l'auteur ä la fin
de son ouvrage en temoigne. L'originalite de la presente etude
reside d'abord dans la recherche des paralleles, annonces par le
titre, qu'offrent le Talmud et les Midrashim. D'autre part, une
partie importante des references de l'auteur est empruntee ä des
ecrivains de langues nordiques que le theologien de France ou
d'Allemagne connait peu. II faut etre tres reconnaissant ä
M. Jönnson d'introduire ainsi son lecteur dans un monde
inhabituel: nous ne dissimulons pas notre plaisir ä decouvrir
par exemple ce que Nathan Söderblom a dit de l'humour de
Luther. Peut-ötre peut-on regretter que ces apports ne soient
pas plus substantiels et que les citations en soient souvent faites
dans l'original sans traduetion.

Nous deplorons quelques imperfections formelles de cet
ouvrage: une certaine anarchie dans le Systeme de citations et
de references nuit beaueoup ä la lecture.

Cette lecture, cependant, est tres enrichissante. Bien que
l'auteur procede souvent par enquetes cursives des textes et
juxtapose les aneedotes, on saisit parfois un embryon de Synthese
et de systematisation. A juste titre, M. Jönnson renonce
ä faire une veritable »theologie de l'ironie« mais ses vues d'en-
semble auraient, ä notre avis. Du depasser la distinetion de trois
types d'humour dans le Nouveau Testament: celui desEvangiles
synoptiques, celui de l'Evangile johannique et celui de l'apötre
Paul.

Strasbourg Rene Voeltiel

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES
u. TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

Den Danske Kirkes Historie. Under Redaktion af Niels Knud Andersen
og. P. G. Lindhardt. VIII. Kopenhagen: Gyl-
dcndal [1966]. 383 S. m. 71 Abb. gr. 8".

Mit diesem Band ist die große (unter der Redaktion von Hai
Koch und Björn Kornerup begonnene) zusammenfassende Darstellung
der dänischen Kirchengeschichte zu Ende geführt. P. G. Lindhardt
, Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität
Aarhus, hat schon Band VII (1848-1900) und das meiste
von Band III geschrieben (Die Frömmigkeit im Spätmittelalter und
die Geschichte der Reformation bis 1536) und hat damit die größten
Beiträge zum Gesamtwerk geleistet. Das ist insofern auch natürlich
, als er seine sehr umfassende Forschung im wesentlichen der
dänischen Kirchengeschichte gewidmet hat. Was den hier zu
besprechenden Band betrifft, so standen ihm außer seinen eigenen
Vorarbeiten nur wenige frühere Forschungen zur Verfügung. Er
ist hauptsächlich darauf angewiesen gewesen, seine Urteile ausschließlich
auf Grund eigener Kenntnis des Quellenmaterials zu
fällen. Wenn dazu kommt, daß gerade die wichtigsten Ereignisse
und Verhältnisse in der dänischen Kirche in dieser Periode nur
wenig von außen beeinflußt worden sind, kann man sich gut vorstellen
, welche ungeheure Aufgabe ihm gestellt war. In den

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 9