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Ausgabe:

1967

Spalte:

607-608

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Theologische Arbeiten, Sammelband III 1967

Rezensent:

Schaeder, Hildegard

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bolik des Christusbildes. Zeitlich reicht der Umfang des Materials
von der frühen Kirche bis zu modernsten Gestaltungen.
Die Auswahl und Kommentierung der Bilder ist unter diesen
Umständen von großer Bedeutung.

Man kann sagen, daß es dem Verfasser gelungen ist, eine
reizvoll abwechslungsreiche und nicht alltägliche Auswahl zu
treffen. Allgemein bekannte Beispiele wie die frühchristliche
Steinplastik des Guten Hirten und der Thassilokelch fehlen
nicht. Im allgemeinen aber wird auf solche Beispiele zurückgegriffen
, die nicht in jeder populären Kunstgeschichte zu finden
sind. Nur in ganz vereinzelten Fällen ist die Auswahl nicht
überzeugend, so auf S. 83, wo durch einen photographischen
Trick der ferne Schattenriß einer Kathedrale hinter einer den
ganzen Vordergrund beherrschenden öden Straße erscheint und
dies als Sinnbild des Weges zum himmlischen Jerusalem gedeutet
wird. Im ganzen aber nimmt der Reichtum und die Vielfalt
des Gebotenen gefangen.

Der Verfasser verzichtet bewußt auf allegorisierende Auswüchse
, wie sie sich in der katholischen Symbolik früherer Zeiten
reichlich finden. Ihm kommt es auf das geistlich Bedeutsame
in der Symbolsprache an. Das ist im wesentlichen von
überkonfessionellem Wert. Aber der Verfasser vermeidet es
nicht, auch solche spezifisch römisch-katholische Bräuche einzu-
beziehen, die dem Nichtkatholiken befremdlich sind. So wird
auf S. 35 der Kerzenritus des gegen Halserkrankungen angewendeten
Blasiussegens dargestellt. - Als wichtige Beobachtung
allgemeiner Art ist die Ambivalenz der Symbolsprache zu vermerken
(S. 39).

Von besonderem Interesse ist die theologische Ausdeutung
und Auswertung des Materials. Hier wirken sich geistliche Bewegungen
innerhalb des heutigen Katholizismus aus, die in der
Sicht eines evangelischen Beobachters verheißungsvoll erscheinen,
und die auch auf dem 2. Vatikanum sich zu Worte gemeldet
haben. Nachdrücklich wird die Christozentrik aller echten Symbole
betont, die in ihrer Fülle letztlich auf die zentrale Wahrheit
bezogen sind. Diese definiert Sauser mit den drei Worten
»Christus, Kirche, Gnade" (S. 13). Das christozentrische Moment
erscheint vielfältig in der Kommentierung des Bildmaterials. Auf
S. 53 wird es sogar kritisch hervorgehoben. Dort wird zu den
individuell gestalteten Heiligen eines spätgotischen Flügelaltars
bemerkt, daß sie, „auch wenn sie das Bild der communio Sanc-
torum bieten, von Christus, der alleinigen Kraftquelle, ablenken
". Maria wird wesentlich als Symbol der Kirche gesehen (S.
56 u. a.). Bezeichnend sind auf S. 69 ff. die grundsätzlichen Ausführungen
über das Gotteshaus, das nicht primär als „Hülle
für das Verweilen des eucharistischen Herrn im Tabernakel"
verstanden werden soll, sondern als Haus der Gemeinde, wo
„das Volk Gottes sich gerade im eucharistischen Opfer zusammen
mit Christus immer wieder als Kirche im tiefsten Sinne
konstituiert". Es fehlt nicht an Hinweisen, daß die in der Symbolsprache
vielfach hervortretende Glorie „sub cruce tecta" ist,
um reformatorisch zu sprechen. Die modernsten Kirchenbauten
werden in ihrer Großlinigkeit und Einfachheit im Sinne dieses
Kirchenbegriffs interpretiert. Zu der modernen Kirche von St.
Michael in Frankfurt bemerkt der Verfasser erklärend: „Wichtig
erscheint für die Symbolik dieses Gotteshauses der Blick vom
Taufbereich zum Altar, Sinnbild des christlichen Weges vom Geschenk
des allgemeinen Priestertumes (!) in der Taufe zur Aktivierung
dieser Gabe im kultischen Mitvollzug des eucharistischen
Opfers" (S. 95).

Das Buch ist ein markantes Beispiel für einen modernen
Katholizismus, der vielem aufgeschlossen ist, was protestantischer
Sicht entspricht, der aber doch seiner katholischen Grundposition
durchaus sicher bleibt.

Weimar Wolfgang Schanze

Theologische Arbeiten. Sammelband III. Moskau: Verlag
des Moskauer Patriarchats 1964 [1966]. 204 S. russisch,
4 slawische Handschriften-Fotokopien.
Den Sammelbänden 1/1959 und H/1961 (angezeigt in THLZ
1961, Sp. 473 bzw. 1966, Sp. 134) schließt sich ein dritter Band
an. Er behandelt ein biblisches, zwei patristische und ein kir-

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chenrechtlich-ökumenisches Thema und gibt eine kommentierte
russische Übersetzung einer zum Teil nur in slawischen Fragmenten
erhaltenen griechischen Väterschrift:

Professor Erzpriester N. K. Speranskij, Rektor der
Leningrader Geistlichen Akademie, „Der Hl. Apostel und Evangelist
Matthäus". Eine historisch-exegetische Skizze mit Verwendung
älterer, insbesondere deutscher, westeuropäischer Literatur
und in Auseinandersetzung mit der russischen Forschung, insbesondere
mit dem international bekannten Theologen N. N.
Glubokowskij (gest. in den dreißiger Jahren).

Dozent W. Ssarytschew, „Die Lehre der Hl. Väter von
der Gotteserkenntnis". Sie wird entwickelt hauptsächlich aus den
griechischen Vätern des 4. bis 6. Jhs. und der griechisch-russischen
Sammlung der Väterschriften des 4. bis 14. Jhs. „Philo-
kalia/Dobrotoljubie". Der Artikel schließt:

„Das Leben der hl. Väter zeigt, daß die Gotteserkenntnis
nicht etwas Abstraktes und Unerreichbares ist. Ihre Schriften
über die Möglichkeit der Gotteserkenntnis durch den Menschen
zeugen von wirklicher geistiger Vollmacht/vedenie, obwohl sie
aus Demut und Liebe andere betrachten. Diese Schriften sind
durchdrungen vom Geist einer Vollmacht, die Gott als lebendiges
und dem Menschen nahes Wesen zeigt, das hauptsächlich
erkannt wird als LIEBE, denn Er sandte Seinen Sohn, um den
Menschen zum Sohne Gottes zu machen und ihn zum ewigen
Leben zu führen auf dem Wege dieser geistigen Erkenntnis...
So trägt die Lehre der hl. Väter über die Gotteserkenntnis bedeutend
dazu bei, das orthodoxe Verständnis von dem Gott-
ähnlich-Werden des Menschen darzulegen".

Erzpriester L. A. Woronow, Dozent der Leningrader Geistlichen
Akademie, „Die Frage des Anglikanischen Priestertums
im Lichte der russischen orthodoxen theologischen Wissenschaft".
Von den Anfängen der praktischen englisch-russischen Auseinandersetzung
über diese Frage in den sechziger Jahren des 19.
Jhs. wird das Problem durchverfolgt bis zur Redaktion des
Common Prayer Book von 1928 - ohne Erwähnung der russisch
-englischen Konferenz von 1956 (vgl. meinen Dokumentarbericht
in ökumenische Rundschau, Stuttgart 1957) und mit Hinweis
auf die Verneinung der Gültigkeit der anglikanischen Weihen
durch Papst Leo XIII. 13.9.1896, der sich der russische
Referent nicht formal und in der Begründung, aber der Sache
nach und im Sinne der russischen Tradition anschließt.

P. A. Tscheremuchin, „Die Lehre vom Heilswerk der
Rettung in der byzantinischen Theologie", nachgewiesen an den
Theologen des 12. Jhs. Nikolaos von Methone, und des 14. Jhs.
Nikolaos Kabasilas und Nikita Akominates, mit einer einführenden
„Charakteristik der byzantinischen Theologie", die gekennzeichnet
wird als Rechtgläubigkeit, tiefe Wechselbeziehung zwischen
Theologie und wahrhaft orthodoxer geistlicher Erfahrung,
Realismus und Ontologismus, negative Theologie, Betonung der
Soteriologie, Traditionalismus und Liturgismus - wobei diese
Abstrakta ohne negative Nebenbedeutung zu verstehen sind.

Bischof (inzwischen Erzbischof) Michael Tschub, „Der Dialog
des Hl. Märtyrers Methodios (+ 311) ,Über die Willensfreiheit
", russische Übersetzung, Erläuterung und Einführung -
aufgrund eingehender Vergleiche der griechischen und slawischen
, einander zum Teil ergänzenden Handschriften aus russischen
und rumänischen Archiven.

Frankfurt / Main Hildegard Schaeder

Kirchliches Jahrbuch für die Alt-Katholiken in Deutschland
1967. Mit Jahresweiser und kirchlichem Behördenverzeichnis.
Im Auftr. d. Katholischen Bistums Bonn der Alt-Katholiken in
Deutschland hrsg. v. B. Schöke. 66. Jahrgang. Bonn (Gregor-
Mendel-Str. 28): Verlag des Bistums Bonn. 79 S. m. Abb. gr.
8°. DM 3.-.

Das vorliegende Jahrbuch, in Aufmachung und Anlage den
voraufgegangenen Jahrgängen ähnelnd, befaßt sich mit den beiden
europäischen Kirchen, die - in der Zeit der Reformation
neu geformt - ihrem Gepräge und ihrer Verfassung nach der
alt-katholischen näher stehen als die eigentlichen „Reformations-
Kirchen". Mit einer von ihnen, der „Anglikanischen Kommunion",

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 8