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Ausgabe:

1967

Spalte:

606-607

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Jungmann, Josef Andreas

Titel/Untertitel:

Symbolik der katholischen Kirche 1967

Rezensent:

Schanze, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 8

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halb der Kapitel geht Verf. so vor, daß er in mehreren Abschnitten
das jeweilige Problem herausstellt, durch ausführliches
Zitieren verschiedener Autoren deren Stellungnahme dazu darlegt
. Daran Schliefjen sich dann (wieder in mehreren Abschnitten)
kritische Anmerkungen an.

Die Fülle des dargebotenen Materials kann ich hier nicht annähernd
wiedergeben. Die Kanongeschichte wird eingehend behandelt
, besonders ausführlich ihr Abschluß durch das Triden-
tinum. Sehr instruktiv ist dann auch die Darstellung der späteren
Interpretationen der Konzilsbeschlüsse (insbesondere zum
Verhältnis Schrift und Tradition). Die Forderung apostolischer
Autorschaft als criterium canonicitatis wird abgewiesen. Die ntl.
Schriften sind eine Schöpfung der Kirche. Ebenfalls kann der
-evangelische Inhalt" nicht als zureichendes criterium canonicitatis
angesehen werden, weil dann die jeweilige (je differenzierte
) Christologie den Maßstab liefern würde.

Wie aber, wenn man beides kombiniert? Man müßte dann
allerdings beide Probleme zusammen behandeln; und nun ergibt
sich die Frage, ob die Darstellung im Nacheinander nicht
eine unerlaubte Isolierung darstellt. So stört dann auch ganz
erheblich, dafj immer nur Teilaussagen evangelischer Forscher in
den einzelnen Kapiteln referiert werden. Verf. schreibt, er habe
-ernsthaft versucht, auf die anderen zu hören" und sich deshalb
-nicht gescheut, die anderen zu Wort kommen zu lassen" (S. 23).
Aber sind sie wirklich zu Wort gekommen? Daß Verf. diese Absicht
hatte und wahrscheinlich auch überzeugt ist, sie durchgeführt
zu haben, soll nicht bestritten werden. Er zitiert auch
nicht falsch. Aber die Aussagen werden in die systematische
Gliederung des Verf. eingeordnet. Nun stehen nebeneinander
Zitate aus verschiedenen Jahrhunderten und Zitate von solchen
Theologen, deren Konzeptionen weit voneinander abweichen.
Das eigentliche Anliegen der Forscher kommt dabei nur selten
zum Ausdruck. Das hätte auch nur geschehen können, wenn
Verf. gefragt hätte, wie die verschiedenen Theologen die von
ihm zitierten Teilaspekte des komplexen Problems selbst miteinander
verbinden. So informiert das Buch auch nur sehr bedingt
über die doch sehr weit auseinandergehenden Meinungen
auf unserer Seite, denn es erscheint eine „evanglische Meinung",
die es so überhaupt nicht gibt. Spätestens hier fragt man: Für
wen ist das Buch eigentlich geschrieben?

Der zweite Teil trägt die Überschrift „Der Kanon als regula
fidei. Das Verstehen der heiligen Schrift" mit den Kapiteln 5:
„Die konkrete Schrift ist die Schrift, wie wir sie verstehen"; 6:
„Die reformatorische Schrift"; 7: „Die katholische Schrift". Hier
geht es also um die Hermeneutik. Das unumgängliche Vorverständnis
wird herausgestellt und dann die soziale Dimension des
Verstehens in die Diskussion eingeführt. Die soziale Dimension
aber ist die Dimension der Kirche. Nur in ihr kann sich authentisches
Verstehen der heiligen Schrift vollziehen. Dann ist aber
klar, dafj die Glieder der verschiedenen Kirchen gar nicht -dieselbe
" Schrift besitzen (S. 324), In der „reformatorischen Schrift"
ist das individualistische Moment vorherrschend. Da die Bibel
nicht mit Gottes Wort identisch ist, sie in ihren Aussagen fehlbar
ist, ist „das reformatorische Christentum fehlbar, und dies
nicht nur zufälligerweise, sondern prinzipiell und unausweichlich
" (S. 330). Nun steht die Schrift einerseits auf der Seite Gottes
, andererseits (weil sie fehlbar ist) auf der Seite des Menschen
- und die Kirche, die ja der Bibel gegenübersteht, steht
ganz auf der Seite des Menschen. Wie kann sie sich dann aber
an einer fehlbaren Urkunde orientieren?

Die katholische Theologie dagegen nimmt die Schrift in die
Kirche hinein. Die ntl. Schriften sind eine Lebensäußerung der
Urkirche, und so schließt „die Anerkennung des heutigen ntl.
Kanon . . . notwendig auch das Bekenntnis ein, daß eine kirchliche
Tradition zur Schrift selber gehört" (S. 353). So gehören
Schrift und Kirche zusammen. Der Kirche ist der Geist gegeben
. Sie kann unfehlbar verstehen, darum kann aber auch nur
in ihr die Schrift unfehlbar gehört werden. „Die einzige Stimme,
die beim Verständnis der Schrift mitgehört werden darf, ist die
Stimme des pneumatischen Selbstverständnisses der Kirche Christi
" (S. 376).

Aber wenn diese mitgehörte Stimme nun etwas Falsches
sagt? Der Verf. würde darauf antworten: Das kann nicht sein. -
Und in der Tat: Von seiner Voraussetzung aus kann es auch
nicht sein. Es ist kein Zufall, daß im letzten Kapitel durchgehend
nicht mehr argumentiert, sondern - bekannt wird. Ein
Bekenntnis entzieht sich aber der Diskussion.

Ich möchte darum nun auch nicht mehr darauf eingehen,
daß das Bild des Verf. von der Kirche der Reformation doch
wohl etwas einseitig gezeichnet ist, sondern zum Schluß nur die
Frage stellen, ob angesichts der Position des Verf. überhaupt
noch ein Gespräch möglich ist. Zum echten Gespräch gehört doch
das Hören auf denn anderen, das die Bereitschaft einschließt,
u. U. den eigenen Irrtum korrigieren zu lassen. Wer schon die
Möglichkeit des eigenen Irrens ausschließt, will kein Gespräch,
sondern nur die Belehrung. - Ein wirkliches Gespräch setzt dann
aber eine Größe voraus, an der die eigene wie die andere Meinung
gemessen werden können, d. h. man braucht einen „Kanon
" (wie immer man den bestimmt). Wenn Verf. es tadelt, daß
in der Kirche der Reformation die Schrift zu einem Gegenüber
der Kirche geworden ist, dann würde ich ihm zugeben: Auf unserer
Seite ist oftmals (nicht überall) zu wenig beachtet worden,
was es heißt, daß die Kirche das Neue Testament geschaffen
hat. Es kann dann in der Tat nicht problemlos von dem Neuen
Testament als dem Gegenüber der Kirche gesprochen werden,
an dem sie sich ausrichten könnte. Wenn aber der Verf. den
Kanon in „die" (d. h. in seine) Kirche hineinnimmt, dann nimmt
er damit das Gegenüber fort, an dem eine Ausrichtung (eventuell
eine Neuausrichtung) der Kirche überhaupt möglich wäre.
Ein neues Gegenüber nennt er nicht. Damit aber bricht er das
Gespräch (als wirkliches Gespräch) ab. Soll es wieder aufgenommen
werden, müßte es wahrscheinlich die Ekklesiologie zum
Thema haben - und die Bereitschaft enthalten, einen „Kanon"
anzugeben, an dem die unterschiedlichen Ekklesiologien zu prüfen
wären. Ohne die Angabe eines von beiden Seiten akzeptierten
, außerhalb der Kirchen liegenden „Kanons" lohnt es sich
kaum, das Gespräch wieder zu eröffnen. Es können nur Monologe
herauskommen.

So schließt das Buch - jedenfalls für einen evangelischen
Rezensenten, dem am ökumenischen Gespräch liegt - mit einer
argen Aporie. Wir bewegen uns im Kreise. Verf. hat ihn nicht
aufbrechen können. Das Gespräch wird noch einmal beginnen
müssen. Vielleicht sollte man sich dann aber nicht die Aufgabe
stellen, die „Krise" der anderen Seite zu untersuchen, sondern
bei seinen eigenen Verlegenheiten einsetzen. Das würde
bestimmt weiter führen! - Und, haben wir davon nicht genug
auf beiden Seiten? Man wird ja nicht bestreiten können, daß
man das heute sieht - viel mehr als in früheren Jahrhunderten
. Aber diesem Buch spürt man das nicht ab. Für solche, die
das Problem kennen, ist die Lektüre des Buches eigentlich unnötig
. Solche, die das Problem nicht kennen, werden aber nur
unzureichend unterrichtet. Noch einmal: Für wen ist das Buch
(das einem ökumenischen Ziel dienen will) eigentlich geschrieben
?

Münster / W. Will! Marxsen

Sauser, Ekkart: Symbolik der katholischen Kirche. Tafelband
zu Band VI des Text Werkes. Stuttgart: Hiersemann
1966. 132 S. m. 103 Abb. gr. 8° = Symbolik der Religionen,
hrsg. v. F. Herrmann, 13. Lw. DM 52.-.
Es ist ein glücklicher Gedanke, die Schriftenreihe „Symbolik
der Religionen" durch Bildbände zu erweitern. Als deren erster
ist in Ergänzung zu dem entsprechenden Textband VI (Jungmann
, Symbolik der katholischen Kirche, vgl. ThLZ 1962, Sp.
222) der hier angezeigte Tafelband von E. Sauser erschienen.

Auf nur 103 Abbildungen das Gesamtgebiet der katholischen
Symbolik einzufangen, ist ein gewagtes Unternehmen, zumal
wenn man das Thema so weit faßt wie in diesem Buche. In
vier Abschnitten werden abgehandelt: I. Die Symbolik der Sakramente
, der Wortverkündigung und der rituellen Handlungen,
II. die Symbolik der Heiligen und ihrer Anfechtung durch de:i
Satan, III. die Symbolik des Kirchgebäudes, und IV. die Sym-