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Ausgabe:

1967

Spalte:

582-584

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lohfink, Norbert

Titel/Untertitel:

Das Siegeslied am Schilfmeer 1967

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Seite 1, Seite 2

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Diese Kritik soll nicht den Wert des Werkes schmälern,
sondern vielmehr dazu beitragen, daß durch die Berichtigung
der Versehen - vielleicht in dem ja noch zu erwartenden
weiteren Band mit der speziellen Einleitung - dem Leser wirklich
die Hilfe geboten wird, die dieses Buch leisten soll und
seiner Anlage und Konzeption nach leisten kann.

Halle/Saole Gerhard Wallis

Kenyon, Kathleen M., C. B. E., D. Litt: Amorites and Ca-
naanites. The Schweich Lectures of the British Academy 1963.
London: Oxford University Press (publ. for the British Academy
) 1966. XVI, 80 S. m. 40 Abb., 30 Taf. z. T. färb. gr. 8°.
Lw. 30 s.

Die Untersuchung dient einer Spezialfrage der israelitischen
Frühgeschichte, nämlich der Frage nach den Kanaanäern und
ihrer Kultur, die die Israeliten bei ihrer Landnahme vorfanden
und die sie weitgehend übernahmen. Da die Landnahme der
Israeliten sich über Jahrhunderte erstreckt, also keineswegs
nur in die Spätbronzezeit hineinfällt, kommt der These der
Verfasserin besondere Bedeutung zu, daß Mittelbronzezeit und
Spätbronzezeit mehr durch politische als kulturelle Wandlungen
getrennt seien und daher für beide eine kontinuierliche, im
wesentlichen kanaanäische Kultur anzunehmen sei.

Der Mittelbronzezeit vorauf geht eine Zeit des Übergangs
zwischen Frühbronzezeit und Mittelbronzezeit. Dieses Zwischenstück
in der Kulturentwicklung kann wesentlich nur aus den
Grabfunden erschlossen werden, da die Träger der „Zwischenkultur
" offenbar nomadische oder doch halbnomadische Krieger
und Hirten waren. Kenyon setzt sie mit den Amurru-Leuten
gleich ,die in dieser Zeit quellenmäßig nachweisbar sind (S. 8).
Diese Amurru haben die städtische Kultur der ausgehenden
Frühbronzezeit zerstört. Durch umfangreiche archäologische Vergleiche
an keramischen Erzeugnissen und an Metallarbeiten
kann die Verfasserin diese nichtseßhafte Bevölkerung auch in
Ras Schamra, Byblos und Oatna nachweisen. In Syrien und
speziell um Byblos herum sollen diese nomadischen Eindringlinge
mit der dort lebenden zivilisierten Bevölkerung verschmolzen
sein. Aus dieser Verschmelzung entstand die kanaanäische
Kultur, die in einer langsamen Infiltration von der
syrischen Küstenebene aus sich in Palästina ausbreitete, offenbar
von einigen Zentren aus, denn die Keramik der Mittelbronzezeit
I ist in Palästina nur spärlich vertreten ganz im
Gegensatz zur Mittelbronzezeit II. Wichtig ist der Hinweis der
Verfasserin, daß zu Beginn der Mittelbronzezeit in Megiddo,
Qatna, Ras el Ain und Ras Schamra sich Keramiktypen finden,
die bald aussterben und einer kontinuierlichen Entwicklung
in Formen und Techniken Platz machen. Die beste Beobachtungsmöglichkeit
hierfür bietet Jericho (S. 53-57 und Figuren
30- 32). Es bleibt für die These der Verfasserin die Schwierigkeit
, daß die Einwohner einiger Städte laut Ausweis des AT
sich noch fünfhundert Jahre weiter als Amoriter bezeichnen.
Das soll mit der Art der Übernahme der kanaanäischen Kultur
zusammenhängen, je nachdem ob sie freiwillig oder unter Gewalt
übernommen wurde.

Für das Ostjordanland lehnt die Verfasserin die These von
Glueck, daß die Gebiete von Edom, Moab und Gilead vom
20/18. bis zum 13 Jahrhundert unbesiedelt waren, ab, sie stellt
aber ihrerseits die These auf, daß die amoritische Kultur der
nomadischen Eindringlinge am Ende der Frühbronzezeit sich im
Ostjordanland fortgesetzt habe, da für die Zeit des Exodus der
Israeliten das Bestehen amoritischer Königreiche vorausgesetzt
wird (S. 64). Allerdings muß diese These durch neue Grabungen
im Ostjordanland unterbaut werden.

Die Verfasserin gibt zu, daß auf die kanaanäische Kultur
sehr viele andere Einflüsse eingewirkt haben. Kenyon führt als
Beispiel die Befestigungsanlagen und anderes (S. 65-72) an.
Eindrucksvoll ist die Karte der verschiedenen Orte, die gestampfte
Erdwälle als Befestigung haben (Fig. 36). Hyksos und
Hurriter mögen gleichmäßig an ihrer Anlage beteiligt gewesen
sein, wie der Teil el-jehudije bei Kairo und der nördlichste
Punkt der Karte, Karkemisch, ausweisen.

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Trotz der Hochschätzung der kanaanäischen Kultur, die nach
Meinung der Verfasserin äußerst lebensfähig und zäh gewesen
ist, gibt sie zu, daß die Israeliten trotz der Übernahme dieser
Kultur dennoch ihre religiöse Eigenart nicht verloren haben,
mithin ein Phänomen gegeben ist, das nicht mehr mit den Mitteln
der Archäologie geklärt werden kann.

Leipzig Hans B a r d t k e

Harrison, R. H. ft Healing Herbs of the Bible. Leiden:
Brill 1966. IV, 58 S. gr. 8". Hfl. 8.-.

Ein Spezialthema der hebräischen Kulturgeschichte sowie der
altorientalischen Medizingeschichte ist in dieser Schrift bearbeitet
worden. Auf Grund des biblischen Stellenmaterials - rund
130 Stellenangaben des Alten und des Neuen Testaments verzeichnet
das alphabetisch angelegte Register - werden die für
medizinische Zwecke verwendeten Pflanzen dargestellt. Dabei
unternimmt der Verfasser den Versuch, die verschiedenen Pflanzen
je nach ihrer medizinischen Verwendung zu klassifizieren.
So spricht er erst von den Pflanzen, die allgemein^medizinisch
gebraucht wurden, z. B. Aloe, Balsam, Cassia, Zedernöl, Galba-
num etc. Dann folgen die eßbaren, der Diät dienenden Pflanzen
, dann die schmerzstillenden Pflanzen sowie die Giftpflanzen
, schließlich die dem Stoffwechsel dienenden Gewächse wie
Anis, Koriander, Fenchel, Wermut. In einem besonderen Abschnitt
werden die in religiösen Riten gebrauchten Pflanzen behandelt
. Den Beschluß machen die Salböle und die Duftstoffe.
In einem besonderen Register sind die siebenundzwanzig hebräischen
Termini der Heilpflanzen zusammengefaßt. Die Schwierigkeit
solcher Arbeiten liegt naturgemäß in der Gleichsetzung von
Pflanzennamen und der tatsächlich gemeinten und gebrauchten
Heilpflanze. Der Verfasser weiß um die Schwierigkeit und zieht
daher die Parallelübersetzungen der Bibel heran, aber auch die
keilschriftlichen, die ägyptischen sowie dSe außerbiblischen griechischen
und lateinischen Quellen. Ferner hat er die einschlägige
Fachliteratur gründlich ausgewertet. So ist ein dem Umfang nach
kleines, aber wichtiges und zuverlässiges Werk entstanden, das
auch einen guten Beitrag zur Exegese des Alten und Neuen
Testaments darstellt, ganz abgesehen von seiner medizingeschichtlichen
Bedeutung.

Leipzig Hans B a r d t k e

Lohfink, Norbert S. J.: Das Siegeslied am Schilfmeer. Christliche
Auseinandersetzungen mit dem Alten Testament. Frankfurt
/Main: Knecht [1965J. 273 S. 8°. Lw. DM 16.80.
In dem vorliegenden Bande ist eine Reihe von Vorträgen
vereinigt, die N. Lohfink in den Jahren 1962 und 1963 bei
verschiedenen Gelegenheiten gehalten hat. Es handelt sich sämtlich
um Vorträge, die für einen weiteren Zuhörerkreis gedacht
waren. Den sehr lebendigen und an einprägsamen Formulierungen
reichen Vortrags*til hat L. auch in der gedruckten Ausgabe
seiner Vorträge beibehalten, was zweifellos dem populären
Zweck des Sammelbandes sehr zugute kommt. Ergänzende
Literaturangaben und einige Auseinandersetzungen mit anderen
Auffassungen sind in einen gesonderten Anmerkungsteil verwiesen
worden.

Die Vorträge behandeln sehr verschiedene Themen, denen
aber das gleiche Anliegen der Frage nach der Gültigkeit des
Alten Testaments für die christliche Gemeinde zugrunde liegt.
Zugleich bieten sie in der gebotenen Anordnung einen allgemeinverständlichen
Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche
der alttestamentlichen Wissenschaft. So eröffnet den
Sammelband ein Vortrag über „Das Werden des Alten Testaments
" (S. 11-43), in dem es L. gelingt, auf wenigen Seiten
die wichtigsten Ergebnisse und Methoden der Einleitungswis-
senschaft sehr anschaulich darzustellen. Von der speziellen Frage
nach der „Irrtumslosigkeit" der Bibel handelt der zweite Beitrag
(S. 44-80). Es folgt eine Exegese der „Erzählung vom Sündenfall
" unter besonderer Berücksichtigung der religions-, tradi-
tions- und redaktionsgeschichtlichen Fragestellung (S. 81-101).
Die folgende Arbeit behandelt das „Siegeslied am Schilfmeer"
von Ex. 15, wobei sich der Verf. grundsätzlich zum Problem

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 8