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Ausgabe:

1967

Spalte:

579-580

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Diehl, Carl Gustav

Titel/Untertitel:

Church and shrine 1967

Rezensent:

Mensching, Gustav

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Seite 1

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chung der bemerkenswerten Vereine in Mittelindien (Jabalpur),
die sich als religiöser Symbiose zwischen Muslims und Hindus
in drei Formen gebildet haben: den akhara (eine Art Turnverein
mit musisch-religiöser Erziehung, ein hinduistisches Gegenstück
zum Y. M. C. A.), tona vidya (.schwarze Magie",
eine Geheimgesellschaft hinduiistischer und muslimischer Zauberer
mit gemeinsamen Zauberritualen) und hal („Ekstase", eine muslimische
(Bruderschaft mit Hindumitgliedern!, die gemeinsam
muslimische Heilige verehren). Kennzeichen aller drei ist die
Tatsache, daß die Mitglieder, ohne ihre eigene Religion aufzugeben
, in einer anderen religiösen Gemeinschaft zu Hause sind
und sich so gegenseitig schützen aus einer gemeinsam gefühlten
Not heraus. - M. Philonenko, «Initiation et mystere
dans Joseph et Aseneth" (147-153): Gewisse Züge des Midras
„Joseph und Aseneth", dessen Neuausgabe Verf. vorbereitet hat;
deuten auf das Vorhandensein von jüdischen Konventikeln in der
Diaspora, die ein heiliges Mahl kannten, das aus Brot, Trunk
und Ölsalbung bestand, dessen geheimnishafter Sinn aber durch
die Szene mit dem Honig verdeutlicht wird: es ist Manna oder
Himmelsbrot (vgl. Ps. 78,25 LXX; Sap. Sal. 16,20). - Etwas
heraus fällt der Beitrag von D. F1 u s s e r über „Ctumran und
die Zwölf" (134-146), da er keine Initiation behandelt, sondern
durch Vergleich des Qumran-Pescher zu Jes. 54, 11-12 (4QpJes
b-d) mit Offbg. Joh. 21, 19-21 u. a. nt-liche Stellen über die
„Zwölf (Apostel)" auf eine Nachahmung des essenischen Vorbildes
durch Jesus schlie5t; auch der älteste Kreis der „Fünf
(Jünger)" sei jüdisch-rabbinischen Ursprungs (143f.) Ober A.
Antweiler s. o.

Obwohl die vorliegende Sammlung quasi nur „einführenden"
Charakter hat, sind wir dem Herausgeber und dem Verlag
dankbar für die Fülle von Material und Anregungen, die jeder
Leser, der sich mit dem Phänomen „Initiation" beschäftigt,
in ihr findet. Hoffen wir besonders darauf, daß sie Anregung
gibt, eine Phänomendogie und Religionsgeschichte der Initiation
nicht aus dem Auge zu verlieren.

Leipzig Kurt Rudolph

D i e h 1, Carl Gustav: Church and Shrine. Intermingling Patterns
of Culture in the Life of some Christian Groups in South India.
Uppsala: Universitetsbiblioteket 1965. III, 303 S. gr. 8" = Acta
Universitatis Upsaliensis, Historia Religionum, hrsg. v. C.-M.
Edsman u. G. Widengren, 2. Schw. Kr. 27.-.
Vor einigen Jahren (1960/62) erschien ein zweibändiges Werk
von R. K r i ß, „Volksglaube im Bereich des Islams" (O. Harrassowitz
, Wiesbaden), in dem auf Grund eingehender Lokalstudien
nachgewiesen wird, daß - wie auch in anderen Universalreligionen
- im Erscheinungsbilde des Islams eine breite Schicht vorislamischen
Glaubens und Aberglaubens als Volksglaube vorhanden
ist und fortlebt. Das vorliegende Buch nun offenbart dasselbe
Phänomen im Bereich des südindischen Christentums. Hier
handelt es sich um eine Fülle hinduistischer Kultformen, an denen
zum Christentum übergetretene Hindus weiter festhalten, obwohl
viele von ihnen zu den religiösen Anschauungen des Christentums
durchaus im Gegensatz stehen.

Der Verf. veröffentlicht in seinem Werk Material, das er
1953 in Indien und später durch Korrespondenz sammelte. Als
Hintergrund dienten ihm seine eigenen Erfahrungen während
seines Aufenthaltes in Indien (1932-1953), die er in einem 1956
erschienenen Buche „Instrument and Purpose. Studies on South
Indian Rites and Rituals" veröffentlichte. Viel Material verdankt
der Verf. Auskünften von Pfarrern, Lehrern und Studenten der
Tamil Evangelical Lutheran Church in South India.

Das Buch ist in sechs Abschnitte gegliedert, die, wiederum
sorgfältig unterteilt, folgende Lebensgebiete behandeln: die
Erscheinungswelt des Gottesdienstes mit all seinen Problemen
der Götterverehrung in christlichen Familien, der Teilnahme von
Christen an hinduistischen Tempelfesten; Riten der Initiation,
der Pubertät, der Heirat, Riten anläßlich des Todes und des Begräbnisses
; das Verhältnis zu Kaste und Polygamie, zum hinduistischen
Priestertum und zu den Behörden des Hindutums.
Wir empfingen hier ein überaus wertvolles Werk, das, ab-

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gesehen von den wichtigen Einsichten in die Erscheinungsformen
jungen Christentums und junger Kirchen in Südindien, reich ist
an Informationen religionssoziologischer Art, an denen es für die
außerchristlichen Religionsbereiche und für die christliche Diaspora
in ihnen noch fast völlig fehlt.

Bonn Gustav Mensching

ALTES TESTAMENT

Mayer, Rudolf: Einleitung in das Alte Testament. 1: Allgemeine
Einleitung. München: Hueber 1965. 168 S. 8°. Lw.
DM 11.80.

Dem in die Thematik der Einleitungswissenschaft einführenden
Vorwort (S. 11-13) entsprechend ist dieses Buch als Lehr-
und Orientierungsmittel für Studierende gedacht. Die Darbietungen
sind aus diesem Grunde knapp und auf die wichtigsten
Mitteilungen begrenzt. Die auf den Seiten 7-9 aufgeführten
Einleitungs- und Kommentarwerke sowie Lexika machen mit
dem wissenschaftlichen Schrifttum bekannt, die den einzelnen
Abschnitten vorangestellten Buch- und Aufsatzartikel sollen ein
tieferes Eindringen in das jeweilige Sachgebiet ermöglichen.

Die Kapitel I. „Der Bücherbestand und die Einteilung des
Alten Testamentes" (S. 15-17) und II. „Geschichte des alttesta-
mentlichen Kanons" (S. 18-28) erörtern die Problematik des
gesamten Kanons innerhalb des Judentums und der christlichen
Konfessionen, Kap: III. „Textgeschichte" (ß. 29 - 57) behandelt
Sprachen, Schriftformen, Schreibmaterial und Überlieferung des
Bibeltaxtes sowie die Arbeit der Masoreten, Kap. IV. „Die alten
Übersetzungen" (S. 58-97) erstreckt sich vom Targum bis zur
kirchenslavischen Übersetzung. Kap. V. „Textkritik" (S. 98-102)
widmet sich der Methodik und Zielsetzung der Arbeit am Text
auf Grund der Verschiedenheit der Überlieferungen. Das sehr
umfangreiche Kapitel VI. „Das Alte Testament und die Welt des
alten Orients" (S. 103-166) geht über den Rahmen der akademischen
Einleitungswissenschaft freilich hinaus und greift in
das Gebiet der alttestamentlichen Hilfswissenschaft hinüber. So
förderlich für den Studierenden solche Abhandlungen auch sind,
so bedauerlich ist es andererseits, daß der Autor aus Raumgründen
(S. 13) Ausführungen über literarische Gattungen, die
eine Einleitung heute nicht mehr entbehren kann, hat weglassen
müssen.

Das Buch ist aufs Ganze sorgsam gearbeitet, faßt gut zusammen
und dürfte seinen Zweck durchaus erfüllen. Interessant
ist, daß der katholische Autor die protestantische Literatur in
seinen Darbietungen wohl ausführlich berücksichtigt, durch die
Proportionierung jedoch die Schwerpunkte des katholisch-theologischen
Lehrbetriebes deutlich zu erkennen gibt.

Bedauerlicherweise ist eine Reihe von Ungenauigkeiten im
Text stehengeblieben, die gerade den, der an die Sache herangeführt
werden soll, verwirren müssen. Dabei dürfte die Weglassung
des Büchleins Ruth unter den kleineren Hagiographen
(S. 15) noch ein geringes Mißgeschick sein. Auf S. 30 z. B. wird
jedoch die Mesa-Inschrift in das 8., auf S. 46 dagegen richtiger
in das 9. Jahrhundert datiert. Nach S. 39 ist die aramäische
Schrift Quelle der griechischen Alphabete, nach S. 44 aber haben
die Griechen von den Phöniziern die Buchstabenschrift übernommen
. Die Keilschriftdokumente reichen nach S. 44 »vom 4.
Jahrhundert (!) bis zu den letzten Jahrhunderten v. Chr.". Auf
S. 31 wird „Gemeinsemitisch" in einer graphischen Darstellung
unterteilt in „West" und „Ost", während „West" aufgegliedert
wird in „Nordost" (!) und „Südost" (!). Das sind gewiß Versehen
, die dennoch in einem Lehrbuch vermieden werden müßten
. S .45 läßt den irrigen Eindruck entstehen, als seien in
Ugarit nur Tafeln in alphabetischer Keilschrift entdeckt worden.
Der „Dolmetscher" wird im Aramäischen nicht „targuman", sondern
„turgeman" vokalisiert (S. 59). Die Auswahl der den einzelnen
Kapiteln vorausgeschickten Literatur und Aufsätze wirkt
bisweilen etwas zufällig. So wird beispielsweise zu „Die Phönizier
; Ugarit" (S. 152) eine Reihe von Titeln genannt, während
zu „Die Moabiter" (S .150) nicht einmal A. H. van Zyl, The
Moabites (1960) angemerkt wird.

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 8