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Ausgabe: | 1967 |
Titel/Untertitel: | Missionswissenschaft und Ökumene |
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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7
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in einer zusätzlichen Anmerkung, warum die zweite reformatorische Generation
• n dieser Hinsicht mit Recht Hemmungen empfinden mußte.
Gottfried Schille bietet einen überarbeiteten Vortrag „Zur
frage urchristlicher Kultätiologien". „Kultätiologie" meint hier
eine Erzählung, welche eine gottesdienstliche Begehung begründen
soll. „Urchristlich" soll darauf hindeuten, daß sich des Vf.
Interesse auf den Raum zwischen erster und zweiter christlicher
Generation richtet.
Nachdem die Fragestellung zunächst einmal sichtbar gemacht und die
Spannweite des Problems aufgezeigt ist, werden die Einsetzungsworte und die
Österlichen Mahlerzählungen in ihrer Icultätiologisdhen Bedeutung erörtert.
Danach werden die Zusammenhänge zwischen den Speisungswundern und der
Aga pe, sowie zwischen den in den Evangelien geschilderten Mahlgemeinschaften
und der Eucharistie behandelt. In einem Schlußabschnitt „Die kultätiologische
^rage" soll aufgezeigt werden, in welcher Weise die neue Fragestellung über
die der älteren Formgeschichte hinausführt, welche Momente der Oberlieferung
dadurch für den historisch Fragenden aufs neue bedeutsam werden und welch
gewandeltes Bild sich daraus in der Frage nach der urchristlichen Liturgie ergibt.
Wenn der Vf. auch seine Methode von der der „kultgeschicht-
lichen Schule" in Uppsala bewußt abgrenzt, so kann sich der
Rez. doch der Frage nicht erwehren, ob nicht auch er in einer
den skandinavischen Forschern ähnlichen Verabsolutierung seiner
Methode zu Ergebnissen kommt, die der geschichtlichen
Wirklichkeit nicht entsprechen. Aber jede neue wissenschaftliche
Methode muß wohl zunächst mit einer gewissen Einseitigkeit
zur Geltung gebracht werden, um eine Diskussion zu entfesseln
, die dann ihr berechtigtes Anliegen in dem ihm gebührenden
Mafj sichtbar machen wird. - Ein umfangreicher hymno-
Jogischer Beitrag von Walther Lipphardt befaßt sich mit dem
-wiedergefundenen Gesangbuchautograph von Adam Reißner
aus dem Jahre 1554". Nun wird es erst möglich, einen zureichenden
Eindruck von den dichterischen Qualitäten des Geheimschreibers
Georg von Frundsbergs und Freundes Caspar
Schwenckfelds zu gewinnen, der sein Liedschaffen in den Dienst
der Konstanzer Reformation stellte, aber zugleich bis an sein
Lebensende der spiritualistischen Kirche der Schwenckfeldianer
verbunden wußte.
Indem Reißners Gesangbuchautograph fast zu allen Liedern Noten bringt,
erschließt er uns durch seine Verbindung zu den Schwärmern auch deren bisher
'ast unbekanntes Metodiengut. Viele Kontrafakte weltlicher Weisen ermöglichen
zugleich den Rückschluß auf Volksweisen, die bisher nur nach ihrer Bezeichnung
bekannt waren. In seinen sorgfältigen Melodieaufzeichnungen macht sich zugleich
die Mitarbeit des bedeutenden Musikers Sixt Dietrich geltend.
Auch an dieser Untersuchung wird wieder deutlich, wie zunehmend
im Blick auf derartige Ergebnisse der gegenwärtigen
Jiymnologischen Forschung das einstige Standardwerk Ph. Wak-
kernagels als überholt gelten muß. - Es ist unmöglich, den .kleinen
Beiträgen und Miszellen" zur Liturgik und Hymnologie
hier auch nur annähernd gerecht zu werden. Aus dem Bereich
der Liturgik behandelt Wolfgang Schanze kritisch „die neue
Bibelrevision". Gerade das, was hier geschehen ist, zeigt, daß
eine weitergehende Operation dieser Art nicht mehr in Frage
kommen kann. Eine neue, kirchlich zu autorisierende Übersetzung
muß ins Auge gefaßt werden. In seinem Bericht über
.Band IV der Agende für evangelisch-luth. Kirchen und Gemeinden
. Die Amtshandlungen" läßt Bruno Jordahn deutlich werden,
in welcher Hinsicht von dieser Agende neue Impulse für die
Theologie der Kasualien ausgehen können. Eine eigene Literatur
hat allein schon die „Constitutio de Sacra Liturgia" des II.
Vaticanum hervorgebracht. Man wird Herbert Goltzen für seine
Einführung in die Problematik wie die Verheißung dieser Konstitution
dankbar sein. Er sieht durch sie Karl Barths Beurteilung
des gesamten Konzils als einer .wunderbar starken Bewegung
zum Zentrum christlichen Glaubens, schlicht gesagt, zu
Jesus Christus hin" bestätigt. Frieder Schulz eröffnet eine Reihe
-Forschungen zur evangelischen Gebetsliteratur" (I) mit der Erfassung
außerliturgischer Luthergebete und gewinnt daraus hilfreiche
Erkenntnisse vom Wesen echten Gemeindegebets. Schließlich
macht Jost Harro Schmidt mit „einer Wienhäuser Liturgie"
t>ekannt, einer im Celler Klavierbuch von 1662 aufgefundenen
Weiterbildung der Lüneburgischen Kirchenordnung von 1564.
We kleinen Beiträge zur Hymnologie entsprechen deren gegenwärtig
vordringlicher Aufgabe, indem sie sich mit speziellen
Einzeluntersuchungen bestimmter Lieder und hymnologischer
Quellen befassen: ein vorreformatorisches Gebet- und Andachtbuch
als hymnologische Quelle (Konrad Ameln); „Von meiden
bin ich dick beraubt" (Christoph Petzsch); Zur Geschichte eines
mittelalterlichen geistlichen Fahrtenliedes (Walter Salmen); „Es
kommt ein Schiff, geladen" (Paul Alpers / Markus Jenny);
Jakob Köbls Liederblatt „Maria zart", Oppenheim (um 1515)
(W. Lipphardt); Zu den Weisen von „Sie ist mir lieb, die werte
Magd" und „Allein zu Dir, Herr Jesu Christ" (Markus Jenny);
Johann Walthers Weise zu Luthers „Vom Himmel hoch da
komm ich her" (Ernst Sommer); Ein Notationsproblem in dem
Gesangbuch von Hans Thomisson (1569) (Jens Peter Larsen);
Das Gesangbuch von J. Eichhorn d. Ä. zu Frankfurt/Oder (Walter
Reckziegel); Die ältere Weise des Liedes „Wir Christen-
leut . . ." (K. Ameln); Siegfried Fornacon ist es gelungen, die
Biographie Hermann Wespes (EKG 248) zu erhellen. In Literaturberichten
behandeln W. Lipphardt „Neue Theorien über die
Entstehung des gregorianischen Chorals" und K. Ameln „Neue
Faksimile-Ausgaben alter Quellen."
Die umfassenden Literaturberichte sind es ganz besonders,
die das Jahrbuch für den Liturgiewissenschaftler und Hymnolo-
gen zum unentbehrlichen Arbeitsmittel gemacht haben.
Der Literaturbericht zur Liturgik umfaßt in der Hauptsache das Jahr 1963.
Außer der deutschen Liturgieforschung werden diesmal Finnland (Helge
Nyman), Schweden (Ake Andren und Gunnar Weman), Norwegen (Helge Fehn),
Dänemark (Sven Borregaard) und die Niederlande (A. C. Honders) In Ihrer
liturgischen Arbeit dargestellt. Besonders sei auf den Bericht über Danemark
hingewiesen, weil sich dessen Verf. ausführlich mit dem Problem des Verhältnisses
von Vers und Prosa in der Liturgie auseinandersetzt, wie es durch das im
vorigen Jahrbuch behandelte Probe-Ritualbuch aufgeworfen ist.
Der Literaturbericht zur Hymnologie schließt auch wieder
Kirchenmusik und allgemeine Musikgeschichte ein.
Die außerdeutsche Forschung kommt diesmal mit Berichten über Finnland
(H. Nyman), Frankreich (Ernest Muller), Ungarn (Alexander Czegledy) und
Nordamerika (Johannes Riedel) zur Geltung. H. W. Schwab berichtet schließlich
über die 3. hymnologische Tagung im Spätsommer 1965 auf Schloß Fuglsang /
Dänemark.
Wie stets erhöhen auch diesmal ausführliche Verzeichnisse
den Gebrauchswert des Buches. Abbildungen und Faksimilewiedergaben
wollen zu unmittelbarer Begegnung mit den behandelten
Quellen und Persönlichkeiten helfen. Eine wertvolle Beilage
stellt das Faksimile des Liederblattes „Maria zart" dar.
Möge das dankbare Echo aller Benutzer den Kreis der Herausgeber
auch weiter für sein Werk freudig erhalten!
Greifswald William Naget
MISSIONSWISSENSCHAFT
UND ÖKUMENTE
Lutherisches Missionsjahrbuch für das Jahr 1966, hrsg. im
Auftrag d. Bayerischen Missionskonferenz von W. Ruf. Nürnberg
: Selbstverlag d. Bayerischen Missionskonferenz [1966).
200 S. 8°. Kart. DM 4.-.
Die zwei Hauptbeiträge schrieben W. Meyer-Roscher: Die
Bedeutung der lutherischen Bekenntnisschriften für die gegenwärtige
ökumenische Diskussion (19-34), und Horst Bürkle:
Der Neuhinduismus (35-51).
Der erste Aufsatz zeigt, welche Antworten man erhalten
kann, wenn man richtig fragt. Anstelle einer vermuteten Enge
und Introvertierung zeigen die Bekenntnisschriften eine erstaunliche
Weite: „die bewohnte Erde" ist in ihnen nicht vergessen
. Die Wörter „alle", „totus mundus", „alle Welt", „die
ganze Welt" u. a. sind nicht mehr zu überlesen.
Wie auch der Deutsche Theologenkongreß in Wien 1966 gesehen
hat, sieht sich die Theologie jetzt und sehr bald noch
ungleich stärker zur Auseinandersetzung mit den großen Weltreligionen
gerufen. Bürkle's Einführung in den Neuhinduismus
bietet sich dafür als Hilfe an. „Erst die Berührung mit der Botschaft
der Kirche und das Beispiel ihrer Weltsendung machte
eine solche universale Deutung der eigenen Hindutradition
möglich" (49). „Die Vision von diesem neuen Menschen jedoch
hatte man . . . beim Bibelstudium und in der Begegnung mit
westlich-abendländischem Geist gewonnen" (43).
Dem Pfarrer werden Situationsberichte für den Gemeindedienst
angeboten: über Indien, Äthiopien, Westafrika, Südafrika,
Neuguinea.