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1967

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Religionspädagogik

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.r>43 Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7 544

kommen. Darum zieht man sich bei der Frage nach Gott gleich werden .Grundfragen zur Ethik und zur Didaktik ethischer Un-

von vorneherein auf die Sünde und die Vergebung zurück, läßt terweisung" (A I. - V.) erörtert. „Jeder Umgang hat ethische

die Weltwirksamkeit Gottes auf sich beruhen und christologisiert Konsequenzen", „auch alles Unterrichten" (11). Doch ist u. a.

so vor sich hin. Nur es ist zu befürchten, daß es einem dann die Frage der ethischen Dimension im Blick auf die evange-

so geht wie Karl Barth, der nicht mehr sagen kann, was Sünde hsche Unterweisung besonders zu betonen (13). Abzulehnen

ist" (65). - Glücklicherweise kann man von Ratschows Studie sind „die Forderung nach kurzschlüssiger Anwendung wie die

auch dann nicht weniger profitieren, wenn man diese und ahn- Forderung nach kurzschlüssiger Objektivität". Es ist vielmehr

liehe schwerverständliche Urteile übergeht. notwendig, „einen Weg zu gehen, der die beiden Gesichtspunkte
angemessen beachtet". Ein „Bemühen um ein ethisches

„Gottes Existenz ist sein Wirken und als sein Wirken die „Routine-Soll." führt „notwendig zu Sterilität und Gedanken-
Präsenz seines Wesens" - damit ist in der Tat eine Weise, von blässe". Es „kann objektiver Religionsunterricht nicht neutral
Gott zu reden, freigegeben, die „alles andere" bedeutet „als eine sein- (15) _ Es geht _nicht ohn£ ethische Weisungen-.. Unrnög-
Vergegenständlichung oder Verdinglichung Gottes" (70). Dafj lädj aber ist es< im Unterricht „ein System der Ethik zu vermit-
„Sein" und „Werden" im Semitischen verbunden werden zugun- lein^ ebensowenig „einen Normenkatalog als Raum für das
sten der Bedeutung „Wirksam werden"1, so daß der altprote- Handeln" oder eine vollständige Kasuistik. Die dem Unterricht
stantische Existenzbegriff dem alttestamentlichen Wirklichkeits- angemessenen Ausgangsfragen im Blick auf Gebote und Ver-
begriff analog ist, und dafj im Neuen Testament die Seins-Aus- böte heißen „Warum?" und „Wozu?" (16). Ethische Weisungen
sagen dem alttestamentlichen Wirklichkeitsbegriff konvergieren, können (verschieden begründet sein: a) rein autoritativ, b)
sind Erkenntnisse, denen sich heute kaum jemand verschließen durch gesellschaftliche Übereinkünfte, c) „weil es vernünftig
wird. Die Erinnerung an unsere theologische Vernunft, da5 ist- Ja die j^nge verlangen es: ein vernünftiges Handeln Das,
wir „Gottes Wirken an uns als ein ewiges Gottsein" (78) be- was wir aus der Vernehmen, gebietet das Handeln." Wo-'
greifen können, ist das Verdienst dieser dogmatischen Studie, Von soll die ethische Unterweisung ausgehen? Sch. hält es für
die in einer Auseinandersetzung mit Helmut Gollwitzers Buch Sach- und unterrichtsgemäß, „von der Frage nach dem vernünf-
über „Die Existenz Gottes im Bekenntnis des Glaubens" (nicht: tigen Handeln auszugehen." „So muß der Unterricht notwendig
„der Kirche"!) ausklingt. Und dieses Verdienst wird der Ab- sowohl gründlich wie konkret werden" (19). Das ist einsichtig
handlung Ratschows auch dann zuzuerkennen sein, wenn man Wird man aber sagen dürfen, daß „wir uns für einen Aus-
ihr noch mehr zu widersprechen geneigt ist. Auch dazu bietet gangspunkt der Unterweisung entscheiden müssen" (vom Rez.
diese ungewohnte und lehrreiche Studie reichlich Gelegenheit. gesperrt)? Kommt nicht auf allen Altersstufen - nicht nur auf

Einige Versehen fielen mir auf: S. 4, Anm. 2 und S. II, Z. 13 v. u. lies „des der Unter- und Mittelstufe - dem ersten Brauch des Gesetzes,

Glaubens" statt .der Kirche". Auf S. 16, Z. 4 v. u. muß es wohl heißen: .an der der auf der unbedingten Autorität Gottes bzw Jesu Christi bc-

mdiaesner!»e S. « AnÄ*z"V V. tÄU«^ S?T". sTes ruht, eine Bedeutung zu. die einen methodischen Monismus nicht

Iverteilf statt .verteilen". S. 70, Z. 7 lies: „zusammenbringt" statt .zusammen- zuläßt? Wir lassen diese Frage offen, stimmen dafür aber um

Äho„Zlu^ 50 mehr der Forderun9 zu" daf> "das Unbegreifliche, das Ver-

gehören sogar schon zur 2. Abteilung der pragmotologia. sagen und Scheitern, das immer von neuem widervernünftige

Handeln des Menschen beim Namen genannt werden" mufj.

') Gegen einen linguistischen Mißbrauch dieser Einsicht protestiert jedoch „Das eigene Scheitern und das Scheitern der Erwachsenen wird

^.ÄT^ T all€n Kindern ™* Jugendlichen wahrgenommen ... Das

Diese Untersuchung macht die heute gängige alternative Entgegensetzung Scheitern als Thema des Unterrichts vermag zuweilen geradezu

Ä,^^^^^ den ^ zum Vermö9en *» erschließen" (19/20). - Man muß

hinreichend instonzen anbieten, die jener Modealternat.ve gegenüber zur „bei der gegenwärtigen Verhaltensunsicherheit einsetzen" (22).

M£Ä ^^S^^^^^ö^f^ Die Erörterung folgender Lebensfragen ist besonders wichtig:

vermutete, .dialektische Reize . . . hervorzurufen" (71). „1. Fragen der personalen Beziehung: Autorität, Freundschaft,

Zürich Eberhard J ü n g e l Geschlechtlichkeit und Ehe, Snobismus; 2. Fragen nach dem

Sinn des Lebens: Leiden, Tod, Lernen; 3. Fragen der personalen
Verantwortung: Geld, Arbeit und Beruf, Freizeit und Gebet"

„ (23). Für die Fragen der Ethik und der ethischen Unterweisung

RELIGIONSPADAGOGJK sind die „Geschichtlichen Dimensionen" (A, IV.) wesentlich.

„Ethik ist kulturrelativ". Doch wäre es verhängnisvoll, die
Schultze, Herbert: Ethische Fragen im Unterricht. Religions- Maßstäbe für das Handeln des Menschen überhaupt zu rela-
pädagogische Erwägungen und Beispiele. Hamburg: Furche- tivieren. Dazu muß der Mensch auch „ein Bild vom Menschen
Verlag 1966. 127 S. gr. 8° = Heft 10 (Sonderheft) der Ham- haben, das ihm sagt, was menschlich und menschenwürdig ist"
burger Arbeitshilfen für Religionsunterricht, evangelische Un- (28). Angesichts des Normenschwundes in der Gegenwart braucht
terweisung und Gruppenarbeit, hrsg. v. H. Schultze (Reihe A es dazu eine Möglichkeit zur Einkehr und Besinnung". Die
= Beiträge zur pädagogischen Praxis) und G. Otto (Reihe B ethische Situation heute „erfordert Einzelgängertum und Wag-
= Beiträge zur Didaktik). nis. Um der Zeit und der Gesellschaft gerecht zu werden, ist
Die Arbeitshilfe von Herbert Schultze, Direktor des Kateche- Weg des einzelnen vonnöten. Der Pädagoge muß sich, getischt
Amtes der Hamburger Kirche, ist erwachsen aus der rafe weil er seiner Gesellschaft dienen und dem jungen Men-
eigenen Unterrichtspraxis des Verfassers sowie aus vielfältigem ^en den Weg m die Gesellschaft ebnen will, oft gegen das
katechetisch-kirchlichen Dienst. Gleichwohl stellt sie keine bloße entscheiden, was .man' tut. „Es ist seine Aufgabe, junge Men-
Sammlung didaktischer Beispiele dar. Ehe der Leser im einzel- ^en zu . . vernünftigem Handeln zu erziehen". „Ziel seines
nen mit erprobten Unterrichtswegen bekanntgemacht wird, läßt Unterrichts kann es nur sein, daß seine Schüler lernen, für die
Sch. ihn an den gründlichen theologisch-katechetischen Überle- 9anze Wirklichkeit offen zu sein und aus ihr zu vernehmen, was
gungen teilnehmen, die ihn auf diese Wege gerührt haben. Sie zu ««n * Deshalb muß ethische Unterweisung . . . eine Übung
vermögen zu überzeugen, auch wenn man dem Verfasser nicht !m De"k«' *"» <f>; " ImJ ™terrichtl,chen Umgang mit der
in jedem Punkte wird zustimmen können. evangelischen Botschaft ist der Spannungsbcgen von Vergan-

genheit, Gegenwart und Zukunft in allen Schritten des Unter-

Sch. unterstreicht, daß in der evangelischen Unterweisung richts zu berücksichtigen. Das bedeutet „nach überschaubaren

der Auslegung der Bibel der Vorrang gebührt. Aber ebenso wie konkreten Unterrichtsgegenständen suchen, die jeweils den Zu-

die Kirchengeschichte, so haben auch die Fragen der Ethik ihr gang zur ganzen Wirklichkeit ermöglichen" (37).

eigenes Recht in solchem Unterricht und erfordern eigene, der Im folgenden Kapitel (A. V.) geht Sch. auf das Verhältnis

Sache angemessene Wege des Unterrichtens. „Solche Wege zu er- von „Botschaft und Wirklichkeit" ein. (37). Didaktisch legt er

möglichen und zu beschreiben, ist der Sinn" seiner Arbeit (10). besonderen Wert auf die Eindeutigkeit des Ausgangspunktes:

Diese Aufgabe wird in vier Schritten aufgenommen. Zunächst Es „sind z. B. die biblischen Geschichten nicht Beispielgeschich-