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1967

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Kirchengeschichte: Neuzeit

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7

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.kuchen" der Gläubigen (communio sanetorum) bis hin zur
„transubstantiation de l'assemblee en corps du Christ" - durch
den Heiligen Geist (s. m. Göschenband „Zwingli" S. 101-112).
Nicht zuletzt von hier aus - und diese Sicht veranlagt zu besonderem
Dank - erweist sich Zwingli als der Prophet unter
seinen Eidgenossen, als Wächter über sein Volk. Nichts von
dem Politiker Zwingli. Er wollte weder Staatskirche noch Kirchenstaat
; er wollte endlich ein wahres Corpus Christianum allein
nach der Schrift (sola scriptura). Fürwahr, kein geringes
Vorbild für das Genf Calvins.

In 5 Abschnitten hat der Genfer Theologe ein Total Zwing-
lischer Theologie gegeben: das Wort Gottes, die christologische
Achse, die Kirche, die Sakramente, die Kirche und der Staat.
Dieser Baustein zur heutigen Zwipgliforschung verdient eine
Übersetzung für den deutschsprachigen Leser. Sie wird in Bälde
im Neukirchener Verlag in Moers erscheinen.

Berlin Fritz Schmidt-Clausing

KIRCHENGESCHICHTE: NEUZEIT

Kutter, Hermann, jun.: Hermann Kutters Lebenswerk. Zürich
: EVZ-Verlag (1965). 246 S., 1 Porträt 8°. Lw. DM 13.80.

Der 1893 geborene Verfasser, ein Sohn Hermann Kutters,
schreibt in seinem Vorwort: „Hermann Kutter, ein ausgesprochener
Mann der Hoffnung, ist - wiewohl schon seit mehr als
dreißig Jahren nicht mehr unter den Lebenden - der heutigen
Generation merkwürdig nahe gerückt, ja in vielem trotz dem
Versinken des Zeitbedingten vorausgegangen" (S. 5). Und er
schließt seine Einleitung mit den Worten: „Wenn Walter N i g g
1941 vom Vermächtnis Kutters schrieb, (so besteht
es in der Tat in diesem Fragen und Hoffen auf Gott für unsere
Zeit, mit der und für die Kutter in letzter Beteiligtheit
und Angefochtenheit gelitten, gelebt und geglaubt hat" (S. 10).

Damit ist eigentlich das Thema des ganzen Buches und das
Thema von Kutters Lebenswerk kurz umrissen: Fragen und
Hoffen auf Gott für unsere Zeit. Und das spricht
auch aus jedem der fünf Teile dieses Buches, dem eine umfassende
Bibliographie mit 188 Titeln und 8 Übersetzungen beigegeben
ist.

Dem Verfasser ist es gelungen, auf gedrängtem Raum ein
umfassendes Bild vom Lebenswerk seines Vaters zu geben. Dabei
hat er - wie könnte es anders sein - dieses Lebenswerk
mit dem Leben Hermann Kutters verbunden, anziehend und
stets in innerer Spannung. So werden vor allem auch die
Hauptschriften und viele Predigten Kutters vor dem Leser lebendig
.

Am 12. 9.1863 wurde Hermann Kutter geboren, am 23. 3.1931
ist er gestorben. Wenn wir die Erscheinungsdaten seiner Arbeiten
überblicken (1902-1931), so sehen wir, dafj er trotz seines
immer bedenklicher werdenden Gesundheitszustandes bis ins
letzte Lebensjahr hinein gearbeitet hat. Und er hat besonders
den sozialen und theologischen Fragen und Problemen seiner
Zeit von seiner Sicht aus Rechnung getragen, Fragen und Problemen
, die vielfach auch heute noch gegenwartsnahe sind. Das
macht das Buch für den Gegenwartsmenschen so lesenswert. Gerade
die Fragen und Probleme der Christologie, der Kirche und
einer „Theologie der Hoffnung" werden ja heute stets wieder
neu gestellt und beantwortet. (Hier sei nur an Jürgen Molt-
mans Arbeit erinnert, die natürlich von einem anderen Ansatzpunkte
aus die eschatologische Frage behandelt.) Doch vielleicht
verstehen wir nun auch besser, wie Männer wie Karl Barth,
Eduard Thurneysen, Walter Nigg, Leonhard Ragaz u. a. nicht an
Kutter vorbeigehen konnten, sondern zum Teil sogar mit ihm
befreundet waren, obgleich sich das Leben dieses Mannes in
der Hauptsache nur zwischen Bern, Basel, Vinelz und Zürich
abgespielt hatte. Karl Barth lud Kutter z. B. noch nach Münster
i. W. ein, wo er (Kutter) am 15. 2. 1929 vor der dortigen Theologenschaft
einen Vortrag über das Thema „Jesus Christus und
wir" gehalten hat, aus dem nur folgende Gedanken einer Kurzfassung
zitiert seien: „Christus ist die Offenbarung Gottes und
die Offenbarung des Menschen, die Wirklichkeit Gottes für
den Menschen und die Wirklichkeit des Menschen für Gott . . .
Jesus ist die Gottes-Krisis meines Ich . . . Gott ist nicht nuf
Gegenstand, sondern Grundlage unseres Glaubens, auf der wir
für Gott arbeiten... In Gottes Werkstatt schaffend
kommen wir zu uns selbst... Diese Gottes-Realität in
Jesus Christus unterscheidet die christliche Religion von
jeder anderen... Es ging in der Reformation nicht um Katholizismus
und Protestantismus - das waren nur die durch den
Erdbebenstoß auseinander gespaltenen Schollen -, sondern um
Jesus Christus, der auch heute durch unsere Gegensätze hervorbricht
... Das Ringen um die Offenbarung Gottes in der Welt
ist heute das Wichtigste für den Prediger, wichtiger als alle
Amtsfunktionen" (S. 152-154).

Nach diesen Gedanken mag es auch nicht verwunderlich erscheinen
, wenn Helmut Gollwitzer 1963 die gesammelten Andachtsblätter
Hermann Kutters „Aus der Werkstatt", mit einem
Geleitwort versehen, in 2. Auflage herausgegeben hat. Sonst
sind die Werke Kutters im allgemeinen vergriffen. Um so mehr
ist es dem Verfasser zu danken, da5 er uns mit dem vorliegenden
Buch einen so weitgehenden und liebevollen Einblick
in das Werk seines Vaters gegeben hat, das nicht vergessen
sein und nicht vergessen werden sollte, selbst wenn wir auch
heute manches anders sehen und anders sehen müssen, als es
Kutter gesehen hat.

Kurt W i e s n e r t

Härdelin, Alf: The Tractarian Understanding of the Eucha-
rist. Uppsala: Almquist & Wiksells 1965. 366 S. gr. 8° =
Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Historico-Ecclesiastica
Upsaliensia, 8. Schw. Kr. 40.-.

Unter den großen Bewegungen und Neuansätzen der Theologie
, Frömmigkeit und des kirchlichen Lebens im Europa des
19. Jh. nimmt die Oxford-Bewegung, vor allem wegen ihrer
Auswirkungen, eine herausragende Stellung ein. Dafj bisher
kaum Studien zur Theologie und zu theologischen Einzelfragen
dieser Bewegung erschienen sind (als Gesamtdarstellung bleibt
immer noch Y. Brilioths „The Anglican Revival", London 1925,
unübertroffen), ist sicher auf die Art der theologisch-kirchlichen
Publizistik der Traktarianer (also der führenden Männer während
der ersten Phase dieser Bewegung von 1833 bis 1841), mehr
aber noch auf das Urteil vieler Forscher zurückzuführen, demzufolge
das wesenliche Interesse dieser Bewegung auf religiösem
(Gottesdienst, Sakramentalismus, geistliches Leben) und nicht
auf theologischem Gebiet lag. Dieses Urteil, das wohl nicht
unbeeinflußt ist von der Art der Auswirkungen der Oxford-Bewegung
, bedarf insofern einer Korrektur, als die zweifellos auf
eine Neubelebung des geistlichen und gottesdienstlichen Lebens
ausgerichteten und später auch wirksam gewordenen Intentionen
der Traktarianer von ganz bestimmten dogmatischen Überzeugungen
getragen wurden.

Somit ist die vorliegende schwedische Arbeit in doppelter
Hinsicht von Bedeutung. Einmal bietet sie eine eingehende Darstellung
der Entwicklung und der verschiedenen Aspekte der
traktarianischen Abendmahlslehre und leistet so einen wichtigen
Beitrag zur genaueren Kenntnis einer für die traktarianische
Theologie und gottesdienstliche Praxis zentralen Frage. Zum anderen
zeigt die Arbeit überzeugend, dafj für die erste Periode
der Oxford-Bewegung eine neue Entfaltung der Abendmahlslehre
den Vorschlägen zur Reform des gottesdienstlichen und
geistlichen Lebens sachlich und zeitlich vorausgeht. Der Verf.
setzt mit seiner Darstellung bereits vor 1833, dem „offiziellen"
Beginn der Oxford-Bewegung, ein und führt sie bis 1853, dem
Erscheinungsjahr der ersten grofjen systematischen Abhandlung
über das Abendmahl aus dem Kreis der Traktarianer - R. I.
Wilberforce, The Doctrine of the "Holy Eucharist - durch. Die
Einbeziehung der theologischen Entwicklung der Traktarianer
vor 1833, bes. Newmans, erweist sich als sinnvoll, die Wahl des
terminus ad quem überzeugt dagegen nicht ganz, da die grofjen
Werke von Pusey und Keble zur Abendmahlslehre erst nach