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1967

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Neues Testament

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Man beneidet den Verf. nicht um die mühselige Kleinarbeit
, die er übernommen hat, jedoch muß ihm dafür und vor
allem auch für das durchweg so erfreulich klärende Ergebnis
hohe Anerkennung gezollt werden. Wenn diese Untersuchung,
die bis in die letzten Kleinigkeiten hinein vorbildlich durchgeführt
ist, einen Mangel zeigt, so den, dafj man nicht zugleich
die neue Textausgabe zur Hand nehmen kann; dies würde die
Lektüre der Untersuchung und besonders ihres letzten Teiles
erheblich erleichtern. Zusammen mit dieser hoffentlich bald
erscheinenden Textausgabe wird die vorliegende Untersuchung
höchstwahrscheinlich eine neue Epoche einleiten hinsichtlich der
Verwertung der frühen jüdisch-hellenistischen Literatur. Jedenfalls
hat W. die einschlägige Diskussion mit seinen abgemessenen
und umfassend begründeten Thesen auf eine völlig neue
Grundlage gestellt.

Leipzig Harald Hegermann

Robertson, Edward, Prof. D. Litt., D. D.: Catalogue of the
Samaritan Manuscripts in the John Rylands Library Manchester
. Vol. II.: The Gaster Manuscripts. Manchester: The John
Rylands Library. XXI, 314 S., 12 Taf. 4°.

Lange Zeit war die Erforschung der Samaritaner und ihrer
Literatur etwas zurückgetreten; sie waren eben eine etwas rätselhafte
jüdische Sekte, rätselhaft sowohl was ihre Entstehung,
als auch was ihre Geschichte angeht. Seit den Qumranfunden
hat sich die Fragestellung auch den Samaritern gegenüber geändert
. Denn nun wurde deutlich, daß das vorchristliche Judentum
eine große Mannigfaltigkeit religiöser Strömungen umfaßt
hat, zu denen auch die Samaritaner gehören. Sie stellen
mehr dar als ein Konkurrenzunternehmen zu Jerusalem und
seiner Priesterschaft; sie sind vielmehr eine sehr eigen geprägte
Form des Jahweglaubens, die sich nur auf den einen Propheten
, Mose, und auf sein Werk, den Pentateuch, beruft. So ist
nicht ohne Grund die These vertreten, bei den Samaritanern
habe sich manch alter, jahwistischer Ritus erhalten (vgl. etwa
die Arbeit von J. Jeremias über die Passahfeier der Samaritaner).
Das alles hat der Samaritanerforschung neuen Auftrieb gegeben.

Ein besonderes Verdienst gebührt dabei Moses Gaster, der
schon seit Anfang unseres Jahrhunderts die Verbindung zur
samaritanischen Gemeinde aufnahm und ihr Vertrauen gewann.
Die Folge war, dafj er eine große Menge von samaritanischen
Handschriften teils aufkaufen, teils für sich abschreiben lassen
konnte. Nach seinem Tode, 1939, wurde ein nicht unbedeutender
Teil seiner Handschriftensammlung verkauft (einer Anmerkung
bei Baars, VT XIII, S. 98 Anm. 3, entnehme ich, dafj eine
Reihe Handschriften an das Britische Museum und an die Britische
und Ausländische Bibelgesellschaft verkauft wurde; zu
ihnen müssen auch die Thorahandschriften gehören, die M. Gaster
August von Gall für seine Ausgabe zur Verfügung gestellt
bat. Vgl. die von v. Gall, Proleg. XXXVI, LI, LII beschriebenen
Handschriften Gaster 800, 801, 802, die in dem vorliegenden
Katalog nicht auftauchen). Die Mehrzahl, 340 Manuskripte, kam
in die John Rylands Library Manchester. So hat nun Edward
Robinson dem 1938 erschienenen 1. Band des Katalogs der samaritanischen
Handschriften, der in der ThLZ damals nicht besprochen
worden ist, den zweiten Band folgen lassen. Im I. Band
waren die 27 damals der Bibliothek gehörenden Handschriften
behandelt, unter ihnen zwei alte Thoramanuskripte, Cod. 1 und
2 (bei v. Gall als K und L verzeichnet, aber noch nicht benutzt),
und 5 weitere Thorateile, ferner 3 theologische, 11 liturgische
und 6 astronomische Handschriften. Der neue Katalog umfaßt
unter Nr. 28-367 die 340 Manuskripte der Sammlung Gaster,
dann in einem Supplement 5 anderweitig erworbene Handschriften
Nr. 368-372; als Nr. 373 hat Robinson der Sammlung sein
Katalogmanuskript eingefügt, aus dem der Druck einen Auszug
bildet. Denn es ist wohl selbstverständlich, dafj er die 34.5
neuen Nummern nicht in der gleichen Ausführlichkeit wie 25
Jahre vorher die 27 Handschriften behandeln konnte. Aber es
ist doch erstaunlich, wie auch der Druck alle wesentlichen Angaben
bringt, eine um so gröfjere Leistung, als die Sammlung
während des Krieges so sehr unter Wasser gelitten hat, daß R.

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sich oft fragen mufjte, ob die Katalogisierung sich lohne. Aber
er hat sicherlich recht daran getan, dafj er alles irgendwie Erfaßbare
zusammengestellt hat. Denn auf diese Weise vermittelt
schon der Katalog ein Bild von dem geistigen Leben, das in
diesem alten Zweig des Judentums lebendig gewesen sein
mufj. Davon zeugt ja nicht nur die Tatsache, daß viele Theologen
und Schriftsteller aus ihm hervorgegangen sind, sondern
nicht minder, daß ihre Werke erhalten und tradiert wurden.
Dabei mag das Einzelne von sehr unterschiedlichem Wert sein,
wie auch die neuen Manuskripte sehr verschiedenartig sind.
Aber schon eine kurze Übersicht zeigt die Mannigfaltigkeit; es
sind im Katalog aufgeführt: ca. 60 Thorahandschriften und Fragmente
, 40 liturgische Handschriften, 15 Kommentarwerke, 110
Abhandlungen, 25 historische Handschriften (d. h. vor allem das
samaritanische Josuabuch und Asatir), 30 chronologische und
astronomische Manuskripte, 30 Mss. verschiedenen Inhalts und
22 Briefe, d. h. vor allem der Briefwechsel Gasters mit verschiedenen
Samaritanern.

Wer sich eine vollständige Übersicht über das vorhandene Material verschaffen
will, tut gut, die unter „Miscellaneous" zusammengefaßten Angaben
durchzusehen. Unter Pentateuch steht zwar auch Nr. 345 B verzeichnet, nicht
aber das Rollenfragment 337 B (Buchstabenhöhe 1 mml), das auch im Inhaltsverzeichnis
nicht gesondert genannt ist. Unter den historischen Mss wird 337 D
genannt, nicht aber 342. Auch der Inhalt von 337 A (Amulett) und 337 C wird
aus dem Inhaltsverzeichnis nicht erkennbar. Ebenso mag die Zuordnung mancher
„Treateses" zweifelhaft erscheinen, etwa die der Nummern 234—37. Interessant
ist in Nr. 237 die Erzählung einer „Inspektion" des Kryptogramms der Abisdia-
Rollo aus dem Jahre 1785, wie auch die Wiedergabe des Kryptogramms (aus
dem Gedächtnis?) in Nr. 257.

Jedenfalls kann man dem Bearbeiter nur Glück wünschen,
daß er eine an sich schon schwierige, aber bei dem Zustand
vieler Handschriften doppelt schwierige Aufgabe so gut gelöst
und damit der Samaritanerforschung neue Quellen zugänglich
gemacht hat.

Greifswald Alfred J e p s e n

NEUES TESTAMENT

Boman, Thorleif: Das hebräische Denken im Vergleich mit
dem griechischen. 4., neubearb. u. erweiterte Aufl. Göttimgen:
Vandenhoeck & Ruprecht [1965). 218 S. gr. 8°. DM 14.80.

Die 1. Auflage des Werkes (1952) wurde in ThLZ 78 (1953),
Sp. 604f. durch J. Leipoldt besprochen. Bereits 1954 wurde eine
2. Auflage notwendig; die 3. erschien 1959. Die Arbeit an dem
von Boman angeschnittenen Fragenkomplex ist unterdessen weitergegangen
; zu einem ihm zugehörenden Buch von Tresmon-
tant s. J. Hessen in ThLZ 82 (1957) 105f. Speziell die These,
daß vom Sprachlichen her Denkstrukturen erkennbar werden
können, fand kräftigen Widerspruch durch Barr (dazu s. Boman
in ThLZ 87 [1962], Sp. 262-265; Delling ebd. 88 [1963),
660 f.). Mit beiden setzt sich Boman in der 4. Auflage nur
beiläufig ad hoc auseinander1. Weitergeführt hat B. seine Arbeit
- in der des öfteren erkenntnistheoretische und psychologische
Vorerwägungen eine Rolle spielen - abgesehen von einzelnen
Änderungen und Ergänzungen2 zunächst durch die zweimalige
Umarbeitung des Kapitels „Die Zeit in der Geschichte" (121-
123) in der mir nicht zugänglichen 3. und in der 4. Auflage; in
der letzten setzt er sich hier insbesondere mit W. Eichrodt
(ThZ 12 [1956] 103-125) auseinander: die Zeit wird nach B.
im Alten Testament als psychologische, mit Inhalt gefüllte gesehen
, im griechischen Bereich als physikalische, chronologische
(die Gegenüberstellung spielt in Teil III überhaupt eine Rolle).
Entscheidend sind die neuen Teile der 3. und 4. Auflage.

In der 3. behandelt B. neu das Thema „Geschichte und Natur
" (146-160)3. Der Grieche betrachtet die Geschichte kausal -
wie die Natur -, der Israelit final-teleologisch (148f.). Im Alten
Testament ist die Weltschöpfung der Anfang der Geschichte;
zugleich ist Jahwes Handeln an Israel in der Geschichte schöpferisches
Handeln (149-151). Das Weltbild des Hebräers ist

') Anm. 303 bzw. 319. Etwas mehr wird Bultmanns Rezension in Gnomon 27
(1955) 551-558 beachtet, Boman Anm. 302. 306.

2) Bei ihnen waltet offensichtlich das Bemühen ob, möglichst wenig in den
stehenden Satz einzugreifen. Bei der - glücklichen - Kürzung 168 ist in Z. 12
versehentlich „Gottes" stehen geblieben: „die hebräische Denkart Gottes" . . .

3) S. 146 Z. 13 v. u. ist offenbar ein Satz ausgefallen.

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7