Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1967

Titel/Untertitel:

Alter Orient

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

495

erheben und die Vorschläge von H. W. Turner für sachentsprechender
halten, es herrscht aber wenigstens bei Sundkler eine
terminologische Klarheit. Diese ist notwendig, wenn man die
oft divergierenden Erscheinungen verstehen will. Wenn man
von der biblischen Konzeption des Messias ausgeht, wird man
zu einer weiteren Fassung kommen. Dann sollte man aber um
der Eindeutigkeit willen für die messianic churches eine andere
Bezeichnung finden.

Die Verfasserin hat ihr Buch von ihrer christlichen und missionarischen
Position aus geschrieben. Das zeigt sich besonders
auch in ihren abschließenden Betrachtungen über die Aufgaben
der Kirche gegenüber dem Messianismus. Hier werden die Praktiker
auf zu betrachtende Probleme aufmerksam gemacht. Darüber
hinaus wird mancher die Studie als Informationsquelle -
nicht zuletzt über den biblischen Befund - schätzen.

Marburg / Lohn Ernst D a m m a n n

Wolff, Otto: Christus unter den Hindus. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus G.Mohn [1965]. 222 S. gr. 8°. Lw. DM 28.-.
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts hat in Indien eine vielfache
Begegnung mit Jesus stattgefunden. Die Auseinandersetzung mit
Jesus und dem Christentum ist seither im Gange. Otto Wolff
stellt diesen Vorgang dar, indem er acht Persönlichkeiten des
indischen Geisteslebens hinsichtlich ihrer Stellungnahme zu Jesus
untersucht. Man kann unter ihnen, wie überhaupt in Indien,
drei charakteristische Einstellungen unterscheiden: eine uneingeschränkt
positive Stellungnahme zu Jesus, die bei den einzelnen
Vertretern dadurch differenziert ist, daß jeweils verschiedene
Aspekte im Erscheinungsbilde Jesu hervorgehoben werden
; eine bedingt positive Einstellung mit kritischen Vorbehalten
; eine radikal negative Einstellung. Ordnet man die von W.
behandelten Persönlichkeiten nach diesen drei Gesichtspunkten,
dann sind Ram Mohan Roy, Keshab Candra Sen, Protap Candra
Mozoomdar sowie Swami Akkilananda der ersten Gruppe zuzurechnen
. Zur zweiten Gruppe gehören Svami Vivekananda,
Mahatma Gandhi und Sarvapalli Radhakrishnan. Der in diesem
Buche einzige Vertreter einer radikal feindlichen und abwertenden
Einstellung Jesus gegenüber ist Dayanand Sarasvati, der
Begründer der Reformsekte „Arya samaj".

Was zunächst die Unterschiede innerhalb der ersten Gruppe betrifft, so
werden diese vom Verf. in sorgfältiger und kenntnisreicher Analyse unter Bezugnahme
auf die einschlägigen Quellen herausgearbeitet. Die Oberschriften der
einzelnen Kapitel deuten die jeweils für charakteristisch gehaltene Eigenart der
Betrachtungsweise Jesu an. So ist der Ram Mohan Roy, dem Stifter der
Sekte „Brahma samaj", gewidmete Abschnitt überschrieben „Die Unvergleichlichkeit
Jesu" (S. 10 ff.), die wesentlich in der Höhe der Einmaligkeit seiner sittlichen
Gebote gesehen wird, die Ram Mohan Roy zum kritischen Maßstab des Hinduismus
machte. Weitaus entschiedener noch bekannte sich Keshab Candra
Sen (S. 48 ff.) zu Jesus, ohne doch Christ zu werden bzw. sein zu wollen. Er
war, wie Wolff ihn nennt, ein Christus-Bhakta. Wie schon Keshab Candra Sen
betonte auch Protap Candra Mozoondar (S. 87 ff.) den orientalischen
Charakter Jesu und wandte sich konsequenterweise gegen das Missionsideal
einer nach Osten verpflanzten, aber hier unangemessenen Kirche des
Westens mit ihrer westlich-europäischen Theologie. Für Swami Akhil-
a n a n d a (S. 187 ff.) ist Jesus der Weg zur vollkommenen Integration.

Die zur zweiten Gruppe gehörigen Persönlichkeiten stehen Jesus keineswegs
feindlich gegenüber; er ist ihnen vielmehr in der einen oder anderen Weise
vorbildlich, aber bestimmte Züge in seinem Erscheinungsbilde und dem der
christlichen Kirche werden kritisiert. Vivekananda, Schüler Roma-
krishnas (S. 126 ff.), blieb dem hinduistischen Vedanta-Monismus verbunden und
sah daher in Jesus den Führer zur absoluten Einheit, wandte sich aber konsequent
gegen den Absolutheitsanspruch des Christentums und gegen den seiner
Meinung nach primitiven Vateraspekt Gottes im Evangelium. Bei Mahatma
Gandhi (S. 142 ff.) liegt wieder eine andere Art der Begegnung mit Jesus
vor. Hier ist es - ähnlich wie bei Ram Mohan Roy - die sittliche Seite der Verkündigung
und des Lebens Jesu, die Gandhi nachhaltig beeindruckte und beeinflußte
. Gandhis Praxis der Gewoltlosigkeit ist entscheidend durch die Ideale
der Berapredigt bestimmt. Entschiedene Ablehnung erfuhr bei Gandhi indessen
die christliche Missionsarbeit, soweit sie auf Bekehrung gerichtet ist, das westliche
Kirchentum, das als mit europäischem Imperialismus verbunden gesehen
wird. Radhakrishnan (S. 167 ff) endlich erscheint als Apologet des
Hinduismus. Er vertritt einen impersonalen Universalismus, den er jedoch mit
einem auf den Menschen bezogenen Personalismus der Gottesidee zu verbinden
sucht. Jesus wird von Radhakrishnan einerseits als jüdischer Nationalist interpretiert
, andererseits glaubt Radhakrishnan eine unterirdische Verbindung mit
dem arischen Osten, besonders eine Abhängigkeit von Buddha feststellen zu
können. In diesem Zusammenhang findet sich nun auch eine vielfache Kritik
Jesu im Vergleich mit Buddha: mangelnde Allgüte wird Ihm vorgeworfen und
übertriebener Glaube an sich selbst sowie Nichtbefolgung der eigenen Lehre:
auch Jesu Zorn und sein gereiztes Verhältnis zur Umwelt werden kritisiert. Alle
diese Vorwürfe könne man Buddha gegenüber nicht erheben.

Radikal feindlich ist schließlich Dayanand Sarasvati (S. 106 ff.)
eingestellt, der nun seinerseits die Veda-Offenbarung als absolut verbindliche
Universaloffenbarung ansah und jede Verbindung mit dem Christentum und
Jede Beziehung zu Jesus ablehnte. Das Christentum sieht er als eine verderbliche
Religion an, die allenthalben nur Unfrieden stifte. Wolff schließt sein
instruktives Buch ab mit zusammenfassenden Thesen über „Hinduismus und
Christentum" (S. 210 ff.).

49tJ

Der Verf. hat, wie mir scheint, eine nicht unerhebliche Wandlung
durchgemacht von einer orthodox intoleranten Haltung,
wie sie z. B. in seinem Buche „Mahatma und Christus" (1955)
zu Tage trat, zu einer der außerchristlich-indischen Welt gegenüber
aufgeschlosseneren Einstellung, die sich bereits in seinem
Buche „Indiens Beitrag zum neuen Menschenbilde" (1957) kundtat
. Besonders in der Beurteilung Gandhis ist das sichtbar. Während
in seinem Gandhi-Buche Wolff noch schreiben konnte (im
Vorwort): „Der Heilige wird zum Bahnbrecher des Kommunismus
. Der Helfer der Armen, Niedergetretenen und Ausgestoße-
nen wird zu ihrem Unterdrücker im Namen einer kalten Orthodoxie
. Der Kämpfer für die Einheit bereitet beharrlich die unter
Haß und Blut sich vollziehende Spaltung der indischen Brudervölker
vor. Der einmalige Prediger der gewaltlosen Liebe, vor
dem man sich im Osten und Westen beugt, ist der heimliche
Verbündete physischer wie moralischer Gewalt", lesen wir im
vorliegenden Buche (S. 166): „Der Mahatma . . . hat gleichwohl,
was immer man gegen ihn einwenden mag, ad maiorem gloriam
Christi im Hinduismus und über den Hinduismus hinaus durch
seine Taten vor der ganzen Weltöffentlichkeit in einer Weise
Zeugnis abgelegt, die ihn zu einer einmaligen welthistorischen
Erscheinung geprägt hat. Und keines dieser Worte ist zu hoch
gegriffen, selbst wenn wir von dem historischen Erfolg seines
Einsatzes absehen".

Der Leser des Buches wird sachgemäß informiert, und das
Bild indischer Frömmigkeit wird mit viel Sympathie und im Bestreben
nach einer objektiven Würdigung und einem eindringenden
Verstehen der religiösen Intentionen gezeichnet. Auch
die theologischen Bewertungen zeigen dem theologischen Leser
einen Weg zu einer verständnisvollen Theologie der indischen
Religionsgeschichte.

Bonn Gustav Mensching

ALTER ORIENT

Schottroff, Willy: .Gedenken" im Alten Orient und im Alten
Testament Die Wurzel Zakar im semitischen Sprachkreis.
Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des Erziehungsvereins
1964. X, 370 S. gr. 8° = Wissenschaftliche Monographien
zum Alten und Neuen Testament, hrsg. von G. Bornkamm und
G. von Rad, 15. Kart. DM 54.-; Lw. DM 59.50.

Das seit längerer Zeit zu beobachtende Interesse der alt-
testamentlichen Wissenschaft an terminologischen Untersuchungen
zeigt sich auch in der vorliegenden Arbeit, die 1961 als
Dissertation von der Evang.-theol. Fakultät der Universität
Mainz angenommen wurde. Für den Druck wurde die Fassung
gekürzt und, soweit möglich, neuere Literatur eingearbeitet.
Aus Titel und Untertitel geht hervor daß der Verf. das AT im
Zusammenhang mit den übrigen semitischen Sprachen behandelt
, wobei die jüngeren aramäischen Dialekte beiseitegelassen
werden und auf das Arabische und Äthiopische nur kurz eingegangen
wird. Mit dem Einschluß des dem AT gleichzeitigen
altorientalischen - bzw. genauer älteren semitischen - Materials
folgt der Verf. einer von den Alttestamentlern schon länger geübten
Praxis. Leider fallen dabei dte rein orientalistischen Teile
oft weniger befriedigend aus, da das vorhandene Quellenmaterial
von den Fachwissenschaftlern häufig noch nicht im notwendigen
Maße aufgearbeitet ist und dementsprechend das notwendige
Vergleichsmaterial dem Vertreter der Nachbardisziplin
nur ungenügend zugänglich ist. Dieser muß sich deshalb meist
auf referierende Wiedergabe der häufig älteren Äußerungen
zur Sache beschränken. Es wäre deshalb nicht selten angebracht,
daß in dieser Hinsicht Zurückhaltung geübt wird, bis die entsprechenden
Themen im Bereich der Umwelt des AT durch Spe-
zialforschungen geklärt sind.

Im vorliegenden Falle hebt sich jedoch der 1. Teil der Arbeit
, der auf 106 Seiten das Vorkommen der Wurzel ZKR im
Akkadischen, Kanaanäischen, älteren Aramäischen und im Bereich
des Südsemitischen, besonders des Altsüdarabischen, untersucht
, erfreulich positiv von anderen zu vergleichenden Ar-

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7