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1967

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 7

492

in umgekehrter Richtung und zu entgegengesetztem Zwecke lesen.
„Man wird die Gottesbeweise herumdrehen müssen und nicht Gott
aus der Welt, sondern die Welt aus Gott, nicht Gott aus der
Existenz, sondern die Existenz aus Gott, aufweisen, und zwar in
steter Auseinandersetzung mit anderen Wahrheitsbehauptungen
und Sinnerweisungen" (S. 80). In solcher Umkehrung formiert sich
aber auch das Gegenteil einer Apotheose der herrschenden Zustände
und Verhältnisse: der aktive Widerspruch zu jeglicher
»Religion des demütigen Einverständnisses in die Gegenwart"
(S. 21), der von der Hoffnung auf die Zukunft Christi aus der Verheißung
seiner Auferstehung lebt. Denn „die Auferweckung Christi
ist ihr nicht nur ein Trost in einem angefochtenen und zum Sterben
verurteilten Leben, sondern auch der Widerspruch Gottes gegen
das Leiden und Sterben, gegen die Erniedrigung und Beleidigung,
gegen die Bosheit des Bösen . . . Der Glaube tritt in diesen Widerspruch
ein und wird darum selber ein Widerspruch gegen die Welt
des Todes . . . Wer auf Christus hofft, kann sich nicht mehr abfinden
mit der gegebenen Wirklichkeit, sondern beginnt, an ihr
zu leiden, ihr zu widersprechen. Frieden mit Gott bedeutet Unfrieden
mit der Welt, denn der Stachel der verheißenen Zukunft
wühlt unerbittlich im Fleisch jeder unerfüllten Gegenwart" (S. 17).
Die Aktualität der „Offenbarung Gottes in Verheißung" verläuft
darum in einer dialektischen Bewegung weltlichen und menschlichen
Seins. Der Mensch im Anspruch der Offenbarung Gottes
und im Vollzug ihrer Bewegung „wird identifiziert - als das, was
er ist - und zugleich differenziert - als das, was er sein wird"
(S. 80). Das wahre Leben in Eintracht steht dem Glaubenden jetzt
erst noch bevor. „Seine Zukunft hängt ganz und gar am Ausgang
des Prozesses des Auferstandenen, denn er hat seine Zukunft auf
die Zukunft Christi gesetzt" (S. 80). Weil er allein von ihr seine
konkrete Identität erhofft, ist die geschichtliche Gegenwart für den
Glaubenden die Zeit der fortschreitenden Differenz oder der Differenz
des Fortschrittes. .Das Verheißungsgeschehen bringt ihn noch
nicht in eine Heimat der Identität, sondern nimmt ihn hinein in
die Spannungen und Differenzen der Hoffnung, der Sendung und
der Entäußerung ... So führt die verheißene Identität den
Menschen in die Differenz der Entäußerung hinein. Er gewinnt sich
selbst, indem er sich verläßt. Er findet das Leben, indem er den
Tod auf sich1 nimmt. Er kommt zur Freiheit, indem er Knechtsgestalt
annimmt. So kommt die Wahrheit zu ihm, die auf die
Auferstehung vorausweist" (S. 81). An1 diesem Punkt kommt nun
auch das von Moltmann nicht zuletzt im kritischen Hinblick auf
alle Arten einer „Theologie der transzendentalen Subjekivität"

besonders nachdrücklich akzentuierte Wechselverhältnis zwischen
Existenz- und Welterfahrung systematisch ins Spiel. Die Verheißung
der Identität mit sich selbst in der Zukunft bedeutet für
den Menschen Differenz zu sich selbst in der Gegenwart. „Wenn
aber das Verheißungsgeschehen der Auferstehung den Menschen
identifiziert, indem sie ihn in die Entäußerung seiner selbst
führt, so ist diese Selbsterfahrung unmittelbar verbunden mit
einer entsprechenden Welterfahrung. Der Mensch gewinnt sich
nicht durch Unterscheidung von der Welt, sondern durch Entäußerung
in sie hinein" (S. 81). Freilich meint Moltmann nicht
eine Entäußerung, welche den Verlust der Hoffnung von Anfang
an bei sich hat oder zwangsläufig nach sich ziehen muß (an solcher
Entfremdung ist kein Mangel in der Welt), sondern eine
Entäußerung, welche nichts anderes ist als der Austrag der Hoffnung
selbst im Prozeß der verheißungsgetreuen Um- und
Fortbildung der Welt, die darum auch „nicht als ein
starrer Kosmos von ausgemachten Fakten und ewigen Gesetzen
genommen werden (kann)" (S. 81). Unter der Voraussetzung der
Auferweckung Jesu Christi kann die Welt, in der sie geschehen ist,
nicht als ein endgültiges System, sondern nur als ein vorläufiger
Zustand variabler Subjekt-Objekt-Konstellationen in Betracht
kommen. „Aus der verheißenen Zukunft der Wahrheit wird die
Welt als Geschichte erfahrbar" (S. 82). Von der Offenbarung Gottes
als Verheißung zur Erfahrung der Welt als Geschichte - das ist die
erklärte Denkrichtung in der „Theologie der Hoffnung": „Auf
Grund des Verheißungsgeschehens der Auferstehung Christi Gott
und die Geschichte zusammenzudenken, heißt nicht Gott aus der
Welt oder aus der Geschichte zu beweisen, sondern umgekehrt die
Welt als gott- und zukunftsoffene Geschichte zu erweisen" (S. 82).
In der historisch-systematischen Durchführung dieses Programms
müßte die Erfüllung der theologischen Intention liegen, die in
Moltmanns Entwurf von Eschatologie enthalten ist. Denn: „Die
christliche Theologie kann in der Weise ihre Wahrheit an der Wirklichkeit
des Menschen und der Wirklichkeit der den Menschen angehenden
Welt erweisen, daß sie die Fraglichkeit des menschlichen
Daseins und die Fraglichkeit der Wirklichkeit im Ganzen aufnimmt
und hineinnimmt in die eschatologische Fraglichkeit des Menschseins
und der Welt, die durch das Verheißungsgeschehen geöffnet
wird. .Vorn Tode bedroht' und ,der Nichtigkeit unterworfen': das
ist der Ausdruck allgemeiner Daseins- und Welterfahrung. ,Auf
Hoffnung hin': das ist offenbar die Weise, in der christliche
Theologie diese Fragen aufnimmt und an die verheißene Zukunft
Gottes richtet" (S. 83 f.). (Forts, im nächsten Heft)

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). Handwörterbuch
für Theologie und Religionswissenschaft. 3., völlig neu
bearb. Aufl. in Gemeinschaft mit H. Frhr. v. Campenhausen
, E. Dinkler, G. Gloege und K. E. Logstrup,
hrsg. v. K. Galling. Registerband, bearb. v. W. W e r b e c k.
Tübingen: Mohr 1965. VII, 1111 Sp. 4°. Lw. DM 60.-; Hldr.
DM 67.-.

Der letzte Band (VI) der RGG wurde 1962 herausgegeben,
nach achtjähriger Arbeit. Seit dem zweiten Band (1958) ist Dr.
theol. Wilfried Werbeck der Redakteur des Werkes gewesen,
hat aber bereits seit 1957 die Hauptverantwortung für die pünktliche
Herausgeberarbeit getragen. Eine Krönung seiner Leistungsfähigkeit
ist der Registerband, der drei Jahre nach Vollendung
der sechs Bände erschien.

Die erste Auflage der RGG (1913) hatte keinen Registerband.
Er war freilich beinahe fertiggestellt, als der erste Weltkrieg
kam. Als der Krieg zu Ende war, mußte die Arbeit für eine
neue Auflage des ganzen Werkes beginnen - und sie endete mit
einem Registerband (1932), der 896 Spalten umfaßte. Er hatte
drei Teile: zuerst eine systematische Übersicht, dann ein Mitarbeiterverzeichnis
, am Ende ein Stichwortregister (dazu ein paar
Seiten „Berichtigungen"). Im Registerband der dritten Auflage
(1965) ist der Aufriß derselbe. Nur die systematische Übersicht
ist weggefallen, sie wurde ja diesmal allen Subskribenten schon
1956, vor der Herausgabe des ersten Bandes, gegeben.

Doch ist dieser neue Registerband um gut 200 Spalten stärker
als sein Vorgänger von 1932. Die Erweiterung liegt fast ganz im
Mitarbeiterverzeichnis, das jetzt wie ein vollständiger Gelehrtenkalender
aussieht, mit biographischen Daten und ausführlicher
Bibliographie für alle Mitarbeiter der dritten Auflage der RGG.
überaus aufschlußreich und brauchbar. Unter den Mitarbeitern
dieser Auflage befinden sich viele Fachleute der Religionswissenschaft
aus verschiedenen Ländern. Der stark internationale Charakter
der 3. Auflage ist unverkennbar. Die Zahl der Mitarbeiter
beträgt 1608.

Auch im Stichwortregister sind die Personennamen vollständig
erfaßt worden (die Begriffe und die Sachen hatten 1932 eine
etwas stärkere Stellung als 1965). Außer Todesdaten bei Personen
wurden von dem Redakteur selbständig mit Zuhilfenahme
von biographischen, bibliographischen und anderen Werken die
Lebensdaten der übrigen Personen - soweit es möglich war -
gesammelt. Diese Arbeit hat Dr. Werbeck nicht nur für die Personen
, die in einem eigenen Artikel behandelt sind, sondern
auch für eine Reihe anderer Personen ausgeführt. Der Registerband
ist dadurch erstaunlich reich an solchen Angaben, die in
den sechs Textbänden nicht zu finden sind. Die anderen Stichwörter
(Ortsnamen, Bewegungen u. dgl) sind mit großer Sorgfalt
ausgewählt und tun einen guten wegweisenden Dienst. Die
Textbände enthalten eine große Anzahl von Querverweisen, so
daß der Leser - wenn er nur durch das Stichwortregister zu dem
richtigen Punkt in den sechs Bänden geleitet ist - dort von
neuen Wegweisern weitergeführt werden kann.