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Ausgabe:

1967

Spalte:

458-460

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Jewett, Robert

Titel/Untertitel:

The Pauline anthropological terms 1967

Rezensent:

Jewett, Robert

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■457

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 6

458

Die Einordnung in die lateinische Textgeschichte (S. 161—189)
geht aus von den vielfachen Berührungen mit der Vulgata. Auf Grund
spezifischer Vulgatalesarten sowie durchgehender Nähe gegenüber
anderen Texttypen wird der Paulustext des Pelagius als Zeuge der
Vulgataüberlieferung eingestuft (S. 161—169). Gelegentlich muß aber
damit gerechnet werden, daß Pelagius von dem Wortlaut seiner
Paulusvorlage abgewichen ist; so kann z. B. bei Col 2, 5 als sicher
gelten, daß er einen Abschnitt aus dem Lemma des Ambrosiaster
übernommen hat (S. 169—174). Für weitere Abweichungen von der
Vulgata finden sich Belege bei verschiedenen vg-Hss sowie bei dem
Zitat einer Übersetzung des Cyrill von Alexandrien (S. 175—181).
Die meisten Differenzen gegenüber der Vulgata sind durch den
griechischen Text bedingt (S. 182—185).

Mit Hilfe des bei Pelagius vorliegenden Paulustextes lassen sich
in der Vulgataüberlieferung zwei Stufen unterscheiden: Pelagius und
c'ne Anzahl vg-Hss bezeugen eine Urform der Vulgata. Sie enthält
bereits den Prolog „Primum quaeritur" sowie den Hebräerbrief; die
Reihenfolge der Briefe ist Th Col. Textlich unterscheidet sie sich von
der Endstufe noch durch eine Anzahl altlateinischer Lesarten. Wichtigste
Vertreter der Endstufe sind A C G R. Sie lassen eine letzte
Revision an Hand eines griechischen Textes erkennen, bei der die
verbliebenen „westlichen" Lesarten getilgt und die Anordnung der
Briefe geändert wurden. Eine Rezension des Vulgatatextes wird die
Unterscheidung von Urform und Endstufe berücksichtigen müssen
<S. 186-189).

Die aus der Textherstellung und der Einordnung in die Text-
Geschichte gewonnenen Ergebnisse werden zusammengefaßt und anderen
Lösungsversuchen gegenübergestellt (S. 190—193).

Hinzugefügt werden Literaturangaben (S. 9—12) sowie Register
■der Schriftstellen, Namen und Ortsangaben (S. 194—201).

Gvnz-Rekowski, Georg von: Der Marienteppich im Dom zu
Halberstadt. Seine Herkunft und Deutung. Diss. Halle/Saale 1966. 138,
XXXII S.

Im Anschluß an byzantinisches Vorbild entwickelt sich um 1400
am Oberrhein eine inhaltlich besondere Form des gewirkten Wandteppichs
. Er baut sich als eine imago mundi auf, die über einen inferioren
Bereich mit Tier und Pflanze, einen humanen Bereich mit der Bildszenc
•aus dem Heiligen-, Minne-, Hof- oder Wildlcutc-Lcben und darüber
den himmlischen Bereich mit Wolkcnband und Sternen verfügt. Das
Verbreitungsgebiet dieser ikonographischen Form, die auch in Buch-
Illustrationen ihren Niederschlag findet, geht den Rhein hinauf und
schwenkt nach Mitteldeutschland ab. Auf den gestickten Teppichen aus
den niedersächsischen Klöstern dauert diese Form besonders nachdrücklich
an. Die franko-flämischen Tapisserien werden in leichterer,
lockerer Form von diesem Schema berührt. Auf diesen wie auf den gestickten
Teppichen Niedersachsens entfällt das Wolkcnband, der Hintergrund
der Bildszene füllt sich mit einer ornamental geprägten oder
phantastisch bunt gefüllten Frucht- und Blütenfülle und bedeutet die
himmlische, paradiesische Geborgenheit des heiligen oder profanen
Menschen. Wandteppiche von der Loiregegend (,Die Dame mit dem
Einhorn', Paris) und niedersächsische gestickte Tcppiche verkürzen den
inferioren Bereich mit den Tieren unmittelbar unter die begrenzte humane
Szene. Nach diesem Vorbild ist der Marienteppich zu Halberstadt
geformt, der vor dem Hintergrund einer üppig blühenden, fruchtbar gefüllten
Paradies-Landschaft 12 Szenen aus dem Marienleben bietet, die
jede unter sich in strenger Begrenzung zur Bildszene Tiere vorführt,
die im symbolischen Bezug zur Bildszene stehen.

Die Szenen: Maria Tcmpelgang, Vermählung, Verkündigung,
Heimsuchung, Geburt Jesu, Beschneidung, Die Heiligen Drei Könige,
Darstellung, Flucht nach Ägypten mit Göttersturz, Der zwölfjährige
Jesus im Tempel, Mariä Tod, Mariä Segnung (Krönung) präsentieren
sich in der Form, wie sie nach literarischer Tradition und ikonogra-
phischer Entwicklung für die Zeit um 1500 im niedersächsischen Raum
vorliegt. Für Auswahl und Form der Bildszenen bieten Tafelbilder von
Hans Raphon und Hans von Geismar den unmittelbarsten Vergleich,
desgleichen für den Kunststil der Ausführung. Die Flügelbilder des im
Dom zu Halberstadt befindlichen Altars (1508/09) von Hans Raphon
und die Tafelbilder des Altars in St. Albini zu Göttingen (1499) von
Hans von Geismar stimmen in einzelnen Details und im Szencnnufbau
sowie in Stilelementen überwiegend mit den Bildszenen des Halbcr-
städter Marienteppichs überein.

Die Dekoration des Hintergrundes hat ihr Vorbild auf den gestickten
Tcppichen aus dem Raum von Lüneburg und Kloster Wienhausen
. Details ergeben Übereinstimmung zwischen dem Marientep-
Pich, dem Wirkteppich mit niedersächsischen Wappen aus dem Dom zu
Halbcrstadt, den das Germanische Nationalmuseum Nürnberg bewahrt,
und dem gewirkten Thronbehang von 1501 in Kloster Wienhausen,
der aus Lüneburg stammt. Die Herstellung des Halberstädter Marienteppichs
ist daher für die Zeit bald nach 1500 im Raum von Lüneburg
zu vermuten.

Im Nachlaßverzeichnis des Halberstädter Dompropstes Balthasar
von Neustadt finden sich 'twe grote gewrochte Flameske doke', die in
dieser Typenbezeichnung mit den beiden Stücken des Marienteppichs
zu identifizieren sind. Der überragende Mäzen des Domes stiftete eine
Marien-Kapelle, die kurz vor seinem Tod 1516 geweiht wurde. Die
beiden Teppichstücke entsprechen in ihren Maßen genau den beiden
Wandflächen dieser Kapelle, so daß sie als Stiftung des Dompropstes
Balthasar von Neustadt für die Marienkapelle des Doms zu Halberstadt
anzusehen sind, gefertigt um 1510—1516.

Jewett, Robert: The Pauline Anthropological Terms. Their Use in
the Struggle Against Early Christian Heresy. Diss. Tübingen 1966.
IV, 699 S.

Der Verfasser sieht das Problem der paulinischen Anthropologie
in der wechselnden Häufigkeit und Bedeutung der vom Apostel verwendeten
Begriffe. Diese Tatsache läßt sowohl das Unterfangen Bultmanns
, die paulinische Anthropologie als unveränderliche Grundlage
der Theologie des Apostels anzunehmen, als auch die rein lexikographische
Forschung (Lüdemann, Gutbrod u. a.) als fragwürdig erscheinen
. Die Theologie des Paulus ist vielmehr in hohem Maßr
situationsbedingt; sie wechselt und wächst in der Auseinandersetzung
mit den Gegnern des Apostels.

Weil die historische Situation so wichtig ist, wird im ersten Teil
der Arbeit die Chronologie der Paulusbriefe neu untersucht. Die von
John Knox aufgestellte Hypothese von drei Reisen nach Jerusalem wird
korrigiert und mit den aus den Briefen und der Apostelgeschichte gewonnenen
Daten in Verbindung gebracht. Auf diese Weise ergibt sich
die Möglichkeit einer Neudatierung der einzelnen Briefe. Der 1. und
der 2. Thesalonicherbrief wurden im Jahre 50 in Korinth geschrieben.
In ihnen setzt sich Paulus mit dem hellenistischen Enthusiasmus der
Gemeinde und insbesondere mit einer extrem enthusiastischen Gruppe
libertinistischen Einschlags auseinander. Der Galaterbrief ist im Herbst
52 anzusetzen; er wurde gegen judaisierende Eindringlinge aus Judaea
gerichtet, die in die enthusiastische und zum Teil einem Libertinismus
zuneigende Heidengemeinde die Beschneidung und die jüdischen Feste
eingeführt hatten (gegen Schmithals); dabei verbanden die Eindringlinge
diese jüdischen Elemente mit der Erlangung einer mystischen
Abrahamssohnschaft und der Verehrung kosmischer Mächte. Der
Philipperbrief wurde als einheitliche Größe während der Gefangenschaft
in Ephcsus geschrieben (Winter 54—5 5), und zwar an eine
pneumatisch-enthusiastische Gemeinde, in der judaisierende Eindringlinge
noch als Gefahr drohten und von der sich eine radikale
Gruppe häretischer Libertinisten schon geschieden hatte. Hinsichtlich
der Korintherbriefe wird die Schmithalssche Teilungshypothese akzeptiert
. Brief A (2 Kor 6,14-7, 1 + l Kor 9,24-10,22 + l Kor
6,12—20 + 1 Kor 11,2—34 + 1 Kor 15, 1—58 + 1 Kor 16, 13—14)
wurde im März 5 5 von Ephesus aus an eine in Gnostiker und Traditionalisten
gespaltene Gemeinde gesandt, um gegen die Auswirkungen
einer Leib-verneinenden gnostischen Theologie zu kämpfen. Paulus
beantwortete dann die Fragen der Gemeinde von Ephesus aus im
April 55 mit Brief B (1 Kor 1,1—6, 11 + 1 Kor 7, 1—9, 23 +
1 Kor 10, 11, l + l Kor 12, 1—14, 40+1 Kor 16, 1—16), um die
die Gemeinde zerstörende Neigung zu gnostischem Individualismus
zurückzuweisen. Nach einem „Tränenbesuch" schrieb PIs in Philippi im
Juli 55 den Brief C (2 Kor 2,14—6, 13 + 2 Kor 7.2—4), um mit
einer geschickten Einbeziehung der in Korinth verbreiteten gnostischen
Ideen gegen die neuerdings erschienenen „Theios-Ancr-Missionare"
(Bornkamin, Gcorgi, Schulz) eine gemeinsame Front zu bilden. Da dies
Pls nicht gelang, schickte er im September 55 Brief D (2 Kor 10, 1—13,
13) von Philippi aus; dabei griff er die Theios-Aner-Leute scharf an
und verteidigte seine Autorität als Apostel. Brief E (2 Kor 9, 1—15)
wurde im Herbst 5 5 geschrieben, um die Kollekte in Gang zu bringen
. Der Freudenbrief (F = 2 Kor 1, 1—2, 13 + 7, 5—8, 24) ist dann
im Frühling 56 von Makedonien ausgegangen. Inzwischen wurde der
Philemonbrief von Asien aus geschrieben (Winter 55—56). Zuletzt
verfaßte Pls in Korinth den Römerbrief — 56—57 — und schickte
gleichzeitig ein Exemplar mit Kp. 16 an die Epheser (Feine, Schmithals,
Marxsen, Friedrich).

Mit Rücksicht auf diese wechselnde theologische Situation in den
Gemeinden wurden die anthropologischen Termini untersucht. Zunächst
wurde für jeden Begriff an Hand eines forschungsgcschichtlichen
Rückblicks festgestellt, wo das Problem der Definition und der religionsgeschichtlichen
Herkunft liegt. Für Pls enthält z. B. sarx sowohl
eine physische und individuelle als auch eine kosmische Dimension; re-
ligionsgcschichtlich steht das Material des apokalyptischen Judentums —
vor allem der Qumranschriftcn — am nächsten. Allerdings ist der Gegensatz
zwischen Fleisch und Geist in Qumran nur implizit gegeben.
Eine Analyse der Terminologie der Paulusbriefe zeigt, daß Paulus diesen
Gegensatz erst nach Ausbruch des judaistischen Kampfes und des
darauf folgenden Apostelkonzils ausdrücklich herausgestellt. Im Galater-