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Ausgabe:

1967

Spalte:

445-446

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Krötke, Wolf

Titel/Untertitel:

Das Problem "Gesetz und Evangelium" bei W. Elert und P. Althaus 1967

Rezensent:

Andersen, Wilhelm

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Seite 1

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445

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 6

446

Rosa, Mario: Die Reformbestrebungen auf dem Gebiete der Liturgie
, der Frömmigkeit, des kanonischen Rechts, die in der Synode
von Pistoja zum Ausdruck kamen (Concilium 2, 1966 S. 493—500).

Schmölze, Gerhard: Christen und Marxisten im frühen 20. Jahrhundert
(DtPfrBl 67, 1967 S. 321—324).

Weichen, F.: Die Berliner Missionsgesellschaft im Dritten Reich
(PB1 107, 1967 S. 338—345).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

K r 8 t k e , Wolf: Das Problem „Gesetz und Evangelium" bei W. Eiert
und P. Althaus. Zürich: EVZ-Verlag [1965]. 57 S. 8° = Theologische
Studien, hrsg. v. K. Barth u. M. Geiger, 83. DM 6.70.

K. nimmt in diesem Heft ein zentrales refonnatorisches
Thema auf, das in jüngster Zeit wieder stärker in den Mittelpunkt
des theologischen Interesses gerückt ist: Das Problem
„Gesetz und Evangelium". Er versucht den Weg einer
gründlichen Diskussion (S. 7) zu beschreiten, indem er nicht nur
zwei Positionen der sog. lutherischen Theologie (W. Eiert und
P. Althaus) miteinander vergleicht, sondern beide mit der Konzeption
von K. Barth konfrontiert. Die Beschäftigung mit diesen
lutherischen Theologen erscheint ihm deshalb lohnenswert,
weil sich beide — trotz ihres gemeinsamen Gegensatzes zur
Barth'schen These vom Gesetz als der notwendigen Form des
Evangeliums — in charakteristischer Weise voneinander unterscheiden
.

Von daher ergibt sich der Aufbau der Schrift. K. entwickelt
zunächst in zwei Kurzreferaten das Problem in der Sicht von
Eiert und Althaus (§ 1 und 2), stellt in Thesenform beide Positionen
gegenüber (§ 3) und behandelt sie schließlich (§ 4) in
kritischer Sicht. Soweit es auf so beschränktem Raum (20 S. für
beide Konzeptionen) möglich ist, werden die Grundzüge der
beiden theologischen Positionen klar herausgestellt und die
charakteristischen Unterschiede aufgezeigt. Während Elerts Überlegungen
am realdialektischen Gegensatz zwischen Gesetz und
Evangelium orientiert sind — das Gesetz ist ein Verhängnis, in
das der Mensch immer schon hineingeboren wird, es bedeutet
Offenbarung des Zornes Gottes, seine Geltung ist nur in Tod
und Auferstehung Jesu Christi aufgehoben, es kann als Vergeltungsgesetz
nie Lebensregel werden —, geht Althaus unter
dem Gesichtspunkt der Zusammengehörigkeit und Verschiedenheit
von Gesetz und Evangelium das Problem an. Seine Lehre
von der Uf-Offenbarung läßt ihn das Gesetz als die gewandelte
Gestalt eines ursprünglichen Liebesgebotes Gottes, das durch
die Sünde des Menschen zum Gesetz verkehrt wurde, verstehen.
Darum kann er Tod und Auferstehung Jesu Christi als Durchbrechung
der Geltung dieses Gesetzes und als Wiederaufrichtung
des ursprünglichen Liebesgebotes deuten, das für
den Glaubenden eine positive Bedeutung als „Hilfe und
Korrektiv" hat.

K. sieht den eigentlichen Dissensus zwischen Eiert und Althaus
in der Lehre von der Ur-Offenbarung. Durch sie wird der
Mensch nie der Liebe Gottes, sondern nur seiner Verborgenheit
ansichtig, während sie nach Althaus auch Anknüpfungspunkt für
das Heil ist (vgl. S. 35). Das bringt Eiert im „Grundansatz mit
K. Barth zusammen" (ebd.). Trotzdem bleibt ihm aber Elerts
Gesetzesverständnis „genau so problematisch wie das von Altbaus
" (S. 36). Der eigentliche Kontroverspunkt ist für ihn die
Frage nach dem „Wie" der Unterscheidung von Gesetz und
Evangelium; daß hier unterschieden werden muß ist beiden —
aber auch Barth (vgl. S. 40) nicht zweifelhaft.

Während nach K. sich bei Paulus Gesetz und Evangelium
als Heils weg ausschließen, tun sie es bei Eiert „als
solche und darum auch als Heilsweg" (S. 41). K. hat wohl
recht, wenn er den Grund dafür im Gesetzesbegriff Elerts sieht.
Für Eiert sind Gesetz und Evangelium zwei gegebene Größen
, denen eine sich ausschließende Geltung für den Men-
sdien eignet. Damit vollzieht er eine Scheidung von Gesetz
und Evangelium, die dazu führt, Gesetz und Evangelium zu
einem uneinsichtigen Entweder-Oder werden zu lassen, das die
Voraussetzung für seine realdialektische Bestimmung beider
Wirklichkeiten zueinander ist. Ein Gesetz per sese steht gegen
ein Evangelium per sese (vgl. S. 42).

Daraus folgert nach K. „ein abstraktes Für-sich-Sein von
Gesetz und Evangelium" (S. 42), das für eine evangelische Theologie
unmöglich ist. K. anerkennt zwar, daß Elerts gesamte dogmatische
Arbeit — und darum auch die Behandlung des Problems
Gesetz und Evangelium — bezogen ist auf die eine unverrückbare
Mitte der Person Christi (vgl. S. 9); aber er sieht in der
Annahme einer zweifachen Offenbarung — des Zornes und der
Gnade — eine Denkweise, die solchen Abstraktionen Vorschub
leistet.

Der Art und Weise, wie Althaus das Verhältnis von Gesetz
und Evangelium bestimmt, vermag er auch nicht zuzustimmen
. Dessen Ausführungen über den tertius usus legis lassen
ihn zwar in „einer gewissen Nähe zum Gesetzesbegriff K.
Barths" (S. 52) erscheinen; aber an ihn richtet er die Frage, ob
die Voraussetzung eines unwandelbaren Liebeswillen Gottes als
der Konstanten im Verhältnis Gesetz und Evangelium nicht ein
außerhalb des Evangeliums gewonnenes Postulat ist (vgl. S. 54).

K. faßt seine eigene Position, die mit der von Barth verwandt
ist, aber sich mit ihr nicht deckt, in folgenden Satz zusammen
: „Gesetz und Evangelium gehören darin zusammen,
daß sie vom Evangelium her a) als Wort Gottes, das den
Menschen bei den Werken behaftet, und b) als Wort Gottes,
das den Menschen begnadigt, um des Evangeliums willen
unterschieden werden müssen" (S. 55/56, Hervorhebungen
im Text).

Er möchte damit das Berechtigte an der Betonung des Gegensatzes
, d. h. der Ausschließlichkeit des Zornes — und Gnadenhandelns
Gottes für den Menschen aufnehmen und zugleich
die Intention der Rede von der Einheit wahren, nämlich die gezielte
Bezogenheit des Zornes und Gnadenhandelns Gottes aufeinander
(vgl. S. 56).

Jeder Theologe, der die Frage nach dem Verhältnis von Gesetz
und Evangelium für ein Kernproblem der gegenwärtigen
Theologie hält, sollte die Studie von Krötke zur Kenntnis nehmen
. Sie scheint mir eine Richtung anzuvisieren, in der eine Lösung
der Problematik zu suchen ist. Um aber auf diesem Wege
überzeugende Schritte weiterzukommen, bedürfte es gewiß wohl
einer gründlichen Untersuchung des biblischen — vor allem des
alttestamentlichen — Gesetzesbegriffes. Auch wenn das nicht
zur Zielsetzung der Arbeit gehörte, so liegt dort doch sachlich
ihre Grenze. Eine wirklich weiterführende Diskussion, wie sie
sich der Verf. zum Ziel gesetzt hat, muß bei einer Neubesinnung
auf die biblischen Grundlagen einsetzen.

Neuendetlelsau Wilhelm An d e r s e n

Brinktrine, Johannes: Die Lehre von den Letzten Dingen. Die
Lehre von der Kirche. Paderborn: Schöningh 1963/64. 176 S. u.
79 S. gr. 8°. Buckram DM 21.— u. Lw. DM 17.—.

Die beiden Themen bilden den letzten Band der dogmatischen
Gesamtdarstellung des im Dezember 1965 verstorbenen
Paderborner Theologen (Die neue Dogmatik, Paderborn 1953 ff.).
Daß die Eschatologie der Ekklesiologie vorangestellt ist, hat
keine programmatische Bedeutung; Brinktrine wollte zunächst
die ekklesiologischen Ergebnisse des zweiten vatikanischen Konzils
abwarten, hat aber dann doch schon Ende 1963 seinen
Traktat über die Kirche abgeschlossen, der ausgesprochen
papalistisch konzipiert ist.

Die Abhandlung zeichnet sich, der Aufgabe eines Handbuches
gemäß, durch knappe und klare Unterrichtung wie durch
zahlreiche Literaturangaben und -verweise aus. Die Lehrauffassung
Brinktrines vermeidet alle Extreme, doch werden
anderslautende (katholische) Meinungen soweit zitiert, daß der
Leser sich nicht auf die Urteile des Autors allein angewiesen
sieht. Die Gliederung wird durch Leitsätze unterstützt, die die
Skala dogmatischer Verbindlichkeit erkennen lassen: Sätze „de
fide definita", „de fide" und serifentiae fidei proximae, (saltem)
theologice certae, communes. In der „Lehre über die Kirche"
gelangt der Verf. vergleichsweise selten zu Definitionen; dafür
ist die Diskussion etwas breiter aufgezeichnet.

Die „Lehre von den Letzten Dingen" wird fast durchgehend
als Individualescha'tologie entfaltet; sie umfaßt Auskünfte über