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1967

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 6

424

19,21—34); 38. Im einzelnen sei noch hervorgehoben, daß die
7, 14 mit nicht überzeugenden Gründen als die Braut oder
junge Gemahlin des Königs Ahas gedeutet wird. Seh. hält ferner
8,23b ausdrücklich für ein Stück für sich, ohne Zusammenhang mit
9, 1—6 (S. 242. 252), und lehnt die Erklärung der Thronnamen 9, 5
von der Pharaonentitulatur ab (S. 253). Bei der zeitlichen Gliederung
der Sprüche bewegt er sich innerhalb der auch sonst beschrittenen
Bahnen. Eine Deutung, die doch wohl dem Verständnis für die altorientalische
Poesie nicht gerecht wird, ist es, wenn man zu 14,29b
liest: „Die .Natter' ist Sargon II. und der .geflügelte Drache'
Sancherib" (S. 2 58).

Die Behauptung: „Selbstverständlich waren auch Michas Unheilsworte
nur bedingte Aussagen, d. h. sie waren widerrufbar, sobald diejenigen
, denen sie galten, ihre sündhafte Haltung änderten" verrät
eine prinzipielle Einstellung, die schwerlich viel Anhänger finden
dürfte.

Man vermißt an einer entscheidenden Stelle das Wichtigste,
wenn es zu Mi 6, 8 lediglich heißt, der Vers enthalte „eine kurze
und treffende Zusammenfassung der Predigt der Propheten", und die
Übersetzung von D^/PM Mi 5, 1 mit „ferne im Osten" kann nicht für
richtig gehalten werden, sagt doch auch die Vulgata ,ab initio'.

Seine Beurteilung des Phänomens hat Seh. in den Kapiteln
über die Prophetie vor Arnos eingeflochten und in den zwei
Abschnitten untergebracht, in denen er je Arnos und Hosea sowie
Jesaja und Micha miteinander vergleicht. Man kann zunächst
fragen, ob es notwendig ist, ausführlich auf die griechische
Wortbedeutung einzugehen. Von Anfang an legt Sch.
Wert auf die Unterscheidung von .sprechen' und .schauen', .Prophet
/ Bote' und .Seher', die er als allein konstitutiv ansieht
und bis zu den Schriftpropheten durchzieht. Die Scheidung in
wahre und falsche Propheten gibt es nach Sch. seit der Zeit
Ahabs, was zur Zeit Jehus allerdings wieder in den Hintergrund
trat. Bei den Prophetengenossenschaften der Zeit fällt
leider kein Wort über sie als auch soziale Erscheinung.

Man hat auch immer wieder den Eindruck, daß Sch.
die Schriftpropheten zu nivellierend beurteilt. Die Unterschiede
werden jeweils nicht deutlich. Überhaupt sieht er die Dinge zu
einlinig, die Propheten zu sehr nur als einzelne Repräsentanten
einer geschlossenen göttlichen Wahrheit. Es ist nicht richtig und
zu einfach, wenn er Arnos und Hosea als „nur zwei uns zufällig
bekannt gewordene Glieder einer ganzen prophetischen Bewegung
mit einer jahrhundertealten Tradition, die viele ähnliche
Gestalten aufzuweisen hatte" bezeichnet. Ebensowenig kann
man ihm zustimmen, wenn er in Arnos und Hosea einen gemeinsamen
Neuanfang sieht, der von Juda ausging, mit dem
Ziel der Wiederherstellung von Gesamtisrael, eines gemeinsamen
Kultus und einer gemeinsamen Anerkennung des einen
davidischen Königs. Jesaja hat nach der Meinung Sch.s zu stark,
oft von unrichtigen Voraussetzungen ausgehend, in das politische
Geschehen eingegriffen. Sch. stellt in dem Zusammenhang
die Frage, inwieweit das Wort der Propheten Wort Gottes
ist, und versucht eine Antwort zu geben, nennt den Glauben an
die Unverletzlichkeit des Zion „eine gewisse Schwäche in
Jesajas Predigt" und behauptet, Jesaja habe bei seiner Berufung
auch erfahren, daß er die Aufgabe hatte, dem Volke den Weg
zu zeigen, der zur Rettung vor dem Gericht führte. Weitere
Einzelheiten bedürften noch der Besprechung und Korrektur.
Es soll jedoch darauf verzichtet werden, auf alles einzugehen.

Ist ohne weiteres zuzugeben, daß die Schriftpropheten in
der Überlieferung wurzeln, so muß doch auch betont werden,
daß sie diese neu verstanden und interpretiert haben. Es wird
von Sch. nicht deutlich gezeigt, daß im 9./8. Jh. die Prophetie
Israels in neuer Gestalt erscheint. Daß eben in der Ausweitung
des Gesichtskreises und der Einbeziehung anderer Völker zum
Strafwerkzeug Jahwes an Israel und Juda wirklich etwas entscheidend
Neues liegt, wird nicht in gebührender Weise herausgestellt
. Deshalb sollte man auch in der komplexen Erscheinung
der Prophetie in Israel besser eine Trennungslinie im 9. Jh.,
vor Elia, setzen. Sch. geht leider auch nicht auf die wichtige
Frage ein, wie denn die unterschiedliche Art der prophetischen
Tradition, die Prophetenlegende und die Sammlung von Sprüchen
, zu erklären sei. So muß man leider Bedenken anmelden,

ob es Sch. gelungen sei, den Sachverhalt in angemessener Weise
dargestellt zu haben.

Zum Schluß kann sich Rez. nicht ein Wort zu der Art versagen,
wie Sch. vom kanaanäischen Kult redet. Was soll der Leser mit dem
hingeworfenen Wort .illegal' anfangen? Man kann auch dem keinesfalls
zustimmen, wenn der kanaanäische Kultus als Bordellbetrieb zum
Austoben der sexuellen Triebe bezeichnet wird (s. S 17 1 55 1 89.
316).

Immerhin darf man dem Buche durchaus zugute halten,
daß sowohl Katholiken wie auch Angehörige evangelischer
Kirchen eine gute Anleitung zum Bibellesen vorfinden. Das
dürfte letztlich auch das Ziel des Verfassers sein. Dennoch
wünschte man sich, daß er bei einer Fortsetzung der hier begonnenen
Arbeit einen Weg beschreitet, der nicht zu den oben
geäußerten Einwänden Anlaß gibt.

Leipzig Wolfram Her rma n n

Kruse-Blinkenberg, Lars: The Pesitta of the Book of
Malachi (Studia Theologica 20, 1966 S. 95—119).

Strange, John: The Inheritance of Dan (Studia Theologica 20,
1966 S. 120—139).

NEUES TESTAMENT

Farmer, William R.: The Synoptic Problem. A critical Analysis.
New York: Macmillan Company: London: Collier-Macmillan Limited
[1964]. XI, 308 S. gr. 8°. $ 10.—.

Der Verfasser möchte den Nachweis erbringen, daß die
Zwei-Quellen-Theorie höchst fragwürdig ist und durch eine andere
Lösung des synoptischen Quellenproblems zu ersetzen sei.

In kurzen Zügen zeichnet er die Geschichte des synoptischen
Problems bis zur Entstehung der Zwei-Quellen-Theorie
(Ch. I). Vor allem durch H. J. Holtzmann hat sich diese Theorie
durchgesetzt, und zwar nicht auf Grund einer intensiven Beschäftigung
mit den Texten, sondern durch eine einfache Synthese
der seit Lessing virulenten These einer synoptischen
Grundschrift und der von Schleiermacher inaugurierten Ansicht
einer vorsynoptischen Logienquelle. Diese Synthese war einfach,
nahm die älteren Thesen in sich auf, gab der liberalen Frage
nach dem historischen Jesus eine scheinbar wissenschaftliche
Grundlage, befriedigte aber auch die Traditionalisten, die das
Markus-Evangelium mit Hilfe der Papiasnotiz auf Petrus zurückführten
. Darum wurde sie allgemein akzeptiert, obschon irgendein
zwingender Grund für die Mk.-Priorität fehlte (Ch. II).
Vom Festland her setzte sich auch in England die Zwei-Quellcn-
Theorie durch, wobei es Streeters fragwürdiges Verdienst ist,
sie auch dort zur fast unbestrittenen Voraussetzung der Arbeit
gemacht zu haben. Streeter bestritt überdies mit Erfolg die UrMarkus
-Hypothese Holtzmanns. Dadurch ergab sich die Notwendigkeit
, eine andere Erklärung für die Übereinstimmungen
von Mt. und Lk. gegen Mk. im Mk.-Stoff zu finden (Ch. III).
Streeters Deutung dieser Übereinstimmungen vermag nicht zu
überzeugen, und seine vorwiegend linguistischen Gründe für
die Priorität des Mk. und für die Existenz einer Spruchquelle
sind so wenig zwingend, daß man sich nur wundern kann, wie
die Zwei-Quellen-Theorie sich überhaupt durchsetzen konnte
(Ch. IV). Der Grund dafür muß mangels einer exegetischen Basis
in der geistigen Verfassung des ausgehenden 19. Jh.s gesucht
werden. Die Wissenschaftsgläubigkeit und die Fortschrittsidee
dieser Zeit ließen einen Zweifel an der erreichten Lösung
des synoptischen Problems nicht zu, da niemand als rückschrittlicher
Obskurant gelten wollte. Nicht-wissenschaftliche Faktoren
führten also wie in Deutschland so in England zum Sieg der
Zwei-Quellen-Theorie, und nachdem der Konsensus einmal bestand
, blieb er bestehen, weil niemand zu glauben wagte, daß
so viele Gelehrte sich getäuscht haben konnten (Ch. V). Trennt
man sich von diesen unwissenschaftlichen Voraussetzungen, auf
denen die Zwei-Qucllen-Theorie allein beruht, so ergibt sich
die Lösung des synoptischen Problems von selbst: Mt. ist das