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Ausgabe: | 1967 |
Spalte: | 309-311 |
Kategorie: | Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik |
Autor/Hrsg.: | Beyer, Ulrich |
Titel/Untertitel: | Abendmahl und Messe 1967 |
Rezensent: | Koch, Ernst |
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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 4
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nun vor sich, wie sich die gleichen Probleme dem katholischen
Liturgiewissenschaftler darstellen. Nach einem einführenden Bericht
in „Die Zeit der Liturgie" von I.-H. Dalmais, werden zuerst
von P. Jounel der Sonntag und die Woche behandelt. Es folgen im
zweiten Abschnitt „Das Jahr" Darstellungen des Osterkreises
von A. Chavasse, der Weihnachtszeit von P. Jounel, der Qua-
tembertage von A. Chavasse, der Marienfestc von B. Capelle f
und der Heiligenverehrung von P. Jounel. Auch hier begegnen
uns die Ergebnisse eingehender geschichtlicher Untersuchungen.
■>|e empfangen ihren inneren Antrieb durch die Erkenntnis, daß
die Zeit mit ihren Festen als eine grundlegende Kategorie der
Liturgie zu werten ist und es darauf ankommt, ihre vielfach
gegliederte Sinnfiill e sich zutreffend bewußt zu machen, will
man dem Wesen christlicher Liturgie als wirksamer Gegenwärtigkeit
eines geschichtlichen Heilsgeheimnisses ausreichend Rechnung
tragen.
Der letzte ausgedehnte Abschnitt des ganzen Werkes gilt
<jem Stundengebet und hat P. Salmon zum Verfasser. Nachdem
«essen Ursprünge dargestellt sind, wird zunächst das vollständige
, tägliche und feierliche Stundengebet zum Gegenstand der
Untersuchung gemacht. Dessen Verfall und Umgestaltung zur individuellen
Rezitation bedingt das weitere Kapitel „Feier des
Mundengebetes und Einzelrczitation". Sodann wird auf die Reformen
des Stundengebetes bis hin zu denen der Jahre 195 5 und
i960 eingegangen. Erwägungen über die Zukunftsaussichten aller
heute sichtbar gewordenen Reformbestrebungen, ergänzt durch
Hinweise auf Direktiven des Zweiten Vatikanums, schließen dieses
Kapitel ab. Schließlich wird das Stundengebet in seiner heutigen
Gestalt und dessen Theologie als Gebet der Kirche, als Gebet
des Priesters und als Gebet im christlichen Tageslauf erörtert
.
Während, wie bereits angedeutet, der vorliegende Band im-
jner wieder Hinweise auf die liturgischen Ergebnisse des Zweiten
Vatikanums bringt, werden in einem Anhang von 26 Seiten Ergänzungen
zum ersten Band aus der „Constitutio de Sacra Li-
turgia" (4. 12. 1963) und den daran anschließenden gesamtkirchlichen
und deutschen Ausführungsbestimmungen nachgebracht.
Damit wird erreicht, daß das Gesamtwerk dem Stand der Gegenwart
entspricht. Es folgen in einem Anhang Berichtigungen
und Literaturergänzungen zu Band I. Alle Benutzer des Werkes
Werden es besonders dankbar empfinden, daß ein Verzeichnis
der Schriftstellen sowie ausführliche Personen- und Sachverzeichnisse
das Gesamtwerk auch für die Orientierung zu einzelnen
Fragen aufschließen. Zusammenfassend darf erneut festgestellt
■werden, daß die katholische Theologie in diesem Handbuch ein
hochwertiges Arbeitsmittel erhalten hat, in dem auch der nicht-
Katholische Liturgiker schnelle und zuverlässige Informationen
gewinnen kann.
Greifswald William Nagel
"eyer, Ulrich: Abendmahl und Messe. Sinn und Recht der 80. Frage
des Heidelberger Katediismus. Ncukirchen-Vluyn: Neukirchcncr
Verlag d. Erziehungsvereins 1965. 189 S. 8° = Beiträge z. Geschichte
u. Lehre der Reformierten Kirche, hrsg. v. P. Jacobs, W.
Kreck, G. W. Locher u. O. Weber, XIX. DM 18.40; Lw. DM 20.80.
Dieses Buch, ursprünglich eine in Münster angenommene
Dissertation, ist eine methodisch vorbildliche Arbeit zur Theologie
des Heidelberger Katechismus — man ist versucht zu sagen:
endlich! Es gibt zwar ausgezeichnete historische und dogmenge-
schichtlichc Arbeiten für dieses Gebiet. Dieses Buch ist mehr: Es
versteht sich, wie der Verf. an einer Stelle sagt, als Weiterführung
der Diskussion des Reformationszcitalters. Im Rahmen einer
solchen Untersuchung ist das natürlich nur von einem
Problem her möglich, eben dem. das im Titel angekündigt ist.
Der Einsatzpunkt ist mit Fr. 80 des Heidelberger Katechismus
(HK) geschickt gewählt. Einerseits steht Fr. 80 im Duktus der
Fr. 69—74 und 75—82 isoliert da (wäre ihre sekundäre Einfügung
nicht bekannt, könnte sie literarkritisch erschlossen werden
!). Andererseits ist bei der Beschäftigung mit ihr bis in jüngste
Zeit hinein eine gewisse Verlegenheit erhalten geblieben (der
Beitrag über die Lehre von der Kirche und den Sakramenten in
L. Coenens Handbuch zum HK, Neukirchen 1963, zitiert Fr.
80 nicht einmal!). Somit kann die Untersuchung sich auf einen
knappen Ausschnitt des HK und seiner Theologie beschränken.
Sie geht so vor, daß sie nach der Darstellung der Entstehung
von Fr. 80 (angeregt und abgefaßt durch Olevian auf Erlaß
des Kurfürsten hin, aber nicht als unmittelbare Entgegnung
auf das Tridentinum gedacht) und ihrer Geschichte die Frage aus
der Meßkontroverse des Reformationszeitalters erklärt, sodann
die Heidelberger Meßkritik mit der Meßopfertheologie der Vor-
tridentiner konfrontiert und abschließend Perspektiven der gegenwärtigen
Kontroverse zwischen Abendmahl und Messe aufweist
. Bei der Analyse von Fr. 80 werden als entscheidende Themen
das Opfer und die Anbetung der Hostie herausgestellt. An
der Meßkritik der Heidelberger Theologen Olevian und Ursin
macht der Verf. auf die typisch reformierte Argumentation aufmerksam
und hebt sie vor allem von der anders gearteten Meßkritik
Luthers ab, indem er auch Calvins und Zwingiis Voten in
dieser Frage heranzieht. Die Meßkritik der lutherischen und reformierten
Bekenntnisschriften wird verhältnismäßig kurz referiert
, aber gut in den Zusammenhang der Auseinandersetzung
eingeordnet. Methodisch sachgemäß ist die Heranziehung der
vortridentinischen Meßtheologie zum Vergleich, da im HK eine
direkte Auseinandersetzung mit dem Tridentinum zu fehlen
scheint. Von den Vortridentinern werden neben Eck, Kling, Ho-
sius u. a. vor allem Kaspar Schatzgeyer und Cajetan in ihren originellen
und weiterführenden Beiträgen gewürdigt. Weit entfernt
von einer bloßen Wiederholung der Polemik des 16. Jahrhunderts
zeigt Verf. dann auf, in welchem Sinne die Anklagen
des HK (und der übrigen Reformation) das Selbstverständnis
der römischen Messe im 16. Jahrhundert nicht treffen, auch
wenn sie psychologisch verständlich sind.
Besonders interessant, wichtig und weiterführend ist der
letzte Arbeitsgang, der, auf der Einsicht basierend, daß die Fronten
des 16. Jahrhunderts nicht mehr die heutigen sind, die Kontroverse
auf den heutigen Stand führen will — immer unter der
Voraussetzung, daß Fr. 80 des HK gegenwärtiger Katechismus-
und Bekenntnistext der reformierten Kirche ist. Als der Standpunkt
Roms werden bezüglich der Opferfrage Sessio XXII, bezüglich
der Anbetung des Sakraments Abschnitte aus Sessio XIII
des Tridentinums fixiert und interpretiert, nicht ohne einen Seitenblick
auf Odo Casel und G. Söhngen zu tun. Als bis heute
aktueller Kontroverspunkt kristallisiert sich heraus: Die römische
Messe enthält einen ausgeprägten katabatischen Zug: die
Selbsthingabe Christi. Diesem entspricht „ein nicht minder
scharf profilierter anabatischer Zug": die Darbringung des gegenwärtig
gesetzten Kreuzesopfers an den Vater durch die Kirche
mit dem Sohn. „Diese Dialektik ist der eigentliche Schaden der
Messe" (163). Scharf zurückgewiesen werden alle evangelischen
Versuche, in irgendeiner Weise das Opfermotiv in die Abendmahlstheologie
aufzunehmen, und sei es in Form des Lob- und
Dankopfers (Prenter) oder auf dem Wege über eine repraesen-
tatio-Theorie. Lediglich anhangsweise und mit weitgehendem
Verständnis für die römische und lutherische Position in dieser
Sache, gegen die sich ja Fr. 80 auch richtet, wird die Frage der
Anbetung im Sakrament behandelt, freilich mit der Einschränkung
, daß diese Frömmigkeitsübung nie Thema der Abcnd-
mahlstheologie werden dürfe. An dieser Stelle zeigt sich auch die
Position des Verf. in der Frage des modus praesentiae in coena:
sie läßt sich mit den Begriffen „Aktualpräsenz" und „lebendige,
in Anspruch nehmende Begegnung des Glaubens" (176) im Gegensatz
zu substanziellcr Gegenwart beschreiben.
Das Buch geht in allen seinen Teilen konzentriert und zielstrebig
voran. Daß sich hier und da Einzelheiten ergeben, denen
man nicht unbedingt zustimmen wird, liegt in der Natur der
Sache.
So mag gefragt werden, ob die Verbindung von wirklicher Gegenwart
des Kreuzesopfers und Dankopfer, die eine Weiterentwicklung
von auch von B. zitierten mclanchthonischen Gedanken darstellt, wirklich
mit so starken Denkschwierigkeiten verbunden ist, wie Verf. S.
166 meint (übrigens hat Melanchthon seine Gedanken nicht erst 1535,
wie es S. 103 Anm. 180 heißt, sondern schon in Apol. XXIV 19ff.
entwickelt). Bezüglich der Präsenz des geschichtlichen Opfertodes Jesu
im Vollzug der eucharistischen Feier hätte vielleicht auch eine so gewichtige
Stimme wie W. Marxsen: Das Heilsgeschehcn in Christo und