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Ausgabe:

1967

Spalte:

279-285

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Romanus Melodes, Sancti Romani Melodi cantica 1967

Rezensent:

Kambylis, Athanasios

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279

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 4

280

O x 1 e y , James E.: The Reformation in Essex. To the Death of Mary.
Manchester: Manchester University Press [1965]. XII, 320 S., 1 Faltkarte
. 8°. Lw. 45 s.

In dem Buch handelt es sich um eine lokalgeschichtliche
Darstellung, wie sie A. L. Rowse für Cornwall geschrieben hat.
Sein Vorzug ist, daß der Verfasser viele lokale Archive benutzt
hat. Dies tritt außer in der Darstellung in den verschiedenen
Anhängen zutage.

Ein Überblick über die Kirchengeschichte von Essex zu Beginn
des 16. Jahrhunderts zeigt, daß die Bewohner von tiefer
Frömmigkeit erfüllt waren und der Pfarrklerus sowohl für das
religiöse als auch für das soziale Leben sorgte und so aufs engste
mit dem Gemeindeleben verbunden war. Anders war dies
bei dem hohen Klerus der Fall. Er war durch weltliche Ämter
seinen kirchlichen Aufgaben teilweise entzogen.

Die Klöster hatten schon im ausgehenden Mittelalter für
das religiöse und soziale Leben in Essex keine Bedeutung mehr.
Ihre Zahl war rückläufig. Das Volk brauchte sie nicht mehr. Das
geistliche und geistige Leben vollzog sich in den Pfarrkirchen
und Kapellen. Der Verfasser zeigt, daß bereits vor dem Bruch
König Heinrichs VIII. mit Rom England, insbesondere Essex,
ein „protestantisches" Land war. Er versteht „protestantisch"
im Sinn von „antirömisch". Der Verfasser führt diese Haltung
auf die weite Verbreitung der Lollarden in Essex zurück. In ihnen
waren die Lehren Wyclifs lebendig geblieben. So war Essex
für die kirchliche Trennung von Rom unter Heinrich VIII. vorbereitet
.

Das Buch gibt dann eine eingehende Darstellung der kirchlichen
Organisation und schildert die Geschichte der Ordenshäuser
von der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts an. Die kommende
Reformation deutet sich außer in der sinkenden Bedeutung
für das kirchliche Leben u. a. dadurch an, daß an der Wende
des 15./16. Jahrhunderts Klöster zu dem Zweck aufgehoben
worden sind, um von ihren Einkünften die Kollegs in Oxford
und Cambridge zu unterhalten.

Der Bruch Heinrichs VIII. mit dem Papsttum führte zu
weiterer Auflösung von Klöstern in Essex.

Die eigentliche Reformation unter Eduard VI. (1547—53)
hatte auf Essex eine tiefgehende Wirkung. Visitationen stellten
den Stand des kirchlichen Lebens in finanzieller und personeller
Hinsicht fest.

Auch in Essex war die Regierung der katholischen Maria
(1 55 3—58) ein schwerer Rückschlag. Von Anfang ihrer Regierung
an war hier eine starke Opposition. Es begannen die Verfolgungen
besonders der verheirateten Kleriker. Hinrichtungen
erfolgten, Scheiterhaufen brannten.

Mit Marias Tod endet das Buch. Der Verfasser untersucht
abschließend Gewinn und Verlust der Kirche und ihrer reformerischen
Bewegung in der von ihm behandelten Periode der Kirchengeschichte
von Essex. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn
der Verfasser die weitere Entwicklung der kirchlichen Verhältnisse
unter der Regierung Elisabeth I. untersucht hätte. Aber
auch so besteht der Wert dieser lokalgeschichtlichen Untersuchung
darin, daß die Auswirkung der kirchengeschichtlichen Ereignisse
Englands in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in
einem Gebiet eingehender und damit die allgemeine Kirchengeschichte
Englands vertiefend untersucht worden ist.

Berlin Walter D o 1 i u s

Conzemius, Victor: Die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen
kirchlichen Zeitgeschichte (Concilium 2, 1966 S. 479—486).

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Maas, Paul, Prof., and C. A. Trypanis, Prof. [Ed.]: Sancti Ro-
mani melodi cantica. Cantica genuina. Oxford: Clarendon Press
1963. XXXVIII, 547 S. 8°. Lw. £ 6.6.-.

Seitdem Kardinal J. B. Pitra in der zweiten Hälfte des vorigen
Jhdts. die Literaturgattung des Kontakions entdeckte, die in
ihr geltenden metrischen Regeln (Homotonie und Isosyllabie)
feststellte1 und schließlich die Edition einer beträchtlichen An-

') J. B. Pitra, Hymnographie de l'Eglise grecque, Rom 1867.

zahl von Hymnen des Romanos, gleichsam des bedeutendsten
Vertreters dieser Gattung, vorlegte2, hat sich die philologische
Wissenschaft immer mehr dem neuerschlossenen Forschungsgebiet
zugewandt. Zunächst war es allerdings die Metrik des Kontakions
allein, der das besondere Interesse der Forscher galt3;
erst nach langen Jahren, gegen Ende des 19. Jhdts., rückte der
Problemkomplex um die Kontakiendichtung allgemein und um
Romanos insbesondere in den Vordergrund wissenschaftlicher
Tätigkeit im Rahmen des damals noch jungen Faches der Byzan-
tinistik. Kein geringerer als Karl Krumbacher, der Begründer der
byzantinischen Studien in Deutschland, leitete diese Tätigkeit
mit einer Reihe grundlegender Arbeiten ein*. Zugleich gab er in
seinen Untersuchungen auch Beispiele einer kritischen Edition
der Kontakien (meistens mit anschließendem Kommentar), die
das eigentliche Ziel seiner Bemühungen um Romanos und dessen
Dichtung war, wenngleich er die „Unmöglichkeit" auch einsah,
„sofort eine abschließende Gesamtausgabe oder Gesamtdarstellung
vorzulegen"5. Schon zu Krumbachers Lebzeiten hatte sich
auch dessen Schüler Paul Maas mit den einschlägigen Problemen
der Kontakien- und Romanosforschung befaßt und seine Ergebnisse
in mehreren Aufsätzen niedergelegt". Dem Lehrer folgend,
gab er Proben einer kritischen Edition, doch schwebte auch ihm
von vornherein eine kritische Gesamtausgabe vor.

Besonders nach dem frühen Tode Krumbachers (1856—1909)
machte sich Maas ans Werk. Der erste Band einer auf 2 Bände
berechneten Ausgabe sollte bereits Anfang der 20er Jahre bei
Teubner erscheinen; der Plan konnte aber nicht verwirklicht werden
, da sich nicht genug Subskribenten fanden7. Maas überließ
dann vor dem 2. Weltkrieg sein gesamtes Material der Athener
Akademie der Wissenschaften, die weiterhin für die Gesamtedition
des Romanos sorgen sollte; er entschied sich jedoch nach
Kriegsende, sein Manuskript zurückzuziehen8 und setzte seitdem
seine eigenen Bemühungen um die große Aufgabe — dieses Mal
mit Hilfe seines griechischen Schülers C. A. Trypanis — wieder
fort. Frucht dieser langjährigen Zusammenarbeit ist der vorliegende
Band mit den (Carmina genuina des Romanos; s. u.), der
— das ist an allem deutlich zu erkennen — auf dem von Krumba-
cher gelegten Grundstein weiterbaut". Das stattliche Buch be-

2) J. B. Pitra, Analecta Sacra Spicilegio Solesmensi Parata, Paris
1867, Vol. I (28 Hymnen!).

3) Abgesehen von Pitra (s. Anm. 1 u. 2) haben sich W. Christ
(Anthologia Graeca Carminum Christianorum. Adornaverunt W. Christ
et M. Paranicas, Lipsiae 1871) und W. Meyer (Anfang und Ursprung der
lateinischen und griechischen rhythmischen Dichtung, Abh. d. K. Bayr.
Akad. d. Wiss., I. CL, XVII. Band, II. Abt., München 1885, S. 267-
450; jetzt: W. M., Gesammelte Abhandlungen zur mittellat. Rhythmik.
Bd. 2, Berlin 1905, lff.) mit den metrischen Problemen der Kontakiendichtung
befaßt.

4) Vgl. vor allem: Studien zu Romanos, SB der philos.-philol. u.
histor. Klasse d. K. Bayr. Akad. d. Wiss., München 1898, Bd. II,
S. 69—268. — Umarbeitungen bei Romanos. Mit einem Anhang über
das Zeitalter des Romanos, ebda. 1899, Bd. II, S. 1—156. — Romanos
und Kyriakos, ebda. 1901, S. 693—766. — Die Akrostichis in der
griechischen Kirchenpoesie, ebda. 1903, S. 551—691.

5) Studien zu Romanos S. 71.

6) Vgl. vor allem: Die Chronologie der Hymnen des Romanos,
BZ 15, 1906, 1—44. — Grammatische und metrische Umarbeitungen
in der Überlieferung des Romanos, BZ 16, 1907, 565—587. — Das
Kontakion, BZ 19, 1910, 285—306. — Das Weihnachtslied des
Romanos, BZ 24, 1923—24, 1—13.

7) S. Byz.-Neugr. Jahrbb. 1, 1920, 456 und 2, 1921, 27lf.

8) N. B. Tomadakis, Elaaycoyi] eis zifv Bv£avuvi)V 'PdoXoylav,
Bd. 1, 2. Aufl. Athen 1958, 301 mit Anm. 3; vgl. auch E. Wellesz,
A History of Byzantine Music and Hymnography, 2. Aufl. London
1961, 10 Anm. 1.

e) Die editorische Tätigkeit um Romanos blieb auch in anderen
Ländern nicht aus. Zu nennen sind hier in chronologischer Reihenfolge
vor allem: G. Cammelli, Romano il Melode (Testi Christiani),
Florenz 1930 (Teilausgabe: nur 8 bereits bekannte Hymnen); E. Mioni,
Romano il Melode, Padova 1937 (ebenfalls Teilausgabe: 10 Hymnen);
in Griechenland hat sich nach dem letzten Kriege N. B. Tomadakis um
den Romanos besonders verdient gemacht. Mit Hilfe einiger seiner
Schüler begann er eine Gesamtedition der Kontakien des Romanos; bis
jetzt sind 4 Bände erschienen mit insgesamt 49 Hymnen: 'Pm/iavov
xov MeUpSov'Yfivoi, Bd. 1—4, Athen 1952—61 (ab Bd. 3 mit neu-