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Ausgabe:

1967

Spalte:

257-258

Autor/Hrsg.:

Baumbach, Günther

Titel/Untertitel:

Bemerkungen zum Freiheitsverständnis der zelotischen Bewegung 1967

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257

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 4

258

sein auf Gott und sein Handeln offenbar macht. Deshalb führt
nun auch die Klimax von der dÄTxpts über vjiojuovij und doxijui]
nicht zur Vollkommenheit oder zur dö£a (5,2), sondern zur
Hoffnung (5,4f.). Denn die Hoffnung ist für Paulus die Gegenwart
der für Mensch und Welt immer zukünftig bleibenden
Macht Gottes.

III

Das weisheitliche Denken hat für die urchristliche Theologie
fundamentale Bedeutung gehabt. Paulus hat die darin beschlossene
Problematik erkannt, der Verfasser des Jak.-Br. ist
der Weisheitstheologie verhaftet geblieben. Ohne Berücksichtigung
dieser religionsgeschichtlichen Voraussetzungen ist das
Verhältnis beider nicht zu klären.

Bemerkungen zum Freiheitsverständnis der zelotischen Bewegung 1

Von Günther Baumbach, Berlin

Der bei einer Darstellung des neutestamenflichen Freiheitsbegriffs
meist unbeachtet bleibende jüdische Bereich sollte in
dem Referat an einem entscheidenden Punkt: im Blick auf die
zelotische Bewegung mit ihrer Hochschätzung der Freiheit zur
Geltung gebracht werden.

Im Unterschied zu einer rein profan-politischen und zu einer
unter betont religiösem Vorzeichen stehenden eschatologischcn
Deutung des zelotischen Freiheitsverständnisses ergab sich, daß
der von dem sikarischen Zweig dieser Bewegung vertretene Freiheitsbegriff
durch eine apokalyptische Grundhaltung bestimmt
ist und darum als „apokalyptischer Freiheitsbegriff" bezeichnet
werden kann.

Zur Begründung für diese These erwies es sich als notwendig
, die wichtigsten von Josephus über das Vorgehen der
Sikarier gemachten Aussagen zu interpretieren, wobei auch die
Münzen aus dem Jüdischen Krieg herangezogen werden mußten.
Dabei zeigte sich, daß Josephus einerseits (wie bei seiner Darstellung
Johannes des Täufers) die apokalyptische Motivierung
der Sikarier bewußt unterdrückt, andererseits aber den unterschiedlichen
Charakter des zclotischen gegenüber dem makka-
bäischen Freiheitskampf klar erkennbar werden läßt. Josephus
mußte offensichtlich aufgrund seines „pharisäischen Freiheitsbegriffs
" mit innerer Notwendigkeit die völlig anders strukturierte
Freiheit der Sikarier ablehnen. Die „ganz neuen und
ungewöhnlichen Wege", die nach BJ V, 402 diese „Revolutionäre
" bei ihrem Kampf zur Gewinnung der Freiheit beschritten,
bestanden in ihrer völligen Verwerfung der bestehenden, durch
die hellenistische Wirtschaftsform bedingten Ordnung und zielten
auf die Befreiung des Gott geheiligten Volkes von aller
Sklaverei, von der sozialen wie von der politischen, von der

*) Kurzfassung des auf dem 2. Wiener Ev. Theologen-Kongreß Sept.
1966 gehaltenen Sektionsreferats. Der volle Wortlaut kommt in der
Festschrift für L. Rost z. 70. Geb. zum Abdruck.

durch einheimische wie von der durch fremde Herren. In einer
gewissen Entsprechung zu den frühen israelitischen Propheten
nahmen diese durch die gegenwärtige Wirtschafts- und
Sozialstruktur verarmten Aufständischen den Kampf gegen
die Fremdherrschaft um der erstrebten radikalen Umwandlung
im Inneren willen, um der Aufrichtung von Gottes
Herrschaft und Gottes Gerechtigkeit in seinem Volk, auf sich.
In Übereinstimmung mit der apokalyptischen Literatur, in der
die Reichen und Besitzenden als die Repräsentanten des „alten
Äons" erscheinen und darum zum Vergehen bestimmt sind,
wurde für die Sikarier der Sturz aller Herren und Mächtigen zur
notwendigen Voraussetzung für die Herbeiführung der Freiheit.
Daraus ergab sich, daß ohne den apokalyptischen Umsturzgedanken
Lehre und Handeln dieser Gruppe unverständlich bleiben.
Die von ihr erstrebte Freiheit bedeutete als völlige Unterwerfung
unter Gottes Herrsein die Befreiung von allen menschlichen
Herren und damit zugleich die Aufrichtung einer neuen,
eschatologischen Ordnung, in der es keine Herren und Sklaven,
keine Besitzenden und Armen gibt. Eine solche Zukunftsschau
mußte sich als „Zerrüttung der staatlichen Ordnung" (BJ IV,
339) auswirken. Infolge des grundlegenden Unterschieds, der
zwischen diesem Freiheitsbegriff und dem politischen des Griechentums
besteht, mußte eine rein profan-politische Deutung der
von den Sikariern erhobenen Freiheitslosung abgelehnt werden.
Aber auch der eschatologischen Deutung konnte nicht vorbehaltlos
zugestimmt werden, weil diese zu wenig den revolutionären
, alle Bereiche betreffenden Umsturzgedanken berücksichtigt
. Die dem Begriff „Freiheit" vom Alten Testament her anhaftende
soziale Bedeutung brauchte von den Sikariern deshalb
nicht spiritualistisch verflüchtigt zu werden, weil die von ihnen
erstrebte Freiheit als „Erlösung Zions" eine Neuordnung aller
Verhältnisse, auch und gerade der sozialen, innerhalb des von
Gott erwählten und darum Gott allein zum Gehorsam verpflichteten
Volkes betraf.

Zum Kirchenbegriff Cyprians1

Von Ulrich Wickert, Tübingen

Daß Cyprian, wenn man es so nennen dürfte, ,Episkopalist',
nicht .Papalist' gewesen ist, hat Hugo Koch unwiderleglich dargetan
. Daß ferner von den beiden umstrittenen Fassungen des
vierten Kapitels der Einheitsschrift die eine das Stigma der Un-
echtheit trägt — nämlich diejenige, welche die Cathedra Petri
in den Mittelpunkt des Interesses rückt, hat (wie mir scheint)
selbst Bevenot nicht überzeugend zu widerlegen vermocht. Ja
man kann sagen, daß Bevcnots höchst respektable Untersuchung
der handschriftlichen Überlieferung von De unitate ecclesiae
die Unechtheit des von ihm freilich bevorzugten „Primacy Text"
eigentlich ins Licht gestellt hat. Indessen: von den hiermit berührten
komplizierten Problemen kann jetzt nicht die Rede sein.

Wie hat Cyprian die Kirche gedacht? Vor Jahren hat Günter
Klein nach dem „hermeneutischen Schlüsselbegriff" in der
Konzeption des Karthagers gesucht und ihn in der „Idee der

') Sektionsreferat, gehalten auf dem 2. Wiener Ev. Theologenkongreß
Sept. 1966.

Hierarchie" gefunden. Ich greife Kleins Frage um so dankbarer
auf, als ich mir seine Antwort nicht zuzueignen vermag. Denn
nicht das Bischofsamt als solches, aber auch nicht die im Colle-
gium geeinte Summe der Bischöfe macht in Cyprians Sinne das
Wesen der Kirche aus — so unermüdlich der Bischof allerdings
einschärft, daß die Kirche im Bischof ist. Für Cyprian ist Kirche
primär: Sacramentum Unitatis. Ein Begriff, der im Textus re-
ceptus der Einheitsschrift und auch sonst begegnet, in dem verdächtigen
Primacy Text dagegen fehlt: hier ist er vor der interpolierten
Zudringlichkeit der unitas Petri taktvoll zurückgewichen
. Was meint Cyprian, wenn er die zuerst auf den Einen
Petrus, danach auf alle Apostel insgesamt gestellte Kirche als Sacramentum
unitatis bezeichnet? Ep. 52,1 (an Cornelius von Rom
gerichtet) zeigt, woher Cyprian den Ausdruck hat: aus Eph 5,
wo von dem sacramentum resp. mysterion der Einheit von Christus
und Ecclesia gehandelt wird. Es ist nicht leicht zu sagen,
inwieweit sich Cyprian über die Gleichung sacramentum =
mysterion Rechenschaft gegeben hat: der von Tertullian ererb-