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Ausgabe:

1967

Spalte:

227-228

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Hillmann, Reinhard

Titel/Untertitel:

Wasser und Berg 1967

Rezensent:

Hillmann, Reinhard

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227

Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 3

223

logische Motivkreis bereits bei Paulus, der theologische Motivkreis dagegen
erst bei Tertullian und der vulgärethische Motivkreis erst bei
Clemens.

3. Der Erweiterung eines Motivkreises kann die formale Verkümmerung
einzelner Motive parallel laufen, wie sich z. B. innerhalb des
theologischen Motivkreises am Dämonen- und Teufelsmotiv zeigen läßt.
Umgekehrt muß die allmähliche Verkümmerung eines ganzen Motivkreises
nicht ausschließen, daß ein einzelnes Motiv neu hinzutreten kann,
wie es etwa innerhalb des ekklesiologischen Motivkreises bei dem Dis-
ciplina-Motiv Tertullians der Fall ist.

4. Unabhängig von der Entfaltung des jeweiligen Motivkreises
machen die einzelnen Motive, soweit sie nicht nur singulär vorkommen,
nach Form und paränetischer Funktion eine bestimmte Entwicklung durch.
Die Entwicklung verläuft bei den einzelnen Motiven so unterschiedlich,
daß sie sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen läßt. Sie ist,
aufs Ganze gesehen, von zwei Faktoren abhängig:

a) von der Tradition, in der der jeweilige Vertreter der frühchristlichen
Paränese steht (christlich, jüdisch, gnostisch, hellenistischstoisch
),

b) von der paränetischen Thematik, der er sich auf Grund der
aktuellen paränetischen Situation zuwendet.

Der Motivwandel ergibt sich aus der dialektischen Verbindung von
Tradition und Situation.

5. Eine gewisse einheitliche Tendenz der Entwicklung zeichnet sich
lediglich bei den ursprünglich indikativisch gemeinten Motiven ab (Taufmotiv
, Leib-Christi-Motiv, Pneuma-Motiv, Tempel-Motiv, Heiligkeitsmotiv
): sie werden in zunehmendem Maße entweder aktivistisch-mora-
lisch umgedeutet oder völlig preisgegeben

6. Bezeichnenderweise werden nur wenige Motive von der gesamten
frühchristlichen Paränese (abgesehen von der Gnosis) bis zu Tertullian
und Clemens festgehalten. Es sind dies: aus dem eschatologischen Motivkreis
das Gerichtsmotiv, aus dem christologisdien Motivkreis das Herrenwort
-Motiv und das Vorbildmotiv, aus dem ekklesiologischen Motivkreis
das Beispiel-Motiv, aus dem theologischen Motivkreis das Schrift-
Motiv und das Schöpfungsmotiv und aus dem vulgärethischen Motivkreis
das Nützlichkeitsmotiv. Hier wird ein ganz bestimmtes Gefälle sichtbar.

7. Das vorläufige Endstadium der Motiventwicklung bei Tertullian
und Clemens ist wesentlich durch den Umstand bedingt, daß sich die
Paränese Themen aufnötigen läßt, die sich für ein gesetzliches Verständnis
des Evangeliums aus dem engen Kontakt mit einer religiös, philosophisch
und kulturell heidnisch geprägten Umwelt ergeben (Kränzetragen
, Theaterbesuch, Kleidung, Ernährung u. ä.). In Verbindung mit
dieser Thematik zeigt die paränetische Motivierung folgende Charakteristika
: Reduktion des escha,tologischen und des ekklesiologischen Motivkreises
, einseitige (rigoristisch oder philosophisch orintierte) Interpretation
christologischer und theologischer Motive (besonders der verschiedenen
Formen des Vorbild-Motivs), historisierende (Tertullian) und alle-
gorisierende (Clemens) Exegese, verstärkter Einsatz des vulgärethischen
Motivkreises (Nützlichkeitsmotiv, Physis-Motiv, heidnische Beispiele und
Zitate), sophistisch-rhetorische Argumentation, Motivhäufung, Abgrenzung
von angeblichen Fehlinterpretationen.

Hillmann, Reinhard: Wasser und Berg. Kosmische Verbindungslinien
zwischen dem kanaanäischen Wettergott und Jahwe. Diss.
.Halle 1965. III, 200, XXXIX S.

ff

Zu Beginn der Arbeit (S. 1—75) wird alles erreichbare Material
aus Ras Schamra zusammengetragen, das die enge Verbindung des
ugaritischen Baal mit Regen, Gewitter und Tau und zugleich das innige
Verhältnis zu seinem Berg Zaphon sowie seine feindliche Einstellung
zum Meereswasser bekundet. Archäologische Erwägungen zur Kalksteinstele
des „Baal mit dem Blitz" (ANEP Nr. 490), deren gewellte Linien
zu Füßen des Numen als Gewitterwolken und Regen gedeutet werden,
und zu einer Siegelabrollung gleichen Motivs (Ugaritica II, S. 40,
Abb. 13, 1), wo das Gebilde zu Baals Häupten als Wolkenhimmel angesprochen
wird, runden die Textaussagen ab. Es ergibt sich ein Verständnis
des ugaritischen Wettergottmythos, wonach den Wolken des
„Wolkenthroners" darin eine besondere Bedeutung zukommt, was
namentlich zur Klärung der Rolle des Zaphon bei jenen meteorologischen
Vorgängen beitragen mag.

Nach einer Übersicht von Belegen aus Ägypten über Baals Verhältnis
zu Wasser und Berg (S. 76—87) wendet sich der Hauptteil der
Untersuchung (S. 88—200) Phoiniko-Kanaan und damit dem AT zu.
Einleitend werden außerbiblische Nachrichten über die interessierenden
Funktionen des Wettergottes in diesem Landstrich behandelt, sodann
die strenge Alternative zwischen Jahwe und Baal als über das Wetter
verfügende Mächte herausgestellt. Im Mittelpunkt der Untersuchung
aber stehen Beschreibungen und Prädikationen Jahwes, die eine Abhängigkeit
von den zuvor erarbeiteten Merkmalen kanaanäischer Kultdichtung
erkennen lassen. Dabei brauchte von Jahwes Feindschaft gegen
das Meer nur knapp die Rede zu sein, weil hierüber weithin Klarheit
herrscht. Ausführlicher werden unter Zuhilfenahme der Archäologie
Stellen behandelt, wonach sich Jahwe auf Wolken und Himmelswasser
befindet, sowie jene Belege, da der Zion mit Wendungen gepriesen
wird, die im kanaanäischen Raum die Bedeutung des Wohnberges der
Wettergottheit unterstreichen.

Damit mag etwas farbiger hervortreten, wie ein Bereich stark vorbelasteter
Kosmologie, den zu bewältigen Israel aufgegeben war, durch
den Glauben an Jahwe Zebaoth neutralisiert wurde und wie die eindruckvollsten
Aussagen vom Wettergott in den Dienst der Jahweverehrung
übergingen. Der Charakter der Studie bringt es auch mit
sich, daß auf die kanaanäische Religionsgeschichte Anregungen vom AT
her zurückgehen. Der Verfasser meint etwa, hier das Überlieferungsgut
Baal Zaphons oder eines anderen Baal, der nach seinem Wohnberg
heißt, in manchen Fällen scheiden zu können von den Traditionen
Baalschamems, den er als einen spezifisch kanaanäischen Typus regenspendender
Gottheit zu erweisen sucht.

Die Arbeit endet mit einer Analyse der Wendungen „Höhen der
Erde", „Wolkenhöhen" und „Höhen des Meeres" im AT und einer
Zusammenfassung. Inhaltsverzeichnis und Abkürzungen (S. I—VI),
sowie das Literaturverzeichnis (S. VII—XXXIII) und 37 Photos
(S. XXXIV-XXXIX) beschließen das Ganse.

Hub er, Wolfgang: Passa und Ostern. Untersuchungen zur Osterfeier
der alten Kirche. Diss. Tübingen 1966. XXIV und 315 Seiten.

Die von Herrn Prof. D. Eltester angeregte Dissertation beschäftigt
sich einerseits mit den geschichtlichen Anfängen einer selbständigen
christlichen Osterfeier, andererseits mit der Theologie des altkirchlichen
Osterfestes, wie sie sich vor allem aus den erhaltenen Osterpre-
digten, aber auch aus anderen einschlägigen Quellen ergibt.

Das 1. Kapitel (S. 1—115) untersucht unter dem Titel „Quartode-
zimanisches Passa und Osterfeier am Sonntag" die vielverhandelte Frage
nach der Entstehung der Osterfeier und ihrer Beziehung zum jüdischen
Passa, wobei die Quartodezimanerfrage, insbesondere in Auseinandersetzung
mit Bernhard Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner,
1953, erneut geprüft wird. Die Arbeit kommt vor allem zu folgenden
Ergebnissen: Schon zum Festinhalt des quartodezimanischen Passa gehört
das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Christi. Dabei
spielt die johanneische Passionschronologie und das in ihr behauptete
zeitliche Zusammentreffen von jüdischem Passa und Kreuzigung Jesu
eine wesentliche Rolle. Dieses unter vorläufigem Absehen von der
Osterpredigt des Melito von Sardes gewonnene Ergebnis und andere
Indizien führen weiterhin zu der Feststellung, daß Melito von Sardes
kein Quartodezimaner, sondern einer der ersten Vertreter der Osterfeier
am Sonntag in der Provinz Asia war. Dieser Osterfeier am Sonntag
gelten die nächsten Überlegungen, die gegenüber den neueren Versuchen
von Dugmore und Rordorf noch einmal klarstellen sollen, daß
die Osterfeier am Sonntag sich erst im 2. Jh. aus der quartodezimanischen
Passafeier an wechselnden Wochentagen entwickelt hat: sie ist
in Jerusalem entstanden und zur Zeit des Bischofs Soter (um 165) in
Rom eingeführt worden. Die auch von Lohse wiederholte Behauptung,
die Osterentscheidung von Nicaea habe sich gegen die Quartodezimaner
gerichtet, gibt Anlaß zu einer nochmaligen Untesuchung, die auf Grund
zum Teil neuer Argumente, vor allem eines bisher noch nicht ausgewerteten
Zeugnisses des Filastrius von Brescia, zu dem zuerst von Dti-
chesne festgestellten Ergebnis führt, daß sich die Entscheidung von Nicaea
gegen diejenigen richtet, die den Ostersonntag nach dem jüdischen
Passatermin festsetzen und nicht der eigenständigen christlichen
Osterberechnung folgen. Solche Osterfeier nennt man „Ostern mit den
Juden feiern".

Das 2. Kapitel „Altes und neues Passa" (S. 116—201) geht auf die
Reflexionen ein, die die alte Kirche selbst über die Beziehung von jüdischem
Passa und christlichem Ostern angestellt hat. Ein grundsätzlicher
Abschnitt über „Typologie und Allegorie" sucht das Verhältnis
dieser beiden Interpretationsweisen zu bestimmen und, daran anschließend
, die Bedeutung der in Melitos Osterpredigt ausgeführten typolo-
gischen Theorie ans Licht zu heben. Es folgt eine Darstellung der mit
1 Kor 5, 7 beginnenden Passatypologie und der diese immer mehr verdrängenden
allegorischen Auslegung der Osterlesung Exodus 12.

Das 3. Kapitel „Karfreitag und Ostern" (S. 202—286) behandelt
den eigentlichen Festinhalt der Osterfeier. Im 2. und 3. Jh. wird dieser
von Tod und Auferstehung Christi in einem gebildet, wofür Melito,
Tertullian, eine monarchianische, unter den Werken des Chrysostomus
überlieferte Osterpredigt und die Tura-Papyri des Origenes als Zeugen
dienen können. Der Westen bewahrt diese Auffassung bis ins 5.
Jh., woran vor allem Ambrosius und Augustin ein entscheidendes Verdienst
haben. Erst unter Leo d. Gr. tritt eine Wandlung ein, die mit
pädagogischen Rücksichten motiviert wird: Karfreitag, Ostern, Himmelfahrtsfest
(dessen Entstehung in einem Exkurs untersucht wird), Pfing-