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Ausgabe:

1967

Spalte:

205-207

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Luther Deutsch, Bd. 8: Die Predigten 1967

Rezensent:

Delius, Hans-Ulrich

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Theologische Literaturzeitung 92. Jahrgang 1967 Nr. 3

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fen entschieden würden. In England wurde Gilbert häufig dafür
in Anspruch genommen. Bisher war man in England der Meinung,
der Kampf um Thomas Becket habe dieses Rechtsverfahren in
England besonders gefördert. Die Verf. können zeigen, daß es
sich hier um eine Entwicklung handelte, in der England keine
Sonderstellung einnahm. Sie sehen die Hauptursachc darin, daß es
seit der Mitte des 12. Jahrhunderts juristisch gebildete und tätige
Bischöfe gab, durch die sich dieses Rechtsverfahren als fruchtbar
erwies.

Auch zu anderen ungeklärten Fragen können die Verf. Material
beibringen. So wurde bestritten, daß 1154 Heinrich II. von
England mit Chrisma gesalbt wurde. Gilberts Argumentation
setzt dies aber voraus. Auf einige Themen sei nur noch hingewiesen
. Die Verf. gehen an Hand der persönlichen Beziehungen
Gilberts auf das Verhältnis der Cluniacenser und Cistercienser im
12. Jahrhundert ein. Gilberts Fälschungen für sein Kloster geben
Anlaß, sich dem gesamten Fälschungswesen, seinen Ursachen und
seiner zeitgenössischen Beurteilung im 11. und 12. Jahrhundert
zuzuwenden. Gilberts Bischofsamt gibt die Möglichkeit, den Aufbau
und die Funktion einer Diözese und die Aufgaben der einzelnen
Geistlichen darzustellen, so daß der Leser eine lebendige
Anschauung von diesem Organismus erhält. Am Schluß findet
sich noch ein Anhang mit "Gilbert Foliot's Chapters and Household
", dessen biographisches Material eine wertvolle Zugabc ist.

Das vorliegende Werk zeigt in anschaulicher Weise, wie weit
man den Bogen spannen kann und muß, um Gilberts Briefe richtig
ausschöpfen zu können.

Leipzig Helmar Jung h ans

Barth, Timotheus: Die Grundstruktur des göttlichen Seins bei

Johannes Duns Scotus (FS 48, 1966 S. 271—296)i.
Beumer, Johannes: Biblische Grundlage und dialektische Methode

im Widerstreit innerhalb der mittelalterlichen Scholastik (FS 48,

1966 S. 223—242).
Dettloff, Werner: Die antipclagianischc Struktur der scotischen

Rechtfertigungslehre (FS 48, 1966 S. 266—270).
Einhorn, Werinhard J.: Der Begriff der „Innerlichkeit" bei David

von Augsburg und Grundzüge der Franziskanermystik (FS 48, 1966

S. 3 36—376).

Kölmel. Wilhelm: „A Deo sed per homines". Zur Begründung
der Staatsgewalt im Ordnungsverständnis des Mittelalters (FS 48,

1966 S. 308—335).

Kottje, Raymund: Karl der Große und der Alte Bund (TThZ 76,

1967 S. 15—31).

Lapierre, Michael J.: Aquinas' Interpretation of Anselm's Definition
of Truth (Sciences Ecclesiastiques XVIII, 1966 S. 413—441).

Leclercq, Jean: Die Bibel in der Gregorianischen Reform (Con-
cilium 2, 1966 S. 507—514).

Petzold, Hilarion: Das Wesen der Orthodoxie nach der Auffassung
der Serbisdien Kirche des Mittelalters (Concilium 2, 1966
S. 515—519).

Prerovsky, Ulderico: Pietro Bohier vescovo, riformatorc,
all'inizio dello scisma d'Occidente (Salcsianum XXVIII, 1966
S. 495—518).

Schmaus, Michael: Die theologische Methode des Richard von
Mediavilla (FS 48, 1966 S. 254—265).

Stadter, Ernst: Die spiritualistische Geschichtstheologie als Voraussetzung
für das Verständnis von fides und auetoritas bei Petrus
Johannis Olivi (FS 48, 1966 S. 243—253).

Wenke, Heribald: Das literarische Schaffen von P. Dr. Valens
Heynck OFM (FS 48, 1966 S. 211—222).

Winterer, Hermann: Zur Priesterehe in Spanien bis zum Ausgang
des Mittelalters (ZSavRG 83, 1966 S. 370—383).

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZE1T

Luther Deutsch. Die Werke Martin Luthers in neuer Auswahl
für die Gegenwart hrsg. v. K. Aland.

Bd. 6: Kirche und Gemeinde. 2., erweit. u. neubearb. Aufl. 372 S.
Bd. 8: Die Predigten. 2., völlig neu bearb. Aufl. 476 S. Stuttgart:
E. Klotz; Göttingen: Vandcnhoeck & Ruprecht 1965/66. 8B. Lw.
DM 27.- und DM 2 5.—.

Wie schon Paul Althaus in seinen bisherigen Anzeigen festgestellt
hat (s. ThLZ 91 Ll966] 441; 679), zeigt die 2. Auflage
der Aland'schcn Lutherausgabe ein nicht unerheblich verändertes
Gesicht.

Die Unterteilung der Schriften von Band VI in vier
Gruppen ist zwar beibehalten worden — s. die Besprechung der
1. Auflage ThLZ 81 (1956) 52 —, doch ist der Band wesentlich
bereichert worden. Natürlich sind die teilweise recht umfangreichen
Schriften stark gekürzt, doch betreffen diese Kürzungen
im wesentlichen, z. B. bei der ersten Gruppe, die sich wiederholende
scharfe Polemik Luthers gegen die Schwärmer oder die
katholische Kirche. Da diese Polemik aber in anderen Bänden,
etwa 2 und 4. ausreichend zur Geltung kommt, konnte Aland
mit Recht „sich auf das Unvermeidliche beschränken" und
„Wiederholungen ausschalten" (S. 9).

In der ersten Gruppe, die das Wesen von Kirche und Gemeinde
behandelt und damit nach dem evangelischen Verständnis
der Kirche fragt, ist die stärkste Veränderung gegenüber der
ersten Auflage vorgenommen worden. Von Aland zum Teil mit
eigenen, sonst nicht üblichen Überschriften versehen, ist ein
Auszug aus dem „Unterschied des rechten urkl falschen Gottesdienstes
", ein Tcildruck aus der Weihnachtspostillc, „Eine kurze
Form des Glaubensbekenntnisses" und Luthers schönes „Sendschreiben
an die Christen in Riga, Rcval und Dorpat" hinzugekommen
. Weggelassen hat Aland zu Recht das hauptsächlich
polemische „Wider den falsch genannten geistlichen Stand des
Papstes und der Bischöfe". Es ist dies aber die einzige Schrift,
die nicht aus der ersten Auflage übernommen wurde.

Der zweite Abschnitt, der sich mit Luthers Neuordnung des
Gottesdienstes und der kirchlichen Handlungen befaßt, ist unverändert
geblieben, während beim dritten Teil, der eine Fortführung
des zweiten auf die Lebensführung des einzelnen
Christen in der Familie und im Alltag ist, „Ertliche tröstliche
Vcrmahnungen in Sachen das heilige Wort Gottes betreffend"
(nicht: .belangend') hinzugekommen ist. Die hier dargebotene
Schrift „Die Summe des christlichen Lebens", eine Predigt über
1. Tim. 1,5—7, ist kennzeichnend für diesen Abschnitt, ja für
den ganzen Band. Der vierte Teil, der bereits in der ersten Auflage
sämtliche, den ersten drei Gruppen zugehörende Luther-
Lieder enthielt, ist nicht verändert worden.

Vieles ist also unverändert in die zweite Auflage übernommen
worden, an anderen Stellen wurde der Text vorsichtig
gebessert, manche erläuternde Anmerkung hinzugefügt, anderes
als entbehrlich gestrichen. Der Anmerkungsteil ist um mehr als
20 Seiten gewachsen, was zum größten Teil durch die neu hinzugekommenen
Schriften bedingt ist. Besonders wohltuend fällt
die Verbesserung in Papier, Satzspiegel und Aufmachung ins
Auge.

Der Predigtband (Bd. VIII) hat sich dagegen fast
völlig verändert. Zwar werden wie bisher für jeden Sonntag des
Kirchenjahres, für Kirchweihtag und Reformationsfest je eine
und für die Festtage je zwei Predigten dargeboten, die Peri-
kopen sind also in einzelnen Fällen die gleichen, doch will Aland
jetzt noch mehr auf Luther zurückgehen als bisher. Jeder Lutherkenner
weiß, wie schwierig ein derartiges Unterfangen ist bei
der überaus diffizilen Materie der Predigtüberliefcrungen, haben
wir doch hauptsächlich nur Nachschriften der verschiedensten
Hörer von Luthers Predigten. In der ersten Auflage war aus den
verschiedensten Predigten Luthers zu dem für den betreffenden
Sonntag ausgewählten Text, also aus Einzelauslegungen,
Postillenbcarbeitungen und Predigtnachschriften das dem Herausgeber
geeignete ausgewählt worden. Bei diesem Versuch, unterstützt
durch eigene Rekonstruktionen, gab es, wie Aland zugibt,
natürlich „erhebliche Schwierigkeiten" (S. 8), wobei diese
Schwierigkeiten in erster Linie darin lagen, den ursprünglichen
Luther zu finden. Die einzig authentische Quelle — bei der
Predigt selbst angefertigte Nachschriften — ist aber oft so stichwortartig
, so lückenhaft, ja teilweise der Kürze halber von
Rörer lateinisch notiert, daß eine Auffüllung, der Versuch einer
Rekonstruktion dessen, was Luther wirklich auf der Kanzel
gesagt hat, immer fragwürdig sein wird.