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Ausgabe: | 1966 |
Spalte: | 927 |
Kategorie: | Philosophie, Religionsphilosophie |
Autor/Hrsg.: | Wrzecionko, Paul |
Titel/Untertitel: | Die philosophischen Wurzeln der Theologie Albrecht Ritschls 1966 |
Rezensent: | Schultz, Werner |
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927
Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 12
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Wrzecionko, Paul: Die philosophischen Wurzeln der Theologie Albrecht
Ritschis. Ein Beitrag zum Problem des Verhältnisses von Theologie
und Philosophie im 19. Jahrhundert. Berlin: A. Töpelmann 1964.
264 S. 8° = Theologische Bibliothek Töpelmann, hrsg. v. K. Aland,
K. G. Kuhn, C. H. Ratschow u. E. Schlink, 9. Lw. DM 36.-.
Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, die bisher in der
theologischen Forschung noch nicht ausreichend berücksichtigt
wurde, die philosophischen Sachverhalte aufzuzeigen, welche die
Theologie Albrecht Ritschis entscheidend beeinflußt haben, und
zugleich zu untersuchen, wie Albrecht Ritsehl sich mit diesen Einflüssen
kritisch auseinander gesetzt hat. Bekanntlich haben die
Philosophen Lotze und Kant besonders auf Ritsehl eingewirkt.
Sie treten daher auch in den Mittelpunkt der Untersuchung.
Zunächst gibt W. einen Überblick über den geistesgeschichtlichen
Horizont A. Ritschis, — eine Aufgabe, die gewiß nicht einfach
ist, und daher auch hier und da zur Kritik auffordert, wie
etwa bei seiner Charakterisierung der philosophischen bzw. theologischen
Arbeit Hegels und Schleiermachers. Er gibt dann einen
ersten Einblick in die Erkenntnistheorie Ritschis mit ihrer grundlegenden
Thematik, daß das Objekt nur wirklich ist, so wie es
wirkt. Es folgt eine umfassende und sorgfältige Darstellung der
Philosophie Lotzes und ihrer Reaktion auf Ritschi. Das Besondere
des erkenntnistheoretisch bedingten Ansatzes der Theologie
Ritschis wird in dem Schlußabschnitt des ersten Teils der Untersuchung
herausgearbeitet mit dem betonten Hinweis darauf, daß
der Theologe nur dann, wenn er die der geistigen Bewegung des
Christentums entsprechende Methode befolgt, die ihm gestellte
Aufgabe lösen kann.
Der zweite Teil der Untersuchung wendet sich dann Ritschis
Kantinterpretation und Kantkritik zu, deren Gegenstand besonders
die Ethik und Religionsphilosophie Kants ist. In seinem Verhältnis
zu Kant sei der entscheidende Fehler Ritschis gewesen, daß
er das Sittengesetz verabsolutiert und alle weiteren ethischen und
religionsphilosophischen Probleme allein am Sittengesetz orientiert
und von ihm abgeleitet habe. Das habe sich, wie der Verfasser
mit Recht in dem letzten Teil seiner Arbeit zeigt, verhängnisvoll
auch für die Gotteslehre Ritschis ausgewirkt, so daß
der Gott Ritschis im Grunde nichts weiter sei als die transponierte
praktische Vernunft Kants.
Die Untersuchung schließt mit einem dritten interessanten
Hinweis auf Ritschis Hermeneutik mit ihrem Ernstnehmen der
historisch-kritischen Forschung und ihrer Ablehnung einer
voraussetzungslosen Bibelkritik, wobei für den Verfasser das
Problem offen bleibt, ob eine transzendental-ethische Begründung
des Glaubens dem biblischen Zeugnis standhalten kann. Die Arbeit
ist — aufs Ganze gesehen — ein fruchtbarer Beitrag zur Erforschung
der theologischen Gesamtsituation des 19. Jahrhunderts.
Kiel Werner Sch u 11 z
Hülsmann, Heinz: Zur Theorie der Sprache bei Edmund Husserl- München
: Anton Pustet [1964]. 255 S. gr. 8° = Salzburger Studien z.
Philosophie, hrsg. v. A. Auer, E. J. Schacher, V. Warnach, Bd. 4.
Die Arbeit (gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
) hat die Absicht, interpretativ die Theorie
Husserls zur Sprache nach- und mitzudenken. Sie gibt damit einen
anregenden Beitrag zum Thema der Sprache in der Phänomenologie
Husserls und darüber hinaus in der gesamten Philosophie.
Nach einer „Antizipativen Thematisierung" (I. Teil) wird ein
„Interpretativ-thematischer Durchblick" (II. Teil) durch das Werk
Husserls geboten. Der Nachdruck dürfte auf dem letzten Abschnitt
(III. Teil) liegen, der den „Entwurf einer Phänomenologie
der Sprache im Werk Husserls" entwickelt.
Das in schwieriger Diktion geschriebene gehaltvolle Werk
gipfelt in einer transzendentalen Egologie. Die Sprachlichkeit ist das
Sich-zeigen, das Erscheinen des transzendentalen Ego. Das Ego, das
sich selbst erreicht, aus seiner Anonymität hervorkommt und zu
sich selber kommt, erzeugt Sprache, und darum ist die Sprache
das Zeugnis von diesem selbst. Hierin wird die Wahrheit einer
Phänomenologie der Sprache gesehen.
Für gegenwärtige Diskussionen innerhalb der evangelischen
Theologie scheinen mir besonders alle jene Feststellungen bedeutsam
, die in der Sprache als Sprechen das Produkt eines
ontologischen Bewußtseins erkennen, und die bezeugen,
wie sehr es in der Philosophie der Sprache wesentlich darauf ankommt
, daß die innere Teleologie und Tendenz, die Intentional-
tät von Sprache, immer auf ein Resultat abzielt, das n i c h t Sprache
ist.
Hof/Saale Werner Schi 11i ng
Biser, Eugen: Nikolaus von Kues als Denker der unendlichen Einheit
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SYSTEMATISCHE THEOLOGIE
Barth, Karl: Das Vaterunser nach den Katechismen der Reformation.
Übers, von H. Goes. Zürich: EVZ Verlag [1965]. 114 S. kl. 8°. Pp-
DM 8.50.
Das kleine Büchlein ist nicht etwas völlig Neues aus der Feder
B.s. Neu ist lediglich die jetzt deutsch vorliegende Ausgabe der Seminarstenogramme
von drei Seminaren B.s in Neuchätel aus den
Jahren 1947 — 49, die bereits 1949 unter dem Titel „La priere"
von Hr. Roulin veröffentlicht worden sind. Die Übersetzung ins
Deutsche besorgte der bekannte Barth-Kenner Pfr. Helmut Goes
in Stuttgart-Uhlbach. In seinem Vorwort erwähnt er noch andere
Äußerungen Bs. zum Gebet. Ergänzend sei die 14. Vorlesung seiner
„Einführung in die evangelische Theologie", EVZ Verlag Zürich
1962, S. 175 - 186, angeführt.