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Ausgabe:

1966

Spalte:

920-922

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Arbesmann, Rudolphus

Titel/Untertitel:

Der Augustinereremitenorden und der Beginn der humanistischen Bewegung 1966

Rezensent:

Junghans, Helmar

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919

Theologische Literaturzeitung 91. Jahrgang 1966 Nr. 12

920

Augustinus, Aurelius: Dreizehn Bücher Bekenntnisse. Übertragen
v. C. J. Perl, mit Anmerkungen v. A. Holl. 2. Aufl. Paderborn:
Schöningh 1964. XXII, 506 S. 8° = Deutsche Augustinusausgabe.
DM 22.-; Lw. DM 26.—.

Die 1. Auflage dieser Übertragung wurde von mir in ThLZ
1950, Heft 2, Sp. 87f. angezeigt. Die Übersetzung von Perl ist
unverändert; die von mir vorgeschlagenen Korrekturen fanden,
soviel ich sehe, keine Berücksichtigung. Ich habe damals auch den
Wunsch nach einer Einleitung und nach Anmerkungen geäussert;
er ist nunmehr erfüllt. Perl hat ein Vorwort geschrieben, das dem
Leser einen unmittelbaren, gegenwartsnahen Zugang vermitteln
möchte. Eine weitere Zugabe sind die Anmerkungen (S. 402—496),
verfaßt von Adolf Holl. Sie bringen eine Art von Kommentar,
der neben den wichtigsten historischen Hinweisen vor allem das
geistige Eindringen in das Werk erleichtern soll. Die neuere Spc-
zialliteratur ist dem Vf. natürlich bekannt; aber sie bleibt bei seinen
Ausführungen im Hintergrund und wird in gewissem Sinne
zugunsten einer religiös-geistigen Gesamtschau relativiert. Wer
sich wissenschaftlich um die Confessiones bemüht, mag das bedauern
; aber dem Zweck der „Deutschen Augustinusausgabe"
dürfte diese Struktur des Kommentars durchaus entsprechen. Alles
in allem handelt es sich bei der Neuauflage zweifellos um eine Bereicherung
gegenüber der Erstausgabe.

Erlangen Walther von Loewenich

Campenhausen, Hans Frhr. von: Marcion et les origincs du Canon
neotestamentaire (RHPhR 46, 1966 S. 213—226).

C 1 a r k e , G. W.: Notes and Observations: Irenaeus Adv. Haer. 4.30.1
(HThR 59, 1966 S. 95—97).

Gill, David S. J.: Notes and Observations: A Liturgical Fragment in
Justin, Dialogue 29.1 (HThR 59, 1966 S. 98-100).

Ruhbach, Gerhard [Hrsg.]: Altkirchliche Apologeten. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn [1966]. 62 S. 8° = Texte zur Kirchen
- und Theologiegeschichte, hrsg. v. G. Ruhbach, unter Mitarb. v.
G. A. Benrath, H. Scheible u. K.-V. Selge, 1. Kart. DM 8.80.

KIRCHEN GESCHICHTE: MITTELALTER

H e g y i, Johannes, S. J.: Die Bedeutung des Seins bei den klassischen
Kommentatoren des heiligen Thomas von Aquin Capreolus — Silvester
von Ferrara — Cajetan. Pullach bei München: VerlagBerchmanns-
kolleg 1959. V, 176 S., 1 Taf. gr. 8° = Pullacher philos. Forschungen,
hrsg. v. W. Brugger u. J. B. Lötz, Bd. IV. Kart. DM 18.40.

Unter dem Eindruck der Seinslehre Heideggers mit ihrer Betonung
der Differenz des Seins vom Seienden (und vom Sein des
Seienden) hat seit geraumer Zeit der Umstand erhöhte Beachtung
gefunden, daß diese Differenz schon in der Seinslehre des Thomas
von Aquin erkannt worden ist und also nicht eine erstmalige Entdeckung
Heideggers darstellt. E. Gilson hat in seinem großen Werk
L'ctre et l'existence (Paris 1948) die einzigartige Stellung hervorgehoben
, die Thomas mit dieser Einsicht in der Geschichte der Cytologie
von Parmenides bis zum deutschen Idealismus einnimmt,
die vor und nach ihm durch den Primat des Seienden beherrscht
war. Neben Gilson hat besonders L. De Raeymaker dieser Auffassung
zum Durchbruch verholfen. Dabei haben allerdings beide m.
E. die positiven Beziehungen der Seinslehre des Aquinaten zu
Avicenna allzu stark bagatellisiert. Wenn auch nicht bestritten
werden soll, daß Thomas die Klärung dieser Frage über Avicenna
hinaus vorgetrieben hat, so muß man doch sehen, daß Avicenna
der erste gewesen ist, bei dem der biblische Schöpfungsgedanke in
ontologische Terminologie umgeformt wurde und hier zur Verselbständigung
des Seins gegenüber dem Seienden führte, indem
die Schöpfung als Seinsmitteilung des göttlichen esse ipsum an die
geschöpflichen Wesenheiten, die von sich aus nicht sind, gedacht
wurde.

Der Vf. des vorliegenden Buches, ein Schüler De Raeyma-
kers, hat sich das Problem gestellt, wie der Seinsaktualismus des
Thomas in der thomistischen Literatur solange in Vergessenheit
geraten konnte. Darum untersucht er die drei bedeutendsten mittelalterlichen
Kommentatoren des Aquinaten und weist bei ihnen

eine fortschreitende Tendenz zu einer essentialistischen Deutung
der thomistischen Seinslehre nach. Dabei wird außer den Begriffen
esse, essentia, existentia und dem Verhältnis des Seins zur Form
bei den drei führenden Thomisten besonders auch die Auswirkung
ihres Seinsverständnisses auf die Lehren von der Seinsanalogie und
von der ontologichen Konstitution der Personalität behandelt. Bei
Capreolus findet der Vf. eine zunächst lediglich terminologische
Verschiebung ohne großes sachliches Gewicht, wenn bei ihm häufig
von existentia statt esse als Gegenbegriff zu essentia die Rede ist.
Bei Silvester von Ferrara, dessen Analogielehre der Vf. als besonders
tiefsinnigen Ausdruck thomistischen Seinsverständnisses würdigt
(19—105), wird doch in der Herleitung des Seins von der Form
ein essentialistischer Zug spürbar, der sich besonders in seiner
Deutung der Personalität als Wesenseigenschaft statt als Seinsakt
auswirkt (90f.). Silvesters Zeitgenosse Cajetan, der in seiner Jugend
gerade in der Personenfrage die akvualistische Position vertreten
hatte, (so daß die gottmenschliche Personeinheit in Christus dahin
gedeutet werden konnte, daß das göttliche Sein unmittelbar das
Sein Christi ist), hat seine Auffassung später geändert. Dabei wird
der Einfluß Silvesters eine Rolle gespielt haben (147), aber
wohl nur in Verbindung mit der bei Cajetan nun durchweg hervortretenden
essentialistischen Denkweise, die sich darin äußert,
daß das Sein nur noch als Existenz der Wesenheit verstanden wird
(l2 3ff.), während Cajetan für die thomasische Priorität des Seins
als actualitas formae gegenüber der Form kein Verständnis
mehr gehabt hat (l 30). Die Frage der Seinsanalogie wird durch
Cajetans These, daß die Analogie nur im Sinne der reinen Proportionalität
gedacht werden dürfe, „letztlich auf die Wesensebene
verschoben" (140).

Zur Erklärung für die merkwürdige Tendenz der thomistischen
Ausleger zu einer essentialistischen Umdeutung der Seins-
lchrc des Thomas weist H. zunächst auf die Verdrängung des Terminus
esse durch existentia als Gegenbegriff zur Essenz hin (152).
Aber das ist für sich genommen doch nur ein äußerlicher Vorgang,
der die Frage nach den eigentlichen Motiven offen läßt. Einen weiteren
Erklärungsgrund erblickt H. darin, daß Thomas von Aristoteles
her, der das Sein als Funktion der Substanz verstanden hatte,
gedeutet wurde. Dabei sei verkannt worden, daß Thomas nicht
reiner Aristoteliker war, sondern platonische mit aristotelischen
Gedanken zu einer neuen Synthese verband (ebd). Doch dieser für
sich richtige Hinweis trägt für die gestellte Frage nichts aus, da
Plato ebenso essentialistisch dachte wie Aristoteles. Die abschließende
Erwägung H.s, daß der menschliche Verstand nun einmal in
erster Linie am Essentiellen hafte (15 3), bleibt allzu allgemein,
um das spezifische Problem der Akzentverschiebung in der thomistischen
Auslegung der Ontologie des Aquinaten zu erhellen. Man
wird den Anlaß dieses Vorgangs wohl eher in einer inneren Unausgeglichenheit
der Position des Thomas selbst erkennen müssen
: Die letztlich aus der biblischen Schöpfungsichre motivierte
Überordnung des Seins über die Wesenheit steht bei Thomas (wie
schon bei Avicenna) in deutlicher Spannung zu dem von Aristoteles
übernommenen (und letztlich mit dessen Anschauung von der
Ewigkeit der Welt zusammenhängenden) Satz, daß alles Sein von
der Form bewirkt sei (Aristoteles Met. 1003 b 18, Thomas S.
theol. I, 42, 1 ad 1; de Pot. 3, 16 ad 21). Wurde nun der Akzent
bei der systematisierenden Interpretation mehr auf das letzte als
auf das erste Moment gelegt, dann kann die von H. beschriebene
essentialistische Tendenz der Thomasdeutung nicht mehr überraschen
. Daß man dem aristotelischen Motiv den Vorzug gab, mag
damit zusammenhängen, daß man Thomas mehr als Aristoteliker
denn in seinem Bemühen um eine christliche Adaption der aristotelischen
Philosophie sah.

Mainz Wolfhart Pa n n e n be rg

Arbesmann, Rudolph, OSA: Der Augustinercremitenorden und der
Beginn der humanistischen Bewegung. Würzburg: Augustinus-Verlag
1965. 151 S. 8° = Cassiciacum. Eine Sammlung wisscnschaftl. Forschungen
über den hl. Augustinus u. d. Augustinerorden,, hrsg. im
Auftr. d. Augustinus-Inst. d. deutschen Augustiner v. A. Kunzelmann
u. A. Zumkeller, XIX. Kart. DM 20.50.

Die vorliegende Arbeit wurde bereits in Augustiniana 14
(1964) und 15 (1965) gedruckt. Der Verf. legt in ihr den Beitrag